[Forum Nervae] Bücherverbrennung

  • Es war schon alles bereitet worden. Der Bereich, in dem die Bücher verbrannt werden würden, war abgesteckt worden, in gebührendem Abstand zum Tempel der Minerva. Von Sklaven natürlich, einer Schar von Sklaven. Viatores hatten sich rund um die Absperrung aufgestellt. Niemand sollte auch nur ein Buch klauen können. Die Lieferungen der Schriftrollen waren nach und nach gekommen. Zuerst aus den Räumlichkeiten der Basilica Uplia, zuletzt fuhrenweise Bücher aus Transtiberim, aus jenem Buchladen, den Piso aufgespürt hatte. Seine beiden Kollegen waren noch einmal zu ihm hingegangen und hatten ihm auf die Schulter geklopft. Sie hatten leichtes Lachen. Sie hatten all die Exekutionen übernommen, da Piso keine Menschen hatte umbringen wollten. Tote Menschen waren unästhetisch. Der Tod war unästhetisch. Inakzeptabel für den Flavier, der bei den Gratulationen seiner beiden Mittresviri gelächelt und bescheidene Worte gemurmelt hatte, doch nun auf den Boden starrte, als wollte er durch die schiere Macht seines Blickes ein Loch hineinbohren. Piso war seit Tagen schon so drauf gewesen. Niemand außer ihm wusste, wieso. Vielleicht war er normal geworden, erwachsen halt, konnte man denken, doch diese Hoffnung war eitel.
    Er blickte noch einmal auf die Absperrung hinter ihnen. Gerade wurden die letzten bücher auf den Stapel geworfen. Vor ihnen stand eine Menschenmenge, die begierig auf ein gutes Feuer war. Voyeure des Mordes an Büchern.
    Bald schon war das letzte Buch auf den Stapel geworfen. Die Stunde hatte geschlagen für die Schmährufe an die Ulpier, die Sitten und die Armee, und die Belobigungen von Nero, Caligula und den Feinden des Reiches.
    Das einzige, was jetzt noch Not tat auf diesem Platz, war die Präsenz des kurulischen Ädils. Piso schaute unwillkürlich am Platz herum. Kam er? Das wäre noch wirklich eine gute Geschichte.

  • Eher zufällig kam Macer am Schauplatz der Bücherverbrennung vorbei, da das Forum Nervae in der Nähe des Forum Romanum, der Curia und anderer wichtiger Gebäude lag und wenn man von dort zum Esquilinus Mons wollte, war der Weg über das Forum Nervae eine gute Wahl. Neugierig machte er von seiner Würde als Senator Gebrauch, um die Menschenmenge zu passieren und weiter nach vorne zu gelangen. Ein Haufen Bücher, davor ein junger Mann, der sich bei näherer Betrachtung als sein Klient Flavius Piso herausstellte. Das war für Macer natürlich ein Grund, noch häher zu kommen. "Flavius Piso, sei gegrüßt!", rief er ihm zu. "Du machst dein erstes öffentliches Feuer und dein Patron bekommt keine Einladung?", tadelte er ihn mit gewichtiger Mine und blickte auffallend sorgenvoll um sich.

  • Ah. Da kam wer. Ein Senator. War das Corvinus? Würde er sich jetzt dem Rachegeist des Aureliers stellen müssen? Innerlich spannte er sich an. Doch diese Angespanntheit währte nur eine Sekunde, denn statt dem Aurelier erblickte er seinen Patron. Piso atmete erleichtert durch. Noch nie war er so froh gewesen, Macer zu sehen. In der Gesellschaft des Purgitiers würde sich Corvinus vielleicht nicht erdreisten, voller Zorn ihn mit aufs Feuer zu werfen. Ein vertrautes, ihm wohl gesonnenes Gesicht. Auf einmal hatte er den komplett irrationalen Impuls, Macer zu umarmen und in seine Toga hineinzuheulen, er wusste selber nicht, wieso. Aber gut, dass er sich unter Kontrolle hatte.
    Der Senator begrüßte ihn neckisch, und Piso lächelte. “Du gleichfalls, Patron! Ich wusste nicht, dass du den Anblick von Feuern schätzt, verzeih mir. Nun ja, zündeln ist halt schon eine feine Sache.“ Er blickte sich um, ebenso wie Macer, und warf einen Blick auf die Bücher. “Obwohl, schade ums Pergament. Ich bin doch noch froh, dass wir eine solche Menge von Büchern zusammensammeln konnte. Ein Tipp aus der Bevölkerung führte mich zu einem Lagerhaus, worin enorm viele von diesen Schundschriften eingelagert waren. Jenes habe ich mich ein paar Viatores ausgeräuchert.“ Es schwang durchaus Stolz in seiner Stimme mit.
    “Wir warten jetzt nur noch mehr auf Aurelius Corvinus. Dann kann es losgehen...“ Seine Stimme sackte ab, und ein Seufzen der Wehmut entfuhr ihm. Aus dem Kontext war nicht ersichtlich, dass er hierbei überhaupt nicht den Büchern nachtrauerte... sondern etwas ganz anderem.

  • Und eben jener kam kurz darauf in Sicht. Ich wirkte vermutlich ein wenig gehetzt, was nicht zuletzt daran lag, dass ich um ein Haar diesen Termin versäumt hatte und obendrein noch aufgehalten worden war. Mit der Sänfte war kein Weiterkommen mehr möglich gewesen - ich hatte festgesteckt -, und so war ich kurzerhand ausgestiegen und hatte den Rest des Weges zu Fuß zurückgelegt. Bald würde man bereits aus Entfernung die Rauchsäule sehen, die sich gegen den blauen Himmel abzeichnete, und das Knistern und Prasseln der Flammen hören können. Flavius Piso dann hineinzustoßen, mochte zwar eine nette Fantasie sein, doch bedauerlicherweise zu viel Aufsehen erregen.


    "Salvete", grüßte ich also höflich, statt dem vigintivir einen gezielten Ruck angedeihen zu lassen, und lächelte dabei kurz in die Runde. Macer war ebenfalls anwesend, dazu noch einige weitere bekannte Gesichter aus aktueller Politik und Senat. "Ich hoffe, ich bin nicht zu spät."

  • "Es ist nicht so, dass mich der Anblick von Feuern in besonderem Maße anzieht, sonst wäre ich wohl Kommandeur der Vigiles geworden", scherzte Macer zurück. "Aber sowas hier ist doch ein respektabler öffentlicher Auftritt. Da muss ich mich als Patron doch auch ein bisschen in deinem frischen Ruhm sonnen."


    Dann kam einer der amtierenden Aedile hinzu und Macer grüßte mit einem freundlichen Kopfnicken. "Salve, Aedil", sagte er erstmal nur, da er annahm, dass sein Klient und der Aedil erstmal noch irgendetwas zu besprechen hätten, bevor es losgehen sollte. Zumindest hatte es für ihn so geklungen, als wenn es ohne den Aedil nicht losgehen konnte. Wenn das Feuer dann erstmal prasselte, war immer noch Zeit für Plaudereien.

  • Piso grinste, als sein Patron witzelte. Der Humor des Purgitiers tat immer wieder gut, stellte er fest, und fast schon erschien ihm am Horizont die Aussicht, dass dies ein besserer Tag werden mochte als die Tage vorher. Obwohl es ihm wohl bewusst war, dass Macer als Senator kaum Obmann der Vigiles jemals geworden wäre. Besonders das Wort frischer Ruhm gefiel ihm eigentlich sehr gut, und es entlockte ihm ein Schmunzeln.
    Doch all dies wurde zunichte gemacht, als sich Aurelius Corinus auf einmal seinen Weg durch die Menge bahnte. Und, Götter nocheinmal, der Kerl schaute aggressiv drein! Zumindest erschien es Piso so, der mittlerweile vor Corvinus schon ein wenig Angst hatte (wiewohl seine Furcht vor Corvinus durch seine höllische Angst vor Furianus zu einer Nichtigkeit relativiert wurde). Eigentlich sollte er froh sein, dass Corvinus da war, denn nun konnte das Werk beginnen. Zwar wartete schon ein Viator mit einer Fackel darauf, sein Werk zu tun, aber Piso war dem inneren Impuls widerstanden, jetzt schon alles in Flammen zu setzen. Die Bücherverbrennung ohne Ädil anzufangen wäre wohl auch ein ziemlicher Affront gewesen, und verfassungsrechtlich ungedeckt. Aber trotzdem... es war ihm nicht ganz wohl in seiner Haut, jetzt wo er den Aurelier ansah... doch er versuchte sich nichts anmerken zu lassen.
    “Salve, Aedilis Curulis“, schaffte Piso neutral hervorzubringen, während er eine Wachstafel sich von einem Sklaven reichen ließ, welche er wiederum an Corvinus reichte. “Hier steht eine Auflistung der Bücher, die wir gefunden haben, herinnen.“ Sie hier zu reproduzieren, wäre kontraproduktiv und langweilig gewesen, also ersparen wir mal dem Leser und auch dem Schreiber dies. Das einzige, was man wissen musste, war, dass die Anzahl durchaus beträchlich war. Die Utopische Ulpianie bewegte sich sogar im Hunderterbereich, denn das Lagerhaus, welches Piso ausfindig gemacht hatte, war in der Hinsicht unglaublich ergiebig gewesen. Eine Abschrift der Schundschrift wurde Piso ebenfalls gegeben, und er rollte sie vor Corvinus aus.
    “Du hast tatsächlich recht gehabt. Dieses Buch ist fürchterlich. Hier wird der Kaiser anhand seiner angeblichen sexuellen Praktiken bewertet. Besonders die plastische Beschreibung seiner – natürlich rein aus den Finger gesaugten – Analfixiertheit ist insbesondere jüngeren Lesern kam zuzutrauen. Und bei der Auflistung der Fetische waren auch ein paar grauenhafte Sachen zu sehen gewesen...“ Piso hatte recherchiert, und herausgefunden, dass es so etwas wie einen Maulwurffetisch tatsächlich gab (vor allem in abgelegenen Gebieten Skythiens, wo man jede Gesellschaft, die man bekam, dankbar annahm). Allerdings konnte nicht einmal der verbohrteste Republikaner so etwas dem Kaiser unterstellen.
    “Also. Sollen wir dann anfangen?“, wartete er auf das OK des Ädilen.

  • Der Flavius reichte mir eine Wachstafel. Ich nahm sie entgegen, klappte sie auf und studierte kurz die dort aufgeführten Titel. Im Großen und Ganzen entsprachen die meisten Namen und Titel jenen, die Flavius Piso bereits bei seinem Besuch vor ein paar Tagen vorgelegt hatte. Lediglich die Zahlen hinter den Büchern hatten sich verändert. Ein weiterer Buchtitel stand ebenfalls dort nun, und auf diesen ging der Flavier auch gleich ein. Ich hob den Blick wieder und sah ihn an, während er berichtete. Dann klappte ich die Tafel zusammen und reichte sie einfach weiter nach rechts, einem Sklaven an, der sie sogleich nahm und mir damit die Gelegenheit gab, die Abschrift entgegenzunehmen. Ich überflog einige Zeilen, runzelte die Stirn und schüttelte dann den Kopf. "Es mag kein Wunder sein, dass der Kaiser krank ist, wenn er dies hier liest", sagte ich sarkastisch, ließ die Papyri zusammenschnappen und reichte sie Piso zurück. "Das muss mit verbrannt werden." Es hatten sich bereits einige Schaulustige versammelt. Vielleicht hofften auch ein paar Leute, eines der verbotenen Bücher in die Finger zu bekommen. "Ja, fangt an, tresvir capitalis Flavius", erwiderte ich förmlich. "Die auf dieser Liste verzeichneten Bücher sich schändliches Frevlerwerk. Sie sollen fortan keinem Unschuldigen mehr in die Hände fallen können", erklärte ich die Bücher für gesetzeswidrig, um dem Protokoll genüge zu tun.

  • Corvinus musste die veränderten Zahlen zu Kenntnis genommen haben, doch er sagte nichts dazu. Also würde Piso ihm auch sicher nicht sagen, wie die Zahlen zustande gekommen waren. Er hatte es nicht nötig, den Leuten aufzudrücken, wie toll er war. Das war doch schon so ersichtlich.
    Piso nahm die Schriftrolle wieder entgegen. “Und wird es auch“, bestätigte Piso, und warf mit einem eleganten Schubser die Schriftrolle nach hinten, sodass sie auf dem Haufen landete. Er machte einen Klocker, als sie auf den anderen aufkam.
    Der Ädil gab seine Anweisung, und Piso nickte. Dann wandte er sich ab und ging auf den Viator zu, ihm eine Anweisung dahingehend geben. Der Viator nickte und stieß seine Fackel in den Haufen von Schriften, während die anderen sich daran machten, zurückzutreten, damit sie nicht selber Flammen fingen.
    Der Stoß an Pergament begann schnell zu brennen. Allerdings nichts schnell genug für Piso, der das ganze Geschäft am liebsten so schnell wie möglich erledigt hätte.
    Sie weiteten sich aus, nach oben, Rauch entwickelte sich. Piso ließ es sich nicht nehmen, voll Ingrimm sich zur Menschenmenge zu drehen. “Seht hier, was mit Schriften geschieht, die gegen unser Reich gerichtet sind! Niemand entkommt den Zugriff des Gesetzes!“ Mit den Flammen im Hintergrund und seiner lauten Stimme mochte das durchaus dramatisch wirken, einmal bis Piso lächelte und sich zu den vorm Bücherhaufen Wartenden hinzugesellte.

  • Macer verfolgte das dienstliche Gespräch der beiden Männer schweigend und mischte sich nicht in die Beurteilung der Bücher ein. In seinem Aedilat hatte er sich mit sowas nicht befassen müssen, aber da hatte er anscheinend auch nichts verpasst, was man unbedingt gesehen haben musste. Als der Aedil die Bücher offiziell für gesetzeswidrig erklärte, setzte er ein feierliches Gesicht auf, wie sich das für einen Zeugen einer offiziellen Amtshandlung gehörte. Auch wenn er nur zufällig dabei stand.


    "Wirklich schade um das Schreibmaterial", sagte er dann, als der Haufen in Flammen aufging. "Da hätte man sicher auch ein paar sinnvolle Abhandlungen über Wasserbau oder Wagenrennen drauf aufschreiben können."

  • Pergament und Papyrus brannte erstaunlich gut, wie ich gerade feststellte. Um das Feuerfangen dennoch zu beschleunigen, hatten einige fleißige Helfer Öl verwendet, und so war es wohl nicht verwunderlich, dass der Bücherhaufen rasant Feuer fing und alsbald das Knistern und Prasseln hungrig leckender Flammen auf dem ganzen forum zu hören war. Weißgrauer Rauch erhob sich zu einer schiefen Säule, die am oberen Ende vom Wind nach Nordosten gebogen wurde. Diese Rauchsäule würde man womöglich noch in der subura sehen können. Macers Worte ließen mich schmunzeln. Nun galt es zu warten, bis der Haufen zumindest ein wenig heruntergebrannt war. Und dann wartete auch bereits der nächste Termin.

  • Die junge Iulia war einmal mehr ohne ihre Mutter auf einer Erkundungstour durch Rom. Wonga begleitete sie mit stoischer Geduld und passte auf sie auf, während sie jeden öffentlichen Platz von Rom ansah, um sich einen Überblick zu verschaffen.


    Die Bücherverbrennung weckte dabei durchaus ihr Interesse. Eine junge Frau, die gerne laß, fand es doch sehr irritierend, dass da Bücher und Schriftrollen verbrannt wurden und es drängte sie, zu fragen, welch ein Inhalt so etwas zur Folge haben konnte.


    Allerdings traute sie sich nicht wirklich, die hohen Herren zu fragen, weshalb sie Wonga vorschicken wollte, dieser aber verstand sie nicht wirklich. Wieso wollte sie das eigentlich wissen. Also wandte sie sich an den anderen Sklaven, den sie aus Germania mitgebracht hatte, damit dieser fragte.


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    Nicolochus
    Er ging auf den die drei Herren zu, um sie zu fragen. "Ich bitte vielmals um Entschuldigung, die Herren. Meine junge Herrin wünscht zu erfahren, weshalb diese Bücher verbrannt werden. Es irritiert die junge Iulia, dies zu sehen. Sie ist noch nicht all zu lange in Roma und ihre Neugier zwingt sie, mich das erfragen zu lassen."


    Sim-Off:

    Name und Bild des Sklaven eingefügt.

  • Piso stellte sich neben seinen Patron hin, um ein wenig physische Distanz zu Corvinus bemüht. Ein paar Viatores schütteten Öl auf den Haufen hinauf, sodass die Flammen auch die widerspenstigeren Teile des Bücherhaufens erreichen konnten. So wie der Aurelier musste auch Piso über den Schmäh, den Macer riss, grinsen. Der Purgitier war nie um einen Witz verlegen, einfach herrlich. Piso reute es, dass er ihn nicht so oft während seines Vigintivirates aufgesucht hatte, wie manche Klienten es taten, doch er selber hatte viel zu tun und mittlerweile auch schon eine kleine Klientenschar, bis jetzt nur ein paar kleine unbedeutende Priester und Beamten, allerdings an für ihn sehr interessanten Stellen in der Kanzlei und in den Tempeln Roms. Und doch war des Flaviers Lächeln ein wenig qualifiziert. Er musste immer nur an Prisca denken. Und daran, dass ihm Corvinus gesagt hatte, er könnte sie nie wieder sehen. Dies war kein haltbarer Zustand – und Piso würde ihn so bald wie möglich ändern.
    Er blickte weiterhin auf die Flammen, die immer höher schlugen und Rauch von ungeahntem Ausmaß entwickelten. Gut, dass der Wind ihn nicht zu ihnen hinblies, sondern viel eher gen Himmel.
    So beschäftigt war er mit schauen, bemerkte er den Sklaven gar nicht, der auf ihn und Macer zukam. Der Flavier zuckte unwillkürlich zusammen, als er sich angesprochen fühlte. “Öh...“ Hach, seine Eloquenz war wirklich atembeaubend, jaja. Ein wenig unwillig, fast schon grantig, blickte er den Sklaven an. Wieso wollte immer jemand was von ihm?
    “Dann sage deiner jungen neugierigen iulischen neu angekommenen Herrin, es handelt sich hierbei um eine Bücherverbrennung.“ Bona Dea, fragen konnten die! “Eine Verbrennung von verbotenen Schrift. Diffamierungen des Kaisers, Belobigungen von Leuten, die der Damnatio Memoriae unterworfen sind, Verbreitung von unzüchtigem und aufrührerischen Gedankengut, und so weiter. Und wenn du schon dabei bist, sage deiner jungen iulischen neu angekommenen Herrin, sie soll sich von ihrer Neugier nicht dazu selber zwingen lassen, ins Feuer zu tapsen. Kann weh tun.“

  • Als Nicolochus zu ihr zurückkam, sah er ein wenig verwirrt aus, aber Corona wartete einfach auf seine Antwort. "Die verbrennen hier Bücher. Verbotene Schriften. Irgendwas von Diffamierungen des Kaisers, Damnatio Mamoriae und Verbreitung von unzüchtigem und aufrührerischem Gedankengut... - Und ich soll dir sagen, dass du dich von deiner Neugier nicht dazu zwingen lassen sollst, ins Feuer zu "tapsen". Dies könne weh tun, Domina Corona."


    Der jungen Iulia klappte der Mund nach unten. Nun war sie ernsthaft empört. Nur weil sie einmal eine Frage stellte, war sie doch nicht so blöd, ins Feuer zu laufen. "Sag diesem Mann, dass ich weiß, dass Feuer heiß ist und mich nur interessierte, was für Bücher da verbrannt wurden, weil ich sehr wohl sehen kann, dass da Bücher verbrannt werden. Mich interessierte lediglich, welcher Inhalt sie dazu verdammt, ins Feuer geworfen zu werden."


    Wenn sie ein Mann wäre und diesen Kerl in die Finger kriegen würde, würde sie ihn dafür ohrfeigen. Oder was taten Männer da eigentlich? Ohrfeigen klang nicht gerade männlich. Sie fand es unmöglich, ihr mitteilen zu lassen, dass sie aufpassen solle, nicht selbst ins Feuer hinein zu "tapsen". Als wäre sie so dämlich! Sie sah dem Sklaven hinterher, der gerade zu den Römern zurück lief. Sowas aber auch.


    Ihre helle Tunika wehte ein wenig im Wind und sie beobachtete den Ruß des Feuers.


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    Nicolochus
    Der Sklave seufzte und ging auf den Römer zu. "Ich bitte vielmals um Entschuldigung, Dominus, aber meine empörte Herrin lässt ausrichten, dass sie weiß, dass Feuer heiß ist und es sie lediglich interessierte, warum die Bücher verbrannt werden, weil sie sehr wohl sehen kann, dass es sich um Bücher handelt. Sie wollte nur wissen, welcher Inhalt dafür sorgte, dass sie verbrannt werden. Sie ließt nämlich sehr gerne und verstand nicht, weshalb sie ins Feuer geworfen wurden." erklärte er und konnte sich dann doch ein Schmunzeln nicht verkneifen. Ihm war bewusst wie lächerlich das Ganze im Augenblick war, seiner jungen Herrin jedoch offensichtlich nicht.

  • Äußerlich weitgehend ungerührt verfolgte Macer den lustigen Dialog zwischen dem Vigintivir und dem Sklaven. Nachdem der Sklave das erste Mal seinen Rückweg zu seiner Herrin angetreten hatte, blickte Macer seinen Klienten an. "Als Amtsträger zieht man die komischen Fragen einfach an. Ist fast so, als wenn man ein Schild umhängen hätte: Ich bin Magistrat, stellt mir komische Fragen." Dann bemerkte er, dass der Sklave nochmal zurück kam und stellte seine Lästerei professionell sofort wieder ein, um mit neutralem Gesichtsausdruck und schweigend die weitere Frage zu verfolgen. Er war gespannt, was sein Klient diesmal antworten würde.

  • Als der Sklave davongetrottet war, wechselten Piso und Macer undeutbare Blicke. Piso glaubte zu erahnen, dass der Senator ziemlich amüsiert war über dieses Vorkommnis. Piso selber konnte sich kaum das Grinsen verkneifen, aber er hatte sich nur deshalb unter Kontrolle, weil er nicht als kichernder Idiot in die Geschichte eingehen wollte.
    “Ja, da hast du Recht, Patron. Wäre nicht das erste Mal, dass man mich als kostenlose Informationsstelle benutzt.“ Er blickte vom Purgitier wieder unwillkürlich zu dem Punkt in die Menge, wo der Sklave verschwunden war. Er erinnerte sich an das Ereignis mit Seiana, die er sogar kostenlos mit juristischer Beratung gedient hatte (nicht ohne Hintergedanken, doch dies war noch Zukunftsmusik). Sein Blick wanderte gen Feuer, welches er ein wenig wie hypnotisch anschaute.
    Nur, um sich kurz darauf wieder angesprochen zu fühlen. Piso drehte seinen Kopf wie ertappt herum und blickte den Sklaven unhöflich an. Er hasste es, wenn ihm jemand auf den Keks ging, vor allem, wenn er von jeglichen Konzepten der Ästhetik so fern entfernt war wie dieser Drecksspatz. Und dann grinste der Sklave ihn noch an. Also wirklich.
    “Dann sage deiner empörten jungen neugierigen iulischen neu angekommenen um die Gefahren des Feuer wissenden Herrin, dass ich darob beruhigt bin, und dass ich sicher nicht den Inhalt dieser Bücher verraten werde. Dieser ist, wie der Name verbotenes Buch schon sagt, verboten. Wenn ich die junge iulische und so weiter Herrin von dir wissen lassen wollte, worum es in diesen Büchern geht, dann würde ich sie nicht verbrennen. Sie soll einfach dem Urteil der Tresviri Capitales und der Aedile, sprich gewählten Vertretern der Republik, vertrauen. Sie soll nur wissen, diese Bücher waren infam und verabscheuungswürdig. Wenn sie was Gutes lesen will, schlage ich Vergil vor. Oder Seneca. Das wäre sicher viel erbaulicher als die ganz und gar undamenhafte Neugier deiner Herrin.“ Gnaaaa! Musste er, ein Magistrat Roms, jetzt wirklich den Hampelmann einer verzogenen Zicke spielen?

  • Amüsiert verfolgte auch ich den Schlagabtausch zwischen iulischem Sklave und Flavius. Amüsiert, weil der Sklave die Fragen seiner Herrin mit Nachdruck überbrachte, und amüsiert, weil Piso zunehmend gereizter wirkte - und ich daran eine unerklärlich diabolische Freude entwickelte. Nur mit Mühe konnte ich ein belustigtes Schmunzeln darob verbergen. Die Situation war einfach zu köstlich, und sie verleitete mich dazu, mich im Anschluss an die Worte des Flavius Piso vernehmlich zu räuspern und dem Sklaven folgendes vorzuschlagen: "Warum fragst du deine Herrin nicht, ob sie sich zu uns gesellen möchte? Ich bin mir sicher, dass tresvir capitalis Flavius Piso alle Fragen beantworten wird", sagte ich hilfsbereit. Ich lächelte zunächst den Sklaven und hernach Flavius Piso äußerst freundlich an. Die Farben der Flammen machten sein Gesicht wie vermutlich das meine ebenfalls zu einer flackernden Grimasse in zornesroten Tönen. Nur dass ich dabei lächelte. Ich studierte den Gesichtsausdruck des Flavius und gab mich dabei möglichst unbeteiligt.

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    Nicolochus
    Der Sklave nickte. "Ich werde Domina Iulia Corona dies gerne ausrichten, Dominus." sagte er und dann eilte der Grieche auch schon zurück zur Tochter seines verstorbenen Herren, in deren Besitz er nun wohl übergegangen war.


    ///


    Corona sah Nicolochus schmunzeln, als er zurückkam. "Domina, Corona. Der Herr empfielt ihnen Vergil. Anscheinend glaubt er, sie wollten diese Schundlektüre lesen." sagte der Sklave zu ihr. "Nicolochus, ich hab Vergil schon mit 14 gelesen." sagte sie und konnte gar nicht anders, als kurz schallend zu lachen. Der Gedanke war einfach zu belustigend. "Ferner lud sie der andere Herr ein, doch näher zu kommen, damit der tresvir capitalis mit Flavius Piso dir dies ausführlich erklären kann. Er ist sich sicher, dass dieser Herr ihnen alle Fragen beantworten wird."


    Irritiert sah Corona den Griechen an und folgte ihm dann doch zu den Herren, in deren Gesichter die Flammen unheimliche Schatten hinterließen. "Wonga, komm!" sagte sie zu dem dunkelhäutigen Sklaven, denn Centho ihr mitgegeben hatte, um auf sie aufzupassen. "Centho will, dass du auf mich aufpasst! Das kannst du von dort aus nicht!"


    "Darf ich die Herren mit, Domina Iulia Corona bekannt machen?" fragte der griechische Sklave höflichst. "Salvete. - Es ist mir eine Ehre, die Herren. Ich habe bislang nur von Bücherverbrennungen gehört. Es ist in der Tat die erste, die ich sehen darf."

  • Gerade dachte sich der Flavier, wie schön es wäre, würde man ihn nun in Ruhe lassen und seine Seelenpein alleine ausbaden lassen, da musste unbedingt doch noch Corvinus einen Kommentar dazu einwerfen. Piso blickte mit einem gewissen Maß an Panik zum Aurelier hin. Grinste ihn der Kerl tatsächlich an. Das Gesicht des Mannes schaute aus wie ein aus Stroh und Fäden geflochtenes Ziel für einen gezielten Faustschlag. Nur mit Müh und Not konnte sich Piso davon abhalten, dem Mann nicht auch einen zu verpassen, auch wenn er sich durch dieses dumme Grinsen einen verdient hätte! Leider hatte Piso eine butterweiche Faust, und so würde er nicht einmal seinen Zorn dadurch passend Ausdruck verleihen. So schenkte er dem Aurelius nur einen Gesichtsausdruck, der Verachtung ausdrückte. Nichts weiter.
    Er konnte auch nicht, denn in diesem Augenblick eilte schon der Sklave fort, bevor Piso ihn, was er am Liebsten gemacht hätte, am Kragen gepackt und mit seinem ganzen Grant ins Feuer gehaut hätte.
    Wortlos starrte er ins Feuer, als er plötzlich wieder die selbe nervige Stimme neben sich hörte. Er drehte sich wieder unwillig in die Richtung, aus der sie kam, und das erste, was er sah, war ein riesiger schwarzer Teufel, dem die mangelnde Intelligenz wie ins Gesicht geschnitten schien. Piso bekam einen ernsthaften Schrecken, versuchte aber, sich so wenig wie möglich davon anmerken zu lassen. Was für ein Kalb von einem Mann!
    Dann fiel sein Blick auf die iulische angekündigte Dame, und – was ihn erstaunte – er kannte sie! Sie war damals mit Centho auf dem Essen bei den Aeliern gewesen. Piso hatte dabei nicht viel geredet, ihm war nicht danach gewesen. Wie überhaupt zu nicht allzu viel in letzter Zeit. Er hatte nicht einmal seine Lyra anrühren wollen.
    Nun aber zwang er sich zu einem Lächeln. “Ah, salve, Iulia Corona! Wir kennen uns schon, nicht war? Kannst du dich erinnern? Ich bin Aulus Flavius Piso, von der Cena bei den Aeliern. Wie nett, dich wieder zu sehen.“ Nett, schüttel. Wieso ließ man ihn einfach nicht gehen. Er blickte zu dem lichterloh brennenden Bücherstapel hin, als Corona sich darüber ausließ, wie spannend und super und so weiter. Piso selber konnte nichts so Außergewöhnliches finden. Vielleicht, weil er schon lange kein Landei mehr war.
    “Ja, es ist... ein Feuer. Feuer sind immer nett, nicht wahr?“, brachte er heraus und lächelte leicht gehaltlos. Besonders aufnahmefähige Menschen konnten wohl leicht feststellen, dass dies hier der allerletzte Ort in Rom war, wo sich Piso zur Zeit aufhalten wollte – was, da er nun hier war und auch nicht wegkam, unangenehm war.

  • Corona lächelte Piso charmant an. "Hätte ich gewusst, wer hier steht, hätte ich bestimmt nicht Nicocholus umher geschickt. - Der hat ohnehin wieder die Hälfte so umformuliert, dass ich wirke wie ein naives Dummchen." sagte sie freundlich zum Flavier. "Natürlich erinnere ich mich an die Cena bei den Aeliern. Centho hat mich ja... sehr schnell überreden können mitzukommen, weil die Alternative ein Abend gemeinsam mit meiner Mutter in der Casa gewesen wäre. - Ich hoffe, ich störe die Herren nicht bei irgendwelchen äußerst wichtigen Gesprächen an diesem Feuer." fuhr sie fort, währen dder griechische Sklave neben ihr sich räusperte.


    Corona ignorierte ihn allerdings, weil sie genau wusste, was ihr "Erbstück" irgendeinen eloquenten Beitrag darüber abgeben wollte, von wegen, dass er ihre Aussagen ein wenig damenhafter hatte wirken lassen wollen. Nun, da sie aber zweifellos selbstbewusst und charmant zu gleich bei den Herren direkt neben dem Feuer der Bücherverbrennung stand, wollte sie seine Worte nicht vernehmen.


    "Wie viele schöne Gedichte und Geschichten hätte man auf dieses Schreibmaterial bannen können." meinte sie mit einem Seufzen und blickte dann die anderen Männer an, in der Hoffnung, sie würden sich vorstellen oder zumindest vorgestellt werden.

  • Ein Sklave hatte mich als den Ädilen Marcus Aurelius Corvinus vorgestellt, gleich nachdem die junge Iuliern zu uns gestoßen und ihrerseits vorgestellt worden war. Es gehörte sich so, und ich musste meinem nomenclator nicht erst zunicken, damit dieser diese Regel der Höchlichkeit einhielt. Der Blick des Flaviers mutete säuerlich an, was mir meinerseits nur noch mehr Schwierigkeiten verursachte, das Schmunzeln zurückzuhalten. Er schien sich nicht allzu wohl zu fühlen in seiner Haut, und ich beschloss, das zu tun, was ihm - nun nach meiner Einladung der Dame - nicht mehr so einfach möglich war, ohne unhöflich zu wirken.


    Ich warf einen demonstrativen Blick auf das Feuer, in dem sich Papyrus und Pergament wellten und mit schwarzen Ecken vor sich hin kokelten, dann räusperte ich mich. "Nun denn, ich glaube, meine Anwesenheit hier ist nicht länger vonnöten. Iulia, es war nett, dich kennenzulernen. Purgitius, Flavius. Ich verabschiede mich." Jeder der drei erntete ein Nicken zum Gruße, das letzte galt meinem Anhang, der sich gemeinsam mit mir wieder in Bewegung setzte. Auf zum nächsten Termin.

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