Ich hatte nicht schlafen können. Wieder einmal nicht. Der Wein hatte mich diesmal wacher gemacht und die Wunde in meiner Brust zum schmerzhaften Auseinanderklaffen gebracht. Es fühlte sich so an, als eiterten die Wundränder, und auch das verbissene Ausbrennen brachte nur mehr Schmerz, aber keine Linderung. In den letzten fünf Tagen, den Tagen seitdem sie gegangen war, hatte ich mich vollends zurückgezogen von den anderen. Einmal nur hatte ich Celerina besucht, das war gestern gewesen. Ich hatte gehofft, dass es mir danach vielleicht besser gehen würde, doch es war noch schlimmer als zuvor gewesen. Zu diesem tiefen Gefühl des Verlusts wegen Siv waren nun auch noch Schuldgefühle bezüglich Celerina hinzugekommen, die ich vergeblich zu bekämpfen suchte, indem ich mir einredete, dass sie es nicht anders verdient hatte. Ich wusste, dass es Gerede im Haus gab, weil ich Phraates hatte auspeitschen lassen und ihn anschließend nach Sardinien verbannt hatte. Es wunderte mich nur, warum mich keiner darauf ansprach. Selbst die Sklaven sahen mich an, als wäre ich ein wandelnder Geist, vor dem man sich nun mehr in Acht nehmen musste als vor der Bestrafung. Doch ich vergaß dabei, dass ich mich abschottete und keinen außer Prisca an mich heran ließ, und so war es wohl kein Wunder, dass bisher niemand mich direkt wegen Phraates ausgefragt hatte.
Da ich nun also nicht schlafen konnte, hatte ich mich entschieden, ein wenig im Hause herumzustreifen. Es war weit nach Mitternacht, sicher schliefen bereits alle. Meine Schritte waren träge und langsam, was vom Weingenuss kam, und ich fühlte mich hitzig und schwindelig zugleich. Septima hätte mich wohl getadelt. Während ich darüber nachdachte bog ich um eine Ecke des Flures und erfasste augenblicklich eine Gestalt in hellem Stoff. Zunächst hielt ich sie für eine der Parzen, doch im nächsten Moment erkannte ich Celerina darin. Mir drehte sich der Magen um - nun ja, zumindest fühlte es sich so an - und ich wollte mich abwenden und ungesehen wieder in die Richtung verschwinden, aus der ich gekommen war. Doch zu spät, wie musste mich gesehen haben. Vielleicht gelang mir die Flucht trotzdem.
reserviert für ebenjene