Steuerbefreiung für Senatoren

  • Livianus hatte sich heute auf die Rednerliste setzen lassen. Als er an der Reihe war, erhob er sich und richtete das Wort an den Senat.


    "Geschätzter Consul, Geschätzte Kollegen des Senats!


    Wie euch allen bestimmt nicht fremd sein dürfte, hat der verstorbene Kaiser Iulianus vor einigen Jahren, um genau zu sein per ANTE DIEM X KAL OCT DCCCLV A.U.C., mittels Decretum Imperatoris den Mitgliedern aller patrizischen Familien Steuerfreiheit gewährt. Ich möchte hiermit den Vorschlag zur Diskussion stellen, ein Gesuch an den Kaiser zu richten, um diese Steuerbefreiung auch auf alle Mitglieder des Senats zu erweitern."

  • Modestus, nun amtierender Praetor Urbanus, hielt wenig von dem Vorschlag des Decimers. Natürlich war dies an sich ein interessantes Thema, denn wer bezahlte schon gerne Abgaben? Sicherlich kaum einer der plebejischen Senatoren, aber der Versuch des Decimers war doch zu plump und es fehlte auch an wirklichen Argumenten dafür. Wollte der Decimer sich mit solch populären Wunschträumen im Senat beliebt machen?


    Selbst wenn der Senat zustimmte, was würde daraus resultieren? Ein Brief an den Princeps mit der Bitte einigen der reichsten Männer des Reichs doch einfach so die Steuern zu erlassen? Warum sollte der Princeps so enorme Steuerausfälle einfach so hinnehmen? Das würde nicht nur den Senat lachhaft sondern den Princeps womöglich ungehalten machen, woran Modestus keinesfalls Interesse hatte, denn er strebte den Posten eines kaiserlichen Statthalters an.


    Und wie würde ein solcher Entschluss überhaupt auf die Bevölkerung Roms wirken? Ihre Meinung war Modestus zwar gänzlich egal, aber er lies sich nur ungern auf offener Straße mit Pflastersteinen bewerfen, was fast schon ein Sport für unzufriedene Römer war.


    Einen solchen Vorschlag musste man einbringen, wenn der Stuhl des Princeps noch nicht fest stand oder schon am wackeln war, aber das war derzeit nicht der Fall. Denn obschon er krank in Misenum weilte, hatte er durch den Vescularier und seinen prudentischen Praefectus Praetorio immer noch alle Fäden in der Hand. Nein, aus dieser Sache würde zu dieser Zeit nichts Gutes erwachsen. Daher sah er mit gespielter Langeweile zu einigen anderen wichtigen Männern hinüber, um ihre Meinung abschätzen zu können.

  • Livianus setzte sich wieder und wartete gespannt auf die ersten Wortmeldungen. Die Diskussion hatte nun der Consul zu leiten, schließlich wurde vom Decimer keinen Antrag eingebracht sondern er wollte lediglich die Meinung der anderen Senatsmitglieder zu diesem Thema hören. Aus diesem Grund hatte er es auch absichtlich vermieden Argumente für oder gegen ein solches Gesuch vorzubringen oder lange Reden zu halten. Die Patrizier hatten damals vermutlich auch nicht lange herumgeredet und den Kaiser recht rasch von dieser ungewöhnlichen Befreiung überzeugt und zogen bis heute ihren Nutzen daraus.


    Bestimmt gab es aber auch wieder den einen oder anderen in dieser Runde, der Livianus sofort einen Strick aus der Sache drehen wollte. Doch der Decimer war gelassen. Was konnte nach dieser Wahlniederlage gegen Furianus und den Verriss der Gens in der Acta noch groß passieren. Zumindest konnte man ihn nicht vorwerfen, dass er nichts in den Senat einbrachte sondern nur zu den sporadischen Themen anderer sein Maul aufriss.

  • "Senator Decimus, ich honoriere die vielen Stunden der Vorbereitung und die Mühen die du auf dich genommen hast, um diesen ausführlichen und ausformulierten Antrag einbringen zu können. Doch von welchen Argumenten, glaubst du, lässt sich der Princeps von deiner ... Idee überzeugen?"


    fragte Modestus nun, denn als Einrbinger dieses Plans hatte der Decimer schließlich auch die Verpflichtung seine Umsetzung zu umreisen. Nicht das Modestus glaubte, dass dem Decimer etwas stichhaltiges einfallen würde, aber das dessen Problem. Erwartungsvoll und mit einem leicht spöttischen Lächeln sah er nun den Decimer an.

  • Livianus erhob sich erneut.


    "Mein verehrter Annaeus. Nicht jeder Diskussion muss ein Antrag zu Grunde liegen, um dir die Gepflogenheiten im Senat noch einmal kurz in Erinnerung zu rufen. Genau so ist es auch in diesem Fall. Ich wollte einfach nur eure geschätzten Meinungen zu diesem Thema hören.


    Ob danach ein Antrag daraus entsteht oder nicht, werden wir sehen wenn wir an diesem Punkt angelangt sind. Ich persönlich habe mir einfach die Frage gestellt, was uns Senatoren von den Patriziern derart unterscheidet, dass es solche markanten Unterschiede bei der Besteuerung gibt und diese Frage würde ich auch gerne euch stellen."

  • Er hatte vor einigen Jahren einen ähnlichen Vorschlag eingebracht und war natürlich nach wie vor dafür. Dem Volk wurde dieser Vorschlag nicht gefallen, aber was kümmerte ihn den Pöbel.


    "Ich unterstützte diesen Antrag, sehe aber nicht ein, weshalb wir eine Petition an den Imperator richten sollten, der Senat kann selber ein Dekret beschliessen, welches ihm die Steuerfreiheit gewährt.“


    Zuerst wollte er noch ergänzen, dass diese Steuerbefreiung nur für Senatoren ab prätorischen Ranges gelten sollte, hielt sich dann aber zurück.


    „Wir, die Senatoren, sind nach der kaiserlichen Familie der wichtigste Gesellschaftskreis Roms, wir besetzten die höchsten zivilen, geistlichen und militärischen Ämter, wir opfern uns zum Wohle Roms und haben es verdient von der Steuer befreit zu werden.“

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    DOMINUS FACTIONIS - FACTIO PURPUREA

    SODALIS MAIOR - GERMANITAS QUADRIVII

    Stadtpatron - Tarraco

  • Wäre Macers Gedächtnis besser gewesen, hätte er sich sicher daran erinnern können, dass es einen solchen Antrag schon einmal gab und welche Argumente dabei von welcher Seite vorgebracht wurden. So konnte er aber nur das anführen, was ihm als erstes einfiel. "Ein interessanter Vorschlag, Decimus Livianus. Ein paar Sesterzen mehr in der Truhe würden auch mich freuen. Aus meiner Tätigkeit als Curator Aquarum, der öffentliche Gelder ausgibt, weiß ich allerdings auch, dass die Staatskasse sich ebenso über ein paar Münzen mehr freut. Daher frage ich dich, woher wir das Geld nehmen sollen, das wir dann nicht mehr zahlen. Wie du sicher unter allen Anwesenden hier mit am besten weißt, war der Krieg in Parthia alles andere als ertragreich, so dass wir leider keine Beute zum Verteilen haben." Das war schließlich immer noch das einfachste Mittel gewesen, an neues Geld zu kommen. Aber diese Zeiten war wohl leider schon lange vorbei.

  • "Ich glaube das römische Reich hat mittlerweile eine Größe erreicht, bei der wir uns diesen Sonderstatus durchaus leisten können. Wir reden hier von 600 Senatoren, die teilweise sogar ehrenamtlich, also unentgeltlich, im Cursus Honorum tätig sind. Den Patriziern hingegen, die diese Steuerbefreiung bereits seit Jahren genießen, steht es frei sich um Posten und Ämter zu bemühen und einer gutbezahlten Tätigkeit nachzugehen. Du hast es selbst bis zur Praetur geschafft Senator Macer. Ich muss dir also gewiss nicht erzählen wie Kostspielig so ein Jahr als römischer Magistratus werden kann.


    Und ich kann mir nicht vorstellen, dass die Finanzlage unseres Reiches derart düster aussieht, dass 600 steuerbefreite Senatoren unter den vielen Millionen Einwohnern die unser Reich mittlerweile umfasst, derart ins Gewicht fallen werden. Eine solche Finanznotlage wäre dem Senat bestimmt bekannt."

  • Macer fand, dass Livianus seine Frage nicht im geringsten beantwortet hatte und war darüber nicht erfreut. "Decimus Livianus, ich möchte nicht glauben, dass du so wenig Ahnung von Buchhaltung hast, wie du gerade darstellst. Wenn es tatsächlich so wäre, dass die Staatskasse jedes Jahr so viele Mehreinnahmen hat, dass eine generelle Steuerentlastung für Senatoren nicht ins Gewicht fällt, dann frage ich dich, was mit diesem Geld denn gemacht wurde? Du wirst uns nicht erzählen wollen, dass das Geld einfach liegengelassen wurde, weil niemand eine Idee hatte, wofür man es ausgeben könnte! Man hätte Tempel davon bauen können. Man hätte Legionen davon ausheben können. Man hätte Straßen und Aquädukte davon bauen können. All dies wurde nicht getan. Es müsste demnach also irgendwo ein riesiger Berg Geld einfach nutzlos herumliegen. Das wäre toll!" Macers Augen strahlten und das war nicht einmal gespielt. Er würde sich wirklich wahnsinnig freuen, wenn urplötzlich Geld da war, über das der Senat frei verfügen konnte. "Aber ich glaube nicht an diesen Berg voll Geld. Du weißt genauso gut wie ich, dass wir Senatoren über zum Teil erhebliche Vermögen verfügen und zum Teil erheblichen Landbesitz, der ebenfalls erhebliche Erträge abwirft. Es wird nicht wenig Geld sein, was dadurch weniger in die Staatskasse kommt. Und irgendwo wird dieses Geld fehlen. Und ich möchte von dir wissen, wie du mit dieser Lücke umgehen wirst, selbst wenn sie klein ist. Selbst wenn es nur ein einziges As wäre, würde dir jeder Kaufmann an der Ecke sagen, dass es ein schlechtes Jahr war, wenn er ein As weniger bekommen hat als er ausgegeben hat."

  • "Du willst mir also weismachen, dass du während deiner Amtszeit als Legatus Augusti der Provinz Germania jedes As ausgegeben hast bis die Provinzkassen leer waren? Ich bitte dich. Zeige mir einen Mann mit halbwegs gutem Geschäftssinn, der keinen Gewinn macht und sich Rücklagen für schlechte Zeiten erwirtschaftet.


    Andererseits hast du uns damit eben selbst den besten Vorschlag geliefert, woher dieses fehlende Geld kommen soll. Vielleicht sollte man die Verschwendungssucht so mancher Statthalter besser im Auge behalten. Die unzähligen Statuen und Prunkbauwerke die zu ihren Ehren errichtet werden oder die unnötigen Unsummen an Geld, von denen sie der Meinung sind, sie aus dem Fenster werfen zu müssen, nur weil sie vorhanden sind."


    Dann wandte sich Livianus wieder an den restlichen Senat.


    "Würde es tatsächlich derart schlecht um unsere Staatskasse stehen, wie Senator Macer es uns weismachen möchte, dann könnten wir uns mit Recht fragen, warum man den Patriziern nach wie vor diese Steuerfreiheit gewährt. Immerhin sitzen viele von ihnen ebenfalls auf hochrangigen Posten oder haben stattliche Ländereien in ihren Besitz.


    Selbst hier in unseren Reihen. Ich muss also meine Aussage von vorhin revidieren. Es betrifft nicht einmal 600 Senatoren, denn fast die Hälfte von euch profitieren bereits durch ihre Herkunft von dieser Steuerbefreiung. Selbst einige plebejischen Senatoren, wie unser geschätzter Senator Macer hier…."


    Dabei deutete Livianus auf Macer.


    "…. profitieren bereits indirekt davon, da sie mit einer Patrizierin verheiratet sind und auf diese Art und Weise in den Genuss der Steuervergünstigung kommen können. Ich kann mir also nicht vorstellen, dass es tatsächlich ein derart großes Loch in die Staatskasse reißen wird, wenn wir für Gleichberechtigung im Senat sorgen und auch die andere Hälfte der Senatorenschaft mit einer Steuerbefreiung würdigen."

  • Auch Tiberius Durus saß in den Reihen des Senates, als der Decimer wieder einmal einen Antrag einbrachte, der ihm mehr als fragwürdig erschien. Noch gut konnte er sich an den letzten Vorstoß eines plebejischen Senators in diese Richtung erinnern. Und wie Durus nur allzugut wusste, war der Vorschlag damals abgelehnt worden - aus gutem Grund. Daher beschloss er, ebenfalls für den Kaiser Partei zu ergreifen - oder vielmehr für sein Privileg, das er nicht ausgeweitet sehen wollte.


    Gestützt auf seinen Stock erhob er sich und setzte an:


    "Decimus, verehrte Senatoren,


    wie Du uns soeben erklärst, möchtest du also eine so langfristige Steuereinbuße wie die Steuerbefreiung für alle Senatoren mit Hilfe der Rücklagen in der Staatskasse decken, die - wie du selbst sagst - für schlechte Zeiten dienen sollen. Dieser Vorschlag erscheint mir mehr als fragwürdig.


    Als Begründung hingegen muss man - ohne respektlos erscheinen zu wollen - einen gewissen Neid heraushören: 'Die anderen haben ihn auch, andere genießen das Privileg indirekt!' - mit einer derartigen Begründung könnten wir auch den Ritterstand von den Steuern befreien, denn auch er besetzt höchste Posten, oder die römischen Bürger!


    Der Princeps verlieh dem Patriziat diese Steuerbefreiung aus Respekt vor unseren Ahnen, die diesen Staat aufgerichtet haben, denn genau hierdurch definiert sich ja unser Stand. Selbstverständlich können auch zahlreiche plebejische Senatorenfamilien auf einen stolzen Stammbaum zurückblicken, den ich auch nicht in Abrede stellen möchte. Doch letztendlich ist es doch Aufgabe des Princeps als Censor, zu entscheiden, welche Familie würdig ist, unter die Patricii aufgenommen zu werden. Natürlich kann ich dies leicht erklären, da ich selbst zu dieser Gesellschaftsschicht gehöre - doch möchte ich erinnern, dass es weder meine, noch die Entscheidung anderer Patrizier war, dass wir keine Steuern zahlen müssen.


    Im übrigen möchte ich an einen vormaligen Versuch erinnern, diese Steuerbefreiung auszuweiten. Er wurde mit großer Mehrheit von diesem Gremium abgelehnt."

  • Das sich gerade ein Patrizier bei diesem Thema zu Wort meldete, passte wie die Faust aufs Auge. Natürlich wollte sie ihre Privilegien mit aller Macht für sich behalten und Livianus hatte mit Gegenwehr aus diesem Lager bereits gerechnet.


    "Nun Senator Durus. Du magst vielleicht Neid aus meinen Worten hören. Ich hingegen würde das Gefühl welches mich dabei bewegt eher als Gerechtigkeitssinn beschreiben. Ich weiß dieses Gefühl ist nicht Jedermann geläufig und selbstverständlich ist mir auch bewusst, dass dein Stand alles daran setzen wird seine Privilegien für sich zu behalten. Doch wie du gerade eben selbst erklärtest - erarbeitet habt ihr sie euch nicht. Ganz im Gegenteil. Ihr seid lediglich die Nutznießer der Verdienste euerer Ahnen, die so groß sie auch wahren, bereits Jahrhunderte zurück liegen. Ihr solltet daher die letzten sein, die in dieser Angelegenheit heute das große Wort führen.


    Wir, die Senatoren von Heute sind es, die sich aktuell Verdienste um das Reich machen, diesen Staat aufrecht erhalten und die es Wohl weitaus mehr verdient hätten ein solches Privileg zu erhalten, als die Nachkommen jahrhunderte zurückliegender großer Männer, die ohnehin schon durch ihren herausgehobenen Stand als Patrizier ein besonderes Privileg besitzen. Welcher Verdienst ist es mit diesem oder jenem Namen auf die Welt zu kommen?


    Und ich möchte dich daran erinnern, das es vielleicht die Entscheidung des Kaisers war euch die Steuern zu erlassen, in diesem Punkt hast du Recht, doch wissen wir auch alle, dass sehr wohl ein Zusammenschluss patrizischer Patres den Anstoß dazu gab und den Kaiser um dieses Privileg für sie und ihre Nachkommen gebeten haben.


    Und sollte es tatsächlich ein so großes finanzielles Problem sein die Steuerbefreiung für Senatoren zu verwirklichen so gäbe es eine ganz einfache Lösung. Schaffen wir die Steuerfreiheit für die Patrizier ab und geben wir sie denen, die es sich Aufgrund ihrer aktuellen Taten und Opfer und nicht lediglich des Namens wegen verdient haben."

  • Interessiert lauschte ich der Debatte, war dieses Thema doch schon öfter Inhalt solcher Sitzungen.
    Man musste Livianus schon bewundern, dass er sich so allein gegen die breite Front der Patrizier stellte, gerade jetzt, da er doch die Wahl zum Consul verloren hatte.


    Ich jedoch hätte ihn gerne als Consul gesehen und als Plebeiier stand ich auf und verkündete laut


    "Ich unterstütze den Antrag des Senator Decimus!"


    Mal sehen, wer sich jetzt zu uns stellte oder wieder einfach nur der Masse folgte....

  • Offenbar hatte Livianus nur darauf gewartet, dass sich ein Patrizier zu Wort meldete. Doch dies erzeugte bei ihm auch wieder ein gewisses Unverständnis: War diese Debatte angestoßen worden, um einen öffentlichen Bruch zwischen Livianus und den patrizischen Senatoren zu zelebrieren? Wollte Livianus sich etwa popularen Politikern wie Germanicus Avarus anbiedern?


    Wenn er hoffte, so doch noch das Consulat zu erringen, würde es wohl schwierig werden, denn wohl ein Drittel aller Senatoren waren Patrizier - wenn man eine so große Gruppe gegen sich aufbrachte, würde er kaum mehr eine Chance im politischen Leben haben! Oder war genau das sein Ziel? Wollte er hier mit fliegenden Fahnen untergehen?


    Auch wenn Vinicius Lucianus den Antrag unterstützte, meldete Durus sich noch einmal zu Wort:


    "Wenn es keine Rolle spielen würde, wessen Nachkomme man ist, wessen Blut in den Adern eines Mannes fließt, so bräuchten wir keine Richtlinien, die es nur Nachkommen von Senatoren gestattet, ihrerseits in den Senat zu gelangen, sondern könnten jeden beliebigen Emporkömmling, vielleicht auch einen freigelassenen Sklaven zum Consul werden lassen! Dann wäre die Thronfolgeregelung des Kaisers absurd, denn was würde ihn dann gegenüber jedem anderen jungen Mann auszeichnen, wenn nicht die Abkunft von einem Kaiser?


    Und wie kannst du es überhaupt wagen, die Taten der Ahnen, die diesen Staat errichtet haben, kleinzureden und mit den unsrigen zu vergleichen? War es nicht ein Patrizier, der die Könige vertrieb? Errichteten nicht die Patrizier die Staatsordnung, die wir bis heute haben? Und verteidigten nicht Cornelii, Aemilii, und wie sie alle heißen, unser Reich und weiteten es aus zu dieser Größe, dank der wir hier in Ruhe sitzen können? Wer von uns kann sich mit ihnen messen? Wer von uns ist je einem so gefährlichen Feind Roms gegenübergestanden wie Scipio Africanus? Wer so große Landstriche erobert wie Iulius Augustus?


    Ihre Taten strahlen auf uns ab, auf alle Diener des Staates, doch besonders auf ihre Nachkommen, die ihr Andenken pflegen und in deren Venen ihr Blut fließt. Meine Taten und die meiner Ahnen sind beileibe nicht so groß wie die jener strahlendsten Vorbilder, doch scheint der göttliche Iulianus sie offenbar so anerkannt zu haben, dass er in seiner Gnade meine Familie in den Stand der Patrizier erhob, ebenso wie er es bei vielen anderen Familien tat.


    Und so fühle auch ich mich besonders verpflichtet, dem Staat zu dienen und das Andenken meiner verblichenen Standesgenossen zu ehren, die diesen Staat gebaut haben. Deshalb wirst du kaum einen Patrizier finden, der nicht mindestens einem Priestercollegium angehört, doch viele, die sich dem Cursus Honorum widmen. Denn nicht nur der Ruhm, sondern auch die Bürde der Ahnen strahlt auf ihre Nachkommen ab.


    Ich möchte mich und meinen Stand nicht über euch stellen, denn es gibt zahlreiche ehrbare plebejische Familien, deren Ahnen sich mit den meinen messen können, doch verbitte ich mir die Unterstellung, die Patrizier würden völlig willkürlich gewisse Privilegien besitzen oder würden sich auf den Taten ihrer Ahnen ausruhen.


    Ob alle patrizischen Familien würdiger sind als alle plebejischen, kann ich nicht bemessen. Doch ich bin sicher, dass es auch unter der Gesamtzahl aller Senatoren solche gibt, die würdig wären, und solche, die unwürdig sind, denn als Abkömmling eines Senators ist es wohl kaum eine große Leistung, die Quaestur hinter sich zu bringen. Es wäre daher meines Erachtens nach nicht viel gerechter oder legitimer, allen Senatoren die Steuerbefreiung zu gewähren, als dies nur für die Patrizier zu tun.


    Letzten Endes halte ich diese Debatte jedoch ohnehin für obsolet, denn der Kaiser hat dieses Recht geschaffen und so würde ich es auch ihm überlassen, das Recht abzuschaffen oder auszuweiten. Wenn der Senat sich jedenfalls selbst pauschal eine Steuerbefreiung gibt, so wird dies kein sehr gutes Bild auf uns alle werfen.


    So würde ich alles beim alten belassen und dir raten: Wenn du mich und meine Familie als unwürdig erachtest und dich und die Deinen für würdig, so gehe zum Kaiser und fordere von ihm, meine Familie aus dem Patrizierstand auszuschließen und die deine aufzunehmen. Denn auch ich bin der Meinung, dass eine Patrizierfamilie, die sich ihrer Ahnen nicht als würdig erweist, ausgeschlossen wird und eine Familie, die eine lange und hervorragende Tradition im Staatsdienst besitzt, auch zu Patriziern gemacht wird."

  • Sedulus lächelte. Er mochte den alten Durus inzwischen so richtig. Gerade wenn er von wegen Patrizier und Ahnen anfing. So erhob sich Sedulus und meinte prompt.


    Bitte berichtige mich werter Senator Tiberius Durus wenn ich mich irre. Doch deine Familie gehört doch noch gar nicht so lange dem Ordo der Patrizier an als dass du groß von deinen Ahnen sprechen könntest die es verdient hätten von den Steuern befreit zu werden. Bei den Claudiern, Aureliern, Flaviern und all den anderen patrizischen Familien lass ich es mir ja noch angehen, aber verzeih mir, bei den Tiberiern? Wieviele Tiberier haben denn Großes vollbracht in den letzten hundert Jahren?


    Sedulus zuckte mit den Schultern und blickte fragend in die Runde.

  • Livianus hob beschwichtigend die Hände, denn sein ursprüngliches Ansinnen an den Senat schien bereits in Vergessenheit geraten zu sein.


    "Senatoren! Selbstverständlich stellt keiner die außerordentlichen Leistungen der ersten Bürger Roms in Frage und wenn ihr euch erinnert, so war mein ursprüngliches Ansinnen an euch ja lediglich der Vorschlag, dem Kaiser im Namen des Senats ein Gesuch zu schicken, um diese Steuerbefreiung auch auf alle Mitglieder des Senats zu erweitern. Nicht mehr und nicht weniger. Ich möchte weder die prinzipielle Abschaffung der Steuerprivilegien, noch möchte ich eine alleinige Entscheidung des Senats zu diesem Thema. Unsere Gemüter sollten sich daher wieder beruhigen und wir sollten uns einzig und alleine über diesen Vorschlag einig werden. Die letztliche Entscheidung darüber, wird ohnehin der Kaiser selbst treffen. Darauf haben weder die Patrizier, noch die Plebejer Einfluss und wir würden damit nichts tun, was nicht auch die Patres der patrizischen Gentes bereits vor einigen Jahren getan haben. Daran ist also nichts verwerfliches."

  • "Senator Decimus Livianus, ich finde es schon erstaunlich, dass du mir mangelnden Geschäftssinn vorwirfst, weil ich möglicherweise in Germania keine Rücklagen gebildet habe und gleichzeitig selber anscheinend nur Notlage oder Überfluss kennst. Ein Mann, zu dessen aktivem Wortschatz in einer Finanzdebatte ganz offenbar nicht das Wort 'maßvoll' gehört, sollte etwas vorsichtiger in seinen Finanzratschlägen sein", antwortete Macer, der die Rhetorik seines Senatskollegen doch etwas einseitig fand. "In deinen Augen gibt es also anscheinend nur den Fall, dass Geld im Überfluss da ist, so dass wir die Steuern senken können, oder dass wir eine Notlage haben, in der wir Steuern erhöhen sollten. Den Fall, dass man mit dem Geld das man hat gerade gut auskommt und man deshalb an den Steuern gar nicht herumzufummeln braucht, scheint dir unbekannt zu sein. Aber anscheinend geht es dir ja auch gar nicht um die Staatseinnahmen oder -ausgaben, sondern nur um gefühlte Gerechtigkeit unter den Senatoren. Daher beantrage ich, dass wir den Kaiser genau darum bitten, indem er entweder den plebeischen Senatoren die Steuern erlässt oder patrizische Senatoren auch wieder Steuern zahlen müssen. Anschließend erbitten wir dasselbe für Staboffiziere. Anschließend für Priester der Kollegien. Danach für Statthalter und dann für Curatoren. Habe ich jemanden vergessen?"

  • "Deine Übertreibungen sind unnötig nicht zielführend Senator! Du könntest uns auch anbieten, dass wir unser Geld ebenfalls von deiner Gemahlin verwalten lassen. Dann könnten wir uns das Schreiben an den Kaiser ebenso sparen."


    Livianus schüttelte verärgert den Kopf und wandte sich wieder an die restliche Senatorenschaft. Nachdem der Consul bisher nicht eingegriffen hatte, versuchte Livianus die Sitzung nicht aus dem Ruder laufen zu lassen.


    "Lasst uns also bitte wieder zurück zum eigentlichen Grund dieser Diskussion kommen. Ich wiederhole es gerne noch einmal. Es geht hier lediglich um ein vom Senat verfasstes Schreiben an den Kaiser mit der bitte um Steuerbefreiung für alle plebejischen Senatoren. Daran wird es doch wohl nicht scheitern? Wir werden uns weder das Privileg der Steuerbefreiung selbst bestätigen noch wollen wir dieses Privileg für den Stand der Patrizier abschaffen."

  • Zitat

    Original von Quintus Germanicus Sedulus


    "Hättest du mir zugehört, wäre dir aufgefallen, dass ich das erwähnt habe, junger Germanicus."


    meinte Durus mit einer genervten Miene. Irgendwie war es immer Sedulus, der nicht zuhörte und dann sticheln wollte - was bei einem Jungsenator gegenüber einem Consular wohl mehr als eine Unverschämtheit war!


    Zitat

    Original von Marcus Decimus Livianus


    "Decimus, es steht dir doch auch frei, eine Patrizierin zu ehelichen! Und wie es aussieht, besitzt der Senat die Vernunft, keine unverschämten Forderungen an den Kaiser und die Staatskasse, die aus den Abgaben tausender hart dafür arbeitender Römer gespeist wird, zu stellen."


    Durus nervte auch diese Angelegenheit langsam. Es gab kein Argument außer den Neid des Decimers gegenüber den Patriziern - was nicht einmal die plebejischen Senatoren überzeugen konnte, wie es glücklicherweise schien.

  • Livianus war von Anfang an klar, dass er auf eine breite Front des Widerstandes stoßen würde. Dennoch hatte ihm die bisherige Diskussion auch gezeigt, dass er durchaus den einen oder anderen einflussreichen Befürworter für seinen Vorschlag finden konnte. Die Meinung der beiden Consularen Vinicius Lucianus und Matinius Agrippa hatten bestimmt auch Einfluss auf andere. Es lockerte auch wieder die angespannte Geisteshaltung des Decimers und so ließ er sich sogar zu einem breiten Lächeln in Richtung Durus hinreißen.


    "Nun Senator Tiberius. Wenn dies ein Angebot war in die Gens Tiberia einzuheiraten, so können wir uns gerne nach dieser Sitzung noch einmal darüber unterhalten. Ich bin gerne für Gespräche bereit."


    Dann wandte er sich wieder an den restlichen Senat und versuchte einen anderen Weg.


    "Vorerst möchte ich jedoch noch hören, wer außer den Consularen Vinicius Lucianus und Matinius Agrippa noch bereit wäre ein Schreiben an den Kaiser mit ihrem Namen zu unterstützen. Ein offizielles Schreiben des Senats wäre mir natürlich lieber, aber niemand sagt, das es nicht auch ein Zusammenschluss einzelner Senatoren sein kann, der dem Kaiser eine solche Bitte unterbreitet."


    Die Patrizier hatten es damals nicht anders gemacht.

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