Es war stets von Vorteil, wenn man durch die Fehler lernte, die man begangen hatte. Doch lag nicht gerade der Reiz darin, manche Fehler immer und immer wieder zu begehen, da man glaubte, man könne am Ende doch noch durch sie die große Wendung herbeiführen? Wer entschied eigentlich, was richtig oder falsch, gut oder böse war? War es richtig gewesen, alles zu beichten? War es meine Bosheit, Phraates dafür büßen zu lassen? War es falsch, sich weiterhin durch diese Ehe zu quälen? Und wer war der oder die einzig Gute in diesem verworrenen Spiel? Mein Ehemann, der feststellen mußte, daß ich ihn hintergangen hatte. Aber eigentlich nur deswegen, weil er mich nicht liebte. Oder ich, die ich meinen Fehltritt mit leichten Schönheitsfehlern gebeichtet hatte und trotzdem die Ungeliebte blieb?
Ich hatte mittlerweile jegliches Zeitgefühl verloren. Die Tage kamen und gingen. Einer glich dem anderen. Die Nächte waren lang und unerträglich. Die seltsame Begegnung des Nächtens lag nun schon einige Tage zurück. Seit dieser Nacht war alles noch hoffnungsloser geworden. Doch an eines dachte ich immer wieder zurück. Der Augenblick, als ich in seinem Bett erwachte und er neben mir im Sessel saß und schlief. Ein Anblick der von außen glauben machen mochte, daß alles richtig war.
Es war schon nach Mitternacht und wieder lag ich wach und hätte alles dafür gegeben, ein Auge zuzumachen. Seit jener Nacht war ich nicht wieder nachts umhergewandert. Mein Bewegungsradius war nach der Begegnung mit Marcus erheblich eingeschränkt worden. Ich fürchtete mich vor einer weiteren Konfrontation und blieb deshalb lieber in meinem Zimmer. Einige Nächte hielt ich es aus, doch dann begann ich mich danach zu sehnen, wieder nach draußen zu können. Eines Nachts war dieses größer geworden als die Furcht vor einer neuerlichen Begegnung mit Marcus.
So schlich ich mich hinaus. Ich war mutig, denn ich verzehrte mich danach, endlich wieder nach draußen zu können. Als ich wieder an Marcus Tür vorbei kam, hielt ich inne. Was wäre, wenn ich jetzt einfach dort eintreten würde? Es wäre das normalste der Welt. Ich war mutig und öffnete leise die seine Tür.