[Triclinium] Quintilius Sermo et Claudia Romana

  • Sermo führte die aufgelöste Claudia durchs Atrium in die Aufenthaltsräume der Casa. Er peilte das Triclinium an, denn dort hatte er vor der Abreise der anderen bei einer Karaffe Wein verweilt und einige Unterlagen aus seinem Stoikerkurs noch einmal nachbereitet. So sah es hier nun auch aus. Auf einem Beistelltisch lagen Wachstafeln ungeordneterweise herum, daneben stand der verdünnte Wein und auf einem Tablett fanden sich mehrere Zinnbecher, von denen einer noch halb gefüllt war. Sermo wies auf eine der Clinen und wartete bis Romana sich gesetzt hatte, während er einen unbenutzten Becher füllte und ihn ihr reichte. "Bitte setz dich doch. Etwas Wein vielleicht?" Dann ließ er sich auf der gegenüberliegenden Cline nieder, die nur etwa zwei Armlängen entfernt stand und nahm selbst einen großen Schluck seines Weins. Dann stocherte er ein wenig im Wespennest: "Werte Claudia, welcher Umstand könnte dich gar so aufwühlen?"

  • Romana schritt Sermo hinterher. Sie hatte sich einigermaßen beruhigt, doch innerlich rumorte noch immer ein ungutes Gefühl in ihr herum, welches sie nicht so einfach abschütteln konnte. Trotzdem wirkte sie nach außen hin wieder gefasster, als sie sich hinsetzte. “Ja. Recht herzlichen Dank“, entgegnete sie auf seine Frage hin und brachte ein Lächeln hervor. Ihre Hand streckte sie zum Becher hin, den Göttern sei Dank war er so lang, dass sie sich auf ihrer Kline nicht vorzustrecken brauchte. Es brachte halt einige Vorteile mit sich, groß zu sein. Sie tat es Sermo gleich und trank auch aus ihrem Becher – er war aus Zinn, wie sie feststellte – oder war es doch Blei? Nein, Zinn. Die Claudierin setzte den Becher wieder ab und lenkte ihren Blick auf den Quintilier, welcher sogleich zu sprechen begann. Seine Frage, wenn auch ein kleines bisschen gestelzt, war glasklar, und sie nahm noch einmal einen Schluck vom Wein, bevor sie antwortete.


    “Nun. Meine älteste Freundin, durch die ich fast alle meine Freundinnen und Freunde, die ich jetzt habe, kennen gelernt habe, ist verschwunden, einfach so, auf Nimmerwiedersehen. Ohne dass wir Gelegenheit gehabt haben, uns zu verabschieden. Das hat mich so aufgewühlt.“ Und tat es noch immer, schien ihr Blick zu sagen. Noch einmal trank sie etwas vom Wein, der Zinnbecher musste mittlerweile leer sein. “Das Schlimmste an der Situation ist, wie ich finde, dass ihr Mann versetzt wurde, weil er es gewagt hat, Widerstand dagegen zu leisten, dass der Praefectus Urbi das Heiratsopfer gestört hat. Reinste Willkür.“ Das hatte doch ihren auf einer enorm niedrigen Stufe liegenden Respekt vorm Prätorianer wieder ein wenig erhöht. Nicht, dass sie dadurch fand, dass Valerian dadurch eine auch nur annähernd passende Partie für sie wurde.


    “Und, ach ja. Du kannst mich ruhig Romana nennen.“ Sie lächelte ihn vage an. Wozu die Hochgestochenheit, wenn sie doch quasi eine Freundin des Hauses war?

  • Geduldig hörte der Quintilius sich Romanas Probleme an. Herrje, welch ein Drama die Arme doch durchleiden musste! Sermo setzte eine mitfühlende Miene auf und nickte hier und da verständnisvoll. Valerians Versetzung hielt er allerdings auch für reine Willkür. Vescularius schien langsam Gefallen daran zu finden seine Widersacher in weit entfernte Provinzen abzuschieben, so wie er es auch mit Senator Decimus getan hatte. Als die Claudia geendet hatte, sagte Sermo erst einmal: "Romana, ja gern." Die persönliche Anrede des Cognomens wollte er sich bei der hübschen Vestalin nicht nehmen lassen. Eine Erwiderung auf Romanas Worte folgte sogleich. "Ich verstehe dein Dilemma. Es ist wirklich ungerecht wie der Praefectus Urbi Untergebene behandelt. Aber ich fürchte ich kann nichts tun, um die beiden zurückzuholen, so sehr mich ihre Abwesenheit auch schmerzt." Es war wirklich bedauerlich, dass Valerian nun weg war und auch noch Melina mitgenommen hatte. Calvena bedeutete ihm jetzt noch nicht sonderlich viel, er hatte sie auch noch nicht so gut kennen lernen können. Aber andererseits war er nun alleiniger Herr im Hause und konnte sich praktisch uneingeschränkter Verfügungsgewalt über den gesamten Haushalt erfreuen. Sehr schön, wahrhaftig! Mit einem tiefen Seufzer fuhr Sermo dann fort. "Ich fürchte wir haben lediglich eine einzige Möglichkeit. Nämlich deiner Freundin und meinem Cousin viel Glück und den Segen der Götter zu wünschen und mit neuem Mut der Zukunft entgegenzugehen." Er hatte seine Stimme leicht theatralisch gehoben und klang verdammt selbstbewusst, als er das so sagte. Hoffentlich würde das Romana aufbauen, denn er hatte eigentlich keine Lust hier gleich einen Nervenzusammenbruch mit Tränenfluss und Jammerei zu erleben.

  • Sie nickte so huldvoll, wie sie es in ihrem Zustand konnte, als Sermo die angebotene vertrauliche Anrede annahm, und hörte ihm dann zu. Sie nickte ihren Kopf zustimmend. “So geht es nicht weiter. Der Vescularier lässt sich von seinen eigenen Vorlieben und Gutdünken unzulässig beeinflussen. Es ist Zeit, dass jemand ihm einmal einen Riegel vorschiebt. Ich werde zu ihm gehen, und zwar morgen. Ich weiß, es wird aussichtslos sein. Aber ich werde es aus Prinzip machen. Es kann nicht sein, dass ein Mensch so handeln kann. Wir sind ja nicht bei den Barbaren.“ Den allerletzten Tropfen aus ihrem Becher nahm Romana, welche sich auch schon instinktiv umschaute, ob nicht schon ein Sklave nachfüllen würde. “Ich habe immerhin keine politische Karriere, die der Vescularier ruinieren könnte. Und ich habe doch in meiner Funktion eine gewisse Authorität.“ Zumindest war sie sich selbst darin sicher.


    Sie schüttelte den Kopf. “Den Segen der Götter... ja, doch viel lieber wäre mir eben, sie wären hier. Ich kann es nicht glauben... Calvena weg, was soll ich jetzt bloß tun?“ Romana sah ihr soziales Leben auseinanderbrechen. Sie strich sich mit einer fahrigen Bewegung durch ihre brünetten Haare. “Das Schlimmste ist die Ungerechtigkeit, die ich sehe. Es muss doch etwas dagegen getan werden können, mit der Hilfe der Götter und unseres Verstandes! Wenn Salinator so etwas ungestraft machen kann, wird er schrittweise immer frecher werden! Immer unverschämter! Ich habe keine Ahnung, wieso unser Kaiser seinen Possen Glauben schenkt.“

  • Interessiert hörte Sermo zu. Romana rotzte ordentlich über den Praefectus Urbi und seine Handlungsweisen ab, nicht schlecht. Und sie wollte zu ihm hingehen und sich beschweren? Diesbezüglich erwartete Sermo genauso viel Erfolg wie die Claudia selbst. "Viel Glück," lächelte er. "Aber erwähne ja nicht, dass du vorher mit mir darüber gesprochen hast." Ein Zwinkern folgte, dann beklagte Romana erneut die Abreise ihrer liebsten Freundin und die Ungerechtigkeit dahinter. Sermo runzelte die Stirn und hörte weiter zu, bevor er seine Meinung dazu abgab.


    "Leben," erklärte er ganz nüchtern auf ihre verzweifelte Frage hin, was sie denn nun tun sollte. Ein schmales Lächeln umspielte dabei erneut seine Mundwinkel. Sermo wollte nicht als Neunmalkluger daherkommen, doch was er dann sagte, war schlicht und ergreifend die Wahrheit. "Romana, so leid es mir tut: Das Leben ist nun einmal ungerecht. Salinator ist der Vertreter des Kaisers und kann somit faktisch tun und lassen was er will. Wir können nichts tun. Zumindest solange ich ein popeliger Magistratus und du lediglich eine herkömmliche Priesterin bist. Womit ich nicht deinen Rang beleidigen will, sondern lediglich die Tatsachen beschreibe." Er seufzte und schenkte beiden Wein und Wasser nach, denn Diomedes war noch immer im Obergeschoss beschäftigt und ansonsten besaßen die Quintilier zur Zeit keine Sklaven, die nicht gerade nach Germania aufgebrochen waren.
    "Meine liebe Romana, es bleibt uns wohl nichts anderes übrig, als uns gegenseitig unser Leid zu klagen." Die Worte waren zwar mehr scherzhaft gemeint, aber noch als er sie aussprach erwischte Sermo der Gedanke, dass die Claudia gleich wirklich losklagen könnte.

  • “Puh...“ Sie legte ihre Händen in den Schoß und schaute betreten auf Sermo. “Ich danke dir für die guten Wünsche. Ich werde sie dringend brauchen.“ Sie lächelte leicht, als er sie darum fragte, ihn nicht zu erwähnen. “Natürlich werde ich dich da nicht hineinziehen. Keine Sorge.“ Natürlich hatte Sermo jedes Recht, sich nicht gegen den Praefectus Urbi stellen zu wollen. Sein Zwinkern fand die Vestalin irgendwie anziehend... doch scheute sie sich davor, diesbezügliche Gedanken weiterzuspinnen. Stattdessen trank sie etwas von nachgeschenkten Wein.


    Als er seine trockene, nur aus einem Wort bestehende Antwort gab, musste sie trotz allem auflachen. “Mein lieber Sermo, keine Sorge. Ich werde mich schon nicht aus Verzweiflung ins Schwert stürzen wie weiland Ajax. Aber meinst du das wirklich? Soll ich damit leben und die Hände in den Schoß legen?“ Kurz wanderte ihr Blick nach unten, wo sie feststellte, dass sie genau das tat, ihre Hände in den Schoß liegen haben. Demonstrativ nahm sie sie dort weg und verschränkte sie vor ihrer Brust.


    Seine weiteren Worte – was sollte sie dazu sagen? Er hatte ja auch recht. Zumindest betrachtete er die Angelegenheit todernst und realistisch. Er ein popeliger Magistratus, ja, das war er. Aber sie eine herkömmliche Priesterin? “Vestalin zu sein ist jetzt nicht so herkömmlich...“ Sie strafte ihn mit einem kurzen strengen Blick, bevor sie resigniert seufzte. “Aber du hast ja Recht. Ich bin auch nur eines von vielen Rädern im Cultus Deorum, und viele stehen weit über mir. Und doch bin ich an einer der höchsten Stellen überhaupt angelangt, die eine Frau erreichen kann, wenn sie nicht gerade Augusta ist.“ Noch einmal seufzte sie.


    “Ich habe überhaupt die Befürchtung, nicht ernst genommen zu werden – einzig und alleine, weil ich eine Frau bin. Dieser Vescularius ist garantiert niemand, der auf die Worte einer Frau auch nur einen müden Dreck gibt.“ Sie stützte ihren Kopf seitlich mit einer Hand, und ihren Arm bei ihrem Ellenbogen am Tisch auf. “Ich frage mich hie und da, wie es wäre, wäre ich als Junge auf die Welt gekommen. Sicherlich wäre manches leichter für mich. Vielleicht wäre ich als Mann auch nicht so empfindlich, wenn es darum ginge, dass meine beste Freundin Rom verlässt.“ Sie lächelte wieder matt und blickte Sermo in die Augen. “Titus hätte man mich genannt... Titus Claudius Romanus... aber daraus ist nichts geworden“, murmelte Romana und zuckte die Schultern.


    [SIZE=7]EDIT: Doofes Fett, grr...[/SIZE]

  • Sim-Off:

    Sorry, hab das hier völlig aus dem Auge verloren...


    Sermo nickte zufrieden. Er hatte irgendwo das Gefühl, dass er der Claudia trauen konnte. Sie würde seinen Namen in dieser Sache für sich behalten, das spürte er irgendwie. Vielleicht hing es damit zusammen, dass sie Vestalin war und damit praktisch die Ehrlichkeit und Tugendhaftigkeit in Person darstellte. Zumindest im Idealfall.


    "Das hätte ich auch nicht erwartet," kommentierte er daraufhin Romanas Dementierung jeglicher Selbstmordabsichten ihrer Person. Er lächelte dabei wieder sein schmales Lächeln, das er ob ihres Lachens nicht zurückhalten konnte. Dann folgte sein Blick der Bewegung ihrer Hände und er musste weiter schmunzeln. "Lieber nicht," grinste er und hörte sich dann ihre Rede von ihren Befürchtungen, Anschuldigungen und ihren durchaus amüsanten Zynismus an.


    "Jener Titus wäre jedenfalls ein ebenso stattlicher junger Mann geworden, wie du eine ansehnliche junge Frau bist," schäkerte er mit bedeutungsvoller Miene. "Deine Befürchtung ist jedoch nicht unberechtigt. Vescularius Salinator interessiert nicht, was seine Mitmenschen denken, solange es ihm nicht von Nutzen sein kann. Um ihn zu einer Entscheidung zu bringen, musst du womöglich etwas gewichtigere Meinungen mit in diese Angelegenheit einbringen. Zum Beispiel die Oberste der Vestalinnen." In grübelnder Poste kratzte er sich kurz am Kinn, bevor er dann leicht zweifelnd hinzufügte: "Wobei dein Problem ja eher eins von persönlicher Natur ist...das ist dann schon wesentlich schwieriger...in diesem konkreten Fall jedenfalls."

  • Sim-Off:

    No problem ;)


    Und Romana würde auch nichts sagen. Was würde es auch bringen, ihn zu verpfeifen? Und sie war keine Lügnerin – zumindest hatte sie das gedacht, bis sie ihre Freundin Iunia Serrana, was eine Leberschau anging, nach Strich und Faden anmogeln würde.


    Sermo lächelte mit einer Mischung von Wohlwollen und Amüsiertheit, als Romana ihre Ausführungen zum Besten gab. Endlich aber ließ sie ihm wieder Zeit, etwas zu entgegnen, und diese Gelegenheit ergriff der Quintilier auch prompt.


    Sie lächelte, als er ihr ein wirklich nettes Kompliment machte, das sie wieder ein kleines bisschen aufbaute. Viel zu wenig Männer, so dachte sie, zeigten solche Nettigkeit auch gegenüber Frauen, die sie nicht haben konnten, wie ihr. Sermo war eben ein wahrer Kavalier – andere Absichten konnte sie ihm einfach nicht unterstellen. Errötete sie vielleicht sogar ein wenig? Verflucht! Nur bei Sermo und Sedulus war ihr dies bisher vorgekommen, und das jetzt schon bei Sermo das zweite Mal! Sedulus war natürlich eine ganz andere Geschichte wieder... nur an ihn zu denken wischte wieder auf ein Mal ihre gesunde Farbe vom Gesicht. Sie hatte diese Geschichte noch immer nicht komplett verdrängt.


    Die Vestalin schaute nun wieder ernster, als Sermo beschrieb, was seine Befürchtungen bezüglich Vescularius Salinator waren, und nickte dabei, bevor sie ihre Stirn runzelte. “Pomponia Pia? Ich denke nicht, dass das eine gute Idee ist. Sie ist keine Freundin von politischer Einflussnahme.“ Im Gegensatz zu manch anderen früheren Obervestalinnen. “Ich werde mich, wenn das alles nichts bringt, wohl direkt an die oberste Stelle richten müssen – an meinen Vater, den Kaiser.“ Sie lächelte wieder ein wenig. Selbstverständlich war sie nicht die leibliche Tochter des Kaisers, aber als Vestalin wurde sie als solche betrachtet.

  • "Hm," machte der Quintilier, der vielmehr über die Röte in Romanas Gesicht sinnierte, denn über ihre Sorgen. Pomponia wer? Ahja, danach hatte er ja gefragt. Claudia hatte ihren Satz beendet und schaute ihn fragend an, was Sermo auch Milisekunden später registrierte. Vermutlich unnötig ertappt fühlte er sich dabei, als er mit beeindruckter Miene die Lippe schürzte. "Die allerhöchste Instanz selbst willst du adressieren in deiner Not?" Abwägend neigte er den Kopf, betrachtete grübeld einen Blumenkübel. "Ich weiß nicht, ob das so wohlüberlegt wäre..." brachte er dann seine Bedenken langsam vor. "Weißt du, es wird sich bekanntlich vieles erzählt. Bezüglich des Kaisers...bezüglich des Vescularius..." So richtig wollte er noch nicht mit der Sprache herausrücken, betrachtete wieder nachdenklich das Mobiliar. "Romana, ich habe irgendwie die leise Befürchtung, dass ein Schreiben an den Kaiser einem Schreiben an seinen Stellvertreter praktisch gleichkommen könnte." Und nach einer kurzen Pause äußerte er einen Zusatz: "Zumindest, wenn man den Gerüchten glauben schenkt, die in den Tavernen die Runde machen. Dass Salinator ihn voll im Griff hat und all das..." Aber nach einer weiteren Sekunde machte er eine wegwischende Handbewegung und widerrief seine Aussage, um Romanas Idee eher zu unterstützen. "Nein, du hast wohl recht. Du solltest deinen Vater unterrichten, er allein ist die höchste Macht unter den Göttern."

  • Sim-Off:

    Und jetzt war mal ich mit der Vergesslichkeit an der Reihe, tschuldigung.


    Sie hörte sich ihn an, und konnte es nicht vermeiden, dass sich ihre Augen immer mehr zusammenkniffen. Er wusste nicht, ob das so wohlüberlegt wäre? Sicher hatte er dann einen besseren Plan! Aber was dann kam, ließ Romana erbleichen. Salinator, den Kaiser im Griff haben? Das war unmöglich, Salinator war ein normaler Plebejer, und der Kaiser war, nun ja, der Kaiser! Undenkbar, dass der Kaiser einen solchen Pausenkasper wie den Vescularier beachtete! Gerade wollte sie etwas sagen, da schlug Sermo eine rapide Hundertachtziggradwendung ein. Sie sollte also doch?
    “Ach, ich soll also doch“, echote sie ihren Gedanken. Kurz nagte sie an ihrer Unterlippe, eine nervöse Geste, auch wenn sie sich solche Gefühle andersweitig nicht anmerken ließ. “Aber, ich meine... jetzt im Ernst, Sermo. Ich weiß, welche Gerüchte laufen. Es lauft auch das Gerücht, dass Außerirdische von anderen Sternen tagtäglich aus den Straßen Roms Leute entführen, und dass die Titanen – oder waren es doch die Giganten? – im Begriff sind, sich zu erheben und die Erde zu zerstören. Denkst du wirklich, dass das so ist? Also, dass der Kaiser von Salinator kontrolliert wird? Ich will deine ehrliche Meinung haben“, verlangte Romana. Sermo hatte immerhin vor, in die Politik einzusteigen, war ja schon in Ostia in der Politik. Er kannte sich da sicher besser aus als eine... nun ja... eine Frau. Denn obwohl Romana keine herkömmliche Frau war, als eine solche war es ihr verwehrt, in die Politik einzusteigen, und ihr früheres Interesse für Politisches war mit der Zeit geschwunden, war der Interesse für Religiöses gewichen – auch wenn man diese beiden Sachen in Rom nciht immer einwandfrei trennen konnte.

  • Sim-Off:

    Nach Wochen des Urlaubs und des Vergessens hier dann endlich mal wieder etwas Geschreibsel...


    "Außerirdische?" platzte Sermo heraus, als er gerade an seinem Wein nippen wollte. Ein Glück, dass er den Becher noch nicht an seine Lippen angesetzt hatte, so dass eine Sauerei vermieden werden konnte. "Ich..." Bah. Frauen. Warum brachten sie Sermo in peinliche Situationen? Warum brachten sie ihn ins Stocken wie jetzt? Für gewöhnlich schafften sie es einfach, indem sie sich mit dem Intelligenzgrad eines Mistkäfers durchs Leben bewegten. Zumindest solche weiblichen Geschöpfe, die Sermo auf manchen Festmählern und Gelagen bereits hatte antreffen dürfen. Andererseits schaffte es Romana gerade, ihn mit einer ordentlichen Portion Direktheit für einen winzigen Augenblick aus der Bahn zu werfen. Er hatte keineswegs damit gerechnet, dass sie ihn so implizit nach seiner Meinung fragen würde, weshalb er jetzt erst einmal gut nachdenken musste. "Also..." begann er daher, Zeit schindend. "Ehrlich gesagt weiß ich nicht genug, um die Lage persönlich befriedigend einschätzen zu können." Er wich aus. Feigling! Eine klare Antwort hätte doch genauso gut sein können: "Nein, eigentlich...ich glaube der Kaiser ist nicht mehr Herr der Lage." Damit äußerte er letztendlich dann doch seine eigentlich persönliche Meinung, die er wohl bisher nur sehr wenigen Leuten offenbart hatte. Wieso der Claudia gegenüber? Weil er gerade begann, sie parallel zum Gespräch vor seinem inneren Auge auszuziehen? Na großartig. "Das ist meine ehrliche Meinung," fasste Sermo noch einmal zusammen, um dann stirnrunzelnd eine andere Richtung einzuschlagen. "Aber das alles soll doch nun wahrlich kein Grund sein, eine junge Claudia an den Rand der Verzweiflung zu treiben." Nicht, dass er ein wenig übertrieb, neeeein. "Ich wäre dir nur zu gern behiflich, Entspannung zu finden von all diesen aufreibenden Problemen." Er sah nicht ein, warum er weiterhin mit der Claudia über Politik quatern sollte, wenn er im Laufe des Gesprächs auch anderweitig ihre Anwesenheit würde genießen können. Vorteilhaft war ihr Status als Vestalin dabei natürlich nicht gerade. Na, vielleicht hatte er ja Glück. Auch, wenn Romana nicht perfekt in Sermos Beuteschema passte, einen gewissen Reiz bot die Geschichte schon.

  • Romana winkte gelangweilt ab. “Pöbel. Vermutlich abergläubische Peregrini, die so etwas verbreiten.“ Sie hatte keine besondere Liebe zu Nicht-Römern und machte auch keinen großartigen Hehl daraus. Peregrini, oder Sklaven, die an irgendwelche nahöstlichen Kulte glaubten... igitt. Sermo schien gerade einen neuen Satz zu formulieren, da brach er ab, als hätte er eben erst jetzt die wahre Bedeutung ihrer Frage erfasst. Romana hatte Sermo wohl überrumpelt. Sie selber konnte innerlich nicht abstreiten, dass es ihr gefiel, dass sie ihn so aus der Fassung gebracht hatte, dass er erst einmal nach Worten ringen musste. Also?


    Sein erster Satz enttäuschte Romana, um ehrlich zu sein. Er kannte die Lage nicht gut genug? Jeder Römer kannte die Lage und hatte sich eine Meinung darüber gebildet – einmal die Gebildeten, die die Acta lasen und sich über Klienten schlau machten. Forschend blickte sie ihn aus ihren tiefgründigen braunen Augen an. Und blinzelte ganz kurz, als er dann endlich mit seiner wahren Meinung herausrückte.


    Der Kaiser – nicht mehr Herr der Lage. Der Kaiser – einer, der die Sache nicht mehr im Griff hatte. Der Kaiser – einer, der sich von Vescularius über den Tisch ziehen ließ. Der Kaiser – der wahre Pausenkasper im Machtgefüge Roms.


    Starr blickte sie ihn an, unfähig, ein Wort herauszubringen. Einerseits, das war Blasphemie! Es grenzte an Verrat! Andererseits, es stimmte mit dem überein, was sie schon so oft gehört hatte, vor dem sie aus lauter Kaisertreue aber immer die Ohren verschlossen hatte. Sie schloss die Augen. Dann schüttelte sie ihren Kopf so energisch, dass ihre sorgsam gedrehten, fast schon ein bisschen puppenhaften Locken herumflogen. Ihre Augen öffneten sich wieder und fixierten Sermo. “Du irrst dich, Sermo. Und ich werde es dir beweisen können. Ich mache dir keinen Vorwurf für deine Gedanken, immerhin habe ich dich danach gefragt, und ich nehme einmal an, du kannst es nicht besser wissen. Du kennst den Kaiser nicht. Obwohl ich mich frage, wieso du kein Vertrauen in ihm hast, ihm, in dem der göttliche Genius der Kaiser haust. Aber wenn der Kaiser zurückschreibt und Vescularius‘ Schändlichkeiten einen Riegel vorschiebt, dann wirst du sehen, dass du falsch liegst.“ Aus ihren Augen blitzte es emotionsgeladen. “Und du wirst dich schämen für deine Gedanken, Sermo, schämen, dass du solche Meinungen gehegt hast“, prophezeite die eingefleischte Monarchistin Romana dem Quintilier.


    Sie horchte weiterhin zu und rang sich doch noch ein Lächeln ab ob seines Vorschlags. “Entspannung.“ Kurz blickte sie herab zu ihren Händen, bevor sie wieder zu Sermo aufblickte. “An welche Art von Entspannung hast du dabei gedacht?“ Rand der Verzweiflung, dachte sie sich dabei. War das wirklich dort, wo er sie stehen sah? Gut möglich, denn vor ein paar Minuten hatte sie ihn noch angeflennt wegen ihrer Probleme. Ja, vielleicht stand sie nicht nur dort, sondern hatte diese Grenze schon überschritten.

  • Aberglaube war nichts Schlechtes, wie Sermo befand. Jedoch galt auch hier der Grundsatz: Genießen in Maßen. Und deshalb hielt er auch nichts von irgendwelchen Außerirdischen oder Titanen. Alles kalter Kaff...Kräutersud. Er tat das ganze mit einer wegwischenden Handbewegung ab, denn jetzt ging Romana in die Vollen. Sie steigerte sich urplötzlich in diese Kaisersache hinein, wirkte beinahe verärgert. War er zu ehrlich gewesen? Wie sehr verband sie ihr Vestalinnendasein eigentlich mit dem Kaiser? Hatte sie ihn persönlich kennen gelernt? Hoffentlich hatte er sich da jetzt nicht in die Jauche geritten.


    Aber was die Claudia dann auf ihn losfeuerte, verschlug ihm beinahe die Sprache. Hielt sie ihn wirklich für so einfältig? Glaubte sie, was sie sagte? Heiliger Bimbam, da war ja eine ganz große Portion Naivität mit im Spiel bei dieser Frau! Sie machte ihm keinen Vowurf? Er konnte es nicht besser wissen? Geht's noch?! Offensichtlich hatte Romana keine Ahnung. Nicht die geringste Ahnung, um genau zu sein. Sermo glaubte nicht daran, dass der Kaiser ihren Brief beantworten würde. Er war sich sicher, dass die Schergen des Praefectus Urbi jegliche Post abfingen und auf dem Weg nach Misenum kontrollierten. Vermutlich waren sogar die Praetorianer schon infiltriert. Oder das war einfach nur das Horrorszenario, das Sermo sich in seinem Kopf schuf. Schließlich hatte Romana ihre Prophezeiung vollständig offenbart und erwartete offensichtlich eine Reaktion. "Die Zukunft wird zeigen, wer Recht behält. Beten wir, dass ich falsch liege mit meinen düsteren Ansichten." Das würde sie hoffentlich beruhigen.


    Und dann, kurz vor Kassenschluss quasi, siegte in Sermos Kopf der Verstand. Diese Frau war Vestalin! Das ging nicht. Das ging ganz und gar nicht. Er konnte sich nicht über sie her machen. Mal ganz davon abgesehen, dass sie Patrizierin war. Sie hatte mächtige Männer im Rücken. Wenn er jetzt einen falschen Schritt machte, wäre er am Ende. Oder zumindest wäre er ihrem guten Willen ausgeliefert und das wollte er nicht riskieren. Welch ein Narr er doch war, überhaupt daran zu denken sich mit Romana zu vergnügen. Er schüttelte innerlich den Kopf, nach außen hin wieder freundlich und zuvorkommend.
    "Ich kann ein Bad für dich vorbereiten lassen. Und im Anschluss stünde noch mein Haussklave für eine Massage zur Verfügung, die dich deine Sorgen vergessen lässt. Zumindest kurzzeitig." Es war gerade erst nach Mittag, er könnte sie also auch noch zu einem Imbiss einladen. Aber das war dann von der Claudia abhängig. Vermutlich musste sie auch irgendwann wieder zurück in ihren Vestalinnenkomplex. Außerdem sähe es wohl recht merkwürdig aus, wenn sie sich so lange im Haus eines unverheirateten Mannes aufhielt. Aber wer war Sermo schon, um seine Meinung dazu kundzutun? Ihm war es wurscht, ob sie hier nun Zeit verbrachte oder nicht. Er würde sich gleich einfach wieder an seine Unterlagen setzen und dort weitermachen, wo er vor der Abreise seiner halben Familie aufgehört hatte. Jetzt war es in der Casa wenigstens schön ruhig.

  • “Das wirst du ganz sicher, Sermo“, meinte Romana, so freundlich es ging bei ihrer Konsterniertheit. Sermo hatte sich nicht anmerken lassen, was er von ihren Worten hielt, aber Romana konnte anhand seiner Meinung, dass der Kaiser die Sache nicht mehr im Griff hatte, erahnen, dass er das nicht so sah. Oh, wie naiv Sermo war, dass er sich vom Schein trügen ließ, dachte sich Romana. Der Kaiser wird ihr antworten! Und er wird glorreich, triumphal nach Rom wiederkehren, um die alten Verhältnisse wieder herzustellen, um Valerian aus dem germanischen Exil zu holen, um Salinator in die Wüste zu schicken... er konnte doch nicht einfach die Worte seiner Tochter ignorieren. Das konnte er nicht. Das durfte nicht sein. Durfte, durfte, DURFTE NICHT SEIN.


    “Die Gerechtigkeit wird siegen... durch den Kaiser, der die Quelle der Gerechtigkeit ist!“, gab sie inbrünstig überzeugt von sich. Was in ihren Augen loderte, hatte etwas von fanatischer Glut an sich. Romanas entschlossen funkelnde Augen konnten, wenn sie sich in einen religiösen Wahn hineingesteigert hatte, recht unheimlich wirken. Nicht gerade anmachend, um ehrlich zu sein.


    Vielleicht war es gerade dies, was in Sermo das Abflauen, das Romana ebenso wie sein gesteigertes Interesse an ihrer Person gar nicht bemerkt hatte, bewirkte? Wie dem auch sei, Romana dachte kurz nach, als er ihr das Angebot machte. Dann seufzte sie und schüttelte den Kopf.


    “Es ist sehr, sehr freundlich von dir, mir dieses Angebot zu machen. Das Bad käme mir sehr entgegen. Aber ich fürchte, ich muss wieder los. Ich bin bald eingeteilt für eine Torwache, und es wäre nicht gut, würde ich mich jetzt hier vertratschen. Ich werde, so denke ich, ein kurzes Bad im Balneum des Atrium Vestae nehmen... aber deine Gastfreundlichkeit will ich nicht über alle Maßen in Anspruch nehmen. Aber es hat mich sehr gefreut. Danke. Du hast mir wirklich geholfen.“ Sie lächelte ihm schwach zu.


    “Ich werde jetzt wohl gehen. Mögen die Götter dich beschützen.“ Sie machte sich darauf, aufzustehen, blickte aber vorher noch Sermo an. Hatte er noch was zu sagen?

  • Die Gerechtigkeit wird siegen. Natürlich, so dachten alle kleinen Mädchen und Jungen, deren Vater wegen Steuerhinterziehung im Carcer saß oder deren Mutter wegen Ehebruchs der Kopf abgeschlagen wurde. Gerechtigkeit gab es nicht. Es gab nur Recht und Unrecht. Festgeschriebene Gesetze sorgten für Recht und bestimmten damit Unrecht. Und alles dazwischen war eine Sache für die Parzen. Aber Sermo machte natürlich gute Miene zum naiven Spiel, das die Claudia abzog und nickte nur ernst. "Dein Wort in der Götter Ohr."
    Ebenso nickte er, als Romana sein Angebot ablehnte. "Ich möchte dich nicht von deinen Pflichten abhalten," erklärte er. "Es war mir eine Ehre behiflich sein zu können." Da Sermo nichts mehr zu sagen hatte, erhob er sich und bot der Claudia galant die Hand an, um ihr beim Aufstehen zu helfen. Er geleitete sie zur Haustür und verabschiedete sich mit einem gehauchten Handkuss. "Meine liebe Romana, es war mir eine Freude. Ich wünsche einen guten Heimweg."

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