tablinum | Post für Tiberia Septima

  • Minos war es, der ihr den Brief von Serrana ins tablinum brachte. Die kalten Tage verbrachte Septima fast ausschließlich in diesem gut beheizten Raum. Hier hatte sie genügend Licht für ihre Handarbeit oder zum lesen. Gespannt, wer ihr denn geschrieben haben könnte, entrollte Septima die kurze Schriftrolle und lächelte bei jedem weiteren Wort welches sie las, mehr. Sofort ließ sie sich eine tabula mit einem stylus bringen, um ihrer Freundin sofort zu antworten.


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    Iunia Serrana
    Casa Iunia


    Liebe Serrana,


    es freut und ehrt mich sehr zu lesen, dass du mich ebenfalls als deine Pronuba erwählt hast. Gerne nehme ich diese Ehre an und werde, in so fern du Zeit hast, morgen in deiner Casa vorbei kommen, damit wir in Ruhe über alles reden können.


    Vale bene,


    Septima


    Anschließend rief sie nach einem Sklaven und gab in Auftrag, diese tabula sofort zur Casa Iunia zu bringen und persönlich abzugeben. Da würden Ursus und die anderen Familienmitglieder aber staunen, wenn sie abends bei der Cena verkündete, bereits für die zweite Hochzeit als Pronuba ausgewählt worden zu sein. Lächelnd machte sie sich wieder an die Arbeit und dachte derweil über Serrana und Sedulus nach.

  • Leone führte den Sklaven ins Atrium und schaute ihn streng an. "Domina Septima wird gleich hier sein. Faß bloß nichts an!" Er schnaubte abfällig und kehrte zur Porta zurück. Eine Sklavin, die sonst Besucher mit Getränken versorgte, behielt den Sklaven im Auge.

  • Natürlich! Auch wenn er ja nur ein Sklave war, man musste ihm doch nicht misstrauen. Er war ein ehrliger Mensch und so wartete er still dastehend auf die Domina Septima, der er den Brief bringen sollte...

  • Septima war unterrichtet worden, dass ihr ein Sklave PERSÖNLICH einen Brief überbringen wollte. Zunächst hatte sie etwas verdutzt drein geschaut, aber dann fiel es ihr ein. Das konnte nur ein Brief von Octavius Macer sein, der sicher gehen wollte, dass nur sie diesen Brief erhielt.


    Mit der ihre typischen Handbewegung schickte sie den Sklaven fort, warf noch einen Blick in das blank polierte Stahl, ob auch alles an ihr patrizisch korrekt saß, und ging dann ins Atrium.


    "Salve." grüßte sie den dort wartenden, ihr unbekannten Sklaven, in der Hoffnung, dass dieser tatsächlich nicht zum aurelischen Haushalt gehörte und schaute ihn auffordern an. "Du hast etwas für mich?" Auf die Idee, sich vorzustellen kam Septima überhaupt nicht. Niemand würde sich erdreisten, sich als sie auszugeben!

  • Als endlich eine junge Dame das Atrium betrat war sich der Sklave nicht sicher, ob dies wirklich die Zielperson war. Doch seine Intuition lies ihn alle Zweifel bezeichnen.


    Ich habe hier einen Brief meines Herren Octavius Macer an Tiberia Septima. Er hat eine persönliche Überbringung erwünscht. Mit diesen Worten holte er ein Stück Pergament aus seiner Kleidung und übergab den Brief, folgenden Inhalts an die Dame.


    Meine liebste Septima,


    ich habe mich deiner sicheren Briefvariante angeschlossen und habe dir diesen Sklaven geschickt, er ist ein absolut vertrauenswürdiger, so hoffe ich, dass er dir den Brief auch sofort überbracht hat.
    In der Tat ist es doch schon viel zu lange her, dass ich dich gesehen habe. Auch wenn meine Zeit hier sehr schön ist und die neuen Aufgaben beim Militär mir doch nicht so wider sind, vermisse ich Rom sehr. Besonders wegen dir, deine Nähe ist das einzigste Mittel zu meinem absoluten Glück.
    Über die Hochzeit der Germanicer habe ich Bericht erhalten und ich denke, dass wir uns zumindest dort sehen könnten, auch wenn dein Gatte dabei sein wird.
    Für mich kommt es sicher nicht in Frage, irgendeine Frau zur Gemahlin zu nehmen, nur um überhaupt jemanden zu haben, der mir ein paar Nachkommen zeugt. Bei einem klärenden Gespräch mit meiner besten Freundin konnte sie dieses Vorhaben aus meinem Kopf löschen. Auch wenn es im Moment sehr absurd klingt, ich möchte einmal aus Liebe heiraten, was sicher noch sehr lange dauern wird.


    Zunächst steht schon bald die nächste Wahl zum Cursus Honorum an und ich bin schon heiß darauf, meine Kandidatur anzumelden. Es wäre der nächste große Schritt in meiner Karriere, welcehr dich vielleicht leider noch viel trauriger machen könnte. Denn ich spiele mit dem Gedanken als Quästor nach Germanica zu gehen, es reizt mich doch sehr.


    Jetzt kümmere ich mich wieder um meine Soldaten, es tut mir Leid, dass der Brief nicht länger ging. Ich hoffe ich kann dich bals wieder sehen.


    In ewiger Liebe,


    Faustus Octavius Macer

  • Ohne große Umwege übergab ihr der Sklave ein Stück Pergament von Octavius Macer. Septima schaute auf den Brief und nahm ihn, äußerlich ruhig, entgegen. „Danke. Ein Sklave wird dich in die Culina bringen, dort kannst du dich stärken und ausruhen. Hat dein Herr dich veranlasst wieder zurück nach Mantua zu reiten? Gleich heute noch, oder eerst morgen?“ erkundigte sich Septima bei dem Sklaven.

  • Das ist sehr nett. Ich werd nacher nach Casa Octavia gehn. Aber gegen eine kleine Pause hät ich nichts. Der Sklave war sehr von der Gastfreundschaft der Dame angetan, weshalb er auch weiter froh gelaunt anmerkte.


    Soll ich meinem Herr noch etwas ausrichten odeeer gebn?

  • Missbilligend schaute Septima den Sklaven an. Dieser hatte ihre Frage nicht so beantwortet, wie sie es gerne gehabt hätte. „Also wirst du wann nach Mantua zurück reiten?“ hakte sie noch mal nach und drehte die Schriftrolle ungeduldig in der Hand. Wenn ihr der Sklave doch nur genug Zeit ließe, so dass sie in Ruhe den Brief lesen und eine Antwort hierauf verfassen konnte. Doch das ginge nicht in einer Stunde.

  • In etwa zwi Stundn. Wenn das gut ist? Der Sklave wollte nicht bestimmen, wann er geht. Auch wenn er das gerne wöllte, immerhin stand er aber vor einer Patrizierin.


    Also schaute er nur zu ihr und wartete darauf, dass sie ihn fortschicken würde, mit oder ohne eine Antwort...

  • Zwei Stunden? Das gab ihr kaum genug Zeit einen ordentlichen Brief zu verfassen, aber für eine kurze Nachricht würde es alle mal reichen.


    "Dann geh nun in die Culina und ich lasse dir vor deiner Abreise einen Brief in die Casa Octavia bringen, welchen du deinem Herrn mit nach Mantua nehmen wirst." Eine kurze Geste mit der Hand folgte, somit war der Sklave entlassen und Septima konnte sich endlich dem Brief in ihren Händen widmen.

  • Der Sklave verließ das Tablinum um sich auf ihre Anweisung hin, in der Culina zu laben, ehe er zur Casa Octavia gehen würde.


    Septima nahm den Brief und setzte sich in die Nähe der Fensteröffnung, damit sie genügend Licht zum lesen hatte und mit dem Rücken zur Tür saß. Mußte nicht gleich jeder sehen können, was sie gerade in Händen hielt. Mit zitternden Fingern brach sie das octavische Siegel und fing an zu lesen.


    Schon bei den ersten drei Worten rieselte ein feiner Schauer über ihren Nacken den Rücken hinab.

    Zitat

    Original von Faustus Octavius Macer

    Meine liebste Septima,


    Hach, wie gern wäre sie dies, SEINE Septima, jetzt und für immer. Kurz seufzte sie auf, ehe sie fortfuhr zu lesen.


    Die Hochzeit von Serrana und Calvena. Richtig, dort konnten sie sich endlich wieder sehen. Septimas Herz tat einen kleinen, freudigen Hüpfer. Wie lange war es noch hin bis zu den zwei Hochzeiten. Nur noch wenige Wochen, dann würde sie ihren Liebsten wieder sehen!


    Macer lehnte ihren Vorschlag, er möge eine Frau ehelichen, die ihm seine Nachkommenschaft sichern würde, ab. Septima fiel ein Stein vom Herzen, denn sie wüsste nicht, ob sie den Anblick einer anderen Frau an Macers Seite tatsächlich ertragen könnte, ohne dieser Frau die Augen auszukratzen. Der weitere Wortlaut ließ sie jedoch stutzen.

    Zitat

    Original von Faustus Octavius Macer

    ...ich möchte einmal aus Liebe heiraten, was sicher noch sehr lange dauern wird.


    Was wollte er ihr damit sagen? Das er schon jetzt das Ende ihrer gegenseitigen Liebe kommen sah? Das es eines Tages, früher oder später, eine Frau geben würde, die den Platz in seinem Herzen einnehmen würde, der momentan ihr gehörte?! Nein, das konnte nicht sein. Sie laß die Stelle erneut und wieder stach es ihr ins Herz. Was sollte denn aus ihre werden, wenn sie den Menschen verlieren würde, dem sie ihr Herz geschenkt hatte?


    Kopfschüttelnd versuchte Septima die trüben Gedanken zu verscheuchen. ‚Lies weiter, gewiss meint er es nicht so und wenn du weiter liest, dann wird sich alles aufklären.’ versuchte sie sich selbst zu beruhigen, atmete einmal tief durch und las weiter.


    Doch es kam noch schlimmer.

    Zitat

    Original von Faustus Octavius Macer

    ... Wahl zum Cursus Honorum... nächste große Schritt in meiner Karriere, welcher dich vielleicht leider noch viel trauriger machen könnte. Denn ich spiele mit dem Gedanken als Quästor nach Germanica zu gehen, es reizt mich doch sehr.


    ‚Er will nach Germania!!! Aber… wieso?!!!’ Schnell flogen ihre Augen über den Rest des Briefes, der keine weiteren, aufschlussreicheren Hinweise auf seine Beweggründe enthielt. Tränen traten in ihre Augen, alleine bei dem Gedanken, dass Macer noch weiter von ihr fort wollte. Seine Worte...

    Zitat

    Original von Faustus Octavius Macer

    In ewiger Liebe,
    Faustus Octavius Macer


    ...machten wieder ein wenig gut, was er weiter oben in Bezug auf eine Ehe geschrieben hatte, aber die Angst über seinen Fortgang nach Germanien bohrte sich tief in ihr Herz und ließ es schwer werden. Still lösten sich zwei Tränen aus ihren Augen und kullerten über ihre Wangen.


    Septima saß eine Weile einfach so da und starrte aus dem Fenster, ehe Frija das Tablinum betrat und den zu Boden gefallenen Brief sah. Ohne weiter auf das Geschriebene zu achten, nahm sie ihn vom Boden auf und legte ihn auf ein Tischchen, nahe dem Sitz ihrer Herrin. „Kann ich dir irgend etwas bringen, Domina?“ erkundigte sie sich leise.


    Die Tiberia hatte sich in der Zwischenzeit wieder gefangen und schaute Frija aus trockenen Augen an. „Ja, bring mir Papier und Schreibzeug.“ trug sie ihrer Serva auf und erhob aus dem Sessel am Fenster, um sich an einen höheren Tisch zu setzen. Nachdem sie die benötigten Schreibunterlagen erhalten hatte, begann Septima eine Antwort an Macer zu verfassen.


    Geliebter,
    mit Freude begann ich deinen Brief zu lesen, doch er endete in Trauer über die Offenbarung deiner weiteren politischen Bestrebungen. Wieso ausgerechnet Germanien? Es ist ein kaltes, unwirtliches Land, welches zu großen Teilen von Barbaren bewohnt wird. Bist du dir über die Gefahren eines Amtes in diesem Teil der Provinzen unseres Imperiums überhaupt im klaren? Ich bitte dich, Macer, geh nicht. Ich will nicht so weit von dir getrennt sein, wo wir doch nur so wenig Zeit miteinander verbringen können. Solltest du vor der Hochzeit unserer Freundin Calvena keine Zeit mehr für eine schriftliche Antwort haben, so bitte ich dich um ein Treffen vor oder nach besagter Hochzeit, insofern es deine Zeit während des Tribunats zu lässt, damit wir über dein Vorhaben reden können. Ich gebe zu, ich verstehe deine Entscheidung nicht.


    Mein Mann ist zu einer Geburtstagsfeier von Iulius Licinus nach Mantua eingeladen. Da diese Feier noch in den Zeitraum deines Tribunats fällt, werde ich versuchen ihn zur Reise nach Mantua zu überreden. Zu gern würde ich dich wieder sehen, deine Stimme hören und einfach nur meine Augen an dir ergötzen. Leider bleibt mir dieses mal nicht viel Zeit für einen längeren Brief an dich, da der von dir gesandte Sklave schon bald wieder Richtung Mantua aufbrechen wird und ich ihm diese Zeilen unbedingt mitgeben will.


    In ewiger, unstillbarer Liebe


    Deine Septima

  • Septima ließ Baldemar kommen und beauftragte ihn damit, den Brief sofort zur Casa Octavia zu bringen und ihn an der Porta dem Sklaven zu übergeben, der in kürze Richtung Mantua aufbrechen würde.


    Erst als der Brief zusammen mit Baldemar auf dem Weg war, fühlte sich Septima wieder besser und nahm erneut den Brief von Macer zur Hand, um ihn ein zweites mal zu lesen und dieses mal die unschönen Stellen einfach weg zu lassen.

  • Kurz nach ihrer Ankunft in Rom, schrieb Septima kurze Nachrichten an ihre Familie und ihre Freundinnen, dass sie in den nächsten Tagen bei ihnen vorbeischauen würde.


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    Iunia Serrana
    Casa Germanicer
    Roma


    Liebe Serrana


    Nach einer nicht all zu anstrengenden Reise hier nach Rom, bin ich endlich angekommen und werde dich in den nächsten Tagen besuchen kommen. Ich bin schon sehr gespannt, was du alles zu berichten hast.
    Vale bene
    Septima



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    M. Tiberius Durus
    Villa Tiberia
    Roma


    Salve Manius


    Endlich bin ich wohlbehalten in Rom eingetroffen und zu Gast in der Villa Aurelia. Bitte sei mir nicht böse, dass ich die Gastfreundschaft der Familie meines Mannes annehme, aber die Villa Aurelia liegt wesentlich näher an der Villa, die gerade für Titus und mich renoviert wird. In den nächsten Tagen würde ich gerne zu Besuch kommen. Sollte es dir zu einem bestimmten Zeitpunkt nicht passen, so lass es mich durch einen Boten wissen.


    In Liebe Deine Septima



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    Claudia Romana
    Atrium Vestae
    Roma


    Meine liebe Romana,


    Bitte verzeih mir, dass ich dir nicht schon aus Mantua geschrieben habe. Zur zeit bin ich zu Besuch in Rom und würde dich gerne in den nächsten Tagen besuchen kommen. Sollte es dir zu einem bestimmten Zeitpunkt nicht genehm sein, so lass es mich wissen. In freudiger Erwartung spannender Gespräche


    Deine Septima

  • Eine Antwort von Romana auf ihre Rückmeldung in Rom war eingetroffen und Septima setzte sich sofort an den kleinen Schreibtisch im Tablinum und verfasste die Antwort.


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    Claudia Romana
    Atrium Vestae
    Roma


    Liebe Romana


    Gerne treffe ich dich morgen in der Taberna Apicia. Ich nehme an, dass du froh bist, wenn du dem Atrium Vestae mal für ein paar Stunden entfliehen kannst.


    In freudiger Erwartung unseres Wiedersehen.


    Septima


    Sofort zitierte sie einen Sklaven herbei und übergab ihm die Tabula. „Bring dies Tabula sofort zum Atrium Vestae!“ lautet ihr knapper Befehl. Ob der Sklave das Schreiben nun persönlich an der Porta, oder nur dem Briefkasten überantworten würde, überließ sie ihm. Das Treffen in der Taberna würde erst am morgigen Abend sein. ‚Wie gut das Titus nichts davon weiß. Er würde mich nach der Cena gewiss nicht mehr aus dem Haus lassen.’ Einen Moment zögerte Septima noch und hielt die Tabula ebenso fest wie der Sklave, der sie entgegen nehmen wollte. ‚Ob ich Serrana, Calliphana und die aurelischen Damen ebenfalls hinzu bitten sollte?’ Einerseits wäre es gewiss lustig, wie an Serranas Geburtstagsfeier mit mehreren Frauen in der Taberna zu sitzten, andererseits wollte Septima auch Zeit nur mit jedem einzelnen verbringen. Verzwickte Situation. Schlussendlich ließ sie die Tabula los und schaute dem Sklaven nach, wie er durchs Atrium verschwand, um seine Aufgabe zu erledigen. Septima seufzte kurz und wand sich dem nächsten Schreiben zu.

  • Kurz vor ihrer Abreise nach Rom war in Mantua ein Brief von Germanica Calvena für sie eingetroffen. Die Zeit hatte nicht mehr gereicht, als dass sie diesen Brief noch in Mantua hätte beantworten können. Somit hatte Septima ihn einpacken lassen und widmete sich nun der Antwort dieses Briefes.


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    Germanica Calvena
    Casa Quintilia
    Mogontiacum
    Germania


    Meine liebe Calvena


    Es hat mich sehr gefreut, so schnell eine Antwort von dir aus dem weit entfernten Germania zu erhalten. Gäbe es die Möglichkeit eines Briefkontaktes nicht, so würde ich glatt um unsere Freundschaft bangen. Um so glücklicher bin ich, dir aus Rom eine Antwort schicken zu können. Dein Brief kam gerade noch rechtzeitig, ehe ich in Begleitung einiger (so würde es mein Mann ausdrücken, ich sage aber VIELER) Soldaten von Mantua nach Roma reiste. Der Umstände wegen, konnte ich nicht mit dem Pferd reisen, was auch nicht meine bevorzugte Reisemöglichkeit ist, so dass ich mit dem Reisewagen unterwegs war.
    Nun bin ich schon ein paar Tage hier und ich kann dir sagen, in Rom ist immer etwas los. Bereits zwei Tage nach meiner Ankunft bin ich auf dem Weg zur Casa Germanica in die Nähe eines pöbelnden Mobs von aufgebrachten Menschen geraten, die sich auf den Weg zum Tempel der Diana befanden. Im heiligen Hain der Diana soll es zu einer Schändung gekommen sein, über die ich leider noch nicht mehr erfahren konnte. Auf die Gerüchte gebe ich nicht all zu viel, doch soll es Ärger zwischen einem Mann und einer Frau gegeben haben, wobei jemand getötet worden sein soll. Anschließend ist die Rache der Göttin über den Hain herein gebrochen, in Form einer wilden Rinderherde. Ich sage dir Calvena, ich bin so froh, dass ich nicht mit zu den Nemoralia gegangen bin.
    Nachdem mein Leibwächter es für klüger hielt die aufgebrachte Masse ohne meine Sänfte weiter zu durchqueren, stießen wir in einer Nebenstrasse auf Aurelia Flora und Octavia Varena. Sie waren durch ein paar verstreute Harlunken in Bedrägnis geraten, die wohl annahmen, eine der beiden Damen sei jene gewesen, die den Hain der Diana entweiht habe. Mir ist völlig unverständlich, wie diese Männer nur auf diesen Gedanken kommen konnten. Nachdem meine Leibwächter, unter ihnen Baldemar - der germanische Muskelprotz, dem ich mein Leben Tag für Tag anvertraue - sich schützend vor Flora und Varena stellte und einen Unruhestifter nach dem anderen verdrosch, konnte die Situation zu unseren Gunsten geklärt werden. Flora und ihre neue Freundin, zumindest glaube ich das sie Freundinnen sind, kehrten zurück in die Villa Aurelia, während ich mich weiter auf den Weg zu Casa Germanica begab, um Serrana zu besuchen.
    Sei mir nicht böse, wenn ich das Gespräch mit Serrana nicht weiter erwähne, doch ich bin mir nicht sicher, was sie dir davon lieber selber schreiben, oder einfach unerwähnt wissen möchte.
    Morgen nach der Cena werde ich mich mit Romana treffen, danach habe ich gewiss wieder genügend Informationen, um diesem Brief einen zweiten folgen zu lassen. Du hast von Macer geschrieben. Leider hatte ich noch keine Gelegenheit ihn in Rom zu treffen, doch werde ich ihm herzliche Grüße von dir bestellen, denn das ist doch das mindeste was ich für euch und eure Freundschaft tun kann.
    Mir geht es derweil blendend. Niemals hätte ich gedacht, dass es so schön sein kann, ein Kind zu erwarten. Gewiss habe ich es der göttlichen Iuno zu verdanken, dass ich von Übelkeit und Rückenschmerzen, zumindest vorerst, verschont bleibe. Leider hat Celerina nicht so viel Glück. Oh Calvena, ich fühle mich so schrecklich schuldig. Nur wenige Wochen vor meiner Abreise mit Titus nach Mantua, war ich mit Celerina im Tempel der Iuno Sospita, wo wir für unseren Kinderwunsch eine weiße Ziege geopfert haben. Leider wurde unser Opfer schändlich verschmäht. Erst in Mantua begriff ich, dass ich es war, die diese Opferzeremonie, in die Celerina so viel Hoffnung gelegt hatte, ruiniert habe. Ich war zu dem Zeitpunkt schon schwanger, ohne es zu ahnen und hätte somit gar nicht aktiv am Opfer teilnehmen dürfen. Doch wieso tut Iuno so etwas? Wieso darf eine Frau nicht für den Kinderwunsch einer anderen Frau beten, wenn diese es sich so sehr wünscht. Ich habe mehr für Celerina, als für mich gebetet, doch immer wieder wird SIE enttäuscht. Bis heute ist Celerina nicht schwanger geworden. Ob dies an den seltenen Zusammenkünften zwischen ihr und Corvinus liegen könnte?
    Doch nun möchte ich dir auch noch etwas fröhlicheres schreiben. In den letzten Tagen habe ich bereits begonnen, kleine Tuniken für unser Kind zu nähen, doch immer nur in meinem Cubiculum, da ich Celerina nicht mit der Nase darauf stoßen will, dass mir ein solches Glück zu teil wird und ihr nicht.
    In der Villa Aurelia gibt es auch einige neue Sklaven, deren Namen ich mir gar nicht alle merke. Wozu auch, in ein paar Wochen reise ich bereits wieder ab und werde für lange Zeit nicht zurück nach Rom kehren können. Und die Renovierung unserer eigenen Villa geht gut voran. Habe ich dir das überhaupt schon geschrieben? Titus hat ein eigenes Haus, außerhalb des Pomeriums gekauft, welches nun unseren Ansprüchen entsprechend umgebaut wird, damit wir demnächst gemeinsam nach Rom reisen können. Ich glaube es ist für ihn eine große Last, dass er vorest nicht mehr das Forum Romanum und die Villa seiner Familie betreten darf, solange er Legat der Prima ist. Und wie es ausschaut, wird er dieses Kommando länger wie nur ein Jahr innehaben.
    Wie sieht es bei Valerian aus? Konntet ihr inzwischen heraus finden, wieso er so plötzlich nach Germanien versetzt wurde? Wenn es etwas gibt, was wir, oder ich, für euch tun können, dann bitte, Calvena, scheue dich nicht es mir zu schreiben.
    Der Brief ist sehr lang geworden und ich könnte noch viel mehr schreiben, doch will mir meine Hand nicht mehr gehorchen, so dass ich diesen Brief für heute beende und dir verspreche, recht bald wieder zu schreiben.
    In freundschaftlicher Verbundenheit
    Und mögen die Götter euch in der Ferne beschützen


    Deine Septima


    P.S: Bitte grüße Valerian recht herzlich von mir.


    Dieses Mal begab sich Septima selbst auf den Weg und brachte den Brief zur Poststelle.

  • Septima wollte es kaum glauben. Da hatte sie sich ganz fest vorgenommen, ihrem Gatten baldmöglichst nach ihrer Ankunft in Rom zu schreiben, und nun hielt sie einen Brief von ihm in der Hand, ohne das sie ihm zuerst geschrieben hatte. Selbstverständlich plagte sie nun das schlechte Gewissen. Ursus hatte sich schon über die Schreibfaulheit seiner Familie beschwert und nun ließ auch sie ihn im Stich? Nein, dass konnte Septima nicht auf sich sitzen lassen. Den Brief von Ursus neben sich auf dem Tischchen ausgebreitet, schrieb sie ihm sofort zurück.


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    T. Aurelius Ursus
    Leg I Trai P F
    Mantua


    Geliebter Titus,


    Bitte verzeih mir, dass ich nicht gleich nach meiner Ankunft in Rom zu Papyrus und Feder gegriffen habe. Die Ereignisse überschlagen sich hier. Die Stadt ist so voller Leben, dass ich kaum Zeit finde all die Eindrücke und Erlebnisse zu verarbeiten, geschweige denn sie dir zu schreiben. Doch nun plagt mich mein Gewissen und ich will dir so viel wie möglich berichten.
    Selbstverständlich habe ich alle meine Freundinnen, soweit sie in Rom weilen, besucht und auf dem Weg zur Casa Germanica ist es tatsächlich zu einem Zwischenfall gekommen. Keine Sorge, Liebster, unserem Kind und mir ist nichts geschehen. Baldemar hat gut auf uns acht gegeben. Doch ich beginne lieber am Anfang der Geschichte.
    Kurz nach meiner Ankunft in Rom fanden die Nemoralia statt und dabei kam es zu einem unschönen Zwischenfall, der die pax deorum störte. Daraufhin stürmte eine wilde Herde Rinder den heiligen Hain der Diana und es kam zu dutzenden Toten und Verletzten. Ich selber war nicht anwesend im Hain, sondern erfuhr erst am nächsten Tag, auf dem Weg zur Casa Germanica, von den Ereignissen. Ein wütender Mob hatte sich gebildet, der Genugtuung für die Schändung im Hain forderte und obwohl irgendwann die Urbaner eingriffen, kam es zu sehr unschönen Zwischenfällen. Ein solcher Zwischenfall ereignete sich in einer Seitenstraße und es war ausgerechnet Flora, die in Begleitung einer Freundin names Octavia Varena auf dem Weg zum Tempel der Diana war. Eine Gruppe von streitsüchtigen und aufgewiegelten Harlunken hat die beiden Damen in Bedrängnis gebracht und meine Leibwächter waren es, die die Situation klären konnten. Wie ich schon anfangs schrieb, unserem Kind und mir ist nichts dabei geschehen. Du kannst dich auf Baldemar verlassen, so wie ich.
    Mit Claudia Romana habe ich mich ebenfalls getroffen und sie berichtete von ihrem Besuch beim Praefectus Urbi, wo sie ein gutes Wort gegen die Versetzung von Calvenas Ehemann, Quintilius Valerian, einlegen wollte. Doch wie es schien wollte der PU nichts davon hören und ließ sie tatsächlich aus seinem Officium werfen. Unverschämtheit, findest du nicht auch?
    Wie du mich gebeten hattest, habe ich auch bei meinem Onkel ein gutes Wort für die Aurelier eingelegt und ich glaube, was mich ein wenig wundert, dass ihn das Verhalten von Laevina zwar gekränkt, aber nicht sonderlich verletzt hat. Außer seinen Ruf, der ihm mehr zu bedeuten scheint, als die Ehe die er mit Laevina geführt hat. Ich meine, was ist denn das für Mann, der seine Frau Wochen, nein sogar Monate lang allein an einem anderen Ort lässt? Oh, das hätte ich besser nicht geschrieben. Bitte verzeih mir, Titus. Manchmal fließen die Wörter schneller aus der Feder, als mir lieb ist. Ich wollte nicht schlecht über meinen Onkel schreiben, dafür liebe ich ihn viel zu sehr. Also bitte überlies was ich zuvor geschrieben habe. Mein Eindruck ist, dass Manius durch die Ereignisse nicht negativ gegenüber eurer Familie eingestellt ist. Außerdem steht noch die Frage im Raum, ob Durus nicht eine andere Aurelia ehelichen wird. Warten wir es ab. Sollte dies allerdings der Fall sein, so werden wir wohl beide nicht zur Hochzeit anwesend sein können, fürchte ich. Denn wenn ich erst wieder zurück in Mantua bin, werden einige Monate ins Land gehen, ehe wir gemeinsam und mit unserem Kind zusammen nach Rom reisen können.
    Was unser Haus angeht, so kann ich darüber nur wenig schreiben. Im Moment sieht alles noch recht durcheinander aus und ich kann selbst nicht abschätzen, wie es am Ende fertiggestellt aussehen wird. Reatinus leistet hervorragende Arbeit und sein Sklave Bashir scheint hier die Aufsicht zu übernehmen, wenn wir zurück nach Mantua reisen. Aurelius Lupus hat mir versprochen, hin und wieder nach dem Rechten beim Bau zu sehen, so dass wir neben Avianus noch ein zweites Paar Augen haben, dass sich um unser Haus kümmert.
    Nun neigt sich das Papyrus dem Ende und mir bleibt nur noch Platz dir zu sagen, dass du mir ebenfalls sehr fehlst. Die ersten Nächte, noch auf der Herreise, waren für mich besonders schwer. Mir fehlt deine Nähe, deine Zuneigung und deine Aufmerksamkeiten, besonders wenn wir alleine sind. Ich versichere dir, dass ich mich nicht länger als abgesprochen in Rom aufhalten werde, denn die Sehnsucht nach dir zieht mich zurück in das verlassene Mantua.


    In Liebe


    Deine Septima

  • Noch bevor Septima von Lupus erfuhr, dass dieser bereits einen Boten nach Mantua ausgesandt hatte, um Ursus von den tragischen Ereignissen innerhalb der Familie zu unterichten, setzte sie sich am Tag von Corvinus Ableben im Tablinum an ihren Tisch, um ihrem Mann einen Brief zu schreiben.


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    T. Aurelius Ursus
    Leg I Trai P F
    Mantua


    Titus,


    es sind schlimme Dinge hier in Rom geschehen. Du mußt wissen, dass sowohl Celerina als auch dein Onkel Corvinus von uns gegangen sind und das Elysium betreten haben. Wenn es dir irgend möglich ist, bitte ich dich, komm nach Rom. Ich werde bei dem Praefectus Urbi vorsprechen, um eine Sondergenehmigung für dich zu bekommen, so dass du das Haus deiner Familie betreten kannst. Ich weiß nicht wie lange das dauern wird und leider auch nicht, wann genau die Beisetzung und Trauerfeier stattfinden wird. Liebster Titus, es tut mir unendlich leid und mein Herz ist erfüllt von Trauer. Es scheinen schlimme Ereignisse dem Tod vorangegangen zu sein. Auch hier zu weiß ich nicht wirklich mehr und außerdem würde ich lieber direkt mit dir darüber reden können.
    Ich liebe und vermisse dich.


    Deine Septima

  • Ein zweiter Brief folgte nach dem an Ursus. Septima hatte ihrer Freundin Serrana einen Besuch in der Casa Germanicer versprochen. Gestern war ihr die pöbelnde Masse in die Quere gekommen, die sich über einen Frevel im heiligen Hain der Diana aufgeregt hatten. Das womöglich Celerina der Auslöser für einen solchen Menschenauflauf gewesen sein soll, wollte Septima partou nicht glauben. Also hatte sie gestern einen Sklaven zur Casa Germanicer geschickt, damit er die mündliche Nachricht überbringen konnte, dass der Besuch von Domina Septima auf heute verschoben wurde.
    Leider war Septima nach den morgendlichen Ereignissen überhaupt nicht nach einem Besuch ihrer Freundin zumute.


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    Iunia Serrana
    Casa Germanica
    Roma


    Liebe Serrana,


    bitte verzeih, aber leider bin ich nicht in der Verfassung dich heute oder in den nächsten Tagen besuchen zu kommen. Tragische Ereignisse haben zu dem Tod von Flavia Celerina und Aurelius Corvinus geführt, so dass du mich sicherlich verstehen kannst, wenn ich dich nicht besuchen komme. Ich werde mich in den nächsten Tagen bei dir melden.


    Septima

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