Die Luft war geschwängert von Lavendel und Rosenblüten, schwerer Wasserdampf sorgte für Nebel und ließ die Welt unwirklich erscheinen. So als gäbe es nichts außer diesem kleinen Raum voller warmen Wasser und sie selbst. Wie ein Traum, ganz allein, entrückt von der Realität. Wie im Stall, da war es so ähnlich gewesen. Doch da hatte sie sich leicht gefühlt, hier war alles so bedrückend, einengend.
Ein Räuspern ließ sie leicht zusammen zucken, verlegen reichte sie Lysandra ihr Kleid. „Ich komm allein zurecht!“ erklärte sie der Sklavin. Ausnahmsweise gab diese kein Wort von sich, stattdessen nickte sie nur und ließ Flora dann allein. Kaum hatte sie die Tür hinter sich geschlossen, hetzte sie davon. Wo nur war Narcissa? Fast lautlos huschte die Sklavin durch die Gänge der Villa um den älteren Zwilling zu suchen. Sie war beunruhigt. Flora hatte sich noch nie so seltsam benommen. Wer wusste was passierte, wenn sie das Mädchen jetzt zu lang allein ließ.
Kaum war Lysandra fort, fühlte sie sich ein wenig besser. Lysandra hatte einen so durchdringenden Blick wie ihre Mutter und schien auch nur jedes kleine Geheimnis schon von weitem zu wittern. Diesmal war es kaum verwunderlich, hatte sie sich doch höchst auffällig benommen. Immer wenn sie etwas angestellt hatte, dann versuchte sie es zu verschleiern, in dem sie zwanghaft so sein wollte wie immer. Es gelang ihr nicht, sie war allein eine miserable Lügnerin. Mit Narcissa zusammen konnte sie so manch Geheimnis für sich behalten, aber allein, nur selten. Ausgerechnet jetzt musste sie es für sich behalten. Nein sagen kann doch so einfach sein stichelte die kleine Stimme der Vernunft schon fast gehässig. Flora verzog das Gesicht, immer noch stand sie mitten im Bad unschlüssig herum, aber diese Kommentar, geboren aus Angst und auch einer Portion Verzweiflung, ließ sie schließlich ins warme Wasser gleiten. Kurz schauderte sie, hier war sie auch schon einmal mit Cimon gewesen, nach dem Ausflug der so desaströs gewesen war. Und doch hatte sie ihren Spaß gehabt, trotz ihres unfreiwilligen Bads in einem eiskalten Bach. Hatte sie sich da in Cimon verliebt? War sie überhaupt verliebt? Oder war es etwas anderes, das sie so sehr anzog. Wieder diese Fragen die sie nicht zu beantworten wusste, obwohl sie die Antworten doch brauchte. Auch um selbst zu wissen, wie es dazu gekommen war. Sie seufzte und konnte den Tränen keinen Einhalt gebieten, als sie ihr über die Wange liefen.
Warum nur hatte sie alles Verständnis für Ehre, Herkunft und Verantwortung für einen kurzen Augenblick reines Glück eingetauscht? Die Konsequenzen waren gewaltig und das Geheimnis drohte sie jetzt schon zu ersticken. Sie hatte ganz gewaltig Schande über sich und ihre Familie gebracht. Ihr Vater rotierte sicherlich grad in seinem Grab und ihre Mutter würde sich von ihr los sagen, wenn sie das wüsste. Nicht einmal Narcissa würde Verständnis für sie haben… Es gab eigentlich nur einen Ausweg… doch sie hatte Angst. Schließlich ließ sie sich einfach immer tiefer ins Wasser sinken, sie war allein und das Wasser würde einfach ihre Schande ertränken…
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