Vor der Casa Decima - Brot für Rom!

  • Katander und Elena hatten die Zeit nach der Flucht aus Seianas Eiskristallreich dazu genutzt, um erstmal atemlos rumzuknutschen. Elena hatte ihm einen Beutel gegeben, in den die ganzen Kleinigkeiten gepasst hatten, und dann waren sie aufgebrochen. Katander hatte Elena unterwegs interviewt, wie Seiana sich so hielt, wie es ihr ging und wie sie das verkraftete. Katander selber war erstmal ziemlich stumm gewesen, was Infos über Archias anging. Und ihn hatte dann gerettet, dass sie beim Markt angekommen waren und er den Klüngel verkaufen konnte. Besonders viel Mühe gab er sich nicht beim Feilschen, aber es kam trotzdem ein nettes Sümmchen zusammen (zumindest für einen Sklaven). Katander entschied sich dann doch, das Geld selber einzustecken, zumal Archias ja eh nur von dem Geld für die Taverne geredet hatte. Der letzte Weg, nachdem alles verkauft war, war der zum Bäcker, wo Katander eine Bestellung aufgab. Geld wechselte den Besitzer, und dann konnten die beiden einen freien halben Tag genießen. Alles weitere regelte der Bäcker selber, was man für die Summe wohl auch erwarten konnte.


    Es waren etwa vier Stunden vergangen, seitdem sie die casa der Decimer verlassen hatten. Gerade fuhr direkt davor ein Karren vor, gezogen von zwei Sklaven und voll beladen mit Brot. Ein dritter Mann lief hinterher. Und als alles so stand, wie es stehen sollte, räusperte sich der Kerl und begann folgendes zu verkünden:


    »BROOOOOOOOT, Brot für ROOOOOOOM! Die ehrenwerte Decima Seiana spendet BROOOOOT an das römische VOOOOOOLK! In ihrer GROOOOOOOSSHERZIGKEIT! Brooooooooot, Brooooooooot.... Leckeres Brot von der wunderschönen DEEEECIMA SEIAAAAAANAAAAAAA!!!«
    Und immer wieder... Es dauerte auch gar nicht lange, da war vor dem Haus der Decima ein ziemlicher Menschenauflauf zu sehen. Katander und Elena waren da schon längst auf dem Palatin.


    8)


    Sim-Off:

    WiSim für alle - 10 Stück Maximum pro ID!

  • Wenn Elena gewusst hätte, was Katander in Archias’ Auftrag machen sollte, hätte sie ihn daran gehindert. Aber sie wusste nichts davon, und so antwortete sie nur auf seine Fragen – von vornherein recht verhalten, weil die Situation einfach schwierig war, und erst recht, als sie bemerkte, dass Katander umgekehrt über Archias herzlich wenig erzählte. Und so erfuhr Katander im Grunde nur das, was er ohnehin schon gemerkt hatte: dass es Seiana nicht gut ging, und dass Elena sich Sorgen machte. Überhaupt, sie wollte gar nicht so ausführlich über Seiana reden. Es gab einfach nichts, was sie tun konnte, und sie wollte lieber die Zeit genießen, die sie mit Katander hatte. Jetzt, wo aus der Hochzeit nichts wurde, war ihre gemeinsame Zeit noch spärlicher als ohnehin schon, weil sie sich einfach nicht so häufig sahen – die letzten Wochen, als es zwischen Archias und Seiana immer mehr gekriselt hatte, hatte da schon einen Vorgeschmack darauf gegeben.


    Während Katander und Elena also bereits auf dem Palatin waren, ereignete sich vor der Casa Decima ein mittleres Spektakel. Das natürlich innerhalb der Mauern nicht unbemerkt blieb. Seiana wurde von einem Sklaven herbei geholt, und als sie begriff – begriff – was da vonstatten ging, wurde ihr eiskalt. Sie fühlte sich… vorgeführt. Verhöhnt. Verspottet. Natürlich war klar, wer dahinter steckte. Und die Geste an sich war auch nicht schlecht, wenn er das Geld nicht haben wollte. Aber musste er denn ausgerechnet das tun? Was würden die Leute denn von ihr denken, dass sie es nötig hatte, auf diese Art ihren Ruf aufzupolieren? Dass sie allen zeigen wollte, wie großzügig sie war? Halb Rom würde sich den Mund über sie zerreißen! Solche Aktionen brachten nur Aufschneider und die, die es wirklich bitter nötig hatten, etwas an ihrem Ansehen zu tun! In diesem Augenblick schien es Seiana sonnenklar zu sein, was Caius vorhatte: er wusste, wie wichtig ihr ihr Ansehen und das ihrer Familie war. Er wusste es. Und genau deshalb hatte er das hier in Auftrag gegeben. Nur deshalb. Nachdem er die Verlobung aufgelöst und sie damit schon dem Gespött und Tratsch gewisser Leute preisgegeben hatte, wollte er auch noch systematisch den Rest ihres Ansehens zerstören. Wenn das hier weiter durch die Straßen Roms drang, wenn es erst mal die Runde machte, würde sie völlig unglaubwürdig sein, und noch mehr das Gespött schlechthin.


    Seiana fackelte nicht lange. Es brauchte nur wenige Schritte, bis sie bei dem Kerl war, der so munter ihren Namen brüllte. „Wie viel willst du haben, damit du mit dem Brot in die Subura gehst und es da verteilst, wo die Menschen es wirklich brauchen? Und bitte ohne meinen Namen dazu zu brüllen!“

  • »BROOOOOOOOT, Brot für ROOOOOOOM! Die ehren.... Oh, salve schöne Frau!« Der untersetzte Kerl warf sich in die Brust und hielt einen Moment inne. Ein Sklave reichte ihr ein Brot an, weil sie mitten unter den anderen stand, die genau deswegen gekommen waren.
    »Nimm dir ruhig ein...oh, du bist Decima Seiana? Also, das ist wirklich großzügig von dir«, sagte der Mann und lächelte zahnlückig. Ganz nebenbei hatte er mit der Sache ein ziemlich rentables Geschäft gemacht, das ihn die nächsten zwei Monate sicher über Wasser hielt.


    »Ich fürchte, das kann ich nicht. Das war Teil der Abmachung, die mein Junge mit dem Sklaven getroffen hat.« Der Kerl klang gar nicht so, als würde er das bedauern. Er warf einen Blick auf den Karren und sah dann wieder zu der kleinen wütenden Frau mit der niedlichen Stupsnase.
    »Dauert aber sicher nicht mehr lang, bis eh alles weg ist.«

  • Seiana ignorierte, was der Kerl ihr sagte. Sie wollte einfach nur, dass er verschwand, und dass er aufhörte, ihren Namen zu brüllen. Und sie erstarrte, als er etwas von einer Abmachung faselte. Allerdings nur für einen Moment. „Ich zahl dir das doppelte, wenn es sein muss!“ In ihre Stimme schlich sich, so aufgebracht sie war, fast schon gegen ihren Willen ein winziges Flehen. Sie würde sich das nicht gefallen lassen, und es war ihr egal, was sie das kostete. Sie würde nicht zulassen, dass Caius Aelius Archias ihren Ruf Stück für Stück zerstörte. „Sag mir einfach, was du dafür willst!“

  • Der Mann sah sie kurz zweifelnd an, dann schlich sich etwas wie Mitleid auf sein Gesicht, und dann kam ein anzügliches Grinsen.
    »Vorstellen könnt ich mir schon was«, sagte er langsam und grinste Seiana dabei an. Jemand rempelte sie an und griff gierig nach einem Laib Brot. Und der Mann lachte kurz, als hätte er einen besonders tollen Scherz gemacht, bevor er dann eine geschäftsmäßige Miene aufsetzte und sich nachdenklich über's Kinn strich.
    »Naja, also....« Er nannte zeimlich souverän zwei Drittel der Summe, die der Sklave seinem Erben vorhin in die Hand gedrückt hatte und sah Seiana dann mit einem unverschämten Grinsen wieder an.
    »Ansonsten wart einfach noch ne Stunde, dann ist eh alles weg.«

  • Seiana hätte beinahe nach Luft geschnappt, zuerst als der Kerl anzüglich wurde, dann erneut, als sie die Summe hörte, die er nannte, aber beide Male unterdrückte sie diesen Impuls. Ihre Gedanken rasten. So viel hatte Katander dem Kerl nie und nimmer gezahlt, zusätzlich zu dem Brot, nur um ihn dazu zu bringen, diese Nummer hier abzuziehen. Niemals. Aber sie hatte keine andere Wahl, nicht wenn sie wollte, dass er von hier verschwand, und in die Subura abzog und dort das Brot schweigend verteilte. „In Ordnung“, antwortete sie zähneknirschend, und mit einem Wink wies sie einen der Sklaven, die ihr gefolgt waren, an, die entsprechende Summe zu holen. Sie hatte es sich leisten können, Caius diesen Preis für die Taberna zu zahlen, sie konnte sich auch das hier leisten, obwohl es völlig lächerlich und überzogen war. Absolut überzogen. Aber sie hatte keine Wahl. „Dafür wirst du mit dem Brot in die Subura gehen, und es still verteilen. Und die Götter mögen dir gnädig sein, wenn mir etwas anderes zu Ohren kommt!“ Seiana kochte nun innerlich vor Wut, weil sie sich auf so einen Handel mit diesem Halsabschneider einlassen musste. Aber das hier würde ein Nachspiel haben, so viel war sicher, jedenfalls so weit es in Seianas Macht stand. Für den Halsabschneider, und für ihren ehemaligen Verlobten.

  • Der Ausrufer starrte die Frau an. Das gab's doch nicht! Er war baff. So schnell und so leicht hatte er noch nie so viel Geld gemacht, und das auf (fast) legale Weise! Er reichte der Dame die Hand, bevor sie es sich anders überlegte.
    »Abgemacht!« schlug er ein.
    »Leute, wir packen zusammen und fahren ein paar Straßen weiter.« Still verteilen ging natürlich nicht, immerhin war er Ausrufer, aber er würde den Namen nicht mehr rufen. Für die Summe! Die Drohung interessierte ihn nicht wirklich. Er hatte schon ganz andere Sachen ab- und durchgezogen.


    Dann kam der Sklave mit dem Geld, wo auch immer der das so schnell her hatte. Der Mann nahm das Säcklein und machte es auf. Er ließ es sich nicht nehmen, die Echtheit der Münzen mit einem herzhaften Biss zu prüfen.
    »Alles klar, Püppchen. Dann dank ich dir für's Geschäft und wünsch dir noch einen schönen Tag.« Der Kerl grinste dreist und folgte dem Karren und seinen Sklaven, die ihn zogen. Hinter ihm liefen lärmend einige Menschen und eine Menge Kinder her, die ein zweites, drittes oder sogar viertes Brit abstauben wollten.


    Am Rand der subura ging das bunte Treiben dann weiter. Der Mann war allerdings dumm genug, statt Seianas Namen nun seinen eigenen einzusetzen, was letztendlich dazu führte, dass er am frühen Abend aufgedunsen und seiner Einnahmen beraubt, dafür mit einem Messer zwischen den Rippen im Tiber trieb.

  • Seiana erfüllte Widerwille, fast schon so etwas wie Ekel, als der Kerl ihr die Hand hinhielt, aber sie nahm sie trotzdem, um den Handel zu besiegeln. Starr wie eine Statue blieb sie dann stehen, bis der Sklave wieder auftauchte mit den Münzen, blieb stehen, als der Kerl die Echtheit überprüfte, und blieb stehen, als er und seine Leute sich aufmachten und verschwanden, und mit ihm die Menschen, die das Brot wollten. Selbst, als der Menschenauflauf sich verteilt hatte und zumindest all jene gegangen waren, die von dieser Szene etwas mitbekommen hatten, stand sie noch einen Augenblick da und starrte vor sich hin. Der Gedanke regte sich in ihr, die Taberna zu verkaufen. Der Laden lief gut, und ihre beiden Angestellten waren – ganz egal, was Caius von ihnen halten mochte – gute Leute. Gute Ärzte. Aber das war es einfach nicht wert. Das, was hier lief, war kein Geschäft der Welt wert. Chaos tobte in ihr, pures Chaos, und sie kam damit nicht klar. Sie wusste nicht, was sie tun sollte. Sie konnte das hier nicht auf sich sitzen lassen. Es hatten genug Leute mitgekriegt, und es würde die Runde machen. Tratsch wie dieser verbreitete sich so unglaublich schnell… Und wer wusste schon, was Caius noch geplant hatte, nur um es ihr heimzuzahlen, dass sie seine großzügige Geste abgewiesen hatte, dass sie sein Geschenk nicht gewollt hatte. Dabei hatte sie ihm nur nichts schuldig sein wollen. Hatte gewollt, dass alles rechtens war – und Verlobungsgeschenke wurden nun einmal zurück gegeben, wenn die Hochzeit nicht zustande kam. Und jetzt? Jetzt hatte sie annähernd das Doppelte von dem ausgegeben, was die Taberna, so wie sie sie bekommen hatte, eigentlich wert gewesen wäre, nur um ihren Ruf zu schützen, blieb auf den Kosten sitzen und hatte zwar noch eine Taberna medica, die gut lief, die aber lange brauchen würde, bis sie diese Kosten wieder eingebracht hatte. Erst recht, wenn sich der momentane Tratsch in den Besucherzahlen und damit auch in den Einnahmen zeigte, sowohl in der Taberna wie auch in ihren übrigen Geschäften. Seiana konnte das Gerede beinahe hören. Decima? Nein, geh da besser nicht hin. Mit der Besitzerin kann irgendwas nicht stimmen… Ihr Verlobter hat sie verlassen, das muss doch einen Grund haben… Sonst will sie ja auch keiner, wie alt ist sie inzwischen?… Hast du gehört was vor der Casa Decima passiert ist? Die muss es doch echt nötig haben… Seiana biss mit Mühe den Wutschrei zurück, der ihr in der Kehle steckte, und kämpfte ebenso die Tränen der Wut und der maßlosen Enttäuschung nieder, die aufsteigen wollten. Dann bedeutete sie zwei der Sklaven, sie zu begleiten, und machte sich auf den Weg.

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