Wiedersehen im Park

  • Der Tag war wunderbar warm, was Cimons Herren an diesem Tag wohl besonders milde stimmte. Nachdem Ursus ihn nicht mehr unmittelbar benötigte, ließ er ihm nun einige Stunden zu seiner eigenen Beschäftigung. Der Nubier hatte sein Wort geben müssen, nicht zu arbeiten. Am Ende hatte Cimon seinem Herren gesagt, er würde also einige Stunden hinausgehen.


    Sein Weg durch eine Stadt, die ihm nicht besonders gefiel, führte ihn zu den schönsten Parkanlagen, die er jemals gesehen hatte. Gut, er kannte nicht viel vergleichbares. Aber darum machte er sich keine Gedanken. Er ging einfach mit ruhiger Mine ein wenig spazieren. Immer bedacht nicht zu sehr aufzufallen, was schon beginnt durch seine Gestalt schwer viel. Tief atmete er durch und suchte sich ein etwas ruhigeres Plätchen. Es dauerte etwas, doch er fand es.
    Hier stand sogar eine Bank und niemand war da, der diese für sich vereinnamen wollte. Also setzte er sich, lehnte sich zurück und genoß die wärmende Sonne auf seinem Gesicht.
    Wie gewohnt trug er Hose, eine gute Tunika mit langen Ärmeln und, da er grade nicht öffiziell für seinen Herren unterwegs war, sein weißes Halstuch. Gleich wie warm es werden würde, er wollte, konnte niemandem mehr offen seine Narben zeigen.

  • Tja, inzwischen war Phaeneas mit seinem Herrn wieder zurück in der urbs aeterna. Im Grund genommen war alles wie immer – so wie auch auf der Reise durch Italia (solange Lucianus bei ihm war) – und doch machte etwas einen sehr großen Unterschied: Denn da gab es jemanden und allein der Gedanke ließ dem Bithynier die Knie weich werden. Länger dauernde räumliche Trennungen ließen ihn grundsätzlich nervös werden, denn viel zu oft hatte ihm das Leben genommen und nie wieder zurückgegeben. Erst wenn er Cimon mit eigenen Augen sah, würde er aufatmen können.
    Da Phaeneas ja nicht selten ohne Gründe zu nennen das Haus verließ, hatten sich seine Mitsklaven nicht gewundert, aber wenn sie gewusst hätten, dass er das wegen jemandem machte, wäre es für sie überraschend gekommen, dass er so bald aus der Villa wollte.
    Er hatte sich heute nämlich auf den Weg zur aurelischen Villa gemacht, einfach mal so, auf pur Glück. Phaeneas war nämlich der Ansicht, dass das Leben sowieso sinnlos war, zumindest sein Leben war sinnlos – das zeigte sich allein schon daran, dass hier unter den Lebenden alles übergangs- und veränderungslos weitergehen würde, wenn er erstmal tot war. Na ja, und wenn das Leben sinnlos war, konnte man ja mal auf pur Glück bei den Aureliern vorbeischauen und dort nachfragen, ob Cimon denn da und nicht direkt beschäftigt war.
    Und weil er die Möglichkeit dazu hatte, beschloss Phaeneas durch einen auf dem Weg liegenden Park zu gehen. Das war mal was anderes als all die amtlichen Räume der letzten Zeit.
    Plötzlich durchzuckte es ihn wie ein Blitz, als er, ziemlich abseits, einen schwarzen Mann auf einer Bank sitzen saß. War es Wunschdenken? Er hatte genau die Statur von Cimon, den gleichen Kleidungsstil wie der Nubier und insgesamt ... Vorsichtig und mit wachen Augen näherte der Bithynier sich und bei näherer Betrachtung stand fest: Er war es wirklich! Sofort hüpfte Phaeneas‘ Herz vor Freude, während seine Augen erstrahlten. Jetzt gab es kein Halten mehr für den sonst oft so zurückhaltenden Sklaven und mit wenigen Schritten war er bei dem Sitzenden. „Salve, Cimon! Das ist ja mal ein Zufall, ich wollte gerade zur Villa Aurelia und nach dir fragen, dabei treffe ich dich hier unterwegs!“ Mit einem Lachen schüttelte er sich die schwarzen Haare aus der Stirn. „Ich freue mich, dich zu sehen, Cimon! Darf ich mich zu dir setzen?“ Und im Grunde genommen war er schon längst im Begriff, das zu tun - bevor der aurelische Sklave wirklich etwas dazu sagen konnte.


    Sim-Off:

    Edit: Missverständliche Stelle ausgebessert

  • Im Gedanken sah Cimon all seine Fehler und...Phaeneas, der ihm diese aufzeigte... Er blieb dabei nach außen überraschend ruhig, bis ...
    Erschrocken riss er die Augen auf und blinzelte einen Moment. Dann lachte der Nubier erleichtert... grade als er an ihn gedacht hatte, sprach Phaeneas ihn an...was das wohl zu bedeuten hatte? Sicher nur einer dieser Zufälle des Lebens. Allerdings durchaus ein angenehmer.


    "Ah, salve, Phaeneas... du hast mich erschrocken...grade habe ich an dich denken müssen. Und ich freue mich dich zu sehen. Gut zu sehen das du wohl auf bist und aus der Ferne wieder zurück.
    Aber sicher...sei Gast auf meiner bescheidenen Bank."


    Dabei machte Cimon eine einladende Geste. Wäre es nicht unangebracht gewesen, er hätte den Bithynier zur Begrüßung umarmt.
    Dann erst rieselten die Worte zu ihm durch. Phaeneas wollte zu ihm? Sein Lächeln wurde ebenso wärmer wie seine Augen. Die Maske des Distanz war vergessen...wie so oft, wenn er Phaeneas begegnete.


    "Du wolltest zu mir? Welch eine Ehre... ich danke dir. Etwas besonderes? Ich...ich habe einige Stunden Frei und muss erst spät zurück sein."


    Natürlich war es etwas besonderes, denn es war sein guter Freund, wie Cimon ihn inzwischen heimlich nannte, der etwas von ihm wollte. Und eben diese Gedanken zeigten sich in jeder Regung seiner Mimik.

  • Als er Cimons Erschrecken sah, erschrak Phaeneas auch erst einmal ein wenig, schließlich hatte er den Nubier nicht erschrecken wollen. Doch das Blinzeln verriet, das er allmählich begriff, wer ihn da – zugegebenermaßen Phaeneas-untypisch – überfallen hatte. Doch es gab Situationen im Leben, da war es eben ganz anders als sonst. Und der Bithynier gab freimütig zu, dass er es genoss – dass er es genoss, reuelos zu genießen. Es gab nur wenige Fälle, in denen er sich so etwas erlaubte. Aber wenn er es sich erlaubte, dann wollte er ganz genießen. Ohne jede beliebige klitzekleine Einschränkung.
    Cimons Lachen löste schließlich die Situation. „Wirklich, du hast an mich gedacht?“, fragte er extra noch einmal nach, ernsthaft überrascht, wenn auch positiv. Wenn der aurelische Sklave nur annähernd ahnen würde, wie oft er dem vinicischen in der Zeit auf Reisen eingefallen war und wie oft er diesen Gedanken unterdrückt hatte, aus Angst vor einer Enttäuschung, die folgen könnte – wenn er nach Rom zurückkam und Cimon inzwischen mit seinem Herrn nach Keine-Ahnung-wohin gehen hatte müssen und Phaeneas selbst ... ja, erstmal nur die Enttäuschung blieb.
    „Es tut mir leid, ich wollte dich nicht erschrecken“, fügte er dann noch an. „Danke“, lächelte er auf die nachträgliche ‚Einladung‘ sich zu setzen.
    Und im Anblick dieser warmen grauen Augen und dieses warmen Lächelns wurde ihm bewusst, wie sehr er eben das seit ihrer letzten Begegnung vermisst hatte.
    „Ja, ich wollte zu dir, Cimon“, bestätigte er sanft und in genau diesem Moment erst fiel ihm auf: „Oh, dann haben wir ja gerade beide aneinander gedacht“, was wieder dazu führte, dass er lachen musste.
    „Wie praktisch“, registrierte er weiter, dass Cimon nicht gleich wieder von der Gens Aurelia in die Pflicht genommen werden würde. „Dann haben wir ja – fast – alle Zeit der Welt.“
    Die Nachfrage des Nubiers, ob es etwas Besonderes war, ließ Phaeneas noch einmal überlegen: „Öhm, eigentlich nicht. Ich wollte dich nur sehen, Cimon, und mich wieder mit dir unterhalten.“ Erneut war seine Stimme sanft. Dass ihm das in anderen Zusammenhängen, sprich wenn der aurelische Sklave vergleichbare Hoffnungen an dieses Treffen knüpfen würde wie er, falsch ausgelegt werden und er als unsensibel rüberkommen könnte, daran dachte er gar nicht. „Ich kann dir noch nicht einmal etwas Besonderes von der Reise erzählen, es war eigentlich alles sehr ... amtlich.“ Er schmunzelte, als wollte er so über diese Tatsache hinwegtäuschen.

  • Das Cimon Phaeneas ein wenig erschrak, bemerkte er kaum, denn dazu freute er sich zu sehr über dieses Wiedersehen. Er wollte die Sonne genießen und nun konnte er dies mit seinem guten bithynischen Freund machen. Was für ein wunderbarer Tag.


    Ja, er hatte an ihn gedacht. Sogar recht oft. Nun sah der Nubier kurz zu Boden. Flora, Áedán ... es gab so viele Fragen so viele Dinge, die er nicht verstand. Schließlich nickte der Nubier bestätigend und lächelte erneut ein wenig.


    "Ja, und nicht nur eben grade... auch so, in letzter Zeit..."


    Leicht zuckte Cimon nur mit den Schultern als Phaeneas sich entschuldigte. Auf das 'Danke' hin nickte der Nubier lächelnd und machte nocheinmal eine einladende, nun etwas übertrieben wirkende Geste. Dabei freute Cimon sich darüber, das der Andere sich zu ihn setzte.


    Die sanfte Stimme ließ Cimons Lächeln etwas weicher werden. Phaeneas' Lachen wirkte ansteckend, wie immer. Nun fiel auch das letzte bischen seiner ruhigen Maske, die hier sowieso nichts zu suchen hatte, wie er fand.


    "Wie gut das du mich hier gefunden hast, Phaeneas. ... Ja, das haben wir... was wohl ein Philosoph dazu sagen würde..."


    Wieder lachte Cimon. Die weiteren Worte des Bithyniers waren wahr und Cimon dachte einige Augenblicke über alles nach. Es schloss sich also eine kurze Stille an. Die zumindest für Cimon nicht unangenehm war. Er überbrückte sie mit einem warmen Lächeln und dem direkten Blick in die dunklen Augen des Anderen.


    "Da hast du recht, Phaeneas. Wir werden viel Zeit haben... Ja, fast, alle Zeit der Welt.


    Für mich ist das doch etwas besonderes...danke, guter Freund, das du an mich gedacht hast. Wollen wir hier bleiben? Es ist recht angenehm und wir sind hier sogar für uns.
    Ach was, das ist doch nicht schlimm, Phaeneas. Wir müssen ja nicht über deine Reise reden...es sei denn du möchtest es, Phaeneas."


    Denn vieleicht wollte er doch darüber sprechen, auch wenn es wohl eher langweilig gewesen sein mochte. Er selber hielt sich etwas unsicher zurück und sah immer wieder zu Boden.


    Sim-Off:

    Edit: Letzten Teil nach Absprache

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    CUSTOS CORPORIS - TITUS AURELIUS URSUS

    Einmal editiert, zuletzt von Cimon ()

  • Als Cimon sagte, sogar öfter in letzter Zeit an ihn gedacht zu haben, stieg ein warmes, weiches Gefühl in ihm auf und sein Gesicht wurde von einer zarten Blässe überzogen (er wurde nie rot, immer nur blass). „Das ... das habe ich auch“, ergänzte er etwas leiser mit einem leichten Lächeln, das ein wenig von Scheu hatte. Dass ihm diese Situation nun gerade ziemlich unwirklich vorkam, ungefähr so wie an jenem Morgen während der Saturnalien, unfassbar eben, das konnte er nur hinnehmen, denn wie er sonst damit umgehen sollte, hätte er nicht gewusst. Dafür hatte sich längst ein zu lauter Tumult in seinem Bauch, in seinem Kopf und seinem Herzen erhoben.
    Die übergroße Geste des anderen Sklaven ließ ihn schmunzeln.
    „Ja, wie gut ...“, wiederholte er, als würde diese Tatsache allein nur durch die Wiederholung noch betont besser werden. Mit nun übergroß wirkenden Augen sah er Cimon an.
    Gelöst lachte er mit. „Keine Ahnung, was ein Philosoph dazu sagen würde“, erwiderte er und es fiel ihm auch gerade eben nichts Vernünftiges, Antwortenswertes ein. Aber es war auch nicht wichtig. Denn Cimon schwieg genauso wie er und Phaeneas war allein schon von dessen warmen, grauen Augen fasziniert, die ihn festhielten und hypnotisierten.
    „Es wird genug Zeit sein ...“, nickte er langsam und mit einem leisen Lächeln.
    „Na ja, eigentlich ist es das auch für mich“, gab er, nachwievor sanft schmunzeln, zu. „Etwas besonderes ...“
    Zu seiner Reise schüttelte er dann nur den Kopf. So wichtig war es ihm wahrlich nicht, die betreffenden Informationen an Cimon weiterzugeben. Dazu standen für ihn nun ganz andere Dinge im Vordergrund. Genauso wie er registrierte, dass der Nubier immer wieder unsicher zu Boden blickte, doch er sich nichts dabei dachte und es auf die Schüchternheit schob, die sich manchmal kurzzeitig des aurelischen Sklaven bemächtigte. Viel wichtiger war zum Beispiel das hier:


    „Ja, lass uns hierbleiben, Cimon“, sprach Phaeneas sich für diesen Platz in der Sonne aus. „Es ist schön hier und wir sind für uns. Jetzt treffen wir uns doch noch einmal in einem Garten ...“, lächelte er.
    Dann sagte er weiter nichts mehr, sondern beugte sich zu Cimon vor und küsste ihn.
    Und gab damit seinen Gefühlen statt, die in ihm tobten. Binnen kürzester Zeit hatte der Nubier es in des Bithyniers Herz geschafft, mit seiner netten und doch unaufdringlichen Art, und nun wollte der Vinicische es nicht länger in sich selbst verbergen. Sondern an den herantragen, den es betraf.
    Innig und doch vorsichtig drückte er seine Lippen auf die von Cimon. Und die Sanftheit, mit der er es tat, spiegelte seine zarten Empfindungen für den anderen wieder. Beflügelt, einfach nur beflügelt hatte Phaeneas sich gefühlt, aus einem seligen Glück heraus diesen Schritt zu tun. Und noch seliger war das Glück, das sich jetzt in ihm ausbreitete.

  • Die Blässe des Anderen machte Cimon Sorge und so sah er ihn fragend an. Sah ihm tief in die dunklen Augen. Sie waren so ganz anders als jene von Áedán. Warum verglich er sie miteinander? Er hatte auch an ihn gedacht? Unsicher lächelte Cimon als tonlose Antwort. Die Scheu erwiederte er ebenso wie den Blick.
    Die großen Augen ließen Cimon kurz einiges vergessen und er sah nur diese. Dabei nickte er nur zufrieden. Auch Cimon viel nichts gutes ein also wirkte er eher verlegen und schmunzelte ein wenig. Dabei schien es zwischen ihren Augen an Spannung zu zunehmen.


    "Ich...ich weiß auch nicht was ein Philosoph sagen würde.... aber ich fand es einen guten...Einstieg.
    Ja...es wird sicher genügend Zeit sein, Phaeneas. ... Etwas besonderes? Was...?"


    Fragend sah er den Bithynier an. Dabei zitterte seine Stimme ebenso wie sein Atem. Die Reise war vergessen...welche Reise? Sie wollten bleiben? Ja, das war gut. Ein kurzer Blick und er stellte fest, das sie in diesem Moment sogar noch alleine waren. So nickte er schnell. In einem Garten? Ja, sein Lächeln wurde wärmer und erwiederte das des anderen um so mehr. Die Augen des Nubiers waren dabei warm und sie glänzten leicht.


    "Ja, in einem wundervollen Garten, Phaeneas. Es mag kaum etwas schöneres geben als eine solche Umgebung."


    Bei diesen Worten genoß er die Anwesenheit von Phaeneas in besonderem Maße. Jedoch kam es anders als er es gedacht hatte. Nicht schlecht oder falsch.... das hatte er doch inzwischen gelernt. Aber anders... ganz anders. Auch anders als bei Áedán. Die Lippen die ihn berührten lösten eine Explosion in ihm aus, Gefühle rasten und Hitze parrte sich mit Kälte. Alles in ihm schien zu zucken. Nach außen hin aber zeigte er mehr Ruhe, als er wirklich besaß. Nur seine Brustmuskeln zuckten leicht.


    Sachte und doch mit viel Gefühl und sehr innig küsste er ihn...und ja, Cimons Lippen erwiederten diese Berührung mit einem leichten Druck. Sie öffneten sich und er wollte mehr. Seine Hand griff nach dem Nacken des Anderen und zog ihn an sich. Dabei küsste er Phaeneas mit all dem was er fühlte. Die Finger bewegten sich sachte und er haschte nach den Lippen des Bithyniers, als er sich von ihm löste und ihn etwas atemlos in diese dunklen Augen sah.


    Er sah ihn an. Die AUgen sagten, wie tief es war, wie sehr er fühlte, was er alles nicht aussprechen konnte... und dann kam die Schuld. Die Schuld, Fehler gemacht zu haben, die Schuld nicht gewartet zu haben, das Gefühl zu dreckig für diesen guten Mann zu sein...


    "Phaeneas? ... Ich bin deiner nicht würdig, bester Phaeneas."


    Bittend sah er ihn an, legte sein Herz in seine Augen und wusste kein Wort, was richtig war. Erschrocken stellte er für sich fest, das seine letzten Worte nicht gut, gar schlecht gewesen waren. Cimon wollte Phaeneas. Aber nicht so wie er Áedán gehabt hatte. Er wollte sich Zeit nehmen, er wollte den Menschen, nicht den Körper. Auch wenn dieser ihn zu reizen begann. Der Nubier dachte an Flora, wie sehr er sie liebte und wie falsch es war. Er dachte an den Gallier und wie anders es war...und nun war da Phaeneas, sein guter, bester Freund und er war so viel mehr...das war er doch vom ersten Moment an.

  • Eigentlich hatte Phaeneas keine Ahnung, warum Cimon ihn so fragend anblickte. Doch in den Tiefen seiner Augen würde der Nubier nur Freude finden, in etwas verlegener Variante, die gut mit der momentanen Farbe seines Gesichts und dem zugehörigen Lächeln harmonierte. Wann kam es schließlich vor, dass der, den zu sehen man sich die ganze Zeit gefreut hatte, einem sagte, einen auch sehr oft in den Gedanken gehabt zu haben? Dass Cimon das genauso wenig fassen zu können schien, erweckte ein hoffnungsvolles Hochgefühl in ihm und gab ihm eine gewisse, neue Sicherheit. Die jedoch prompt wieder über Cimons Blick und sein ruhiges Nicken gleichgültig wurde.
    „Ja, ein guter Einstieg war es wirklich“, lächelte der Bithynier.
    Das Zittern in der Stimme seines Gegenübers ließ Phaeneas ihn aufmerksam beobachten. Und löste ein gleiches in ihm aus. Es war schwer für ihn, die aufkeimenden Hoffnungen niederzukämpfen. ‚Nur noch kurze Zeit ... nur noch kurze Zeit ...‘, tröstete er sich selbst.
    „Na ja, hier mit dir zu sitzen und zu reden ... das finde ich auch etwas Besonderes ...“, antwortete er mit sicherer Stimme.
    Dass Cimon seine Anspielung auf den Garten mochte, freute Phaeneas. Ein letztes Lächeln in diese warmen, tiefen, wundervollen Augen, dann befand er, dass es genug des Wartens war.
    Er spürte sein aufgeregt in seiner Brust klopfendes Herz. Es war seit langer Zeit das erste Mal, dass er wieder einen Mann küsste. Und es war ein Erlebnis, einfach umwerfend, wortwörtlich an den Lippen dessen zu hängen, in den man sich verliebt hatte.


    Als Phaeneas Cimons Erwiderung des Kusses spürte, verwandelte sich sein Herz in reines, pures, tropfendes Glück, das seinen ganzen Körper überschwemmte und seine Sinne berauschte. Ihm schwindelte ein wenig wegen dieser unbeschreiblichen Freude, während sich schon Erleichterung in ihm breit zu machen begann. Die prompt in ihm den Wunsch erweckte, zu springen, zu jubeln, zu jauchzen. Zumindest sein bereits aufgelöstes Herz flatterte so.
    Bereitwillig ließ der Bithynier sich zu Cimon hinziehen – nirgendwo wollte er nun lieber sein! - und ließ sich auf das neue Tun von dessen Lippen ein, ergab sich vollkommen dem Augenblick, dem Gefühl der Nähe, der Vertrautheit und der Innigkeit ...
    Auf die Bewegung hin, die er angenehm in seinem Nacken fühlte, hätte er fast die Augen geschlossen, wenn er nicht in genau dem Moment bemerkt hätte, dass er das schon lange gemacht hatte. Erst, als Cimons Lippen von seinen ließen, öffnete er sie wieder und sah noch das Nachhaschen derer, die sich schon wieder von ihm entfernen wollten.
    Glücklich lächelte Phaeneas den Geliebten an, ergötzte sich an all dem, was in dessen Augen stand, was er längst an dessen Kuss abgelesen hatte. Einem Kuss, wie ihn sich wohl jeder Verliebte zurückzubekommen wünschte.
    Dann veränderte sich plötzlich etwas im Blick des Nubiers, doch als er sprach, gab es keinerlei Zweifel in dem vinicischen Sklaven. Stattdessen musste er leicht schmunzeln, ob der verque(e)ren ;) Idee. „Aber wieso solltest du meiner nicht würdig sein, Cimon?“, fragte er leise. „Du bist der wundervollste Mensch, der mir seit Langem begegnet ist!“ Wenn man mal von Lucianus absah, aber der hatte für den Bithynier schließlich eine ganz andere Bedeutung als Cimon.
    Mit leuchtend braunen Augen entgegnete er der Bitte in dessen Blick, der Tiefe, all dem, was er sagte. All das, was Phaeneas wieder bestätigte, wie sehr Cimon es wert war, ihn geküsst zu haben.

  • Die Augen des Bithyniers mit der Mischung der Gesichtsfarbe, gefiel Cimon. Er sah ihn fast schon traurig an. Dabei merkte der Nubier ein Kribbeln in seinem Bauch. Seine grauen Augen erforschten jede Regung und er bemerkte wie seine Hände leicht zitterten. Dieses Lächeln...es hielt Cimon gefangen.
    Es war etwas besonderes miteinander hier zu sitzen und zu sprechen? Langsam nickte der Nubier mit steigender Unsicherheit. Ohne das er es kontrollieren konnte, legte seine Hand sich sachte auf die des Anderen. Als er es bemerkte, zog er sie rasch und unsicher zurück.


    Doch die Augen des Bithyniers und seine lächelnden Lippen beruhigten Cimon schnell wieder. So konnte er sich seinem inneren Zittern hingeben. Ein Beben das er nicht verstand. Es war dem bei Floras Berührungen nicht unähnlich...doch ganz anders. Das Blut rauschte in seinem Kopf und er atmete unruhig.
    Er war nicht mehr in der Lage zu sprechen. Er sah nur noch Phaeneas und dessen strahlende Augen, diese Lippen und die Haut und die Freundschaft, diese Gefühle...es schien alles so deutlich und doch hinter einem Nebel verschleiert.


    Noch immer spürte er den Kuss in sich und an seinen Lippen. Er wollte es erneut, sehnte sich nach diesem Augenblick der Innigkeit, nach dieser Nähe. Die sachte Berührung der Hand, die in Phaeneas Nacken lag, konnte er nicht mehr kontrollieren. Er hörte nicht auf ihn zärtlich im Nacken zu berühren. Als Phaeneas seine Augen wieder öffnete schien alles so klar und eindeutig. Cimon konnte es nicht mehr leugnen... dies war ein besonderer Moment.
    Das Schmunzln des Anderen schien alle Bedenken, alles was geschehen war, fort zu wischen. Diese Augen die ihm zeigten, wie richtig es gewesen war, wie sehr er es wert war...Cimon konnte nicht anders.
    Erneut zog er den Geliebten Mann an sich und liepkoste die Lippen des Anderen mit den eigenen. Noch einmal wollte er diese Süße schmecken und ihm nahe sein, bevor er alles zerstören würde.... oder würde es doch noch eine Möglichkeit geben? Würde der Andere ihm verzeihen? Nur sachte konnte er sich von Phaeneas lösen und brauchte einige Augenblicke, in denen er die Augen des Bithyniers erforschte.


    "Ich... ich bin vieleicht nicht so wundervoll wie du denkst... ich,....wegen meiner Unerfahrenheit habe ich...Fehler gemacht. Du..du bist ein ganz...ganz besonderer Mensch du bist so wundervoll.... ich kann dir nun...nur schlechtes von mir berichten.


    Ich... ich glaube ich ...ich habe mich in eine Frau verliebt...doch sie...sie ist verboten. Und... es würde sicher mein Tot oder eine harte Strafe bedeuten, würde mein Herr es erfahren... Und..."


    Unsicher senkte er seinen Blick und sah auf seine zittrnden Hände. Denn die Hand, die in Phaeneas Nacken gelegen hatte, lag nun in seinem Schoß. Tief atmete er durch und holte sich Mut. Bevor er weitersprach sah er wieder auf und seine Augen flehten um Vergebung.


    " ... ich habe wirklich ... keine Erfahrung...und... ich weiß nicht wieso es geschehen ist. Ich kannte ihn kaum. Aber... es geschah. Ich habe ihm vertraut... und nun ...nun fühle ich mich so schrecklich ... schlecht. Dabei war es ...gut. Aber es fehlte etwas. Bitte glaub mir, Phaeneas wenn ich sage, das das was fehlt...nun in mir tobt und mich einen Narren schimpft."


    Er wollte es doch nicht sagen....nicht jetzt. Sie hatten sich nun das erste mal so ...berührt...Und Cimon wollte nur eines.... das es nicht so schnell ging wie bei Áedán..er wollte sich nun sicher sein, wollte den Anderen erleben und kennenlernen. Aber jetzt hatte er es gesagt ... würde der Bithynier ihm wohl seine Dummheit verzeihen? Cimon hoffte es von Herzen und sah ihn sehnsüchtig an.

  • Oh ja, es war ein besonderer Moment, als graue Augen in braune und braune Augen in graue sahen. Die Augen, die Phaeneas inzwischen so oft gesehen hatte und die sich direkt in sein Herz gelächelt hatten. Und nun schauten sie ihn an, dass es für ihn Verliebten ein Leichtes war, sich darin zu verlieren ...
    Doch diesen Anblick ein weiteres Mal gegen das Gefühl von Cimons Lippen auf den eigenen auszutauschen, dagegen hatte der Bithynier absolut gar nichts einzuwenden. Zart und zugleich intensiv spürte er den Kuss des Nubiers und genoss es, ihn genauso voller ernsthaftem und überschwänglichem Gefühl zurückzugeben, sich treiben zu lassen, wie er es sonst nie tat, reuelos zu geben, wonach ihm der Sinn stand.
    Verträumt und hingerissen stellte er fest, das es das wert gewesen war. Ganz klar war es das wert gewesen, all die Zeit zu warten - bis nun der Richtige ihn küsste. Denn umso überwältigender war es nun, umwerfend, die Sinne beraubend, bei dem zu sein, auf den man seit einer gewissen Weile hoffte.
    Auch wenn sie sich bisher kaum berührten, nur Cimons Hand dort wunderbar warm in Phaeneas eine wunderschön umfangene Empfindung weckte, waren sie sich trotzdem unbeschreiblich nah, als diesmal der vinicische Sklave den aurelischen kaum von seinen Lippen entlassen wollte. Ein fließender Übergang zwischen Kuss und Blick und bei reiflicher Überlegung schien dem Bithynier das eine so gut wie das andere zu sein.
    Wieder wusste er nicht recht, was Cimon in seinen Augen zu finden versuchte, er selbst fand schließlich ganz von selbst all die Wunder, die diese Iris beherbergte.


    Die ersten vier Sätze, die der Nubier unsicher und stockend vorbrachte, verstärkten nur das Schmunzeln auf Phaeneas‘ Lippen. Nur die Erwähnung der ‚Unerfahrenheit‘ ließ ihn den anderen noch etwas aufmerksamer beobachten. Was der dann über ihn sagte, das nahm er lieber einfach so hin, sich zu überlegen, was es für ihn bedeutet hätte, wäre zu kompliziert gewesen für das fast nicht existente Selbstwertgefühl des Bithyniers. Die Beteuerung des ‚Schlechten‘ schließlich erweckte wirklich Amüsement in ihm. Was konnte schon so schlimm sein, dass es an Phaeneas‘ Gefühlen für ihn irgendewas ändern, dass es allgemein zwischen ihnen stehen könnte?
    Dem vierfachen Auftauchen des ‚ich’s lauschte er noch ruhig.
    Dann wurde er kreidebleich, während er Cimon schreckenserstarrt ansah. „Du hast was?“, wiederholte er sofort ungläubig. ‚Ich glaube, ich habe mich in eine Frau verliebt.‘ ‚Was erzählst du da???‘, echote es verstört in Phaeneas. ‚Was erzählst du mir da?‘ Verboten, tot, harte Strafe. Zusätzlich wurde es ihm nun wie ein Schlag ins Gesicht bewusst, in welche Gefahren der Nubier sich, seit er nach Rom gekommen war, gebracht hatte. Es war seltsam, zugleich panische Angst vor Enttäuschung und um den Menschen, in den man sich verliebt hatte, zu empfinden.
    Fassungslos und total verunsichert besah er sich den nun um Mut ringenden Mann vor sich, hatte nur Augen für dessen Gesicht, aus dem er zu lesen versuchte, was er von dieser Situation halten sollte.
    Das weitere Geständnis eines Abenteuers konnte ihn nun nicht mehr wirklich erschüttern (noch viel mehr Angst hatte er vor dem erwähnten sich-verliebt-haben). Schrecklich, schlecht, gut. Eines passte nicht in der Reihe – oder waren es die anderen beiden? Bei den Göttern, Cimon schien in seinem Alter wirklich sehr wenig Erfahrung zu haben. Und davon, dass Cimon jemandem, den er kaum kannte, vertraut hatte, wollte Phaeneas vorerst einmal ganz absehen.
    Die Gedanken des Bithyniers rasten und es wechselte sich das ‚Ich glaube, ich habe mich in eine Frau verliebt.‘ mit dem letzten Satz ab, wägten sich gegeneinander ab, konkurrierten darum, mehr Beachtung geschenkt zu bekommen.
    ‚Dass das, was fehlt ... nun in mir tobt und mich einen Narren schimpft‘ ... Natürlich klang es wunderschön, nach genau dem, wonach zu hören es Phaeneas‘ Herz dürstete. Nur – er wusste gar nicht mehr, zu erschlagen war er in dem Moment, was er denken sollte. Noch spürte er Cimons Kuss, das Gefühl, das doch – hatte es das nicht? – so deutlich daraus gesprochen hatte, glaubte noch diesen Augen, die so viel gesagt hatten. Und sah nun diesen sehnsüchtigen Blick, mit dem der Nubier ihn bedachte, und spürte automatisch all das, was er für Cimon empfand. Natürlich wollte er diesen Augen und diesen schönen Worten vertrauen, wollte sich weiterhin sanft an diesen Mann ziehen lassen, diese Hand zärtlich auf seiner Hand oder in seinem Nacken spüren, Phaeneas wollte es so sehr. Und zugleich hatte er panische Angst – davor, dass der aurelische Sklave ihn vielleicht doch nicht liebte, vor all dem Gefühl in ihm, das ihm längst den Hades heiß machte. Davor, von jemandem geküsst worden zu sein, der gar nichts für ihn empfand ...
    Cimon sah wirklich aus wie ein Häuflein Elend ... so als ... würde es ihm leid tun.
    Phaeneas wusste gar nicht, was er sagen sollte, viel zu hin- und hergerissen war er. So blickte er den, in den er sich verliebt hatte, nur an und fragte schließlich – wobei sich die Angst in seiner Stimme nicht verbergen ließ: „Cimon? Meinst du es ernst mit mir?“


    Sim-Off:

    Edit: Personalpronomen durch Namen ersetzt

  • Nur zu gerne ließ der Nubier sich von den braunen Augen seines Gegenübers einfangen und ergab sich immer wieder der wunderbaren Hingabe dieses Blickes, der alles andere unwichtig werden ließ. Sein Herz fühlte sich leichter an, als in den vergangenen Tagen, in denen die Angst und die Bedenken ihm alles schwerer hatte werden lassen. Das die Augen des Bithyniers ihn nicht ganz unähnlich ansahen, sorgten für ein offenes Lächeln des Nubiers.


    Jeder Kuss hatte ihn berührt und gab Cimon ein angenehm freies Gefühl. Die Zärtlichkeit, mit der Phaeneas alles in diesen sanften Berührungen der Lippen wiedergab, ließ den Nubier leicht schauern und sich dem Anderen im Geiste vollkommen hingeben. Er wusste nicht was es war, oder wieso es so war, doch er liebte diesen Augenblick in dem er es auch nicht zu wissen brauchte...


    Es waren nur wenige Berührungen, doch sie sorgten für eine Nähe, die Cimon so noch nicht hatte fühlen dürfen. Zwar war da noch immer Flora in seinen Gedanken und all die Fehler die er begangen hatte, doch etwas war in seinen Gedanken...etwas erwachte in ihm... etwas was er nicht verstand.
    Phaeneas gab sich in diesem einen Kuss wohl dem Nubier hin, zumindest fühlte es sich für Cimon so an. Sodass er kaum verhindern konnte, wie sehr er sich nach einer erneuten solch innigen Berührung sehnte.
    Doch dieser wunderbare Blick entschädigte für jeden Zentimeter, den ihre Lippen voneinander getrennt waren. Er suchte und fand etwas besonderes in den Augen des Bithyniers.


    Doch dann erkannte er mehr...Gedanken? Cimon hatte offen gesprochen...zu offen? Und nun sah er das Ergebniss und spürte Angst in sich aufsteigen. Angst, den Anderen verletzt zu haben, den Anderen zu verärgern...Doch äußerlich blieb er ruhig und demonstrierte durch seine Haltung die Stärke, die er im Inneren in diesem Augenblick leicht vermisste. Phaeneas wurde bleich und Cimon sah ihm mit Sorge in die braunen Augen, die so tief waren, das er sich fallen lassen konnte...und wollte.
    Schwer schluckte der Nubier bei der Nachfrage, was er getan hatte und konnte doch nicht sofort antworten.
    Unsicher sah Cimon nun wiederholt zu Boden, doch die wunderbaren Augen von Phaeneas fingen ihn immer wieder ein. Die Angst des Anderen sah er nicht, doch er ahnte das dieser Moment nun ehrliche und gut bedachte Worte benötigte. Ob er es ernst meinte? Cimon holte Luft und wollte sofort antworten, doch dann besann er sich eines besseren und dachte nach. Er sah dabei in diese brauenen Augen und fühlte etwas in sich.... dann nickte er langsam...


    "Phaeneas? Bester Phaeneas, ich habe so viele Fehler gemacht und kann dir nicht sagen was ich für wen empfinde...aber es gibt etwas was ich besser weiß als alles andere... Du bist ein sehr besonderer Mensch, ein Mensch den ich bewundere und dem ich vertraue. ... Und gleich was ich tat, du warst immer in meinen Gedanken. ... Ich hasse mich für das was geschehen ist...auch wenn ich nicht sagen kann das es Momente waren, die mir nicht gefallen haben. Du... Du bist der einzige, Phaeneas, der einzige, mit dem ich mich ...so verstehe..."


    Lächelnd sah er nun dem Bithynier in die Augen und versuchte mit einer stummen Geste an ihre erste Begegnung zu erinnern. Ein Tag an den er sich immer gern erinnerte. Denn noch nie hatte er sich derart mit einem Menschen verstanden. Dann bewegte er sich nur wenig und doch deuteten seine Mimik und seine Augen an, wie sehr er sich nach einer, wenn auch nur leichten Berührung sehnte.


    "Ja, Phaeneas. Ich meine es ernst. Ich... will dich kennenlernen...ich will nichts mehr als dir nahe zu sein und doch kann ich dich nur vor mir warnen. Mein Herz, mein Innerstes sagt mir, das ich alles geschehene vergessen muss und mich dir hingeben sollte.... aber... alles ist neu und unbekannt für mich."


    Wie sollte er es sagen? Wie sollte er sagen das der Körper des Galliers ihn erhitzt hatte, das Flora ihn eingefangen hatte und er dennoch von Phaeneas gefesselt werden wollte... Es gab keine Worte. Nur Blicke und Mimik, die versuchten seine Gedanken auszudrücken.

  • Voller Vertrauen und mit inzwischen vom Kuss und den zugehörigen glückseligen Empfindungen leicht vernebelten Augen blickte Phaeneas in die von Cimon und konnte gar nicht satt werden, zu sehen, was sie ihm verhießen. Wie oft erlebte man es schließlich schon, verliebt einen Verliebten betrachten zu können? Wie lang war das bei ihm her und, bei den Göttern, wie lang hatte er darauf gewartet. Und jetzt war es so weit. Unglaublich. Unfassbar schön.
    Langsam stiegen in dem bithynischen Sklaven auch noch andere Wünsche auf. Der Wunsch nach noch mehr Nähe, danach, das, was Cimon ihm durch seinen Kuss signalisiert hatte, noch deutlicher zu spüren und wenn schon nicht den ganzen Körper, dann vorübergehend zumindest den Oberkörper an den Geliebten zu pressen. Um dem Gefühl in ihm erneut die Bestätigung zu geben, die der Kopf sowieso nicht erfassen konnte.
    Doch es kam anders, ganz anders.
    Es beunruhigte Phaeneas über alle Maßen, dass Cimon weiterhin so ruhig da saß und ihm so scheinbar entspannt anblickte. Viel lieber hätte er ihn klein und ängstlich und aufgewühlt und voller Schuldgefühle gesehen, also wenigstens annähernd so verwirrt, wie der Bithynier sich gerade fühlte, als das Zittern in ihm – das vorher noch durch Ehrfurcht und Zuneigung ausgelöst worden war – einem immer erschreckteren inneren Schüttelfrost gleichkam.
    Nichts sagte der Nubier, kein Wort, sah nur zu Boden. Sagte nichts, um zum Beispiel ein schreckliches Missverständnis – lag ja durchaus im Bereich des Möglichen – auszuräumen. Nein, er schwieg. (Wie oft Phaeneas selbst jemandem Worte verweigerte, bedachte er im Moment nicht.)
    Der vinicische Sklave war verliebt, ja, doch gleichzeitig war er schon nach dieser kurzen Zeit verletzt und stand schreckliche Ängste aus. Gerade weil er verliebt war. Wenn ihm der gegenüber egal wäre, könnte es ihm ja auch egal sein, was der sagte. Wenn es doch hier nur so einfach wäre ... So einfach wie sonst ... ... wenn Phaeneas alle Welt gleichgültig war.
    Nein, stattdessen saß er hier und wollte irgendetwas hören, was diese Situation irgendwie annähernd aufklärte.
    ‚... kann dir nicht sagen was ich für wen empfinde...‘ Diese Worte schnitten ihm ins Herz. Es konnte nicht sein. Es durfte nicht sein. Sollte er bei der Vor-Begutachtung versagt haben? Normalerweise war bei Phaenas‘ strenger Prüfung der Leute, mit denen er zu tun hatte, doch fast jeder Irrtum unmöglich! Wie kam es dann nun, dass er jemanden geküsst hatte, der seinen Kuss erwiderte, aber nicht wusste, was er für ihn empfand. Ein Alptraum.
    Nein, stellte er müde fest, wie hätte er so etwas auch ahnen können, wo Cimon doch immer so harmlos und nett bis hin zu etwas naiv gewirkt hatte. Und nie auch nur für Augenblicke falsch.
    Bei den erwähnten Momenten, von denen der Nubier sagte, sie hätten ihm gefallen, kam auch noch die Eifersucht dazu. Da wagte man sich nach Jahren wieder an die Liebe und bekam dann so ziemlich alles ab, was in der Liebe nur schief laufen kann.
    Gleichzeitig gefiel ihm natürlich, was Cimon ansonsten erzählte. Und auf die Geste hin musste Phaeneas augenblicklich lächeln. Ja, wie sollte er diesen Tag vergessen.
    Nur was das Berühren anbelangte, würde der aurelische Sklave erst einmal Pech haben. Denn solange diese Sache noch so wage im Raum stand, würde der Bithynier ihn von sich aus nicht mehr kosen und sich so schnell nicht mehr küssen lassen.
    ‚... nur vor mir warnen ...‘ Ja, Phaeneas warnte sich selbst in dem Moment auch, doch ... wenn es nur so einfach wäre ...
    Cimon hatte eben selbst gesagt, dass die Erlebnisse mit besagter Frau und diesem Mann und dem vinicischen Leibsklaven seine ersten Erfahrungen waren. Und wie überfordert der Nubier infolge dessen war, spürte Phaeneas nun am eigenen Leib. Deshalb knüpfte er an das an, was ihm in dieser Sache am meisten Sorge bereitete.
    Dazu musste er für sich selbst erst einmal die Möglichkeit durchdenken, selbst in eine freie Frau – Frau, allein schon welch grässlicher Gedanke! – verliebt zu sein. Die erstmalige Konfrontierung mit diesem Thema bedeutete für Phaeneas allein schon ein Schock. Und er überlegte sich alle zugehörigen Konsequenzen ... inklusive der Gefahr des Schwängerns, was eine heimliche Liebesbeziehung (falls man’s nicht gerade schaffte, das Kind dem Ehemann als sein eigenes unterzuschieben) problemlos verraten konnte. Und dazu gehörte, als Sklave etwas getan zu haben, was man nicht erst ausdrücklich verboten bekommen musste – welch noch viel grässlicherer Gedanke! Es mochte andere, tollkühnere als den Bithynier, geben, die die Chance einer Affäre mit der Hausherrin sofort nutzten. Und es mochte welche geben, die damit durchkamen. Aber so viel Risiko war für Phaeneas‘ schwache Nerven zu viel, viel zu viel.
    Er schloss kurzzeitig die Augen. Nein, wenn er selbst für Frauen empfänglich wäre und in eine Freie verliebt wäre ... nie würde er sie anrühren, lieber würde er für den Rest seines Lebens auf die Liebe verzichten, bevor er sich einem solchen Risiko aussetzen müsste.
    Aber ... sollte Cimon so enden? Restlos unglücklich bis ans Ende seiner Zeiten? Ließ sich nicht alles irgendwie regeln? War man in Rom nicht Meister darin, Dinge heimlich vonstatten gehen zu lassen? Auch und gerade als Sklave?
    So holte Phaeneas Luft und sagte etwas wahrscheinlich ganz anderes, als der Nubier erwartete:
    „Aber falls du wirklich in diese Frau verliebt bist – also nur für den Fall, dass es so sein sollte – , wäre es dann nicht klüger, du würdest zu deinen Gefühlen für sie stehen und ihnen nachgeben? Natürlich ist es verboten, aber nur weil etwas verboten ist, muss es nach einer Zeit noch lange nicht weggehen. Man sagt uns Sklaven oft: ‚Tu dieses nicht, tu das.‘, aber oft wissen unsere Herrschaften gar nicht, was sie da befehlen. Sie kennen nicht das Ausmaß, weil ihnen der Einblick in die Sache und in ein Sklavenleben fehlt. Für sie ist es leicht, zu sagen, dass man etwas nicht tun soll, sie müssen es ja auch nicht umsetzen und dann an der Unmöglichkeit der Umsetzung scheitern. Nur weil etwas vom Herrn befohlen wurde, Cimon, kann man – auch als noch so gehorsamer, pflichtbewusster Sklave - noch lange nicht alles hunderprozentig umsetzen. Das hat nichts mit Ungehorsam zu tun, sondern schlicht nur mit Realismus.
    Ja, manchmal müssen wir Unfreien einfach die Anweisungen an uns selbstständig überdenken und unsere Herrschaften vor einer Dummheit bewahren, in die sie geraten wären, wenn wir ihren Befehl ganz blind ausgeführt hätten. Natürlich dürfen wir das nicht so tun, dass sie es bemerken, niemals dürfen wir ihnen den Gehorsam verweigern. Aber eine kleine, stille Korrektur hier und da ist manchmal nötig, um unnötig Nachteiliges zu verhindern. Nach der Beendigung der befohlenen Angelegenheit denken sie, der gute Ausgang wäre ihrem guten, richtigen Befehl zu verdanken. Und so soll es sein, schließlich sind Sklaven dazu da, um ihren Herrschaften Scherereien zu ersparen, ohne dass die davon überhaupt etwas ahnen.
    Was ich damit sagen will, Cimon, wenn du diese Frau wirklich liebst, dann werden deine Gefühle für sie nicht weggehen. Nicht in einem, nicht in zwei, nicht in tausend Jahren. Und was hilft es dir, was hilft es ihr, was hilft es überhaupt irgendjemandem, wenn ihr euch quält? So viele Männer haben was mit fremden Frauen. In wen man sich verliebt, das lässt sich nun mal nicht rational steuern ... Und wenn jeder davon und alle zugehörigen Frauen nur mit denen zusammen wären, mit denen sie zusammen sein dürfen, wie frustriert wäre mehr als das halbe römische Reich? Manche Dinge lassen sich nun mal nicht vermeiden ...“

    Und was er da Cimon gerade vorgetragen hatte, gehörte ganz klar zu den Dingen, die er zwar völlig selbstverständlich dachte und nach denen er sein Handeln ausrichtete, die er aber natürlich grundsätzlich für sich behielt, weil es ihm leicht völlig falsch ausgelegt werden könnte.
    Und wer wusste, wie Cimon darauf reagierte ...


    Sim-Off:

    Edit: Tippfehler

  • Phaeneas Augen taten Cimon so gut. Doch irgendetwas veränderte sich. Und dies schien mit seinen eigenen Worten zu tun gehabt haben. Cimon spürte etwas kalt in ihm umherwirren. Es war so anders, so wunderbar gewesen den Bithynier zu küssen, ihm nahe zu sein...doch nun war dies vorbei. Und er befürchtete, das es nie wieder geschehen würde. Alles erschien ihm so fern und unfassbar. Hatte er gerade die Hoffnung des Anderen zerschlagen, ohne wirklich zu wissen, was geschah?
    Er wollte Nähe, wollte Phaeneas spüren, wollte alles in seinem weiteren Leben mit diesem wunderbaren Mann erleben. Aber wieso war das so?
    Seine Ruhe veränderte sich in eine unangenehme Leere. Diese Situation übervorderte ihn über alle Maße und nun...nun fing er an Atonis zu hassen. Ehrlich und wahrhaftig zu hassen. Nie zuvor hat er es so deutlich gespürt wie in diesem Moment. Nun kam auch der Selbsthass wieder, der ihn oft dazu gebracht hatte, sich den Kopf irgendwo anzuschlagen oder sich Schmerzen zu erhoffen.


    Gefühle...Cimon verstand sie nicht und konnte sie nicht benennen. Wie sollte man das eine Kribbeln mit dem Anderen vergleichen? Wie sollte er den Wunsch nach Nähe einordnen können? Er glaubte in den Augen seines Gegenübers etwas zu sehen, etwas was ihm Angst machte. Nun dachte der Nubier über seine eigenen Worte nach und erkannte, wie sehr sie ihn selber verletzen würden, wäre er der ...Geliebte. Ja, er bemerkte wie sein Herz nach Phaeneas drang und wie er versuchte die anderen Gefühle einzuordnen.


    Nur ein Augenblick...ein Lächeln und Cimon wollte es festhalten, trauerte ihm nach, als es verschwand und wünschte sich nichts mehr, als in diesen Augen, diesen Lippen zu vergehen. Die Nähe die er suchte, wurde nicht wahr und er bemerkte eher soetwas wie Ablehnung bei Phaeneas. Verwirrt und vor Angst starr sah er ihm flehend in die Augen. Aber er wagte es nicht, die Nähe von sich aus zu suchen. Cimon befürchtete, das der Andere ihn wegstoßen würde. Nur die Vorstellung schmerzte ihm schon zu sehr, als das er es riskieren wollte.
    Was er nun in den Augen von Phaeneas zu sehen glaubte konnte er nicht einordnen. Denn Abneigung konnte es doch unmöglich sein. Das es um den Gedanken an eine Frau ging, ahnte er in keinster Weise. Denn Cimon selber versuchte in der Liebe offen zu sein, da er fürchtete etwas von sich zu stoßen, was gut gewesen wäre. Doch nun merkte er, das eben diese Gedanken ihn in riesige Schwierigkeiten brachte.


    Dann kamen Worte....Sätze...die Cimon verwirrten. Phaeneas ging nur und ausschließlich auf Flora ein und versuchte Cimon einen Rat zu geben. Wollte er etwa nichts mehr von dem Nubier wissen? Der Rat war doch gut. Aber....leicht schüttelte er den Kopf. Nein, das konnte er unmöglich.... den Herren in einigen Augenblicken lenken? Das hörte sich gut an, doch was Flora angeht... nein, die Gefahr war zu groß. Es gab Verbote die durchaus sinn machten...oder? Seine Augen gingen rasch umher, bis sie ruhig auf denen von Phaeneas gerichtet waren.


    Er atmete tief durch und merkte wie die Leere ihn erneut ergriff. Dann zitterte seine Unterlippe und er merkte wie sein Leben ihm fremd wurde. Wie gut war es noch bei Atonis...Feste Regeln, keine Entscheidungen, alles war vorgegeben. Für diese Gedanken ließ er den Kopf sinken und würde sich wohl kaum selbst mehr anblicken können. Seine Stimme klang weitaus weniger fest als zuvor und bebte immer wieder.


    "Ich.... Liebe? Nein, Phaeneas ich .... ich kann das nicht tun. Sie ist verboten und ich werde mich von ihr fern halten müssen. Im schlimmsten Falle würde sie in Sklaverei kommen und ich ...ich an das Kreuz ... Das.... es gibt eben Regeln, die einzuhalten sind... Ich... ich finde es interessant was du sagst...über das 'Lenken' des Herren... gerne werde ich darauf achten...und es versuchen, um ihm dabei gut zu dienen...aber...das...nein...Phaeneas...
    Alles erscheint..... so.... ich kann kaum sagen, was ich denke, nicht einmal meine Wünsche kenne ich.
    Nun gut... ich versuche es...in Worte zu fassen .... Sie...sie ist eine sehr besondere, sehr liebe Person... kann sein ....ein Teil meines Herzens gehört ihr und das wird wohl immer so sein... aber es ist nicht von dauer... es kann nicht von dauer sein, auch wenn ich es wünsche. Aber.... aber ich weiß auch, wer die andere Hälfte meines Herzens erobert hat... "


    Langsam erhob sich sein Kopf und Tränen standen in seinen Augen. Sein Oberkörper erbebte und er wollte sich in die Arme des Anderen flüchten. Sich in ihnen schmiegend in Sicherheit wisen. Wollte alles vergessen und einfach nur geliebt werden. Aber noch immer hatte er Furcht vor Ablehnung. Seine Hände suchten zitternd nach seinen, doch würde Phaeneas auch nur ein Zeichen geben, das er es nicht wollte, würde der Nubier sie wieder zurück ziehen.


    "Bitte..... bitte stoß mich nicht fort. Ich... ich will dir ein guter Freund sein. Ich will dir mehr sein. Warum...warum können wir uns nicht einfach kennenlernen und uns.... irgendwann.... irgendwann näher kommen? Ich kann dir nicht mein ganzes Herz schenken und ...dafür hasse ich mich. Aber bitte.... die andere Hälfte verdorrt ohne dich. Wieso ich so fühle, weiß ich nicht.... ich bin mir nur sicher, das die Momnte die wir zusammen hatten, mich geformt haben. Du bist immer...immer wieder in meinen Gedanken. Ich vergleiche die Menschen mit dir, denke an deinen Rat, wenn ich mit anderen spreche. Du.... du bist ein ganz besonderer Mensch.... Ich.... wenn ich dich verletze.... bin ich wohl der Falsche ... für dich. Doch... ich will mich beweisen. Ich will dir zeigen, wie sehr ich dich verdiene. ... Es ...es würde nicht leicht mit ...mir, Phaeneas. Wir haben verschiedene Herren, die einverstanden sein müssen...und ich... ich .... muss zugeben, das all dies neu für mich ist... Hast du am Anfang keine Fehler gemacht? Fehler für die du dich erschlagen wolltest? ...Oh, Phaeneas...wie sehr wünsche ich mir jetzt bestraft zu werden...für meine Worte, mein Handeln, ... Ich will ehrlich sein... Ich habe Angst. Schreckliche Angst."


    Cimon redete. Er redete ohne nachzudenken. Und kaum war er fertig hasste er sich erneut. Warum musste man so vieles sagn, um etwas zu erklären? Warum reichten nicht Gesten und Mimik aus? Seine Augen lösten sich von denen des Bithyniers und suchten nach einem festen Punkt in der Ferne. Dabei atmete er tief durch und suchte seine Ruhe, seine Stärke wieder. Sein Herz, seine Seele lagen offen da. Mehr als jemals zuvor fühlte er sich verletzlich und schwach.

  • Ja, langsam wurde der Ausdruck auf Cimons Gesicht eher so, wie Phaeneas das als einer solchen Situation angemessen befand: verwirrt und ängstlich und starr. Und natürlich war für den Bithynier vollkommen klar, dass die Augen des Nubiers ihn um Vergebung anflehten. Für das, was er Phaeneas gerade antat.
    Es war kein Wunder, dass Cimon über das überrascht war, was er da zu hören bekam; dass es sich so kein bisschen auf seine vorherigen Worte bezog.
    Und: Erleichterung, Cimon war nicht entsetzt über das, was Phaeneas gesagt hatte, er stand nicht wortlos auf, um irgendjemandem voller Abscheu von den Ansichten des Leibsklaven des vinicischen Familienoberhaupts zu berichten. Er nahm es an den Umständen gemessen gelassen ... und antwortete trotzdem mit einem Kopfschütteln. Aber er wirkte in seiner Körpersprache doch sehr ... unentschlossen.
    Und als er sprach, glaubte Phaeneas verzweifeln zu müssen. Doch in erster Linie lag das an seinem höchst eigenen Gefühl.
    Nun gut. Punkt für Punkt würde er abarbeiten, was der aurelische Sklave so alles erwähnt hatte. Sachlich, ruhig – das konnte der Bithynier wenigstens.
    Punkt Nummer 1: „In die Sklaverei? Cimon, ich kann dir eines versichern, sie ist diejenige, der am wenigsten passieren würde. Wenn es herauskommt, wird ihre Familie doch niemals zulassen, dass das öffentlich wird. Erst recht nicht, falls sie aus einer der vornehmen Familien Roms stammt – stell dir das nur vor, eine Dame aus hohen Kreisen in der Sklaverei! Das wäre nur ein unnötiger unangenehmer Skandal, den sich ihre Verwandten in jedem Fall ersparen wollen werden. Die werden das schön für sich behalten und nach außen hin so tun, als wäre nichts passiert. An der Zukunft deiner Liebsten wird sich nichts ändern. Erst wird sie von ihrer Familie ausgeschimpft werden und ansonsten wird sie genauso nach vernunftsmäßigen Gesichtspunkten verlobt und verheiratet werden, wie das auch ohne vorherige Romanze passiert wäre.
    In der Sklaverei landet sie ganz sicher nicht. Glaub nicht alles, was man dir erzählt, Cimon. Sowas wird nur zur Abschreckung verbreitet. Theorie und Praxis klaffen oft sehr weit auseinander.“

    Punkt Nummer 2 war noch eine lebensnotwendige Ergänzung: „Aber ‚lenken‘ nicht im Sinne von ‚manipulieren‘, ja, Cimon? Nur dann, wenn es anders in einer irreparablen Katastrophe enden würde – und vollkommen zum Nachteil des Herrn wäre. Die Situationen, in denen das nötig ist, sind in der Regel ganz seltene Ausnahmefälle – und wenn ein Sklave wirklich ernsthaft eine Herrin liebt, dann ist das ein solcher Ausnahmefall.“
    Punkt Nummer 3, Aufmerksamkeit auf einen wichtigen Aspekt lenken: „Da, du sagst, dass es nicht von Dauer sein kann. Du redest nur von dem, was kann und darf, und nicht von dem, was ist. Nur weil etwas nicht sein kann und nicht sein darf, muss es sich noch lange nicht von selbst erledigen. Manche Dinge sind einfach stärker als menschlicher Wille.“
    Punkt Nummer 4, eine Verdeutlichung: „Und vor allem, wenn du sie wirklich liebst und sie dich auch und wenn sie ein Teil deines Umfeldes ist - ich weiß es ja nicht - , wie willst du das dann hinkriegen, mit dem Von-ihr-fernhalten? Glaubst du wirklich, wenn du irgendwo mit ihr alleine bist, alle anderen weit weg, dass du dann nicht auf sie zutaumeln und sie nicht küssen würdest? Hältst du das allen Ernstes für realistisch? Cimon, wenn ihr euch wirklich liebt, wird diese Liebe von selbst aus euch herausbrechen und sich nicht aufhalten, geschweige denn abwürgen lassen.“
    Punkt Nummer 5, eine persönliche Ergänzung von Phaeneas‘ Seite, die einen ganz anderen Blickwinkel einführte: „Und was du genauso bedenken musst, Cimon, wenn du sie liebst, aber deine Liebe nicht zulässt: Du nimmst ihr damit die Chance, geliebt zu werden. Wenn du sie zu vergessen versuchen und sie nicht anrühren würdest und alle anderen es genauso halten würden wie du, wer würde sie dann lieben? Glaubst du vielleicht, das übernimmt ihr Ehemann? Glaubst du wirklich, er wird nicht nur seine eheliche Pflicht ihr gegenüber erfüllen, sondern auch ehrliche, tiefe Liebe zu ihr entwickeln? Du, Cimon, du hättest mich, du hättest so etwas entfernt ähnliches wie die Liebe. Aber sie, was hätte sie? Gar nichts hätte sie. Wenn du sie wirklich liebst, Cimon, musst du ihr diese Chance lassen. Die Chance, geliebt zu werden.“
    Tief atmete Phaeneas durch. Inflationär hatte er nun den Begriff ‚wirklich‘ benutzt. Wann hatte er eigentlich überhaupt das letzte Mal so viel geredet?
    Cimons tränenverschleierter Blick traf ihn und ging ihm durch und durch. Entsetzt spürte er das Aufwallen von Sympathie in sich, das Mitleid, den Wunsch, alles ihn Beeinträchtigende wegzuwischen. Zögernd bewegten sich seine Hände in die Richtung der des Nubiers, doch blieben sie kategorisch auf seinem eigenen Schoß liegen.
    „Ich dich wegstoßen? Cimon, du kennst mich wohl noch zu schlecht, um zu wissen, dass ich nie jemanden wegstoße. ... Wenn, dann laufe ich weg, mit meinen eigenen Füßen ...“, ergänzte er ohne Stolz. Oh ja, darin war er wirklich gut. Im Notfall vor allem fliehen, die Augen schließen, vergessen, wenn etwas außer Kontrolle geriet und gefährlich wurde.
    Kennenlernen ... irgendwann, irgendwann näherkommen. ‚Habe ich nicht schon genug gewartet?!‘, fragte Phaeneas sich entsetzt. ‚Verbringe ich nicht mein ganzes Leben damit, auf alles mögliche zu warten? Soll ich auch noch auf dich warten, nur weil du nicht weißt, was du willst?!‘ Ein Alptraum. Grundsätzlich rechnete der Bithynier nur klare, überschaubare Dinge ein, wenn er irgendeine Entscheidung zu treffen gedachte. Aber mit so etwas konnte man ja gar nicht rechnen. Das Gesicht, das er hier machte, sprach eine eindeutige Sprache.


    Was der Nubier weiter sagte, war schrecklich-schön. Und dann: ‚Wir haben verschiedene Herren, die einverstanden sein müssen.‘ Ein Heiratsantrag. Cimon hatte ihm gerade einen Heiratsantrag gemacht. Hatte ihm, Phaeneas, dem bithynischen Sklaven, dem momentanen Leibsklaven des Marcus Vinicius Lucianus, in Aussicht gestellt, ganz offiziell mit dem Segen der beiden Herrn mit ihm zusammensein zu wollen. Noch nie zuvor hatte Phaeneas einen Heiratsantrag bekommen, aber ab diesem Moment wusste er, dass er Heiratsanträge liebte!
    Ein so kurzer Satz und der Bithynier glaubte, sein Herz würde das bald nicht mehr mitmachen vor Glück. Und überhaupt hatte ihm noch nie jemand so viele so wunderschöne Dinge auf einem Haufen gesagt. Andächtig glühten Phaeneas‘ Augen, so bewegt war er.
    Dann wurden seine Stimme und seine Miene wieder ernst: „Am Anfang? Fehler? Nein. Es war alles so neu und fremd für mich, dass ich den, der sich um mich bemühte, Ewigkeiten habe zappeln lassen ... Solange, bis der letzte Zweifel über meine Wünsche beseitigt war.“ Dieses Konzept, das Phaeneas in unsicheren Situationen immer anwandte, sah keine Fehler vor. „Erschlagen wollen? Aber nein, es gab genug in meinem Umfeld, die das für mich erledigten, auch ohne dass ich sie je darum gebeten hätte. Nein, Cimon, bestrafen hat doch keinen Sinn ...“
    Angst ... Oh ja, grässliche Angst beherrschte Phaeneas‘ Sinne, die ihn in erster Linie auf das Alarmierende in Cimons Worten hören ließ. Die ihm sagte, nur vorsichtig zu sein und niemals, niemals diesen Kerl da anzurühren, bevor nicht auch der letzte Zweifel in dieser Sache ausgeräumt war. Déjà-vu der anderen Art.
    Und zugleich erblickte er da den Mann, in den er sich verliebt hatte, hörte, wie er von Reue sprach, sah, dass Cimon diese ganze Sache genauso mitnahm wie ihn – und wollte ihn am liebsten zu sich herziehen, dessen Kopf an seine Brust betten und ihm über die haarlose Kopfhaut streichen. Und dabei irgendetwas sagen wie ‚Es ist doch alles nicht so schlimm ... Alles in dieser Welt ist doch gar nicht so schlimm ...‘
    Aber das wäre gerade vollkommen falsch. Vollkommen an der Sache vorbei.

  • Nein, Cimon wäre niemals entsetzt gewesen. Dazu waren seine Gefühle für Phaeneas zu tief. Er vertraute dem Bithynier voll und ganz. Und grade da dieser bei ihm sitzen blieb, wurden all die positieven Gefühle nur noch verstärkt. Das Phaeneas auf Cimons erste Worte nicht richtig eingegengen war, verzieh der Nubier umgehend und hörte der Stimme des Anderen gebannt zu. Dabei blieb er ruhig und zeigte seine ungebrochene Aufmerksamkeit.
    Noch immer war alles in seinem Kopf sowie in seinem Herzen durcheinander, doch er bemühte sich, irgendeine Ordnung wieder herzustellen. Weiter ging es um Sklaverei und um Flora und Cimon wusste nicht was er würde sagen können. Wie sollte er nur damit umgehen. Welche Entscheidung treffen? Langsam nickte er...ja, ganz sicher würde die Familie es geheimhalten... das er dies nicht gesehen hatte, zeigte doch wie blind er zur Zeit war. Er verfluchte sein Herz und seine Gefühle. Aber alles würde zu dem einen Ziel hinführen... er würde sie nur lieben, damit sie geliebt wird und dann? Dann wäre er alleine, sobald Flora verheiratet sein würde...
    Die angesprochene Manipulation versuchte er bei all dem Chaos noch zu verarbeiten, schaffte es aber nur zu nicken und wollte es sich merken. Manche Dinge waren stärker als der menschliche Wille? Aber warum nur? Cimon formte immer wieder ein tonloses 'aber' mit den Lippen und wollte sich am liebsten nur der Leere und den Armen des Bithyniers hergeben.
    Es stimmte, er würde sich nicht fernhalten können...aber was änderte diese Erkenntnis? Machte es nicht alles nur noch schwerer? Er wollte es ausschalten können, doch es ging nicht. Cimon war den vielen Worten dankbar, konnte aber im ersten Moment nichts erwiedern, außer einen hilfesuchenden Blick und einem Oberkörper, der sich leicht in Phaeneas' Richtung beugte.
    Seine Augen folgten der Bewegung von den Händen des Bithyniers. Aber er wünschte sich, sie hätten nicht halt gemacht, sondern würden ihn nun halten. So beobachtete er nicht nur die Hände sondern daraufhin den ganzen Körper des neben ihm sitzenden... Es gefiel ihm was er sah. Aber viel mehr gefiel ihm an was er dachte. An die Momente die sie erlebt hatten und ihre Verständigung, die sie zu erschaffen gewusst hatten.


    "All deine Worte sind so wahr...und ehrlich... und ich kann doch nur sagen... das ich es nicht zulassen kann, nicht zulassen will. Ich will..... ich will Sicherheit und... Konstanten... und du...nun du bist eine mehr als nur angenehme ...Konstante. Noch nie habe ich mich derart mit jemandem verstanden, bester Phaeneas. ...
    So gerne würde ich mich dir.... einfach nur...hergeben...aber es wäre nicht ehrlich dir gegenüber. Nicht wo meine Gedanken derart.... durcheinander sind... Vieleicht...vieleicht hilft die Zeit uns beiden... ich meine...jetzt wo ich sowieso..Ach Phaeneas, es kann nur grausamer werden, was ich sage... Ich werde mit meinem Herren nach Mantua gehen... aber ich werde dir schreiben...wenn ich darf. Und... ich werde an dich denken...wenn du es erlaubst."


    In seinen letzten Worten war Wärme zu sehen und zu hören. Als der Bithynier dann meinte, das Cimon ihn nicht würde wegstoßen können, lächelte er verlegen. Aber dann...weglaufen? Entschieden schüttelte er den Kopf und zeigte nur mit Augen und Gestik, das Cimon dies niemals würde zulassen dürfen. Und in diesem Moment stellte er fest, was er alles tun würde, um ihn bei sich zu behalten. Einerseits war es erschreckend aber es gefiel auch. Sodass sein Lächeln vielsagend wurde.


    Cimon sah fragend in ein Gesicht, das sich verändert hatte...nicht zum Guten. Da war etwas. Ging es um Cimons Wortwahl? Was hatte er kurz davor nur gesagt? Ging es um die Zeit? Versöhnlich sah er ihm in die Augen. Wenn er ehrlich war, wollte auch er nicht warten...keinen Augenblick länger. Er wollte so vieles erleben mit Phaeneas. Doch er wollte ehrlich zu ihm sein. Und dazu gehörte die Angst ihn zu verletzen.


    Seine Worte waren unschuldig ausgesprochen gewesen. Doch sie waren genau so gemeint. Sicher hätte der Nubier es anders benannt. Doch er wollte das was ihn mit Phaeneas verband festhalten und rechtlich absichern. In jeder Hinsicht. Konnte er dies trotz Flora, trotz Áedán? Ja, nach seiner Überzeugung, die in diesem Augenblick in seinen Augen stand war dies der einzig mögliche, einzig richtige Weg.
    Er glaubte die Freude in den Augen des Anderen zu sehen und konnte sich nun nicht mehr von diesen lösen. Sie fingen den Nubier ein und ließen ihn nicht mehr gehen ...und er...er wollte sich gar nicht daraus befreien.
    In diesem Moment war alles vergessen und Cimon hätte diesen am liebsten mit einem Kuss besiegelt. Doch er blieb noch ruhig und höflich auf Abstand. Ein Abstand, der ihm nicht gefiel, den er aber für seinen guten Freund einhalten wollte.
    Dieser hatte also keine Fehler gemacht? Zappeln lassen? Bis alle Zweifel beseitigt waren? Wie dumm war Cimon nur gewesen. Und nun war er ... Phaeneas würde nicht der erste sein können... Der Nubier hatte sich so schnell und so intensief dem Gallier hingegeben, das er ganz vergessen hatte, was er wollte... aber es war ein so unglaublicher Moment gewesen... Doch das Herz...es hatte geschwiegen...
    Hatten sie nicht gesagt, das sie nur Freunde waren? Ja, das hatten sie...nur Freunde.


    Bedauernd blickte Cimon seinem Freund in die dunklen Augen. Freund? Dieses Wort schien nicht zu reichen. Aber er wagte es nicht ihn als Geliebten zu sehen. Davor hatte er eine seltsame Angst, denn auch dies war nun sehr neu für ihn.


    "Du warst um so einiges schlauer als ich, Phaeneas. Und ich... ich bin traurig, das ... das ich ...nun das eine ... das ich es nicht mit dir...."


    Er räusperte sich und verlor im sprechen die Stimme. Sprach er gerade offen über die körperliche Komponente? Röte färbte seine dunkle Haut im Gesicht um ein wenig dunkler und er wollte sich Phaeneas ergeben. So gerne hätte er alles vergessen und sich hingegeben. Bestrafung hatte keinen Sinn? Er nickte nur und wusste doch, das er sich nun am liebsten selber niederschlagen wollte.

    Wie gerne wollte er nun in die Arme von Phaeneas, an dessen Brust flüchten und eine Nähe der besonderen Art verspüren. Eine Nähe, die aus dem Herzen, aus Gefühlen und erlebtem geboren sein würde. Seine Lippen zitterten und seine Hände suchten mit zartem Vorfühlen die Hände des Anderen. Er wollte leicht über diese streichen und die Wärme spüren. Doch er würde erneut alle Bemühungen unterbrechen, sobald Phaeneas es nicht gut heißen mochte. Dann ging ein Ruck durch ihn und er faste die Hände des Bithyniers etwas härter, wollte sie nicht los lassen und gab dabei die Augen von Phaeneas nicht frei.


    "Gleich was meine Gefühle mit mir noch anstellen werden. Gleich was immer geschehen wird. Phaeneas. Ich bitte dich .... sei meine Konstante...ich...ich will es so gerne für dich sein. Ich wusste es nicht...ich sah unsere Freundschaft als gegeben und sie gefiel mir, wie sie war. ...Auch wenn ich... als ich bei dir war, zu den Saturnalien... naja, da habe ich gehofft... nicht alleine in dem Raum schlafen zu müssen. Dies habe ich nicht verstanden...aber jetzt.... Jetzt weiß ich, .... Phaeneas?"


    Sein Oberkörper bewegte sich leicht weiter nach vorn und war somit sehr nahe mit seinem Gesicht an jenem von seinem Freund. Sein Atem wollte ihm nicht mehr gehorchen. Was sollte oder konnte er nur tun? Wieso musste alles so schwer sein? Aber er wusste etwas, etwas was er nun deutlich machen wollte. ...


    "Ich .... wünsche... mir... Nähe ... zu ...DIR."

  • „Nein, es wäre wirklich nicht ehrlich von dir“, antwortete Phaeneas nun ruhig, erstaunlich ruhig. „Denn glaubst du nicht, dass ich vielleicht auch Sicherheit und verlässliche Konstanten möchte? Wenn du aber das, was du eventuell für diese Frau empfindest, einfach so „abstellen“ willst, dann kannst du für mich keine Konstante sein. Was könntest du mir bieten, worauf sollte ich mich bitte sehr verlassen? Auf deine Gefühle, von denen du selbst nicht genau weißt, wem sie gelten?
    Und glaubst du nicht, dass du mir den Eindruck vermittelst, mich nur zu nehmen, weil du diese Frau nicht haben kannst? Dass ich nur billiger Ersatz für deine Traumfrau bin? Ich bitte dich, Cimon, wenn du sie wirklich liebst, wirst du niemand anderen lieben können. Auch wenn du noch so sehr willst.“
    Na gut, das stimmte nur bedingt, es gab Leute, die mehrere Menschen liebten (die Betreffenden bezeichneten das selbst mit dem gräkisierenden Begriff ‚Polyamorie‘) – aber das traf doch auf die wenigsten zu, die Phaeneas je begegnet waren, weshalb er das schlampigerweise vernachlässigte.
    Zeit, das war ein gutes Stichwort, aber ... ja, es wurde wirklich grausam. „Nach Mantua?“ Phaeneas‘ Stimme drohte zu versagen. „W...wieso denn das?“
    „Schreiben? Denken?“ Jetzt standen die Gedanken des Bithyniers endgültig Kopf; und entsprechend schnell und unkoordiniert sprach er. „Natürlich darfst du an mich denken. Schreiben? Ich ... ich glaube, ich wüsste nicht, was ich dir schreiben sollte ... nicht, nicht so ...“ – und meinte damit ihre reichlich unglückliche momentane Situation.
    Dann fasste er sich, weil er sich erinnerte: „Ich werde mit meinem Herrn auch demnächst nach Mantua kommen, weil er doch Curator Rei Publicae ist. Wie lange werdet ihr dort etwa bleiben?“
    Na, wenigstens was Phaeneas‘ nicht existenten Hang zu grober körperlicher Gewalt anbelangte, ließ der Nubier sich beruhigen. Das Lächeln konnte er allerdings nicht erwidern. „Du wirst mich nicht festhalten können, Cimon. Du wirst mich nicht festhalten, sollte ich weglaufen. Denn das würde bedeuten, dass du mich gegen meinen Willen bei dir behältst.“ Wieder war seine Stimme ruhig, fast war sie so emotionslos wie ein Toter.
    Der Vergleich traf auch insoweit gut, da Phaeneas‘ Gesicht nachwievor die gleiche Farbe hatte wie eine Leiche.
    Auf eine ironische, den Bithynier selbst quälende Weise belustigt sah er Cimon und dessen bedauernde Augen an. „Schlauer? Das hat nichts mit Intelligenz zu tun, nur mit Vernunft.“ Er fühlte sich müde, unendlich müde. So wie er sich vor der Zeit bei Lucianus meistens gefühlt hatte.


    Was? Nur langsam, wobei er allmählich mehr und mehr lachen musste, erschloss sich ihm, worüber Cimon da mit ihm redete. Wirklich, verschämt wie ein kleiner Junge. Auch wenn die Haut des Nubiers schon eine sehr kräftige Farbe hatte, sah er doch die Röte, die ihm ins Gesicht schoss.
    Im Grunde genommen wollte Phaeneas noch gar nicht so weit denken – nicht jetzt, wahrlich nicht! - , aber wie der aurelische Sklave damit umging, war wirklich lustig.
    Weil seine Aufmerksamkeit auf den zitternden Lippen seines Gegenübers lag, bemerkte er zuerst die Hände nicht, die sich näherten. Wie ein heißer, kurzer Schlag (nicht ganz 2000 Jahre später würde man das ‚Stromschlag‘ nennen) traf es ihn, als er sie aber an seinen fühlte. Erschreckt sprang sein Blick nach unten. (Schließlich war er im Moment nur auf: „Nicht berühren – nicht berühren“ eingestellt.) Zu sagen, dass es ihm unbeschreibliche Schmerzen bereitete, als seine Hände dann gepackt wurden, wäre nicht wirklich falsch. Und ungefähr so sah er Cimon auch an. Alles, was schnell und fest war, machte ihm unsagbare Angst.


    Diese grauen Augen weckten wieder Vertrauen in ihm, begründet in einer Zuneigung, die viel zu stark war, als dass Phaeneas sie hätte kontrollieren können. Diese Stimme, die er inzwischen so gut kannte, die Art zu reden, wie sie nur Cimon zu eigen war. All das beruhigte die gerade eben noch schier übermächtig scheinende Furcht. Der Bithynier wusste selbst nicht, was mit ihm geschah. Dafür ging es ihm alles auch ein bisschen zu schnell.
    Er erinnerte an die Saturnalien. Ja, die Sache mit dem Zimmer.
    Und wieder wurde der vinicische Sklave überrumpelt. Was Cimon sagte, dessen Gesicht so nahe vor seinem, dessen heißer, unkontrollierter Atem, Phaeneas‘ Name – wie ein unwiderstehlicher Ruf – und dann diese Worte, erst recht noch das „DIR“, das ihm durch Mark und Bein ging.
    Schreck lass nach. In diesem Moment war Phaeneas eines überdeutlich klar: So sah Versuchung aus. So viele gutaussehende, junge, muskulöse, hübsche, schlanke Männer hatten versucht, ihn zu verführen (solche natürlich nur, die aus der Not heraus nicht wirklich wählerisch waren – und da ein Sklave sich grundsätzlich dazu anbot, von allen für alles benutzt zu werden, lag die Sklaverei der Prostitution nicht fern) und allen diesen Abbildern Apollos hatte der Bithynier nur vollkommen unbeeindruckt abgesagt.
    Und Cimon musste nur direkt neben ihm sitzen und ihm seinen Wunsch nach Nähe entgegenhauchen und Phaeneas war versucht.
    Der erste Kuss zwischen ihnen hatte den Damm gebrochen, den Damm, den Phaeneas jahrelang mühevoll errichtet hatte, um weder bestechlich, noch erpressbar, noch anderweitig empfänglich zu sein. Hätte sein Angebeteter seinen Kuss nicht erwidert, Phaeneas wäre es ein leichtes gewesen, in dieser Situation Bedenkzeit ungeklärter Länge vorzuschlagen.
    Aber er hatte seinen Kuss erwidert und der Bithynier war dahingeschmolzen, hatte alle Widerstände aufgegeben, hatte seiner Verliebtheit freien Lauf gelassen, ja, seine Hoffnungen bezüglich Cimon von den Zügeln entlassen.
    Er zitterte und ihm wurde heiß. Gerade eben noch hatte er seine Hände bestimmt aus denen des Nubiers lösen wollen, jetzt war er unfähig sich zu bewegen, wie erstarrt saß er vor Cimon, blickte ihn wie erstarrt an.
    „Du wolltest auch Nähe zu dieser Frau und zu diesem anderen Mann“, wisperte Phaeneas mit fast versagender Stimme. „Es gibt viele Menschen, deren Nähe wünschenswert ist, und viele, die gerne und bereitwillig Nähe geben ...“
    Er wusste nur eines, es durfte nicht passieren, diese Nähe musste sofort aufhören, Phaeneas wollte es nicht, er wollte es schlicht und ergreifend nicht, nicht unter diesen Umständen, nicht unter diesen wagen, unbestimmten Umständen.
    Seine Augen, voller Entsetzen, sagten nichts anderes.
    Und in genau dem Moment wusste der Bithynier wieder, warum er seit jeher eine ganz ausgeprägte Vorliebe für - im Vergleich zu ihm selbst - deutlich ältere Männer hatte. Die wussten in der Regel, was sie wollten, und waren nicht so ungestüm ...

  • Wie konnte er nur so selbstsicher gewesen sein? Cimon sah Phaeneas traurig an. Er hatte wirklich zu wenig an den Freund und zu sehr an sich selbst gedacht. Er wollte nun nicht nur ehrlich sein, sondern auch für den Bithynier da sein. Nur wie sollte er diese Hürden alle bezwingen können?


    "Ja, du hast so recht, bester Phaeneas. Ich...ich war nicht gerecht zu dir...oder uns. Ich bin dir wohl offensichtlich keine gute Konstante...aber bitte glaube mir, wenn ich dir sage, das ich dies gerne sein möchte. Niemals wärst du nur ein billiger Ersatz. ... Aber ja, es mag wohl so aussehen...aber es fühlt sich nicht so an."


    Die bevorstehende Abreise nach Mantua machte das Gesamtproblem nur noch unbezwingbarer. Mit Ruhe und langsam wieder etwas gefästigten Gedanken hörte der Nubier Phaeneas zu. Auch wenn dieser etwas schneller sprach, wartete Cimon brav ab, bis er zuende gesprochen hatte. Er nutzte die Zeit um sich zu fangen.


    "Ich begleite meinen Herren, da dieser dort als Legat seinen Dienst antreten wird. Ich denke wohl, das wir uns werden sehen können. Mich würde es sehr freuen. Wie ich Ursus...Dominus Ursus verstanden habe, hat er deinen Herren eigeladen. ... Ich bin mir auch nicht sicher, was ich schreiben ...würde...aber vieleicht wird sich etwas gutes ergeben."


    Vieleicht würde die Sehnsucht seine Hand leiten, vieleicht würde er auch nur stundenlang auf die Leere starren und sich für seine Einfallslosigkeit hassen... wissen konnte er es nicht.
    Seine Augen suchten die des Bithyniers und er hielt diese fest, so gut er konnte. Dabei hörte er die mahnenden Worte... und er nickte zustimmend. Wie so oft schien der Nubier nicht über seine Worte nachgedacht zu haben. Wobei die emotionslosigkeit des Anderen ihm im Herzen zu schmerzen begann. Es war wie eine Kälte, die nach seinem Inneren zu greifen schien.


    "Und wieder einmal muss ich dir von Herzen recht geben. Niemals würde ich dich gegen deinen Willen halten."


    Seine Augenbrauen schoben sich leicht zusammen. Aber er wusste in diesem Moment nicht mehr viel zu sagen. Das anschließende Lachen von Phaeneas verwirrte Cimon. Es war das erste mal, das der Nubier nicht angesteckt wurde. Er fragte sich, was er nur falsches gesagt haben konnte und entschloss sich dazu lieber weniger zu sprechen. Das ging offenbar nicht gut aus.


    Das Erschrecken und dieser Blick ließ Cimons Griff umgehend locker werden. Er mochte es nicht, dem Freund Angst zu bereiten. Seine AUgen wollten beruhigend auf Phaeneas wirken. Mit nunmehr nur leichtem Griff wollte er seine Ruhe auf den Anderen übertragen. In der Hoffnung, das diese stumme Geste besser sein mochte, als seine unbedachten Worte.
    Leicht begann der Nubier zu zittern. Der Wunsch nach unbedingter, grenzenloser Nähe wurde in ihm immer stärker. Doch er ging diesem Drang nicht nach. Er wollte in den Augen des Anderen nicht weiter in der Achtung sinken. Cimon wünschte sich den Kuss zurück, wünschte sich alle Augenblicke zurück, in denen er etwas falsch gemacht hatte, nur um es zu korrigieren.


    Das Zittern seines guten Freundes ließ die Sorge ansteigen. Der Blick war einerseits eine wunderschöne Hoffnung für Cimon und andererseits hatte der Nubier Angst vor dem, was diese Augen so wirken ließen. Er verstand nicht nur sich selber nicht mehr.
    Was der Bithynier dann sagte griff erkaltend nach Cimons Gedanken. Dann schluckte er schwer, als er den weiteren Worten folgte. Traurig nickte Cimon und entließ die Hände von Phaeneas sachte aus seinem Griff.


    "Ich habe wohl sehr unbedacht gehandelt. Und damit dir nur Schmerzen bereitet. Bitte verzeih, Phaeneas. Du bist ...ein sehr besonderer Mensch. Niemals war es meine Absicht... Dir dies anzutun.
    Ich nehme an, das mein Verhalten unentschuldbar ist. ... Und sicher hast du recht, wenn du.... "


    Sein Blick senkte sich und er merkte wie ihm schrecklich zu mute wurde. Seine Stimme kippte einige male und er bemerkte die Feuchtigkeit in seinen Augen. Vieleicht war es besser.... es zu beenden, bevor es anfangen kann...es verhindern... denn was er tat war nicht gut für Phaeneas. Es war nicht einmal gut für ihn selber. Sollte er versuchen es zu erklären? Langsam sah er wieder auf. Sein Gesicht zeigte offen sein Gefühlschaos.


    "Ich wollte so vieles und hab einfach alles gute...alles angenehme geschehen lassen. Und nun stehe ich mir selbst im Wege. Es bleibt mir nur zu hoffen, das ... wir... das es ein wir...geben kann. Aber ich würde dich verstehen, wenn dies nicht mehr der Fall sein... Phaeneas?....Ich glaube, ... das alles übervordert mich."


    Ehrlich, er wollte ehrlich sein und merkte wie ihm jedes Wort ausging. Es war nur noch Leere da...Leere in einem Meer von Chaos. Seine unruhigen Augen suchten Halt in den dunklen des Freundes.

  • Inhaltlich zu dem, was er gerade ausgeführt hatte, sagte Cimon nichts. Na gut, quitt. Und dann sprach er von einem ‚Wir‘, das noch gar nicht existierte.
    „Ich glaube es dir, Cimon. Ich glaube es dir, dass du das gerne sein möchtest.“ Oh ja, nachwievor glaubte Phaeneas an den Nubier als den gutmütigen, sanften, anständigen Mann, den er kennengelernt hatte. Generell hielt man das, was er dem Bithynier erzählt hatte, auch gar nicht für möglich, wenn man ihn kannte, dass dieser nette, harmlose, ja manchmal fast schon naive Kerl zu so etwas im Stande sein sollte. Sein Körper sah danach aus, ja setzte Abenteuer förmlich voraus, aber wenn man ihn kannte, dann konnte man es nicht glauben, dass er mit drei Leuten gleichzeitig ... was am Laufen hatte.
    Billiger Ersatz, oh ja, so sah es aus, und wie. Aber es ... fühlte sich nicht so an ...
    Und das allerschlimmste war, dass Phaeneas selbst nicht wusste, wie er mit der Situation umgehen sollte.
    Trotz allem erwachte Erleichterung in ihm, als Cimon die Einladung erwähnte. In einer ... na ja, eben erleichterten Geste landete seine Hand auf seinem Herzen. „Ein Glück ... “, meinte er nur, das war sein einziger Kommentar und zu mehr war er auch nicht wirklich fähig.
    Ein kleines Lächeln und der Anschein von Zufriedenheit erschienen auf seinem Gesicht. Denn der aurelische Sklave bestätigte ihm seinen Eindruck von jenem. Dass er niemals etwas gegen Phaeneas‘ Willen tun würde.
    Kühl und kühler war der Bithynier in seinem Inneren geworden, hatte sich selbst abgekühlt. Hatte das, was seine Sinne vernebelt hatte, vertrieben und alle erwachten Wünsche und Sehnsüchte zurückgedrängt, soweit es nur irgendwie gegangen war. Hatte versucht ruhig zu werden, um mit all dem gelassen klarzukommen. Dass diese Ruhe aber nur Schein war und leicht gekippt werden konnte, bewies Cimon gleich darauf.


    Als der Nubier den Griff lockerte, wurde Phaeneas schon ein klein wenig wohler. Ansonsten hatte Cimon in diesem Moment für ihn aber gar nichts beruhigendes an sich. Immer noch sah der Bithynier ihn an wie einen Fremden, denn zu dem war er für den Augenblick auch geworden.
    Eine wahre Erlösung war aber, als Cimon seine Hände ganz losließ. Der komplette angespannte Körper löste sich wieder und mit einem erleichterten Aufatmen schob sich Phaeneas erst einmal schnell ein Stück weg von dem Nubier. Dort atmete er mehrfach tief ein ein aus, um zu verarbeiten, was gerade eben – viel zu schnell – mit ihm passiert war. Seine Hände behielt er nun fest bei sich. Das Zittern klang allmählich ab und seine Temperatur pendelte sich wieder auf ein normales Maß ein. Sich so langsam wieder von dem Schock erholend, hörte er Cimon zu.
    Und bei diesen Worten erkannte er langsam wieder den netten, es nur gut meinenden Mann, in den er sich verliebt hatte. Auch wenn er ihn vollkommen überrannt hatte, auch wenn er sich in absolut inakzeptabler Weise über seine Selbstbestimmung hinweggesetzt hatte, auch wenn er ... Phaeneas‘ existierende Schwäche beinahe ausgenutzt hätte, ihn ihm die Bereitschaft geweckt hatte, Hals über Kopf etwas zu tun, was er danach ganz sicher bereut hätte. Oh, ihr Götter, er wollte gar nicht daran denken, was ... was passiert wäre, wenn jemand anderer, jemand, der nicht so rücksichtsvoll war wie Cimon, dort gesessen hätte. Nur sehr langsam wurde dem Bithynier bewusst, welcher erneute, noch schrecklichere Alptraum gerade wahr geworden war. Welche Macht der Nubier über ihn hatte, da er sich in verliebt hatte. Und nur schleichend wurde ihm das Ausmaß dieses Desasters klar. Dass er nicht mehr Herr der Lage war, nicht mehr alles ihn betreffende unter Kontrolle hatte, so wie er das sonst gewohnt war. Dass Cimon, wenn er es nur wollte, seine Ruhe und Selbstbeherrschung ohne Weiteres erschüttern und aufheben konnte. Oh, ihr Götter, in welche unabschätzbare Gefahr war er hier geraten!
    Allmählich spielten sich Phaeneas‘ Herzschlag und Atem wieder auf ein normales Maß ein. „Oh ja, das hast du. Unbedacht gehandelt. Aber ich ... ich verzeihe dir, Cimon. Wenn du versprichst, es nie wieder zu tun.“
    Dann doch noch einmal etwas verunsichert sah er den gesenkten Blick, die Tränen des Nubiers in dessen Augen.
    Alles Gute, alles Angenehme ... Ja, und da traf er ganz gut in die gerade eben aufgedeckte Wunde, bei Phaeneas.
    Hätte Cimon ihn vorhin geküsst, hätte er ihn irgendwie berührt, dann hätte er alles Vertrauen, das der Bithynier in zarten Anfängen zu ihm entwickelt hatte, auf einen Schlag zerstört und Phaeneas wäre entsetzt vor ihm zurückgewichen, aufgesprungen und hätte die Ferne zu ihm gesucht. Und eine Beziehung wäre nie wieder möglich gewesen.
    So aber ... war nichts passiert. Cimon hatte seine Schwäche nicht ausgenutzt, nein, er hatte weiterhin gut acht auf ihn gegeben. Er hatte sich Phaeneas‘ Vertrauen – für den Moment zumindest – als würdig erwiesen.
    „Nein, ich ... Das wäre Unsinn, einfach so den Gladius ins Korn zu werfen. ... Schau, nutzen wir die Zeit, in der du in Mantua bist, in der wir zeitweise räumlich getrennt sein werden, um uns über diese ganze Sache klar zu werden ... so weit wir können.“
    Inzwischen waren seine eben noch leuchtend braunen Augen wieder deutlich dunkler geworden. Er dachte nach, versuchte seine wirren Gedanken in klare Worte zu fassen: „Schau, das einzige, was ich von dir will, Cimon, ist, dass du dich ehrlich mit deinen Gefühlen für diese Frau auseinandersetzt. ... Weißt du, ich finde, wenn man sich schon dazu entschließt, jemanden zu lieben, dann sollte das derjenige sein, den man auch wirklich will. Es hat keinen Sinn, sich aus purer Vernunft für jemand anderen zu entscheiden, denn der wird einem nie das ersetzen können, was derjenige gewesen wäre, den man wirklich liebt. Es wird immer nur ein falsches Ersatz-Glück sein. Wenn du schon jemanden liebst, Cimon, dann lieb doch jemanden, der es dir wirklich wert ist!“, fasste der Bithynier zusammen.
    „Bis dahin, bis du weißt, was du wirklich willst“ – oder zumindest annähernd! – „will ich, dass wir unseren Umgang miteinander so halten wie ... vor diesem Tag heute. Mit Abstand, ja? Ohne Berührungen.“ Den Abstand, den Phaeneas brauchte, um das Gefühl zu haben, sicher zu sein und sich selbst halbwegs unter Kontrolle zu haben.

  • Für Cimon gab es ein Wir, auch wenn er nicht darüber nachgedacht, sondern nur aus dem Bauch heraus gesprochen hatte. Die eher versöhnlichen Worte des Bithyniers entspannten Cimon ein wenig. Er glaubte ihm... das ließ ihn durchatmen und lächeln. Der Nubier wollte gar nicht für drei Menschen gleichzeitig so starke Gefühle empfinden. Etwas war anders gelaufen, als er es sich jemals gedacht hatte. Als billigen Ersatz hatte er Phaeneas niemals gesehen. Aber er wusste das seine Worte, sein Verhalten etwas anderes zeigen konnte...


    So gerne wollte er alles aus dem Weg räumen und sich einem Abenteuer hingeben, sich fallen lassen...doch das ging nicht. Und es wäre auch zu früh...oder zu spät...seine Gedanken rasten gegeneinander.
    Als Phaeneas seine Hand aufs Herz legte zeigte sich ein warmes Lächeln auf Cimons Lippen.


    "Ja, ...ein Glück"


    Auch er konnte irgendwie nicht mehr sagen. Doch seine Augen zeigten offene Freude darüber, das sie sich in Mantua würden wiedersehen können. Dabei beobachtete der Nubier das leichte Lächeln auf den Lippen des Anderen und es gefiel ihm, was er sah.
    Doch es änderte sich etwas.....diese Ruhe und die Kühle war ungewohnt unangenehm für Cimon. Vieleicht weil er angst hatte, das sich alles gegen ihn wenden würde. Das der Bithynier derart erleichtert durchatmete und etwas weg rückte griff kalt nach Cimons Inneren. Es war wie ein Schauer, der ihn auch aufweckte.
    Dabei blieb Cimon lieber ruhig und wusste nach seinen Worten zuvor nicht viel mehr zu sagen. Niemals, nein niemals hätte er daran gedacht den Anderen derart zu Behandeln, wie dieser es kurz befürchtete. Für ihn war es klar, das er Phaeneas immer achten würde.
    Der Nubier sah keinerlei Gefahr, außer bei sich selber. Denn er fürchtete durch sein fehlendes Verständniss Fehler zu begehen, die sein Leben derart negatiev gestalten würde, das es keinen Weg mehr zurück geben könnte. Phaeneas verzieh ihm...es gab aber eine Bedingung. Diese verstand er nur zu gut. Langsam, wenn auch, durch die Gesamtsituation, etwas traurig, nickte er.


    "Ja, ich verspreche es dir, Phaeneas. Ich gebe dir mein Wort, das ich es nie wieder tun werde...nie wieder."


    Das er sich richtig entschieden hatte, ohne es zu wissen, würde ihm sicher das Herz erleichtern, mochte er es je erfahren. Seine Zurückhaltung in einem besonderen Moment war richtig und gut gewesen. Allein das die Situation sich nicht verschlechtert hatte, zeigte ihm, das er nicht ganz falsch gehandelt hatte.
    Den Worten des Bithyniers hörte er nun mit wachsender Anspannung zu. Es war alles so voller Wahr- und Weisheit was Phaeneas sagte. Und doch mochte Cimon es nicht. Stille schloss sich an. Aber er konnte nicht anders als dem Anderen nickend zuzustimmen. Er musste sich räuspern, bevor er mit leicht zitternder Stimme antworten konnte. Dabei sah er in dunkler werdende Augen, die ihm einen ungebetenen Schauer über den Rücken jagten.


    "Ja, du hast erneut recht, bester Phaeneas. Ich werde über alles nachdenken. Und am ende auf mein Herz hören. Wer es mir wert ist? Ja.... Du bist es wert, das ich deinem Vorschlag nachkomme und den Abstand wahren werde. Auch darauf hast du mein Wort."


    Auch wenn es ihm weh tat, dies zu sagen und zu denken. Es musste sein und nicht nur für ihn sondern auch und besonders für Phaeneas. Zumindest glaubte Cimon dies erkannt zu haben. Er würde sein Wort nicht brechen.
    Schweren herzens sah er Phaeneas in die dunklen Augen und versuchte seine ihm eigene Ruhe zu zeigen. Doch in seinen Augen stand noch immer das Chaos, was in seinem Innersten herrschte. Dann neigte er leicht den Kopf zur Seite und lächelte dabei.


    "Oh, Salve Phaeneas. Was für eine Freude dich hier zu sehen."


    Seine Mundwinkel zeigten das es ihm nicht leicht viel, er aber versuchte ihnen beiden den Übergang zu erleichtern. Den Übergang zu einem Moment in dem dies alles nicht geschehen war.

  • Mit etwas Entfernung zu Cimon fand Phaeneas die Beruhigung, die er jetzt dringend nötig hatte. Unter den Sklaven des vinicischen Haushalts war seine Berührungsangst längst bekannt. Und dort legte man ihm in der Regel höchstens mal eine Hand auf die Schulter und das war’s auch schon, sowas ließ sich gewöhnlich relativ schnell regeln. Aber er wurde nicht so überrannt ... Na ja, aber der Schrecken ließ schon nach. Es war ja nur eine kurzzeitige Angelegenheit gewesen und Cimon hatte ohne jede böse Absicht so gehandelt - deswegen war ihm auch kein Vorwurf zu machen, so sprach Phaeneas sich selbst gut zu.
    Cimon versprach es. Was für den Bithynier neue Erleichterung bedeutete. Wenn er es nicht versprochen hätte, wäre er eine Gefahr gewesen. Aber es kostete natürlich trotzdem weiterhin Vertrauen, sitzen zu bleiben und etwas auf sein Wort zu geben. Besonders jetzt, nachdem Phaeneas wusste, was im schlimmsten Fall passieren konnte. Und genau das zu verhindern, darauf arbeitete er doch sein ganzes Leben lang hin! Das hatte er seiner Mutter geschworen ...
    Das traurige Gesicht, das der Nubier hier machte, tat neben der Aussage selbst nichts zur Sache. Viel wichtiger war das Wissen um (relative) Sicherheit ... Nie wieder – das hörte sich gut an.
    „Gut. Ein Glück.“ Wieder waren es nur kurze Satzfetzen, zu denen er fähig war. Denen man erneut die Erleichterung anhörte.
    Nun doch etwas angespannt sah der Bithynier Cimon an. Denn der schwieg erst mal. Na ja, Phaeneas hatte im Grunde nur noch einmal wiederholt, was er rein vom Inhalt her vorher schon gesagt hatte – und da hatte Cimon es schon nicht recht hören wollen. Außerdem ... verlangte er da ja auch nichts wirklich schönes. Ja, bei den Göttern, oh ja, wenn er gekonnt hätte, hätte er sich auch lieber die Küsse zurückgeholt. Aber es ging eben nicht anders. Manchmal (eigentlich ständig), da gab es Situationen, da musste man seine Folgerungen aus den Gesamtumständen ziehen und in wohlweislicher Vorsicht auf etwas verzichten und sei es noch so angenehm (das, worauf man verzichtete). Das zumindest war Phaeneas‘ Standpunkt.
    Trotzdem hatte er unerbittlich seine Bedingungen verkündet und damit eiskalt ein Urteil gefällt. Woran er nicht zu rütteln gewillt war – weshalb Cimon zugegebenermaßen auch gar keine andere Möglichkeit hatte, als damit klarzukommen.
    Dann nickte der aurelische Sklave. Zum Phaeneas wusste nicht wie vielten Mal kam Erleichterung über ihn. Er akzeptierte. Viel zu oft vergraulte der Bithynier schließlich andere mit seinen strikten Vorstellungen und der fanatischen Überzeugung, mit der er daran festhielt. Dabei wussten die nur nicht, dass er das musste. Wenn er überleben wollte.
    Als der Nubier endlich sprach, musste er lachen. „Danke. Danke, dass ich es dir wert bin. Und danke für dein weiteres Versprechen, Cimon. Und danke, dass du dir darüber Gedanken machen willst ...“
    Küsse ade. Scheiden tut weh. Ja, das bedeutete es. Und an ein eventuelles Wiedersehen (mit den Küssen) wollte der Bithynier lieber gar nicht denken. Bevor so etwas wie Hoffnung aufkam.
    All das zu verarbeiten versuchend, was sich seit ihrem Aufeinandertreffen ereignet hatte, saß er neben Cimon und bemühte sich darum, sich zu entspannen und die allerschlimmsten Schrecken abzuschütteln. Nein, so sehr wie heute war er schon lange nicht mehr geschockt worden ... Er versuchte die Ruhe, die der Nubier trotz allem immer nach außen vermittelte, in sich aufzunehmen.
    Dann brachte der ihn wieder zum Lachen: „Oh, Cimon, du kannst nicht einfach so tun, als wäre alles vorher nicht passiert. Schließlich ist es passiert und es hat uns weitergebracht. Denn wenn wir all das nicht ausgesprochen hätten, würden wir jetzt wieder ahnungslos gegeneinander rennen. So bleibt uns das aber erspart und wir sind aneinander ein bisschen klüger geworden.
    Außerdem“
    , fuhr er fort, „glaube ich, brauche ich sowieso eher eine Pause. Es ist wirklich ... viel geschehen. Könnten wir uns deshalb bitte an dieser Stelle verabschieden? Ich würde jetzt wahnsinnig gerne in die Villa Vinicia zurückkehren ...“ Um all das in geschützten vier Wänden mit jemand Bestimmtem zu besprechen.
    Und nach dem Schäkern, wie es Verliebte zu tun pflegen, war ihm gerade auch nicht wirklich.

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