officium TAU | Spurlos verschwunden

  • In der Tat hatte Ursus heute nicht viel Konzentration für seine Arbeit aufbringen können. Er ging in seinem Officium auf und ab wie ein Raubtier im Käfig. Als es klopfte und es endlich Cimon war, der eintrat, ging Ursus gleich einen Schritt auf den Nubier zu. "Na endlich. Und? Habt ihr etwas herausfinden können?" Keine langen Vorreden mehr, er hatte seine Geduld bereits überstrapaziert.







  • Sein Herr trat bereits auf ihn zu und Cimon verharrte in angemessener entfernung zu Ursus. Wobei dies bedeutete, das sie doch recht nahe beieinander stehen würden. Denn Cimon beurteilte diese Situation als sehr vertraulich. Und inzwischen traute er sich, Entscheidungen in dieser Art zu treffen, wusste er doch das sein Herr ihm Fehler ruhig aufzeigen mochte.
    Dann holte er tief luft und sah auf, direkt in die Augen seines Herren. Es fiel ihm nicht leicht, doch er würde ehrlich sein müssen.


    "Ja, in der Tat. Wenn auch nicht viel. Also...sie lebt. Wir haben sie gefunden. Aber sie sah nicht gut aus. Ich habe ihr etwas zu essen gegeben. Doch während Marei ging um etwas Wasser zu holen, konnte sie mich .... austricksen. Sie rannte davon. Ich bin ihr gefolgt. Doch in der Menge habe ich mich entschlossen, sie laufen zu lassen. Sie ist sehr verbittert und wütend. Sie will nicht zu dir zurückkehren.


    Verzeih meinen Fehler, das ich sie hab laufen lassen, Herr. Aber... ich wollte sie nicht schreiend, über die Schulter geworfen Heim zerren."


    Nun fingerte er nach dem Beutel mit Geld und gab es seinem Herren. Dabei sah er ihm nochimmer in die Augen, doch der Nubier zeigte dabei seine Schuldgefühle. Kurz biss er auf seine Unterlippe. Dann holte er erneut tief Luft und sprach weiter...


    "Es fehlt nur das Geld, was Marei brauchte, um das Wasser zu holen. Da ich die Kleine verloren habe, vermute ich sie hier im Haus und würde sie gerne gleich suchen.... aber zuvor...zuvor würde ich dich gerne um Gnade bitten.... Gnade mit und Caelyn gegenüber...


    Es ... es gibt noch diesen einen Wunsch.... ich .... ich würde dich um die Freiheit bitten ... Freiheit für Caelyn. Es geht ihr nicht gut...und auf der Flucht wird sie niemals Arbeit finden können."

  • Fast regungslos hörte Ursus zu. Sie lebte. Sie war in der Stadt. Es ging ihr schlecht. Und doch wollte sie nicht zu ihm zurück. Mit jeder Information, die in sein Hirn sickerte, wurde seine Miene starrer. Hatte er denn dieses Mädchen je schlecht behandelt? Hatte er ihr nicht unglaubliche Freiheiten eingeräumt? Ihr immer und immer wieder ihre Frechheiten nachgesehen. Ihr von Anfang an gesagt, daß er eines Tages heiraten würde und daß er sie zwar mochte, aber nicht liebte. Er hatte sie nie angelogen. Und das war nun der Dank für all das? Daß sie nicht einmal den Mut hatte, mit ihm zu reden und selbst um das zu bitten, das Cimon nun für sie erbat.


    Tief durchatmen, die Gedanken ordnen, erst dann reden. Ursus zwang sich zur Ruhe. "Geh morgen wieder in die Stadt. Und dieses Mal hol sie her. Auch wenn Du sie schreiend über die Schulter werfen mußt. Ich möchte mit ihr sprechen." Ihr die Freiheit geben? Und dann? Sie war nicht reif für die Freiheit, das hatte sie jetzt nur noch einmal um so deutlicher bewiesen. "Ich habe Dir mein Wort gegeben, Cimon. Das werde ich auch nicht brechen. Doch den Zeitpunkt, den Zeitpunkt möchte ich bestimmen. Ich möchte mit ihr reden. Ich möchte in ihr Gesicht sehen. Und ich möchte wissen, wie sie meint, wie ihr Leben dann aussehen soll. Dieses dumme, dumme und vor allem sture Mädchen!"



  • Genau beobachtete er seinen Herren. Doch was er hörte ließ ihn den Kopf herumreißen und ihn anstarren. Was sollte er? Nur leicht schüttelte er den Kopf, fixierte Ursus...doch dann sah er es ein. Es war keine Bitte, es war ein Wunsch, ein Befehl... und er war der Sklave der diesen auszuführen hatte, gleich wie sehr sein Herz bluten mochte. Marei war vorerst wieder vrgessen, denn er vermutete sie in Sicherheit, irgendwo in der Villa.


    "Ja, Herr.... Ursus? .... Es ..es war meine Bitte an dich, sie freizulassen...bitte...verrate es ihr nicht.... sie ist so...stolz... sie würde meine Hilfe bestimmt nicht annehmen...dann hätte sie es in dieser Gasse getan. ...Herr."


    Bittend sah er Ursus nun in die Augen und wartete nur auf das letzte Signal bevor er würde gehen können. Doch diesesmal machte er sich alleine auf den Weg. Wenn nun etwas geschehen würde, konnte er sich ganz und gar auf Caelyn konzentrieren und musste keine Angst um den kleinen Wirbelwind haben.

  • "Ja, sie ist stolz. So verdammt stolz, daß sie vergißt, wer und was sie ist. Und auch ihr eigenes Wohlergehen außer Acht läßt. Was ist eine Freiheit wert, wenn man sie schmutzig und hungrig in der Gosse verbringt, jede Minute in der Gefahr, vergewaltigt oder gar getötet zu werden? Auch wenn ich sie freilasse hat sie wenig Chancen auf ein anständiges Leben, so unvorbereitet wie sie ist. Dabei hatte ich angefangen, sie darauf vorzubereiten. Ich wollte sie doch ohnehin bald freilassen. Doch erst, wenn sie fähig wäre, auf eigenen Füßen zu stehen. Und im Moment ist sie das noch nicht!" Ursus wußte nicht, warum er das alles sagte. Vielleicht, weil er Cimon vertraute. Vielleicht, weil er wollte, daß Cimon verstand. "Sie wird vermutlich nicht freiwillig herkommen. Also wirst Du sie zwingen müssen. Nein, ich werde ihr nichts davon sagen, daß Du Deinen Wunsch dafür verwendest, ihr die Freiheit zu verschaffen. Obwohl ich finde, daß sie es wissen sollte."







  • Was war die Freiheit wert, wenn man sie...so verbrachte? Cimon dachte ernst darüber nach und nickte ergeben. Er selbst sah sich in seiner Angst vor der Freiheit bestätigt. Als Ursus die Gefahren aufzählte riss Cimon die Augen auf. Vergewaltigt? Getötet? Und er hatte es versäumt sie davor zu beschützen. Würde ihr jetzt etwas geschehen, Cimon wusste nicht, was er tun würde.
    Er wollte sie ohnehin bald freilassen? Warum hatte Caelyn nicht abwarten können? Sie würde nicht freiwillig kommen? Wieder nickte der Nubier. Erleichtert atmete er durch, als Ursus ihm bestätigte, das er es ihr nicht verraten würde. Ja, er verwendete seinen einen Wunsch.... aber wieso? Und wieso nicht für sich selber? Würde er es später bereuen? Etwas dunkles griff nach seinem Herzen und bevor er sich diesem hingeben konnte ging ein Ruck durch den Körper. Er konnte einfach nicht mehr still bleiben. Auch wenn es später Ärger geben mochte, das war ihm gleich. Er musste weg, etwas tun, einfach sich bewegen.


    "Ich werde sie suchen und nicht ohne sie wieder zurück kommen."


    Ohne eine weitere Antwort abzuwarten eilte er hinaus und hätte fast das Rennen angefangen. Hektik breitete sich in ihm und seinem Herzen aus. Angst falsche Entscheidungen getroffen zu haben, angst zu viele Fehler begangen zu haben. Alles brannte ihm im Hals und in der Seele.

  • Vielerlei Gefühle wechselten sich auf der Miene des Nubiers ab. Und nicht alle konnte Ursus zuverlässig deuten. Sicher war, daß Cimon sich schuldig fühlte. Doch weswegen? Leider war der Sklave so schnell aus dem Raum verschwunden, daß Ursus keine Gelegenheit mehr hatte, ihn zumindest über diesen Punkt zu beruhigen. Und ihm selbst blieb wieder nichts, als zu warten. Zu warten, ob Cimon die Nadel ihm Heuhaufen fand. Und zu hoffen, daß Caelyn unversehrt war. Dabei war er sich gar nicht mehr so sicher, was er eigentlich für die schöne Keltin empfand. Liebe, wie er sie für Cadhla empfand, war es ganz sicher nicht. Aber was war es dann? Er wußte nur, daß sein Herz zu zerspringen drohte bei dem Gedanken, daß ihr etwas angetan werden könnte.




  • Marei klopfte zögerlich an die Tür, wartete geduldig sowie mit klopfendem Herzen darauf, bis man sie hereinbat. "Salve, dominus Ursus." begrüßte Marei den 'Bär' und schwieg, sich die nächsten Worte zurechtlegend. Ja, was sagte man eigentlich, wenn etwas missglückt war?


    Das kleine Sklavenmädchen wusste inzwischen durch das Abgucken von Cimons Verhalten und das der anderen Sklaven, dass sie erst sprechen durfte, wenn sie dazu aufgefordert wurde. "Ich habe Narcissa im hortus getroffen..." erklärte sie die Anwesenheit von Narcissa. "Und ehm.... *räusperschluck*... ich habe Cimon in der Stadt verloren, dominus"

  • Die Erinnerung daran, wie sie das letzte Mal zusammen mit ihrer Schwester Flora, ein Kästchen mit einem ominösen Inhalt in der Hand, vor dieser Tür gestanden hatte, war noch so lebendig als wäre es erst gestern gewesen. Damals hatten sie geklopft, weil sie ihrem Vetter zeigen wollten, was sie in Floras Zimmer gefunden hatten. Nur war er da „verhindert“ gewesen. Mit seiner Frau Septima. Allein daran zu denken, überzog ihre Wangen mit einer zarten Röte.
    Jetzt stand sie wieder vor der Tür. Dieses Mal mit Marei – und hoffte darauf, dass ihr Cousin nicht wieder „verhindert“ war. Eine gewisse Erleichterung überkam sie, als aus dem Inneren seine Stimme erklang und sie hereinbat. „Salve Titus“, begrüßte sie ihn mit einem Lächeln.
    Was sagte man in einer solche Situation? Es musste in seinen Augen reichlich merkwürdig aussehen, dass sie das Mädchen begleitet hatte.
    „Marei war so aufgeregt – da dachte ich, ich begleite sie...“, fügte sie fast schon entschuldigend den Ausführungen des Mädchens hinzu....



    Sim-Off:

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  • Es dauerte gar nicht lange, als es wieder klopfte. Ursus nahm nicht an, daß das Cimon war, also schaute er stirnrunzelnd auf. "Herein."


    Die kleine Marei kam herein, gefolgt von einer der Zwillinge. Narcissa, wie er gleich darauf hörte, obwohl er wieder einmal falsch getippt hatte und fast Flora begrüßt hätte. "Salvete, ihr beiden." Anscheinend suchte die Kleine nach Worten. Ursus wartete mehr oder weniger geduldig, bis sie endlich mit der Sprache herausrückte. Denn er fürchtete schon Schlimmes, so wie sie herumdruckste. "Darüber mach Dir keine Sorgen, Marei. Cimon ist schon groß, er findet sich zurecht. Er ist schon bei mir gewesen und hat mir berichtet. Ich bin nur froh, daß ihr beide gesund wieder hier seid, auch wenn ihr euch verloren habt." Wie Narcissa in diese ganze Geschichte hineinpaßte, wußte er allerdings nicht. Fragend schaute er sie an, denn er befürchtete, daß jetzt noch etwas nachkam, das ihm vielleicht doch noch Sorgen bereiten würde. Als sie dann ihre Erklärung abgab, schmunzelte er amüsiert. "Kleine Mädchen fresse ich für gewöhnlich nicht. Auch nicht, wenn sie naseweis und vorlaut sind." Er strubbelte der kleinen Marei durch die Haare und brachte sie damit in Unordnung.





  • "Stimmt.. er ist schon groß, ich meine Cimon!" stimmte Marei zu. "Ich finde das auch gut, also das wir beide gesund sind."


    Sie friemelte den Satzschlange von Ursus auseinander, denn die war ganz schön lang. Unbedingt wollte sie verstehen, was er ihr sagen wollte. Während sie überlegte, liess sie ihn ihre Haare in Unordnung machen. Das durfte er! Nicht, weil er ihr Herr war, sondern weil sie sowieso jedwede kleine Berührungen und liebevollen Zuwendungen vermisste.


    "Ich möchte überhaupt und gar nicht gefressen werden..." empörte Marei sich für Momente, stemmte streitlustig die Arme in die Taille. "Cimon sagt immer, ich muss noch so vieles lernen. Naseweis klingen und Vorlaut sein kann ich alleine nur durch Lernen und Abgucken immer kleiner kriegen. Und ich bemühe mich drum zu Lernen..." Ihre Stimme wurde leiser, sie tastete nach Narcissas Hand. "Manchmal möchte ich gar nicht lernen.. das Lernen scheint nie aufzuhören."

  • Ursus reagierte so, wie Narcissa es von ihm erwartet hatte. Sie registrierte wie gut der Aurelia verstand mit dem Mädchen umzugehen. Auch der fragende Blick des Verwandten war ihr nicht entgangen. In der Tat musste es eigenartig für ihn aussehen, dass sie Marei begleitet hatte, obschon sie mit der eigentlichen Sache ja reichliche wenig zu tun hatte.
    „Das hatte ich auch ehrlich gesagt nicht angenommen...“, lächelte sie. „Betrachte mich einfach nur als moralische Unterstützung....“ Dennoch hatte Narcissa den Eindruck, dass das Mädchen nun wesentlich ruhiger als zuvor im Garten war. Das mochte auch daran liegen, wie sich Titus ihr gegenüber verhielt. Er wird bestimmt ein guter Vater werden, ging es ihr durch den Kopf und wunderte sich einen Moment selbst über den Gedanken. Wenn sie ihn so vor sich sah, so jung wie er noch war, dann kam es ihr sehr abwegig vor; Er mit einem kleinen Bündel im Arm. Dabei war es gar nicht so unwahrscheinlich. Schließlich war er verheiratet. Da war es nur noch eine Frage der Zeit.
    Die junge Frau spürte, wie Marei nach ihrer Hand tastete und um griff die kleinen Fingerchen mit einem sanften Druck. Sie brauchte offensichtlich diese körperliche Zuwendung.
    „Das machst du aber ziemlich gut, das mit dem Lernen....“, erwiderte sie aufmunternd und sah zu Titus auf: „Habe ich nicht Recht?“ . Für ein kleines Kind, das lieber spielte, konnte Lernen mitunter sehr mühsam sein. Doch Marei war glücklicherweise von Natur aus mit Neugierde gesegnet worden. Manchmal kam sie der Aurelia wie ein kleiner Schwamm vor, der alles in sich aufsaugte, alles wissen wollte.
    Das Thema Lernen brachte sie aber noch auf einen anderen Gedanken. Das erste Mal, als sie sich in der exedra begegnet waren, da hatte sich Narcissa vorgenommen, dem Mädchen zumindest in Grundzügen das Lesen und Schreiben beizubringen. Sie sollte zumindest fragen, ob das in Ordnung war, auch wenn sie sich nicht vorstellen konnte, dass Titus oder Septima etwas dagegen hatten.
    „Sag Mal Titus, wärest du damit einverstanden, wenn ich ihr ein wenig das Schreiben und Lesen beibringe? Ich meine, sie sollte zumindest einmal in der Lage sein, ihren Namen schreiben zu können....“

  • Ursus' Schmunzeln vertiefte sich. "Genau so ist es, Marei. Das Lernen hört niemals auf, egal wie alt man ist. Ich lerne tagtäglich dazu. Narcissa genauso. Das ist aber kein Grund zum Stöhnen, sondern ein Grund zur Freude. Wie langweilig wäre das Leben, wenn es nicht immer wieder etwas Neues zu entdecken und zu erfahren gäbe. Ich liebe es, zu lernen. Es ist, als würde man eine geheimnisvolle Tür öffnen und dahinter einen riesigen Raum voller neuer Dinge finden. Erforscht man diese Dinge findet man unzählige neue Türen. Manchmal ist es erst schwer, die Tür aufzumachen, man muß mühselig lernen, sie zu öffnen. Aber wenn man es kann, dann ist es nur herrlich und spannend." Ob sie das verstehen würde? Er glaubte schon, denn Marei war nicht dumm und besaß eine sehr lebhafte Phantasie.


    Als Narcissa ihn darum bat, der Kleinen Lesen und Schreiben beizubringen, nickte Ursus sofort. "Ich hatte schon Cimon gebeten, ihr ein bißchen was beizubringen, doch er hat nur wenig Zeit. Wenn Du aber die Zeit erübrigen kannst, würde ich mich sehr freuen. Ich war schon immer der Meinung, daß Bildung das Wichtigste im Leben eines Menschen ist. Sie eröffnet die Wege zu einem guten Leben. Ich danke Dir, Narcissa, daß Du Dich des Mädchens annehmen willst." Für die kleine Marei würde das zwar auch viel Arbeit bedeuten, aber eines Tages würde sie sehen, was für eine wunderbare Tür sie mit diesem Können öffnen konnte: Die in die Welt der Bücher und Schriften.


    "Marei, nun wirst Du etwas lernen, das Dir Dein ganzes Leben lang nützlich sein wird. Und auch Spaß bringen wird. Am Anfang ist es mühsam und schwer. Aber Du wirst sehen, bald ist es ganz leicht und dann wirst Du wunderschöne Geschichten entdecken. Also paß gut auf, was Narcissa Dir beibringt und lerne fleißig."



  • "Es hört nie auf? Hmja.. mag sein. Lernen heisst Türe öffnen und das dahinter entdecken? Wiederum neue Türen entdecken und diese öffnen?? Aha... na gut... ich finde, das ergibt ein schönes Bild, ehm... ich meine ein Bild in meinem Kopf. Die Schlüssel zu den Türen finde ich irgendwann und bewahre sie dann in mir auf." Sie deutete verlegen lächelnd auf ihren Kopf. Sicherlich wusste ihr junger Herr was sie meinte.


    Mit großen Augen verfolgte sie das Gespräch zwischen den Erwachsenen. Kurz nach dem zuletzt gefallenen Wort konnte sie nicht mehr still stehen, zappelte an Narcissas Hand, sah sie mit bettelndem und begeistertem Blick zugleich an. "Aujaa, das wäre toll. Mit dir Lesen und Schreiben lernen. Das 'A' kenne ich schon.. das 'F... und das 'I' und die Wanne, ehm, das 'W'." Die erste Begegnung war noch gar nicht so lange her, auch weil sie eine schöne Geschichte vorgelesen bekommen hatte.


    "Das alles dauert bestimmt ein Weilchen.. und wenn es soweit ist.. dann, dann.. lese ich dir die Geschichte vor, die Narcissa mir neulich vorgelesen hat, dominus." versprach Marei mit glänzenden Augen dem Bär. "Deiner Frau Septima lese ich auch, wenn sie möchte. Und domina Flora.. und Cimon..." Ihr fiel etwas ein. "Was war denn das allererste was ihr gelesen habt?" Ups.. schon wieder schoß ihre Neugierde hervor. "Ups.. entschuldigung."

  • Man spürte, dass Titus etwas an dem Mädchen lag. Als er versuchte Marei die Freude des Lernens zu vermitteln, lauschte sie und nickte bestätigend an den richtigen Stellen. Sie konnte verstehen, was er meinte. So anstrengend es manchmal war - es war die Faszination für Neues, das sie immer wieder antrieb zwischen "Buchdeckel" zu schnuppern. Was Bildung betraf, waren die beiden Aurelier einer Meinung.


    "Das mache ich sehr gern", entgegnete Narcissa und freute sich sichtlich, dass er ihren Vorschlag unterstützte. Auch Marei schien davon begeistert und brabbelte fröhlich darauf los, was sie schon alles konnte. Sanft drückte sie ihre Hand und bedachte das Mädchen mit einem Lächeln. Das erste Mal waren sie einander in der exedra begegnet und Narcissa hatte die Gelegenheit genutzt dem Mädchen eine Fabel vorzulesen.


    "Deine Zunge ist schneller als deine Gedanken, hm?", zwinkerte sie ihr zu. Das Mädchen zeigte eine große Bereitschaft und Motivation. Die galt es zu nutzen, allerdings galt es auch ihren Übermut zu bremsen. Nicht, dass sie enttäuscht wäre, wenn sie nicht schnell genug voran kam. "Na ja, wir haben sehr viele kurze Texte gelesen, die uns unsere Lehrer geschrieben haben. Das erste längere Buch waren tatsächlich Fabeln von Phaedrus....", antwortete sie. "Aber ich denke, wir werden auch erst mal im kleinen anfangen..."
    Noch etwas ganz anderes beschäftigte sie. "Was hat es eigentlich genau mit dieser Sklavin auf sich, Titus?", erkundigte sie sich mit gekräuselter Stirn.

  • Ursus lächelte Marei an, als sie seinen bildhaften Vergleich so bereitwillig aufnahm. "Das Schöne ist, hast Du eine Tür erst einmal aufbekommen, wird sie immer offen bleiben. Du kannst immer wieder hindurchgehen. Ich weiß, es werden Zeiten kommen, in denen Du gar keine Lust haben wirst, weil manche Tür sehr schwer zu öffnen ist. Dann müssen wir Dich dazu zwingen. Damit Du später die Freude erleben kannst, die Du ganz sicher nicht missen willst, wenn Du erst einmal erfahren hast, wie schön sie ist." Sie sollte ruhig vorher schon wissen, daß man einige Dinge schwer erarbeiten mußte. Doch sie sollte auch wissen, daß am Ende der Mühe auch Belohnung stand. Wenn man fähig war, sich an Erfolgen zu freuen.


    "Es gibt ein paar sehr einfache Geschichten in der Bibliothek. An denen haben wir damals Lesen und Schreiben gelernt. Die könnten euch auch helfen. Es muß eine schlichte Holzschachtel sein, in der sie liegen." Sicher würden diese Geschichten auch Marei helfen, lesen zu lernen.


    Ursus runzelte die Stirn, als Narcissa ihn nach Caelyn fragte. "Caelyn... sie ist ein sehr eigensinniges, trotziges Mädchen. Sie hat sich vor einiger Zeit in mich verliebt, das weiß ich wohl, aber ich habe ihr schon vor langem gesagt, daß sie sich das aus dem Kopf schlagen muß. Sie hat mir viele Versprechen gegeben. Und sie hat sie gebrochen. Viel mehr kann ich Dir nicht dazu sagen. Oder möchtest Du irgendetwas spezielles über sie wissen?"

  • "Das klingt gut, dass sie offen bleiben..." Aufmerksam nahm sie Ursus Worte auf und zuckte leicht zusammen, als er davon sprach, dass er sie auch einmal dazu zwingen würde, durch eine Tür gehen zu müssen. "Schaun mer mal..." meinte sie ganz leise dazu und fragte artig nach einer Erlaubnis. "Darf ich in die Bibo.. bibu.. biblio.. tee.. thee (was für ein schwerer Name).. und diese Holzkiste holen??"


    Marei wurde rot über Narcissas versteckte Ermahnung und Zwinkern. "Ehm.. ja.. manchmal.. nicht immer.. ich versuch die immer noch zu bändigen." stotterte Marei und liess sich äußerst gerne von Narcissas nächsten Worten ablenken. "Eure Lehrer haben Geschichten für euch geschrieben.. zum Lesen üben..?!? Jetzt bin ich aber baff..." Das ziemlich aufgeregte und lernwillige sowie wissensbegierige Sklavenmädchen bemerkte, dass die Erwachsenen weitersprachen, nun über etwas anderes. Mit offenen Augen begann Marei brav an Narcissas Seite stehend zu träumen, wann sie die erste Narcissa-Geschichte von einer Schreibtafel ablesen würde.


    "Können wir nicht Caelyns Geschichte aufschreiben und allen Sklaven hier im Haus vorlesen?" fragte Marei ohne nachzudenken die Erwachsenen.

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