Nigrina lächelte gebührend geschmeichelt. Natürlich gehörten sie hier zu den schönsten Frauen, davon war sie ohnehin überzeugt, aber abgesehen davon, dass man auf ein Kompliment nun mal gebührend geschmeichelt zu reagieren hatte, jedenfalls wenn es von einem der mächtigsten Männer Roms kam, gefiel es selbstverständlich auch ihr, wenn ihr so etwas gesagt wurde. „Was für ein bezauberndes Kompliment.“ Das sie absolut verdient hatten. Und, naja, es könnte auch noch bezaubernder werden, fand sie, aber in so einer Position konnte mann sich auch die ein oder andere Nachlässigkeit erlauben, was Komplimente für Frauen anging. Es kam immer auf die Macht an, die die ausgesprochenen Worte begleitete… Zu dumm, dass sie nicht auf Kommando erröten konnte, das würde noch einiges abrunden in ihrer schauspielerischen Leistung. Aber sie konnte so lächeln als ob. „Das tut es“, pflichtete sie ihrer Verwandten dann bei. „Sag, erwartest du denn noch eine Begleitung, oder bist du heute Abend allein hierher gekommen?“
Theatrum Marcelli | Ludi Apollinares
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Potitus gefiel es ausgezeichnet, dass die beiden keine von diesen schüchternen Puten waren, die sich am besten sofort versteckten, wenn jemand sie auch nur wahrnahm! Vielleicht wurde das ja doch noch was! "Natürlich habe ich Geschmack! Geschmack im Überfluss!" antwortete er daher, sein Selbstbewusstsein beweisend.
Als Nigrina ihn dann nach seiner Begleitung fragte, verschwendete er kaum einen Gedanken an seine aktuelle Gespielin. "Ja, ihr müsst wissen, dass ich solo bin. Aber wenn es euch nichts ausmacht, könntet ihr ja für heute meine Begleitung machen!" Ohne eine weitere Antwort abzuwarten, hiefte er seinen Körper nach oben, drängelte sich zwischen die beiden jungen Damen und legte die Arme um sie. "Ihr habt ganz vergessen, euch vorzustellen! Wie heißt ihr beiden Honigkekschen eigentlich?" Honigkekse - was für eine Idee!
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Praefectus Urbi hin oder her, der Kerl wurde immer aufdringlicher! Mittlerweile durfte es wohl auch Nigrina klar gewesen sein, worauf Salinator spekulierte. Ich hoffte es zumindest. Sie ließ sich doch hoffentlich nicht von seinen Komplimenten einlullen! Nein, bestimmt nicht. Sie spielte nur mit ihm! Oder?
Seiner Beteuerung, er habe Geschmack im Überfluß glaubte ich ihm aufs Wort, konnte es aber nur mit einem gezwungenen Lächeln erwidern.
Dann fragte Nigrina ihn auch noch nach seiner Begleitung! Die Antwort, die darauf folgte, ließ mich schlimmes ahnen. Warum nur war ich heute Abend hierhergekommen? Warum hatten die Götter zugelassen, daß sich dieser Homo novus hinter uns setzte? Genau, damit er sich nun zwischen uns drängen konnte! Ich glaubte es ja nun nicht, wie unverschämt! Ohne Rücksicht auf Verluste zwängte er sich neben uns. Gerade noch rechtzeitig konnte ich auf den freien Platz zu meiner Rechten ausweichen, sonst wäre ich zweifellos Opfer seines breiten Hinterteils geworden. Ich konnte nur hoffen, daß dieses Glück auch Nigrina zu Teil wurde.Ja, tatsächlich, bis jetzt hatten wir unsere Identität erfolgreich vor ihm verbergen können. Das dies aber nun kaum noch möglich schien, lag auf der Hand.
Hatte er soeben tatsächlich Honigkekschen gesagt, oder war mein Gehörgang verstopft? Nein, nein, ich hatte richtig gehört! Honigkekchen! Wie kam er nur darauf? Da brauchte man nicht lange zu fragen, wenn man sich seine Leibesfülle betrachtete! Natürlich wollte ich Salinator für meinen Teil, nicht mit allen Tatsachen konfrontieren, das wäre ja noch schöner gewesen!
"Ich bin Celina und das ist…" Ich lenkte meinen Blick auf meine Begleitung, damit sie sich selbst vorstellen konnte. Celina war im Übrigen mein Kosename aus Kindertagen gewesen, also nicht ganz gelogen. -
Potitus schien gar nicht zu merken, dass er zumindest einer der Damen etwas zu aufdringlich wurde. Wieso sollte auch jemand etwas gegen den mächtigsten Mann Roms haben?
Als die erste der beiden ihren Namen nannte, musterte er sie noch einmal prüfend. "Celina, soso...und aus welcher Familie?" fragte er dann weiter. Denn dass sie aus vornehmen Hause stammte, sah vermutlich sogar ein Blinder! Es sei denn, sie war eine Konkubine...aber dann würde sie kaum ohne ihren Mann auf den vordersten Plätzen im Theater Platz nehmen dürfen!
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Auch Nigrina war... nun, nicht unbedingt begeistert, als der Praefectus Urbi ihre Worte als Einladung begriff, sich zwischen sie zu drängen. Aber der Mann hatte Macht... und Nigrina spielte ihre Rolle als unschuldig-naives Mädchen vom Land – was sie ja auch eigentlich war – weiterhin perfekt. Sie war nicht so dumm nicht zu begreifen, was sich hier für Chancen auftaten – und für Risiken, wenn sie den Mann nun vor den Kopf stießen. Sie hatte nicht vergessen, was ihr Bruder über ihn erzählt hatte, auch wenn Nigrina fand, dass es ja ein Gefallen gewesen war, dass Piso aus der kaiserlichen Kanzlei geschmissen worden war. Ein Flavier als Beamter, wo kämen sie denn da hin... So oder so war sich Nigrina durchaus im Klaren darüber, dass neben ihr ein Mann saß, der, so er denn als Freund zu gewinnen war, einiges bot – den man aber ganz sicher nicht zum Feind haben sollte. Ganz gleich, was man über ihn denken mochte.
Celerina indes erntete einen kurzen Blick, als sie sich vorstellte – Nigrina hatte sich genug unter Kontrolle, um ihre Überraschung nicht zu zeigen, sondern stattdessen nur zu lächeln, aber sie fragte sich dennoch, warum sie nicht ihren eigentlichen Namen sagte. Und warum sie die Familie verschwieg. Sie selbst sah darin keinen Sinn, nicht den geringsten, schon allein deshalb nicht, weil sie vorhatte, in der Gesellschaft Roms schnell genug weit genug nach oben zu steigen, dass sie auch den Praefectus Urbi mehr als einmal sehen würde. „Nigrina“, sprang sie ein, als es um ihren Namen ging, und nach der Frage des Vesculariers lächelte sie nur noch lieblicher. Sie wusste nicht, welches Spiel Celerina hier spielte – aber sie war nicht gewillt, nach Regeln zu spielen, die sie selbst nicht kannte. Nein, da legte sie schon lieber ihre eigenen fest. „Flavia.“ Ihr Lächeln blieb süß. Hatte Celerina vorhin erwähnt, dass sie verwandt waren? So genau konnte sie sich nicht mehr erinnern, es mochte sein, aber falls nicht, hatte sie nun immer noch die Chance, ihr eigenes Spiel weiter zu verfolgen und ihren Gensnamen nicht zu verraten.
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Potitus schwenkte seine Aufmerksamkeit sofort auf Nigrina, als diese ihren Namen nannte. Eine Flavia! Eine Flavia! Das war natürlich ein schlechtes Vorzeichen! "Soso, Nigrina...ich darf doch Nigrina sagen, oder? Bist du zufällig verwandt mit diesem...äh...Flavius Furianus? Oder diesem Flavius Gracchus?" Nach Salinators Meinung hatten alle flavischen Männer einen Schaden. Der eine war ein aufgeblasener Choleriker, der andere ein feiger Schwächling. Vielleicht waren ja wenigstens die flavischen Frauen besser, auch wenn die ständige Inzucht dieser Sippen eher die Befürchtung nahelegte, dass sie ähnlich gestört waren.
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Sim-Off: Tut mir wirklich leid, hab auch den hier vergessen...
„Natürlich darfst du das“, lächelte Nigrina. Hallo, das war der Praefectus Urbi. Selbst wenn er beschloss ihr irgendeinen Spitznamen zu verpassen und sie fortan mit diesem zu rufen – je nachdem was für ein Spitzname das sein würde, würde es ihr kaum gefallen, aber es gab nicht viel, was sie dagegen sagen würde, jedenfalls nicht in seiner Gegenwart. „Darf ich mir denn die gleiche Frechheit herausnehmen?“ Ihr Lächeln bekam etwas Verschmitztes, während sie sich ein wenig zurücklehnte und dann einen kurzen Blick auf die Bühne warf. Um sie herum erstarben nach und nach die Gespräche, was ein Anzeichen dafür war, dass das Stück bald beginnen würde, und auch Celerina schien ihre Aufmerksamkeit vermehrt auf die Bühne zu richten. Dennoch antwortete Nigrina dem Vescularier, etwas leiser nun, auf seine Frage. „Ich bin mit beiden verwandt.“ Sie war sich nicht ganz sicher, was sie aus der Frage des Praefectus Urbi heraushörte, aber dass sie sowohl mit Furianus als auch mit Gracchus verwandt war, ließ sich nun mal schlecht leugnen. Auch wenn sie – geprägt durch ihren Vater – zumindest von Gracchus nicht sonderlich viel hielt. „Sie sind beides Vettern von mir, ersten und zweiten Grades.“ Oder war sie Furianus' Tante zweiten Grades? Damit kam sie immer durcheinander, aber letztlich war das auch nicht so wichtig, fand sie.
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Potitus grinste wiederum zufrieden. "Freilich! Nenn' mich Salinator!" antwortete er dann. Diese Nigrina war für eine Patrizierin doch ganz nett! Aber vor allem war sie scheinbar mit beiden flavischen Senatoren verwandt, auch wenn es Salinator schwer fiel, diese abstrusen Verwandtschaftsverhältnisse, auf die wohl nur Patrizier etwas hielten, einzuordnen.
Die andere Flavierin schien allerdings das Interesse an ihm verloren zu haben, sodass der Praefectus sich nun umso mehr der jüngeren von beiden zuwenden konnte. "Und du bist also ein Theater-Fan oder was?" fragte er dann weiter.
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„Salinator also“, lächelte Nigrina. Ob sie sich dabei so vorkam, als verkaufe sie sich ein wenig? Mitnichten. Der Mann war Plebejer, mehr noch, ein Emporkömmling, aber er hatte Macht, Macht, und das war eines der wenigen Kriterien – wenn nicht das einzige –, das Nigrina dazu veranlassen konnte, über ihre Herablassung gegenüber allen, die niedriger standen als sie, hinweg zu sehen. Kein Wunder, wurde die ihr eigene Arroganz doch nur übertrumpft von ihrem Wunsch nach Einfluss und der Mehrung der eigenen Macht. Natürlich wäre es ihr lieber gewesen, wäre der Mann neben ihr ein Patrizier. Aber nun, man konnte nicht alles haben, und Nigrina gehörte zu den Menschen, die damit durchaus umgehen konnten.
„Doch, das könnte man sicher so sagen“, antwortete sie. Theater-Fan im eigentlichen Sinn stimmte vielleicht… nicht ganz, aber sie ging oft genug ins Theater. Mehr um zu sehen und gesehen zu werden, sicher, und um Leute kennen zu lernen – so wie hier – und vielleicht etwas Klatsch aufzuschnappen, der andernorts gewinnbringend eingesetzt werden konnte – obwohl dafür die Thermen ein noch besserer Ort waren –, aber der Praefectus Urbi hatte ja nicht nach dem Grund gefragt, aus dem sie gern ins Theater ging. „Hier in Rom ist es allerdings erst das zweite Mal, dass ich es in eine Aufführung geschafft habe. Was ist mit dir, trifft man dich häufiger im Theater an?“
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Potitus sah erwartungsvoll zu ihr hinüber. Scheinbar war sie nicht ganz so sicher, ob sie ein echter Fan war. Wahrscheinlich ging sie nur zum Tratschen hierher! Salinator dagegen war sich sehr sicher, wie seine Position zum Theater war: "Ich finde es eigentlich langweilig. Eigentlich bevorzuge ich etwas lockerere Stücke." Vor allem solche, bei denen Frauen mitspielten, die am Ende des Stückes - oder schon davor - nackt waren oder Priapus zumindest eine tragende Rolle spielte! "Aber dafür trifft man immer interessante Leute, so wie heute!" Er grinste stolz über sein etwas plattes Kompliment.
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