Eine schlaflose Nacht lag hinter Prisca, Stunden des Grübelns, die zu keinem rechten Ergebnis führen wollten. Wenigstens hatte Flora es geschafft sie vor dem Zubettgehen noch ein wenig zu trösten und dieser Beistand hatte Prisca wirklich sehr geholfen. Doch das änderte nichts an der Tatsache, dass sie spätestens am Morgen danach mit Marcus über den "Vorfall im Garten" reden müsste. Seltsam nur, dass er nicht gleich zu mir gekommen ist. Hm?! Wahrscheinlich hat ihn das Geschäftliche gestern noch zu sehr in Anspruch genommen und dann war ja die ganze Zeit Flora bei mir ...und was ist mit Piso? Mein Onkel wird ihm doch hoffentlich nichts angetan haben? … Ob er immer noch so aufgebracht ist wegen dem Kuss, dass er am Ende gar nicht mit mir reden will? Fragen über Fragen gingen in Priscas Kopf herum bis sie es in ihrem Zimmer nicht mehr aushielt.
Es war noch sehr früh und die eigentlich sollten um diese Zeit noch alle schlafen. Alle außer Prisca, was sehr zum Verdruss der Sklavinnen war die vorübergehend ihren Schlaf unterbrechen mussten, um ihrer Herrin beim Waschen und Ankleiden zu helfen. Lange dauerte es allerdings nicht bis sie wieder entlassen waren, da Prisca heute die Wahl des Kleides eher zur Nebensache erklärte und auch auf das Herrichten der Haare legte sie, zu so früher Stunde, noch keinen besonderen Wert. Eine einfacher Haarknoten und ein Haarnetz - das musste genügen.
Anschließend streifte Prisca alleine und eher ziellos durch die Hallen und Gänge der villa, bis sie schließlich das peristylium erreichte. Es war absolut still und die villa wirkte wie verlassen. Im Licht des frühen Morgens lagen weite Teile des Säulengangs im Halbdunkeln, da nur wenige Feuerbecken um diese Zeit noch hell brannten. Prisca fröstelte und sie zog den Schal noch ein wenig enger um die Schultern, während sie langsam den Wandelgang entlang schritt. Ihre Augen waren gedankenverloren nach vorne gerichtet und blickten irgendwo ins Leere, sodass Prisca gar nicht recht wahr nahm wohin sie eigentlich ging. Zum Glück war es keine Säule auf die sie schließlich stieß, sondern eher ein weicher Gegenstand. Gegenstand? Nein es war eine Person, die wie aus dem Nichts vor ihr erschienen war.
Prisca stieß einen leisen Seufzer aus und sah blinzelnd nach oben. "M ..Marcus .. Du..hier? …" Die Aurelia war völlig überrascht und irritiert, so als wäre sie gerade eben aus einem tiefen Schlaf erwacht. Nur langsam konnte sie ihre Gedanken soweit wieder sammeln um zu realisieren, dass da ihr Onkel leibhaftig vor ihr stand. So früh schon?! Darauf war sie nun gar nicht vorbereitet. "Guten Morgen,… Ich, … ehm, ich wollte gerade ...mmh", brachte Prisca noch hervor, ehe sie dann verunsichert den Blick vor ihm senkte und verzweifelt nach irgendwelchen Ausflüchten suchte ...