hortus | Sonnenstrahlen

  • Sonnenstrahlen,
    die den Winter vertreiben
    mit ihrem Licht
    die Farben des Frühlings
    zum Leuchten bringen
    öffne die Augen
    für das Leben
    für die Liebe
    für den Frühling in Dir

    [SIZE=7]Engelbert Schinkel[/SIZE]


    Neuerdings wurde sie nachts von merkwürdigen Träumen heimgesucht, deren Bedeutung sich ihr nicht eröffnete. Sie waren verwirrend und sie konnte sich nicht einmal daran erinnern, was sie geträumt hatte, nur dass sie geträumt hatte. Sehnsucht spielte eine große Rolle, doch konnte sie nicht sagen, wonach sie sich sehnte. Um den Grübeleien endlich ein Ende zu bereiten, war sie in den Garten hinaus gegangen. Herrlicher Sonnenschein hieß sie willkommen. Anscheinend war der Winter vorbei, denn sie konnte die ersten kleinen Knospen erblicken und auch der Wind war nicht mehr so eisig. Sie streckte die Nase in den Wind und genoss die Wärme auf der Haut.
    „Domina“, erklang es hinter ihr. Lysandra eilte ihr hinter und reichte ihr eine warme pala. „Noch ist der Sommer nicht da! Nicht das du dich erkältest!“ sagte sie ermahnend. Sie seufzte und verkniff sich den Kommentar, dass sie sich wohl schon nicht erkälten wird. Schließlich hatte sie das Bad im eiskalten Bach unbeschadet überstanden, aber davon wusste die Sklavin nichts. Sonst hätte diese wohl vollkommen schockiert sich den armen Cimon zur Brust genommen und anschließend ihrer Mutter geschrieben und ihr erklärt, dass Rom nichts für sie war. Das galt es zu verhindern. Mit einem entnervten Blick nahm sie den wärmenden Stoff entgegen und legte ihn dann einfach auf eine Bank. Ehe die Sklavin protestieren konnte, setzte sie sich auf den Stoff und grinste frech.
    „Das ist unvernünftig“, klagte Lysandra und Flora grinste breit. „Mir geht es gut“, sagte sie mit leisem Nachdruck in der Stimme. „Du musst dich nicht aufführen wie eine Glucke!“ sagte sie. Lysandra schnappte beleidigt nach Luft, warf den Kopf in die Höhe und marschierte dann ins Haus. Erleichtert sah Flora ihr nach und schüttelte den Kopf. Manchmal führte sich die Sklavin auf wie ihre Mutter. Das war diese zum teil auch, hatte sie sich ja seit ihrer Geburt um sie gekümmert, dennoch ging ihr diese Fürsorge auf die Nerven. Da sie nun erst einmal allein war, ging sie zu ihrem Beet hinüber, dass sie erobert hatte und betrachtete mit kritischem Blick die frische Erde. Es würden wohl noch ein zwei Wochen vergehen, ehe auch hier sich die ersten Blüten zeigten.

  • Der Tag war noch nicht richtig warm aber durch die Sonne durchaus sehr schön. Cimon wollte nur die Luft für einen Augenblick genießen. Nur kurz den tag begrüßen. So ging er und blieb dann doch stehen. Da saß sie, oder war es doch? Sie saß mit dem Rücken zu ihm, also war es reine Mutmaßung. Langsam schritt Cimon so, das er sie von der Seite würde betrachten können, dabei sah er sich immer wieder um, ob sie beobachtet wurden. Und er sah niemanden.
    Verträumt sah er sie an. Cimon überlegte sah ihr seitlich so gut es ging in das hübsche Gesicht, achtete auf Gesten und...er war sich noch immer nicht sicher. Aus irgendeinem Grund stach diese Erkenntnis in sein Herz. Der Nubier ging langsam weiter. Aber so, das sie ihn würde sehen können.


    "Salve, Herrin. Kann ich dir etwas bringen?"


    Seine Stimme war freundlich und ergeben. Der Blick senkte sich leicht und er versuchte ein Lächeln zu sehen sie zu erkennen. Doch Chaos herrschte unter seiner ruhigen Fassade.

  • Während sie so ihr Beet betrachtete und überlegte, ob es sich lohnte Rosen zu züchten, drängten sich ihr ganz andere Bilder auf. Bilder die sie versuchte zu ignorieren, zu verdrängen und dann doch willkommen hieß. Cimon, wie er da stand, ohne Hemd, in diesem kleinen Waldstück, nachdem sie ihr unfreiwilliges Bad genommen hatte. Wie er sie mit Leichtigkeit einfach hoch hob. Obwohl sie in diesem Moment reichlich neben sich gestanden hatte, wusste sie immer noch, wie es sich angefühlt hatte. Ganz leicht schüttelte sie den Kopf, verscheuchte die Bilder, welche sie so sehr durcheinander brachten.
    Kurz verglich sie diese merkwürdigen Gefühle, mit der Schwärmerei für einen der Stallburschen im heimatlichen Terentum. Das war was anderes gewesen, stellte sie zu ihrer Überraschung fest. Was wohl daran lag, dass sie und Narcissa als begehrte Trophäe gegolten hatten und er versucht hatte eine von den Zwillingen in sein Bett zu locken, in dem er sie umgarnte und ihnen schmeichelte. Ihre Mutter hatte dem Ganzen dann ein Ende bereitet, als sie merkte, dass die Tugend ihrer Töchter in Gefahr war.
    Irgendwie war es aber mit Cimon anders, er war nicht aufdringlich oder hatte Hintergedanken, er war einfach… da. Leise seufzte sie und schürzte kurz die geschwungenen Lippen. Erschrocken zuckte sie zusammen, als dann Cimon hinter ihr auftauchte. Sie hatte gar nicht bemerkt, dass sie nicht mehr allein war. Wo war er denn her gekommen, oder war er nur ein Trugbild ihrer Fantasie. Nein, das war er nicht, er stand leibhaftig vor ihr, den Blick gesenkt. Schließlich musste sie über sich selbst lachen.


    „Salve Cimon“, lächelte sie, über sich selbst amüsiert. „Seit wann schleichst du dich so an? Du hast mich erschreckt“, sagte sie, aber man hörte dass sie ganz und gar nicht wütend war oder verärgert. Sondern es mit Humor nahm. „Ich sollte dir ein Glöckchen um den Hals hängen, damit du dich in Zukunft nicht so anschleichen kannst“, scherzte sie. Warum nur verglich sie den Nubier in Gedanken mit einer großen geschmeidigen Katze? Und sie das arme kleine Vögelchen, welches er sich als Beute ausgesucht hatte? Sie war ja vielleicht albern. Kurz musterte sie ihn und stellte zu ihrer Freude fest, dass er das Tuch trug, das sie ihm geschenkt hatte.
    Ob er ihr etwas bringen konnte? „Saft und etwas Gebäck“, sagte sie dann. „Und wenn du magst, darfst du dich gern zu mir setzen!“

  • Als er sie erschrack, zuckte Cimon leicht. Das war schließlich nicht seine Absicht gewesen. Doch ihr Lächeln gab ihm ein Hinweis, genau wie ihre Stimme. Ja, es musste Flora sein. Und sofort erhellte sich Cimons Gesicht. Wobei er sich das Glöckchen wirklich niedlich vorstellte...komisch normalerweise würde er es als Angriff auf seine Person, eine Unterstreichung seiner Stellung sehen...aber nicht bei Flora. Er wagte es nicht so offen zu lachen, doch hoffte das das Strahlen seiner Augen ein guter Ausgleich würde sein können.


    "Verzeih, Flora. Ich wollte dich nicht erschrecken. Mit Freude würde ich dieses Glöckchen tragen.
    Serwohl, Flora, Saft und Gebäck...kommt sofort."


    ergeben neigte er den Kopf und antwortete doch nicht direkt auf ihr Angebot. Nur seine Freude mochte zeigen, das er gerne bei ihr sein würde. So ging er zwar raschen Schrittes aber doch ohne übertriebene Hetze.


    -----------------------------------------------


    Es dauerte einige Minuten, bis er mit einem Tablett und einem Becher wieder kam. Er hatte sich bemüht, ihren Geschmack zu treffen. Nun wollte er es neben sie stellen. Doch es gab keinen Ort an den sie herangekommen wäre, ohne sich zu recken. So setzte er sich mit ergebener Mine neben sie und hielt es ihr so, das sie sich würde bedienen können. Dabei achtete er auf einen angemessenen Abstand, falls doch noch jemand in den Garten gehen würde. Aber seine Augen zeigten die Freude über die Nähe, die er nun erfahren durfte.


    "Ich hoffe diese Auswahl kommt dir entgegen, Flora."

  • Sie wusste das Cimon sie nicht absichtlich erschrocken hatte. Er wollte nur zuvorkommend sein und sich nach ihren Wünschen erkundigen. Sie musste kichern, als er meinte, er würde das Glöckchen tragen, wenn sie ihm eines schenkte. Nur glaubte sie, das Titus es nicht so lustig finden würde, wenn sein Sklave auf Schritt und Tritt leise vor sich hin bimmelte. Lustig war es dennoch. Noch ehe sie auf ihren Scherz weiter eingehen konnte, war Cimon dann auch schon ihren Blicken entschwunden und eilte wohl Richtung Küche um ihre Wünsche zu erfüllen. Kurz war sie allein, allein mit ihren Gedanken und in dem leerem Garten. Eigentlich hatte sie ihm noch sagen wollen, dass er nicht sofort los laufen brauchte. Mit nachdenklichem Blick sah sie ihm nach. Ausnahmsweise war da einmal nicht die Verwirrung, sondern ein anderes Gefühl, ganz zart und zerbrechlich. Leise seufzte sie und schüttelte es ab, denn sie wusste es nicht zu bezeichnen. Wieder kam ihr ihr Traum in den Sinn, sie konnte sich erinnern, das Meer betrachtet zu haben. Grau und wild und irgendwie unerreichbar. Was war das nur? Doch noch ehe sie sich damit auseinander setzten konnte, kehrte Cimon auch schon wieder zurück. Er setzte sich neben sie und hielt ihr das Tablett hin. Kurz ließ sie ihren Blick durch den Garten schweifen und entdeckte ein niedriges Tischen bei einer anderen Bank. Kurzerhand nahm sie ihm das Tablett ab, dabei berührten ihre Hände seine. Ganz kurz. Zurück blieb ein prickeln. „Hol doch den Tisch herüber. Du musst dir nicht solche Umstände machen“, meinte sie und wunderte sich über sich selbst. Verdammt noch mal er war ein Sklave und sie behandelte ihn wie einen Gleichgestellten und wie mehr. Aber sie konnte nicht anders. Irgendwas in ihr sorgte dafür, dass sie sich ihm gegenüber nicht herablassend benahm, sondern ihn wie einen Freund sah. Doch das prickeln in ihren Fingerspitzen, welches ihr sogar einen kleinen Schauer über den Körper jagte, deutete an, dass da etwas war, was sie lieber nicht dulden sollte.

  • Er sollte sich keine Umstände machen? Cimon sah zum Tisch und wieder zu Flora. Umgehend lächelte er sie offen an und nickte ein wenig zu ... vertraut. Aber der Nubier konnte nicht anders. Er fühlte sich so ...frei in Floras Nähe. Ihre Berührung ließen Muskeln zucken und ihn kurz verträumt diese wunderschöne Frau ansehen. Allerdings schaffte er es wieder in einer recht angemessenen Zeit, sich zu beruhigen.


    "Aber sicher, meine Herrin."


    Auch die Betonung war so...unpassend. Cimon aber schien es weniger zu stören, als es früher mal der Fall gewesen wäre. Rasch holte er mit einer Leichtigkeit, die selbst ihn überraschte den Tisch zu Flora, damit sie bequem an alles herankommen konnte. Dabei sah er sie an. Cimon hielt ihre Augen einen Moment länger fest, als dies gut gewesen wäre und setzte sich schließlich wieder mit etwas Abstand neben Flora. Doch dieser Abstand erschien dem Sklaven nur minimal, als er sie mit seinen Augen betrachtete.

  • Das ihr Umgang miteinander den Punkt überschritten hatte, dass man es noch als Herrin und Sklave bezeichnen konnte. Es war mehr und gefährlich, eigentlich nicht rechtens und widersprach gegen ihre Erziehung und ihre Erfahrungen. Aber sie konnte nicht anders, etwas an Cimon zog sie wie magisch an. Seine grauen Augen, dahinter lag mehr verborgen als nur Demut und Untergebenheit. Sie hatte das Gefühl, das Cimon sein wahres Wesen verbarg, aus Angst, dass man ihm diese letzte Zuflucht auch noch nehmen konnte. Sie wusste nicht, was sie sich davon versprach so mit ihm zusammen zu setzen. Aber sie hatte irgendwie das tiefe Bedürfnis ihm nahe zu sein. Sie musste an seinen von Narben übersäten Körper denken, an die Qualen die man ihm zugefügt hatte.


    Cimon brachte den Tisch und sie stellte das Tablett darauf ab. Das er sie als meine Herrin bezeichnet hatte, hinterließ in ihr ein warmes Gefühl. Damit sie nicht einen Fehler aus Leichtsinnigkeit beging, legte sie ihre Hände in den Schoss, brav gefaltet.
    „Darf ich dir eine persönliche Frage stellen?“

  • Seine Träume und Gedanken wurden von Ihrer Stimme durchbrochen, wenn auch nicht gänzlich verdrängt. Kurz sah Cimon Flora mit schräg gelegten Kopf an. Seine Augen sahen sich um und dann wieder zu Flora. Sein Lächeln war ehrlich und schien aus dem Herzen zu stammen.


    "Aber natürlich darfst du das, Flora."


    Gespannt wartete er auf das was sie wohl fragen wollte. Cimons Augen sahen sie dabei viel zu vertraut an. Er erforschte sie und wollte selber so viel fragen, würde es aber niemals wagen, seine Gedanken in Worte zu fassen. Auch war er ziemlich durcheinander, sodass er selbst wenn er gewollt hätte nicht wirklich hätte sprechen können. Zumindest nichts was irgendwie sinnvoll gewesen wäre.
    Verstehen konnte er seine Welt in diesem Augenblick nicht wirklich, doch das war in der Gegenwart von Flora auch nicht von Belang.

  • Es war schon irgendwie seltsam. Sie saß mitten im Garten, zwischen den ersten Frühlingsknospen und im warmen Sonnenschein, nur wusste sie nicht was sie hier tat. Es war als befand sie sich mitten in einem Traum oder jedenfalls ganz weit weg. Es war nicht sie selbst, sondern eine andere Flora...


    „Willst du mir etwas über dich erzählen?“ fragte sie ihn dann rundheraus. „Ich mein du hat ja anscheinend viel erlebt und dahinter muss es eine Geschichte gegeben. Ich würde diese gern kennen“, erklärte sie dann recht schnell. „Du musst nicht. Also wenn es dir unangenehm ist brauchst du mir nichts erzählen!“ fügte sie dann hinzu.


    Sie war neugierig und wollte einfach einmal mehr über ihn erfahren und die Gelegenheit war günstig. Flora ließ ihm aber den Freiraum selbst zu entscheiden.

  • Sie wollte mehr über ihn erfahren? Cimon sah sie kurz aber sehr direkt und fragend an, bevor er leicht verlegen den Blick dann doch senkte. Was gab es schon von ihm zu berichten? Der Nubier benetzte kurz seine trockenen Lippen und musste sich einen entstehenden Klos herunterschlucken.
    Seine Hände zitterten leicht und er hatte sie auf seine Knie gelegt. Diese sah er nun auch an. Denn er fürchtete erneut Flora auf unangemessene Weise anzusehen.


    "Etwas über mich? Meine Geschichte?...Nun... ich...meine Mutter ist...oder war...eine Lupa. In keinem besonders gutem Geschäft. Ich wuchs dort auf. Ich habe gelernt Dinge zu tragen, schnell zu laufen und am Ende habe ich den Fehler begangen sie schützen zu wollen...ich wurde verkauft...und dann begann es ...schmerzhaft zu werden. sicher habe ich auch lesen, rechnen und kämpfen gelernt. Auch fremde Sprachen sollte ich können...doch Atonis bestrafte einfach alles was nicht... er fand immer einen Grund. Und dennoch beschützte ich sein Leben...bis er an einer Krankheit starb ...


    Ein Jahr bei einem ...schrecklichen Sklavenhädler, der überraschender Weise noch grausamer schien als Atonis... und dann erst waren die Götter...oder das Schicksal...oder der Zufall gut zu mir. Ursus ...Dominus Ursus fand mich und setzte sein Vertrauen in meine Fähigkeiten...dieses werde ich niemals...und wenn ich sterben muss, missbrauchen."


    Er hatte viel geredet...es kam einfach so aus ihm heraus. ehrlich und aus dem Herzen sprach er. Langsam hob sich sein Blick. Die Augen waren leicht glänzend von Tränen die er zu verbergen versuchte, eine Hand ging über der Tunika zu der Stelle an der diese Narbe war...jene die Flora berührt hatte. Dann sah er sie direkt und warm an. Seine Augen verloren sich in den ihren, wobei er offene Dankbarkeit für ihre Frage spürte. Sein Blick glich kurz mehr dem eines Hundes und er versuchte sich an einem Lächeln, was aber nicht sein Innerstes erreichte.

  • Für einen Augenblick glaubte sie, dass ihre Frage viel zu persönlich gewesen war. Das er ihr nichts erzählen würde. Sie konnte das dies durchaus verstehen, er hatte vieles furchtbares erlebt und nun sollte er es noch einmal durchleben. Nur weil sie neugierig war. Verlegen und beschämt zu gleich senkte sie den Blick auf ihre Hände. Sie hätte nicht Fragen sollen, es gab Dinge die fragte man einfach nicht, sondern man sah höflich darüber hinweg. Gerade als sie den Mund öffnete um sich für ihre unbedachten Worte zu entschuldigen, da fing er schon an zu erzählen. Den Blick den er ihr kurz zuwarf, bekam sie nicht mit, ihre Finger hatten für einen kleinen Moment eine unglaubliche Faszination gehabt.
    Da sie ihn nicht verschrecken wollte, nickte sie nur leicht, als er unsicher nachfragte, ob sie wirklich seine Geschichte hören wollte. Sie hob den Kopf wieder und versuchte ihm mit einem Lächeln Mut zu machen. Doch es verschwand, nicht nur wegen seiner Miene, sondern auch wegen den Worten. Diesmal sah er sie nicht an, sondern redete vielmehr mit seinen eigenen Händen. Sie biss sich auf die Unterlippe, anscheinend riss ihre Frage alte Wunden auf. Er klang zwar distanziert, aber die Anspannung konnte sie sehen und auch fühlen. Bedrückt, wegen seiner Geschichte senkte sie nun selbst wieder den Kopf und biss sich auf die Unterlippe. Es war nicht Rechtens gewesen, wie Atonis Cimon behandelt hatte. Sie konnte sich nicht vorstellen, dass der Nubier jemals aufmüpfig gewesen war, das passte nicht zu ihm. Also war er einfach nur aus Grausamkeit gequält worden und das war Unfair. Flora hatte einen ausgeprägten Gerechtigkeitsinn. Es gab durchaus Sklaven, die eine harte Strafe verdient hatten, aber einen Menschen nur aus Freude und Sadismus zu quälen war grausam… Sie wünschte Antonis die Pest an den Hals und das seine Seele auf Ewig in den Feuern der Unterwelt dieselben Qualen erleiden musste, die auch Cimon erfahren hatte. Es überraschte sie, dass sie so viel Wut für einen Menschen verspüren konnte, den sie nicht einmal kannte. Ebenso wünschte sie dem Sklavenhändler, der Cimon verkauft hatte, das Schlimmste an den Hals.


    Ohne dass sie wirklich wusste, was sie tat, streckte sie die Hand nach Cimon aus und strich ihm sacht über den Arm. Eine tröstende Geste und irgendwie steckte noch mehr dahinter. „Es war nicht fair wie man dich behandelt hat. Einen Menschen aus Grausamkeit zu quälen zeugt nicht gerade von Verstand. Das hattest du alles nicht verdient“, sagte sie leise und strich ihm kurz und federleicht über den Arm. Schließlich zog sie ihre Hand wieder langsam zurück. Sie verstummte, wiel sie nicht wusste, was sie sagen sollte.

  • Erst ihre sachte Berührung ließ Cimon aus der Vergangenheit vollkommen aufwachen. Allerdings genoß er sie noch ein wenig länger, als dies angemessen gewesen wäre. Dann aber legte er eine Hand auf die ihre und sah in ihren Augen. Floras Worte sorgten für eine angemessene Wärme. Fast traurig sah Cimon ihrer Hand nach, als sie langsam ging.
    Doch seine eigene würde sich nicht so schnell von der ihren trennen. Leicht folgte sie ihrer Bewegung sogar. Blieb dann aber doch allein zurück.


    "Ich danke dir, flora. Aber es ist geschehen und nun ...nun geht es mir ja um einiges besser."


    Langsam fand ein tiefes Lächeln seine Lippen wieder, das zeigte, wie sehr ihre Nähe sein Herz wärmte. Es war als würde alles Schlimme aus seinem Leben in den Hintergrund geraten. Er dachte nun nicht mehr an ihrer beider Leben, an ihrer beider Stellung. Nein, er war frei. Seine leuchtenden Augen erforschten die ihren.
    Die Narben auf seinem Körper erzählten Geschichten und der Sklave kannte jede einzelne davon. Allerdings waren es in diesem Moment nur Sagen aus fernen Ländern für Cimon.

  • Cimons Lebensgeschichte nahm sie reichlich mit und führte ihr wieder einmal vor Augen, wie behütet sie aufgewachsen war. Ihre Mutter hatte zwar auch immer wieder Sklaven bestrafen müssen, doch nie vor den Augen ihrer Töchter. Auch hatte sie immer auf unnötige Grausamkeit verzichtet.
    Der Nubier hatte seine weiche warme Hand auf ihre gelegt. Sie konnte die Schwielen spüren, ehe sie sich wieder zurück zog. Auch innerlich ging sie ein wenig auf Abstand.
    Irgendwie kam sie sich dumm vor, dass sie bisher immer so naiv gewesen war. Leise seufzte sie. Ihr fehlten die Worte und alles was sie sagen könnte, klang in ihre eigenen Ohren dumm. Lieber schwieg sie da einen Moment. Natürlich hatte sie immer gewusst, dass die Welt nicht einfach in Gut und Böse eingeteilt war, aber sie war bisher niemandem begegnet, dem ein solches Unrecht widerfahren war. Vor allem stellte er ihre Welt auf den Kopf. Er war ein Sklave, nach den Gesetzen nicht mehr wert wie eine teure Vase, aber in ihren Augen war ein Mensch, mit Gefühlen und Sorgen, von daher Unrecht, dass man ihn so gequält hatte. Aber ein Herr durfte mit seinem Sklaven machen was er wollte. Wieder zog sie ihre Unterlippe zwischen die Zähne und versuchte ihre Gedanken und Gefühle zu ordnen.
    Seine leisen Worte rissen sie aus ihren Grübeleien und sie sah ihm nun direkt in die Augen. Grau und tief und mehr. „Du hast es verdient, dass du anständig behandelt wirst“, sagte sie. Ihre Stimme war nicht mehr wie ein Flüstern. Plötzlich wollte sie ihn wieder berühren, sich vergewissern, ob dies alles wirklich war. Es war, als wäre sie in einem Traum gefangen…
    Es raschelte und mit einem lauten *miau* sprang eine Katze aus einem Gebüsch. Etwas verwirrt starrte sie dem hinter her. Der Moment war verflogen.

  • Cimon verlor sich in ihren Augen, genoß ihre Nähe und ließ ihre Worte seine Seele heilen. Langsam holte er Luft und wollte Flora etwas erwiedern. Doch in dem Moment erschrak er leicht. Es war Sabe, die aus einem Gebüsch sprang und somit um Aufmerksamkeit haschte. Sie bekam sie und schien zufrieden. Auch er sah der Katze nach. Es war alles plötzlich vorbei und Cimon fühlte sich seltsam leer. Seine Augen suchten die Ihren, aber sprechen konnte er nicht.


    Der Nubier wartete, blieb nun deutlich in der Defensieve, war er doch ein Sklave und musste auf eine Anweisung zu seinem Verhalten warten. Sicher gab es auch ein gewisses Maß an Selbstbestimmung. Doch dies war eher gering und war ihm in diesem Moment fremder als er Selbst.
    Erst nach einer unangenehmen Stille wusste er etwas zu sagen...nichts gutes, doch es verlangte danach, ausgesprochen zu werden.


    "Herrin? Flora? ... Ich...ich werde anständig behandelt. Ich ... kann ich dir noch etwas bringen?"


    Das was er wollte, konnte er nicht aussprechen. Aber seine Augen flehten sie beinahe an. Cimon wollte weg, wollte vor seinen Gedanken fliehen, die er sich verbot. Aber er war der Sklave und hatte auf eine entsprechende Erlaubnis zu warten.

  • Es war zum Haareraufen. Schon den ganzen Morgen hatte Narcissa damit zugebracht, ihr cubiculum auf den Kopf zu stellen, um ES zu finden. Aber ES war einfach nicht auffindbar. Wo sie auch suchte: In ihren Truhen, unter ihrem Bett...nirgends war ES zu finden. Das kleine Kettchen mit ihrem Namenszug. Nirgends. Hilflos stand sie in der Mitte ihres Refugiums, die Wangen erhitzt, vorwitzige Strähnen im Gesicht. Wo war es nur? Ratlos blickte sie umher. Hatte sie es vielleicht im Zimmer ihrer Schwester verloren, als sie den vergangenen Morgen zu ihr unter die Decke gehuscht war?
    Zielstrebig schritt ise zu der Tür, welche die Zimmer der Schwestern miteinander verband und klopfte leise an. Einen Moment wartete sie ab und lugte dann in den Raum hinein. Leer. Sie wollte nicht Floras Zimmer betreten, so lang diese nicht da war. Dann erst einmal die anderen Räume, in denen sie sich des öfteren aufhielt...die exedra und die bibliotheca. Irgendwo musste es ja schließlich sein!


    Der orientalisch anmutende Aufenthaltsraum lag völlig verwaist da. Eine Ansammlung von gemütlichen Weidenstühlen um kleine, elegante Tische und Kohlebecken, die von den Sklaven blitzeblank gescheuert worden waren. Wo hatte sie doch noch gleich mit Marei gesessen und gelesen? Richtig, dort drüben. In der Nähe der Tür hinaus in den Säulengang der schließlich in den hortus hinaus führte. Es war derselbe Tisch, an welchem sie auch mit Titus und ihrer Schwester gefrühstückt hatte. Wenn sie ihr Kettchen hier verloren hatte, dann am wahrscheinlichsten in der Nähe dieses Tisches. Erwartungsgemäß lag auf dem Tisch selbst nichts und auch in den engen verschlungenen Weidenstöcken der Stühle war nichts hängen geblieben. Aufmerksam umrundete sie die Möbel, den Blick auf den Boden gerichtet. Nichts. Vielleicht war das Kettchen ja unter den Tisch oder die Körbe gefallen? Es gab nur eien einzigen Weg, das herauszufinden. Verstohlen sah sie sich um, ob auch ja niemand in der Nähe wäre, der ihr gewahr werden konnte und ließ sich dann rasch auf Knie und Hände herab, um unter den Möbeln nachzusehen. Doch auch da ließ sich nichts finden. Mit einem enttäuschten Seufzen richtete sie sich wieder auf und pustete sich dabei eine Locke aus der Stirn. Zu Schade, dann eben weiter. Narcissa beschloss den Weg durch den hortus einzuschlagen, um auf der anderen Seite der Villa dann Richtung der Bibliothek zu streben. Kühle Luft schlug ihr entgegen und warme Sonnenstrahlen kitzelten ihre Nase. Es war nicht kalt, aber doch etwas frisch. Erfrischend frisch, auch wenn sogleich eine Gänsehaut ihren Körper erschauern ließ. Ihre pala hatte sie nicht mitgenommen. Nach wie vor den Blick suchend auf den Boden gerichtet, schritt sie den Säulengang entlang und gelangte schließlich in den hortus mit Marcus überdeckten Beeten. Schon von weitem konnte sie Stimmen hören, die in ein Gespräch vertieft waren. Sie erkannte ihre Schwester sofort an ihrem Klang und beschleunigte ihre Schritte. Gerade noch hörte sie, wie Flora sagte "Du hast es verdient dass du anständig behandelt wirst" und sah die beiden schon, wie Cimon, der Nubier, ihr ergeben antwortete. Er nannte sie bei ihrem Namen. Narcissa erkannte sofort, dass ihr ausgesprochenes Talent, in Situationen einzudringen, in denen keine weiteren Zuhörer erwünscht waren, wieder einmal zugeschlagen hatte. Aber es war schon zu spät, um sich zurück zu ziehen. Flora hatte sie bereits bemerkt. Abermals überkam sie ein Schauer, nicht weil das Gesicht ihrer Schwester Ärger oder ähnliches zeigte, nein, sondern weil sie erstmals seit 17 Jahren den Ausdruck auf Floras Zügen nicht lesen konnte. "Salvete...", grüßte sie die beiden und verschränkte die Arme vor der Brust, weil sie nun doch etwas fröstelte. Ihr Blick traf kurz den Nubier und sie lächelte ihn freundlich an, ehe sie sich an ihren Zwilling wandte. "Schwester, hast du vielleicht mein Namenskettchen bei dir im Zimmer oder sonst irgendwo gesehen? Ich kann es nirgends finden...", erklärte sie betrübt...

  • Sie wusste nicht wie die Katze hieß, die da aus dem Busch gesprungen war. Sie konnte auch nicht sagen, warum sie dem Tier so nachstarrte, sie hatte nur das Gefühl, dass sie kurz davor gewesen war, etwas unsäglich Dummes zu tun und dass die Ablenkung in Form einer Katze wohl gerade zur Rechten Zeit kam. Was ging hier nur vor sich? Da war er wieder dieser Strudel aus Gefühlen, sie konnte ihn nicht ordnen oder benennen, nur dass es sie verwirrte. Erst Cimons Stimme holte sie zurück. Doch ehe sie irgendetwas erwidern konnte, tauchte auch noch Narcissa auf. Auch diese starrte sie erst einmal völlig endgeistert an. Froh und auch verärgert zugleich. Doch schnell war dies vergessen, als ihre Schwester ihr eröffnete dass sie ihr Namenskettchen verloren hatte.


    „Du hast was?“ fragte sie völlig perplex, ehe ihr die Tragweite bewusst wurde. Es war nicht wirklich schlimm, aber diese Kettchen begleiteten sie bereits ihr ganzes Leben lang. So viele Erinnerungen verbanden sie mit diesem Schmuckstück. „Herjemine!“ sagte sie und sprang fast unvermittelt auf. „In meinem Zimmer hab ich es nicht gesehen, wir können aber es gemeinsam suchen…“

  • Nun geschah so vieles und Cimon konnte kaum reagieren. Er blieb ruhig sitzen sah auf und zeigte nur kurz etwas Verwirrung in seinen Augen. Dann erst bemerkte er das er noch saß und grade zugesehen hatte, wie Flora aufsprang. Nach etwas Verzögerung folgte er ihr.


    "Salve....salve, Domina Narcissa. Ich...kann ich helfen, Domina?"


    Hektisch sah er nun zwischen beiden umher. Sie sahen irgendwie besorgtaus, fand der Sklave. Und er wollte helfen. Vieleicht mochte dies seine Gedanken wieder ordnen, die sich so vollkommen fremd anfühlten. Ergeben senkte er seinen Kopf und wartete lieber ab, was die Frauen entscheiden würden. Das seine Augen sich ab und zu dazu verleiten ließen, direkt zu Flora zu schauen, konnte er nicht verhindern. Doch Cimon strafte sich umgehend mit dem Schmerz des Fingernagels vom Mittelfinger in seiner Handfläche.

  • Floras fast schon fassungslose Reaktion betrübte sie nur noch mehr. Die Aurelia war wohlhabend, ein Silberkettchen leicht zu ersetzen, aber das Armbändchen hatte einen hohen persönlichen Wert, der Verlust in Augen der jungen Frau kein gutes Vorzeichen. Das Handgelenk fühlte sich nackt an, ungeschützt. "Ich habe schon in meinem Zimmer und der exedra nachgesehen und wollte noch in dein Zimmer und in die Bibliothek...", sagte sie an Flora gewandt, die grünen Augen ernst, und sah dann zu dem Nubier hinüber, der angespannt wirkte.
    "Es wäre wunderbar, wenn du helfen könntest, Cimon..." Wieder zu ihrer Schwester: "Vielleicht suchen wir in deinem Zimmer und du", Zurück zu Cimon: "Schaust in der Bibliothek nach?"

  • Manchmal war ihre Schwester wirklich ein Tollpatsch. Da trug sie schon so wenig Schmuck und dann verlor sie diesen auch noch. Und dabei war es nicht mal irgend eine Haarspange, die sich schnell ersetzen ließ, sondern das Armband. „Wie konnte das denn passieren? War der Verschluss kaputt?“ fragte sie und nickte nebenbei leicht zerstreut aber zustimmend. Kurz drehte sie sich zu Cimon um. „Das Armband sieht aus wie das hier“, erklärte sie ihm und zeigte ihr Armkettchen mit ihren Initialen. Nachdem sich Cimon es angesehen hatte, nahm sie ihre Schwester bei der Hand und führte sie entschlossenen Schrittes in Richtung ihres Zimmer. Unterwegs wies sie noch einen Sklaven an. Lysandra zu holen, die konnte bei der Suche helfen. Schließlich räumte diese immer auf.
    „Am Besten wir schauen unter den Schränken, Truhen und dem Bett nach, denn wenn es offen auf dem Boden gelegen hätte, hätte ich es schon längst entdeckt!“ sagte sie und ging zu ihrem Bett. Ohne groß darüber nachzudenken griff sie nach den Decken und schüttelte diese aus: Nichts. Ohne sich weiter Gedanken darüber zu machen, ließ sie diese einfach auf den Boden zu einem unordentlichen Haufen fallen und ging auf die Knie um unter dem Bett nach zu sehen. Narcissa indess, schob eine der Truhen beiseite. „Ilgs!“ kam es von Flora. Sie nieste. Da war ihr doch glatt Staub in die Nase gestiegen. „Wann ist denn hier zuletzt sauber gemacht worden?“

  • Schon fast hektisch sah Cimon zwischen den beiden umher und nickte dann rasch. Kurz besah er sich das Armband. Aber eher um so zu tun, als würde er es nicht kennen, denn er kannte es bereits sehr gut und mochte es. Wie er alles an Flora mochte.
    Ohne ein Zögern zu zeigen machte er sich daran, die Bibliothek aufzusuchen. Natürlich ließ er es nicht aus noch schnell einige Worte ergeben an die beiden Frauen zu richten.


    "Wie du wünschst, Herrin. Fl...Domina Flora, Domina Narcissa, ich werde euch berichten, ob ich das Armband in der Bibliothek gefunden habe."


    Der Sklave ging schnellen schrittes, wirkte dabei aber dennoch ruhig und bedacht. Dann durchsuchte er wie gewünscht die Bibliothek. Dabei kroch er sogar teils auf dem Boden und suchte wirklich in jedem Winkel und an jedem Ort in dem Raum. So würde es doch etwas dauern, bis er bei Narcissa erscheinen würde.

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