Noch während Macro sprach geschah etwas seltsames mit oder besser gesagt in mir. Mir fröstelte es, es war als wenn eine eisige Hand nach mir griff. Was hatte ich getan? Ich hatte es doch nur gut gemeint, doch ich spürte ich hatte damit etwas kaputt gemacht. Den, den ich wirklich mochte, schätzte, mit dem ich gerne befreundet war, hatte ich verletzt, vertrieben.
Entsetzt öffnete ich die Augen, sah wie Macro sich umdrehte und zum Gehen ansetzte. „Macro, bitte bleib“, kam von meiner Seite in einer extrem hohen Stimmlage. Schon stand ich schwankend neben meinem Bett. „Morrigan bitte halt ihn auf, hilf mir. Ich habe es doch nur gut gemeint, ….wollte dir ehrlich helfen.“ Der Rest des Satzes kam nur noch flüsternd über meine Lippen.
„Ich muss ihm hinterher, ihm alles erklären.“ Zu mir selber sprechend starrte ich noch immer auf dem Punkt wo eben noch Macros Rücken war.
[Servitriciuum] Sklavenunterkünfte
-
-
Morrigan war wie vom Donner gerührt. Noch ehe de Worte ihr Hirn erreichten, hatten sie ihr Herz erreicht und es kam wie es kommen musste ihre Augen füllten sich wieder mit Tränen.
Sie starrte auf die Tür, durch die Marco vor wenigen Augenblicken verschwunden war.
„Lass mich erst mit ihm reden", sagte sie wie geistesabwesend zu Linos bevor sie eilig hinter Marco herlief, nur wenige Schritte von dem Zimmer entfernt holte sie ihn ein.
„Marco bitte warte.“ Sie legte ihm die Hand auf den Arm. „Sei ihm nicht böse, er wollte nur helfen.“ Sie atmete tief durch und sprach leise mit gesenktem Blick weiter. „Weißt du ich habe mich sehr über deinen Brief gefreut.“ Sie wusste nicht so recht, wie sie sich ausdrücken sollte. „Du hast zum rechten Zeitpunkt geredet Marco.“ Sie wollte ihm Zeit geben Zeit nachzudenken, im Umdrehen sagte sie noch. „Es ist nicht so hoffnungslos, wie du vielleicht denkst.“
Morrigan ging zurück zu Linos.
„Lassen wir ihm Zeit. Wie geht es deinen Wunden?“ -
Es gab Momente, da setze der Verstand aus und nur Gefühle zählten noch. Macro befand sich in einer solchen Situation. Er fühlte sich seelisch nackt, enttäuscht, hilflos, fast schon panisch. Natürlich hörte er Linos und nahm auch dessen Schreck in der Stimme wahr, doch der Hinweis auf den guten Hintergedanken blieb ungehört, weil die Stimme wegbrach, während Macro hinauseilte. Scheuklappen schirmten nahezu alles von ihm ab. Kein noch so guter Hinweis, keine noch so klare und perfekte Erklärung wäre zu ihm durchgedrungen. Er brauchte Zeit, sich zu finden. Nichts brauchte er mehr als seine innere Sicherheit, und er glaubte, sie nur weit weg von diesem Zimmer finden zu können. Da kam Morrigans Bitte zu warten, nicht wirklich gelegen. Macro fühlte sich wie ein Mühlenrad, dass eine starke Hand stoppte, obwohl die Kraft des Wassers es zwang, sich eigentlich weiterzudrehen. Er verhielt trotzdem den Schritt, blickte sich aber nicht zu ihr um, sondern bemühte sich, ihren Worten zu folgen.
Schon möglich, dass Linos helfen wollte und diese Intension hätte Macro nicht einmal verwerflich gefunden. Aber nicht dazu zu stehen, sondern den anderen auflaufen zu lassen und feige zu sein, ließ viel eher den Schluss zu, Macro hereinlegen oder sich einen Spaß erlauben anstelle helfen zu wollen. Kannte er den einstigen Kameraden noch? Darüber musste er sich im Klaren werden, doch Morrigan sprach bereits weiter. Ihre leisen Worte tröpfelten behutsam, legten sich auf die Verletzung und linderten den Schmerz, auch wenn er nicht alles begriff, was sie sagte. Der Antrieb fortzulaufen, wurde kleiner, und als sie sich umwandte, gestattete sich Macro zum Durchatmen zu verweilen, bevor er gemäßigten Schrittes dem Atrium der Villa zustrebte. Alleinsein wollte er, wenn auch nicht mehr derartig dringend wie noch vorhin.
-
Während Morrigan Macro hinterher eilte, war ich zum Fußende meines Bettes gehüpft und stand immer noch lauschend da, als sie zurückkam.
Noch immer mit dem gerade geschehenen beschäftigt nahm ich Morrigans Frage nur am Rande war. „Ja geht so. Wo geht er hin? Kommt er zurück? Ich brauche unbedingt Krücken?“ Bei meinen Antworten starrte ich immer noch zur Türe. So als könnte ich mit meinem hinschauen Macro dort erscheinen lassen.
„Ich wusste doch, das der Große sich nie trauen würde.“
Resigniert murmelte ich noch den Satz, bevor ich mich enttäuscht auf das Bett setzte. -
„Er wird wiederkommen, keine Sorge. Er ist verletzt, enttäuscht… aber er wird bestimmt wiederkommen. Er braucht Zeit Linos. Ich werde dir Krücken besorgen, aber du ruhst dich erst mal aus.“ Sie drückte Linos wieder auf das Bett. Wie sehr hoffte sie, dass ihre Worte wahr werden würden. Sie mochte doch beide Linos und Marco. Es würde sie zerreißen, wenn sie sehen würde, dass die beiden sich … Nein gar nicht erst dran denken, es würde schon alles wieder gut werden. Liebevoll deckte sie Linos zu „Werd schnell gesund hörst du?“ Sie wuschelte ihm nochmal über den Kopf und verzog sich dann.
Draußen angekommen, widerstand sie dem Drang nach Marco zu suchen. Er würde Zeit brauchen, und sie würde ihm, auch wenn es ihr schwer fiel, die Zeit lassen. -
Obwohl von dem Wunsch, sich schnellstens zu entschuldigen getrieben, setzte Macro den ersten Schritt nur zögerlich in Linos' Zimmer. Er blieb stehen und lugte, ob Linos schlief oder bereit für ein Gespräch war. Das Räuspern fiel klein aus, konnte aber gehört werden.
-
Ich konnte es nicht fassen als ich morgens erwachte, die ganze Nacht hatte ich durch geschlafen. Nicht einmal war ich aufgewacht von Schmerzen. Bestimmt war das noch die Wirkung von dem scheußlichen Brei des Medicus.
Doch kaum war ich richtig wach, da kam mir das ganze Dilemma vom Vortag in den Sinn. Des Weiteren lag mir noch der Antritt bei Menecrates schwer im Magen, zumal ich noch immer nicht wusste welche Strafe mich erwartete. Doch vorher musste ich unbedingt noch mit Macro reden und mich bei ihm entschuldigen.
Als ich bei diesem Punkt meiner Überlegungen angekommen war hörte ich Schritte näher kommen. Es war eindeutig Macros Tritt. Schnell schloss ich wie bei einer Reflexbewegung meine Augen. Doch dann schalt ich mit mir selber, gerade wollte ich noch mit ihm reden und nun das schlafend stellen.
Ich holte noch einmal tief Luft und erwartete Macro. Schon hörte ich sein leises Räuspern. Mich aufrichtend schaute ich in seine Richtung. „Hallo Macro, gut das du kommst, ich muss unbedingt mit dir reden, denn ich möchte mich gerne“ nach diesen Worten machte ich eine kurze Pause, um noch einmal tief einzuatmen. „Nun ja um mich bei dir zu entschuldigen. Du musst mir glauben ich habe es nur gut gemeint und ich dachte ich würde dir, nein euch damit helfen. Ich habe ja auch nicht gelogen. An jedes Wort erinnere ich mich nicht mehr. Der Sinn von dem was ich schrieb war der gleiche, nur eben nicht ins allgemeine geschrieben sondern auf Morrigan bezogen, wie es ja auch dein ursprünglicher Gedanke war. Beim Schreiben habe ich doch bemerkt wie dich dein Mut verließ und du wieder alles abbiegen wolltest und ins allgemeine verfielst. Bitte entschuldige, ich wollte dir wirklich nur einen Freundesdienst erweisen. Wenn du nun glaubst ich hätte dich lächerlich machen wollen, so irrst du dich wirklich. Es gibt Menschen die mir wichtig sind und mit denen treibe ich keine Scherze. Du warst mir hier bei den Römern eigentlich der wichtigste Mann. Wie ich bist gestern glaubte, mein einziger Freund. Es wäre entsetzlich für mich, wenn ich mir dies nun selber zerstört hätte.“ Nun, nachdem ich meine Entschuldigung schnell und wortreich hervor gebracht hatte, konnte ich nur noch flehend, hoffnungsvoll zu Macro schauen. -
Nach dem Räuspern ging alles schnell. So schnell, dass Macro kaum mit dem Begreifen hinterherkam. Sein Vorhaben, sich selbst zu entschuldigen, ging in der längsten Rede, die er je von Linos gehört hatte, sang und klanglos unter. Zuerst begriff Macro nicht, dann aber dämmerte ihm die Erkenntnis. Als erstes wurde ihm klar, dass er doch nicht diktiert hatte, er vermisste speziell Morrigan, sondern ganz allgemein alle Bewohner der Villa Claudia in Rom und seines Standes. Die Erleuchtung kam spät, aber umso einschlagender. Was musste jetzt Morrigan denken? Und außerdem bedeutete dies, Linos hatte doch geschummelt und nicht zu knapp. Das Erschrecken über die restliche Beichte fiel nicht mehr groß aus, weil eine Form von Verzweiflung die Entrüstung und Enttäuschung schluckte. Einzig wohltuend und auch glaubhaft wirkte die Aussage über die Wichtigkeit der Freundschaft. Auch an Linos‘ Antrieb, helfen zu wollen, zweifelte Macro nur noch marginal, denn er spürte vor allem Niedergeschlagenheit.
"Das ist mir alles zu viel", seufzte er, während er auf Linos zuging. Er ließ sich auf dessen Bettkante nieder und begrub den Kopf in den Händen. Er schätzte Ehrlichkeit, sagte selbst vielleicht nicht viel, aber immer die Wahrheit und verzweifelte an diesem Lügengerüst. Denn eines wurde ihm ebenfalls klar: Auch Morrigan war im Garten nicht aufrichtig zu ihm gewesen.
-
Ich war wieder ein Stück hoch gerutscht und betrachtete eine ganze Weile schweigend Macro.
Noch einmal versuchte ich an die Situation beim Briefe schreiben und an ihren Inhalt zu erinnern. „Richtig“, mit dem Gedanken schoss mir das Wort auch schon lauthals aus dem Mund, ehe ich dann leiser, aber nicht weniger aufgeregt fort fuhr. „Ja Macro es waren doch zwei Briefe, einer der an Mansuri ging, aber eigentlich für alle war und der zweite ging an Morrigan. Den Anfang hast du vorgegeben, irgend etwas vom Wetter oder war dies das Ende?Ach egal, dann ging es ums Vermissen, Kochen, Rückenschrubben und Aufpassen. Alles was mit dir abgesprochen war. Nur habe ich dann zum Beispiel geschrieben, pass auf dich auf, anstatt passt auf euch auf. An eine andere Stelle erinnere ich mich, da schrieb ich, dass du gerne von den Speisen kosten würdest die sie kochte oder du vermisstest das sie dir den Rücken schrubbte.
Wie gesagt, eigentlich alles was abgesprochen war, nur auf euch beide alleine gemünzt. Das habe ich aber auch nur gemacht weil ich nach wie vor davon überzeugt bin, dasd du so empfunden hast. Du der soviel Wert auf die Wahrheit legst, solltest auch ehrlich mit deinen Gefühlen sein. Ich weiß zwar nicht, wie es jetzt bei dir aussieht, aber ich habe nur das wiedergegeben wie es war. Du hast nicht nur Rom vermisst und die Sklaven, sondern ganz besonders Morrigan, aber du hattest nur keine Hoffnung, weil sie mit dem Prätorianer zusammen war. Du wärst eifersüchtig gewesen, wenn du nur ein wenig mehr Selbstvertrauen in Herzensangelegenheiten hättest. Warum wolltest du hierbei nicht ehrlich sein?“ Ich hoffte ich hatte Macro nun ausreichend erklärt warum ich so gehandelt hatte.An meinen letzten Satz, in diesem Brief, erinnerte ich mich noch ganz gut. (Macros Herz ist für dich entflammt, auch wenn er es nicht zugeben will).
Den wollte ich jetzt nicht erwähnen, Macro hatte genug zu verarbeiten. Das wäre für sein kleinmütiges Herz zu viel geworden. -
Als Linos lauthals 'richtig' sagte, fragte sich Macro, was denn wohl richtig sein könne, wenn ihm nun alles zu viel wurde. Er strich sich über den Kopf und seufzte, um danach erneut den Kopf mit den Armen abzustützen. Mit jedem nachfolgenden Wort, das den Inhalt des Briefes erklärte, verzog sich Macros Gesicht mehr. So plump hätte er sich nie ausgedrückt, wenn er selbst gesprochen hätte. Und dann die Forderung, ehrlich mit Gefühlen umzugehen? Macro blickte auf.
"Es kommt niemand zu Schaden, wenn ich mein Empfinden für mich behalte", erwiderte er. Ärger schwang in seiner Stimme mit, dann holte ihn die Peinlichkeit der Situation wieder ein und er schüttelte den Kopf.
"Wir zwei sind komplett verschieden", sagte er und es klang kraftlos. "Ich weiß, dass ich Zeit meines Lebens Sklave bin und habe es akzeptiert. Ich muss gehorchen, aber nur einem und das ist mein Herr, ansonsten bin ich selbstbestimmt. Weißt du, was du mir gerade genommen hast?" Macro blickte Linos traurig an und beantwortete die Frage selbst: "Die Selbstbestimmung über meine ganz persönlichen Dinge."
-
Morrigan hatte die Krücken fertig und war in Richtung des Zimmers unterwegs. Eigentlich ging sie davon aus, dass zwischen den „Jungs“ alles geklärt war… aber dem schien nicht so, sie bekam gerade noch die letzten Sätze von Macro mit.
Sie betrat das Zimmer, legte Lino seine Krücken hin, sie drehte sich, zu Marco um. Auch wenn sie es versuchte zu verbergen, sah man ihr deutlich ihre Traurigkeit, Enttäuschung und ihre Verletzbarkeit an „Schätze dich glücklich, das es nur ein Herr ist dem du gehorchen musst. Sei froh, dass du einen so guten Dominus hast, der dir deine Selbstbestimmung lässt. Linos hat dir sicher nichts genommen. Er hat dir helfen wollen. Ich weiß wie es ist, wenn einem die Selbstbestimmung genommen wird. Menecrates hat dich immer gut behandelt, in dir den Menschen und nicht nur ein Ding gesehen. Weißt du wie es ist, wenn man nur eine Gegenstand ist, der benutzt wird wie es den Herrschaften gerade gefällt? Ja? Weil wenn du das weißt, dann weißt du was es heißt, die Selbstbestimmung über sich, seinen Körper und seine privaten Dinge genommen zu bekommen.“ Morrigan wandte sich zu Gehen. „Frühstück für euch beide steht in der Küche“ sagte sie in den Raum hinein und schritt durch die Tür nach draußen. Dort lehnte sie sich gegen die Wand und versuchte sich erst mal zu sammeln. -
Ich war wie vor den Kopf geschlagen. Macros Reaktion konnte ich nur in etwa verstehen. Gut er hatte Morrigan nicht selber gestanden was er für sie empfand. Ich hatte ihm nur helfen wollen, da er wie die Katze um den heißen Brei strich, mit seinem Geständnis Morrigan gegenüber. So wie er sich jetzt aufführte machte er aber alles kaputt, nicht nur unsere Freundschaft. An dieser schien ihm nichts mehr zu liegen, da er weder meine Entschuldigung noch die Erklärung akzeptieren wollte. Zu Anfang hatte ich meinen großen Fehler eingesehen, doch jetzt hatte ich das Gefühl er aale sich in seiner Verletztheit.
Mich quälte aber seit meinem Aufwachen noch ein sehr menschliches Bedürfnis. Ich wünschte ich hätte endlich meine Krücken, damit ich wieder unabhängig würde. Nun wollte ich nur noch eins, Macro eine Antwort geben und dann nach draußen aber wie?
Da kam Morrigan herein, legte mir Krücken aufs Bett, doch was sie dann sagte spiegelte, das wieder, was ich eben gedacht hatte, besser hätte ich es nicht ausdrücken können. Sie holte aus dem verschlossenen Teil meines Herzens das hervor, woran ich nie mehr denken wollte. Das was auf der Schifffahrt nach Rom mit mir geschehen war. Das wozu sich jeder Römer berechtigt fühlte. Einen Sklaven zu benutzen. So benutzte man mich auf dem Schiff. Damals hatte ich mir vorgenommen, lächelnd allem gegenüber zu treten, anderen zu helfen und nie mehr an das hier und jetzt zu denken. Bisher dachte ich, ich wäre mit allem gut zu recht gekommen. Doch was Schläge und Erniedrigungen während der Gefangennahme und dem Transport nach meiner Flucht nicht schafften, dies schaffte der, dem ich am meisten vertraute. Es war mein Freund der gerade alles zerstörte, nach einem einzigen Fehler von mir.
Ich ergriff meine Krücken, mit rauer belegter Stimme kam von mir.“ Ich muss raus. Darf ich vorbei? Morrigan hat alles viel besser gesagt als ich es dir gesagt hätte. Von mir noch ein letztes, entschuldige bitte.“ Nervös versuchte ich nun eilig an Macro vorbei aus meinem Bett zu kommen. -
Das ursprüngliche Ziel, Schadensbegrenzung zu betreiben, wurde bei Macro von der Erkenntnis abgelöst, dass sein Seelenleben inzwischen allgemein ausgebreitet lag. Was er davon hielt, hatte er soeben kundgetan. Nun blieb nichts weiter, als nach vorn zu sehen und mit der Tatsache klarzukommen. Bei diesem Gedanken angekommen, bemerkte er Morrigan, die das Zimmer betrat. Er wunderte sich über ihren Gesichtsausdruck und bezog die Enttäuschung auf sich. Aber er verstand nicht, warum er Traurigkeit ausgelöst haben sollte. Vor Jahren noch hätte er einfach seine Klappe gehalten. Inzwischen glaubte er, dass Klärungen auf lange Sicht die besseren Lösungen darstellten.
"Wie meinst du das?", fragte er zunächst unsicher. Seine Stirn lag in Falten, weil er angestrengt versuchte, die Worte selbst zu deuten. Eine Idee kam ihm freilich und er ruckte mit dem Kopf ein Stück nach hinten, während er Morrigan nicht aus den Augen ließ. "Gab es jemand unter den Herrschaften, der…" Während er nach Worten suchte und im Geiste die Familienmitglieder seines Herrn durch ging, verließ Morrigan den Raum. Er wusste, vor der Claudia gab es für Morrigan nur die Freiheit und die Fortnahme der Selbstbestimmung musste für jeden in Gefangenschaft geraten Menschen noch schmerzlicher sein als für ihn selbst. Auf Linos traf gleiches zu, das wusste Macro. Er blickte zu Linos, als der die Krücken nahm und aufzustehen versuchte. Und prompt sprach Linos das aus, was soeben Macro klar wurde. Und dann diese Stimme… Wie er es aussprach, ließ Macros Nackenhaare aufstellen und eine imaginäre Faust im Magen spüren, doch so sehr er sich anstrengte - seine Fantasie konnte nicht ausmalen, was die beiden wirklich meinten."Warte, ich helfe dir", sagte Macro in Ermangelung besserer Worte. Er griff Linos unter den Arm und hievte ihn an den Bettrand. "Ja, äh, danke", erwiderte er auf die Entschuldigung und drückte damit aus, was ihm die Einsicht des anderen bedeutete.
Er stand auf, als Linos aufstand. "Wenn es etwas gibt, das mir hilft zu verstehen, dann würde ich es mir nachher gerne anhören." Dann ließ er dem Freund Zeit, sich Luft zu verschaffen. Er kannte solchen Drang und respektierte ihn.Als er nachdenklich aus der Tür trat, um wie ferngesteuert nach Morrigans Frühstück zu sehen, gewahrte er sie. Morrigan lehnte an der Wand neben der Tür, fast wäre er gegen sie gelaufen, aber er stoppte rechtzeitig, wenn auch abrupt. Er betrachtete sie einen Moment, bevor er fragte:
"Bist du geschlagen worden?"
Macro wusste, jeder Sklave musste den Anweisungen sämtlicher Herrschaften Folge leisten. Nur auf ihn konnten nicht alle beliebig zugreifen, weil er der Leibsklave des Familienoberhauptes war. -
Morrigan hatte ihre Augen geschlossen, dennoch nahm sie die Bewegung neben sich wahr. Als Macro sie ansprach schlug sie die Augen auf und schaute in an. Ein leichtes Kopfnicke beantwortet seine Frage. „Ja das auch…. Marco die Narben auf der Seele wiegen um einiges schwerer als die auf dem Rücken. „ Morrigan atmete tief durch, bevor sie weiterspracht. „Ich wollte dich gerade nicht so angehen, aber Marco keiner von uns will dir was böses. Linos wollte dir wirklich nur helfen, glaube ich, er ist nun mal so und er mag dich wirklich als Freund.“ Noch etwas leiser fügte sie hinzu. „Sei froh, dass du so einen guten Dominus hast.“ Noch einmal atmete sie tief durch, langsam kehrte die Farbe und auch ein Lächeln zurück auf ihr Gesicht. „Komm wir gehen in die Cuina du hast doch bestimmt einen Bärenhunger oder?“
-
Der nächtliche Ausflug nach Mogontiacum führte Macro vor Augen, wie dumm seine Idee war, in Begleitung von Morrigan nach Mogontiacum zu gehen, um auf dem Markt das gefertigte Werbeschild zu präsentieren. Er ging daher zu seinem Herrn und holte sich die Sondererlaubnis, Linos mitnehmen zu dürfen. Das Argument, der könne die gestellten Anforderungen viel besser formulieren als Morrigan oder Macro,wirkte. Und um keine Zeit zu verlieren oder einen Meinungswechsel bei seinem Herrn zu riskieren, ging er sofort zu den Sklavenunterkünften, um Linos abzuholen.
"Linos! Arbeit für dich bzw. uns." Er hoffte, die Ankündigung würde Linos nicht vergraulen, denn zuweilen war der Grieche etwas bequem.
-
„Was soll ich schreiben?“ Diese Frage kam schon ganz selbstverständlich von mir. Was sonst gab es zur Zeit für mich zu tun? Dazu nur noch uninteressantes langweiliges Zeugs.
Ich hatte nicht gerade lang legen wollen was sollte ich sonst schon hier machen. Draußen rannten nur Soldaten rum, von denen mich keiner beachtete und in die Stadt durfte ich nicht.
Langsam stand ich auf und fragte: „Wo soll ich hin zum schreiben?“ -
Macro winkte ab. "Du sollst nichts schreiben, du sollst mich begleiten. Los, zieh dir was drüber", forderte Macro auf und schnappte sich einen Mantel, von dem er annahm, er gehörte Linos. Mit Schwung warf er ihn Linos zu.
"Ich habe die Erlaubnis erwirkt, dich mitzunehmen für den Auftrag in Mogontiacum nach einem möglichen Nachfolger für dich zu suchen. Es ging leichter als gedacht. Ich musste Menecrates nur verdeutlichen, dass ich dich bei einem Fluchtversuch locker unter den Arm klemmen könnte und das auch machen würde. Er hat ohne Bedenken zugestimmt. Außerdem kann keiner deinen Posten besser beschreiben als du selbst." Macro grinste. "Du weißt hoffentlich noch, um welche Anforderungen es sich dabei handelte?" Er knuffte Linos mit dem Ellebogen in die Seite. "Wo ist das Plakat?" Er sah sich suchend im Zimmer um. -
Jetzt erst blickte ich Macro an, was auch gut war sonst hätte ich den Mantel nicht auffangen können, den er mir entgegen warf. Was von mir, mehr ein Reflex war, da ich nur da stand und Macro bei seinem Wortschwall anstarrte. Deshalb winkte ich bei der Frage nach dem Plakat, auch nur mit meinem Kopf in Richtung Truhe, auf der die Pergamentrolle des Plakates lag. Es kam mir vor als würde mein Gehirn irgendwie zeitverzögert arbeiten. „Ich soll mit?… Ich soll mit nach Mogontiacum? … Du meinst ich darf mit nach Mogontiacum?… Du meinst Menecrates hat erlaubt ich dürfte mit nach Mogontiacum?“
Meine geistige Starre löste sich dann und ich begann fieberhaft alles gehörte zu durchleuchten. War das jetzt eine Falle? Wollte mich einer reinlegen, loswerden. Sollte ich auf die Probe gestellt werden. War es eine Aufforderung zu fliehen, damit das Kapitel Linos abgeschlossen wurde? Fast langsam zog ich die Luft ein und atmete tief durch. „Immer mit der Ruhe Linos“, murmelte ich vor mir her.
Macro war mein Freund, der würde mich nicht reinlegen, so wie der gerade hier auftrat war das ganze ernst, so zu schauspielern traute ich dem grundehrlichen Macro nicht zu.
Menecrates würde mich auch nicht so abschieben wollen. Auf die Probe stellen, nun ja das wusste ich nicht so genau.
Aus meinem seltsamen Gedankengang riss ich mich selber raus und schaute Macro an. „Du meist das alles ernst nicht wahr?“ -
"Naja, was denkst denn du?", fragte Macro erstaunt zurück. "Bei meiner Geburt wurde die Gabe für Humor vergessen. Ich meine alles ernst, was ich sage." Er zuckte mit den Achseln. "Immer wenn ich mal jemand veralbern wollte, hab ich mich so ungeschickt angestellt, dass es jeder gleich merkte. Tja, talentfrei würde ich sagen." Er grinste, trat näher und wuchtete seine Hand auf Linos' Schulter. "Na komm Kleiner, dreh dich aus. Wir gehen jetzt zum Marktplatz. Das Erlaubnisschreiben für die Wache hab ich dabei."
Sicherheitshalber wartete Macro, weil er nicht wusste, ob Linos weitere Bedenken äußerte. -
Etwas windschief grinste ich vor mir her, nein bei Gott, Humor hatte er keinen. Die feste Hand auf meiner Schulter spürend, zerrte ich noch ein wenig an meinem Mantel rum und streckte Macro meine Arme entgegen. „Oder willst du mir lieber einen Kälberstrick um den Hals legen? Macht sich am Tor bei der Wache bestimmt gut. Wo muss ich nun gehen vor oder hinter dir?“ Kaum hatte ich meine Bemerkunken von mir gegeben musste ich lachen, stellte ich mir doch gerade die Freude des Kleinen vor wenn Linos so abgeführt wurde. „Dieser Anblick würde manch einen erfreuen.“
Jetzt mitmachen!
Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!