[Ludus Dacicus] Gladiatorenschule

  • Es war definitiv eine schlechte Idee gewesen. Er hatte gegen die wohl wichtigste Regel verstoßen, die es in einem Ludus gab, jedenfalls wenn er den Juden richtig verstanden hatte, als er das letzte Mal hier gewesen war. Er hatte nicht nur unerlaubt gesprochen, er hatte widersprochen. Trotzdem bereute Shayan nicht, dass er für den anderen interveniert hatte. Der Mann war fertig. Nicht dass es ihm viel brachte, denn er wurde genauso wieder brüllenderweise ins Training getrieben wie die anderen Neulinge und ein paar der älteren Gladiatoren, die im Training gestockt hatten, um zuzusehen, aber dennoch war er überzeugt davon, dass es einfach richtig gewesen war, etwas zu sagen. Wenigstens darauf hinzuweisen.
    Ohne sich zu wehren ließ Shayan sich auf die Füße zerren, ein paar Schritte fort von den Trainierenden, hin zu einer Vorrichtung, wo ihm mit wenigen Handgriffen die Hände gefesselt und nach oben gezogen wurden, bis er gerade noch so stehen konnte.


    Augenblicke später ging schon der erste Peitschenhieb auf seinen Rücken nieder.
    Gleich darauf der nächste.
    Und der nächste.


    Shayans Finger hatten sich um das Seil gekrampft, das seine Hände gefesselt hielt, sein Kopf war gesenkt, die Lider aufeinander gepresst, während er die Schläge zählte, ohne wirklich bewusst zu erfassen, wie oft die Peitsche ihn nun traf. Er zählte einfach nur, um sich abzulenken von dem Schmerz, der in seinem Rücken aufblühte. Zählte den Moment herbei, in dem sie aufhören würden. Ohne es zu merken, stieß er manche der Zahlen, in seiner Muttersprache, halblaut hervor, immer dann, wenn er sich nicht gerade die Lippe noch blutiger biss als sie ohnehin schon war, um einen lauteren Schmerzlaut zu unterdrücken, lauter als das Stöhnen, das er bald nicht mehr unterdrücken konnte. Und er zählte weiter, weil es das Einzige war, woran er sich wirklich klammern konnte in diesem Moment, verlor sich darin, zählte, als hinge sein Leben davon ab, und unterwarf sein Bewusstsein dem Rhythmus dieses Zählens, der wiederum den Schlägen unterworfen war. Zwang seinen Atem, sich diesem Rhythmus ebenso zu unterwerfen, Schlag, Zahl, nur den Bruchteil eines Augenblicks nachdem die Peitsche ihn berührt hatte, Ausatmen gemeinsam mit der Zahl, Einatmen, Ausatmen, Einatmen, abgehakt nur, dazu gedacht, diese winzige Pause zu füllen, ja nicht aus dem Takt kommen, der ihm half, den Schmerz zu beherrschen, und dann wieder Schlag. Zahl. Ausatmen. Einatmen. Ausatmen.


    Irgendwann kam der Moment, in dem kein Schlag mehr kam. Shayan begriff es zuerst überhaupt nicht, zählte und atmete weiter, bis auch er aufhörte, als die Schläge ausblieben. Keinen Augenblick später drangen die Schmerzen zu ihm durch, und er biss sich auf die Lippe und spannte die Muskeln an, noch mehr als zuvor, um sich zu beherrschen. Es dauerte allerdings nicht lange, bis er losgemacht und wieder durch die Gegend geschleift wurde, und bevor er es sich versah, war er irgendwo in den Ludus gebracht worden in einen Raum, wo er unsanft auf eine Liege gedrückt wurde, mit dem Bauch nach unten. Gleich darauf spürte er, wie sich jemand an seinem Rücken zu schaffen machte, und diesmal, ohne die Hilfe des Zählens, konnte er einen Schmerzlaut nicht mehr unterdrücken. Aber auch das ging vorbei. Die Wunden wurden gesäubert, das spürte er nur zu deutlich, und anschließend wurde irgendetwas aufgetragen. Shayan fragte nicht nach, was es war, oder wer ihn da behandelte. Es spielte keine Rolle, es wurde einfach gemacht, ob nun mit oder seine Kenntnis oder gar sein Einverständnis, war völlig gleichgültig. Und die Paste kühlte, linderte den Schmerz tatsächlich.
    Für einige Momente wurde er dann in Ruhe gelassen. Kein Wort fiel, in der gesamten Zeit nicht. Shayan lag einfach nur da, zwang sich, kontrolliert zu atmen, spürte den Schmerz nach und nach weit genug abebben, dass er wieder klar denken konnte, und begriff ebenso nach und nach, dass der Aufseher kaum mit seiner ganzen Kraft zugeschlagen hatte. Verständlicherweise. Letztlich war er hier, um zu trainieren, zu kämpfen, und das konnte er nicht mehr, wenn sie ihn zu Brei schlugen. Es sollte eine Strafe sein, nicht mehr und nicht weniger, und eine Strafe war effektiver, wenn er danach bald weiter machen konnte, sie noch spürend, sie vielleicht auch den anderen zeigend, aber ganz sicher nicht irgendwo herumliegend und umsorgt werdend.
    Wieder spürte er Hände auf seinem Rücken, spürte er erneut, wie etwas aufgetragen wurde. Dann öffnete sich eine Tür, und Shayan hörte einen Mann rufen: „Könnt ihn wieder mitnehmen.“
    Gleich darauf war der Parther wieder in der Arena, die Holzschwerter in der Hand, und zwang sich mühsam – und nicht von sonderlich viel Erfolg gesegnet, jedenfalls was Takt und Tempo anging –, weiterzumachen.

  • Jeden Tag war der Ablauf derselbe. Aufstehen, Waschen, Frühstücken, Trainieren, Mittagessen, Trainieren, Waschen, Abendessen, Schlafen. Tag für Tag folgte Anweisung um Anweisung. Wenn es regnete, wurde trainiert. Wenn es hagelte, wurde trainiert. Wenn es kalt war, wurde trainiert. Wer krank wurde, kam zum Medicus, und trainierte dann weiter. Wer sich verletzte, kam zu Medicus, und trainierte dann weiter. Wer bestraft wurde, kam danach zum Medicus, und trainierte dann weiter. Ausflüchte gab es nicht. Ausnahmen gab es nicht. Wer da war, gehorchte den Anweisungen, ohne Einspruch. Tag für Tag für Tag für Tag.


    Und die Spiele wurden gröber. Wo anfangs nur Wetten geschlossen wurden, welcher Neuling als erstes zusammenbrach, wer als erstes wimmernd zusammensank, wer als erstes ausrastete, wurde bald schon nachgeholfen. Ein gezielter Tritt in die Fersen auf dem weg zum Essen. Das zurückschieben in der Reihe auf die hintersten Plätze, gefolgt von Nettigkeiten. “Wer so eine häßliche Lupa zur Mutter hatte wie du, isst zuletzt.“ Dicht gefolgt von einer weiteren Spitze eines anderen, wie “Ach, ich dachte ER ist die lupa!“ Oder auch direkteres.
    Der Thraker hatte seinen besonderen Spaß daran, den Neulingen Angst zu machen. Er hatte dafür seine ganz eigene Art. “Oh, du musst keine Angst haben, solang du hier im Ludus bist. Erst beim ersten Kampf. Weißt, manchmal brauch'n die hier nur 'n paar, die sie den Löw'n vorwerf'n können. DANN biste mal am Arsch, weil kämpf mal mit so 'nem Zahnstocher gegen so 'nen' Löw'n! Das sind riesige Viecher, sind das! Und die Leut woll'n ja nur Unterhaltung! Oder aber, sie schick'n dich gegen jemanden, den sie zum Champion mach'n woll'n. Der soll dann 'n paar Mal spektakulär gewinnen und kriegt deshalb so Würstchen wie dich zum Gegner. Dann filetiert der dich langsam und genüßlich. Ich würds gleich machen, wenn ich geg'n dich kämpfen sollt'. Schön langsam Schnitt für Schnitt, bis du ein blut'nd'r Hauf'n Matsch bist.“
    Bei den wenigen Gelegenheiten, wo man tatsächlich gegeneinander übte und nicht gegen den palus oder eine der machinae, wurde auch jede Möglichkeit genutzt, die Neulinge hart mit dem Holzschwert zu treffen und sie so auf die Knie zu zwingen. Fast immer übergab sich ein Neuling, wenn er so in den Magen getroffen wurde. Und jedes Mal musste er sich dann die harschen Worte der Doctores und die Häme der Gladiatoren gefallen lassen.


    Tag für Tag für Tag.




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    Heute war ein Tag, an dem die einfachste und zugleich schwerste Übung anstand. Sterben.
    Malachi hatte dies schon so oft hinter sich gebracht, dass er nicht einmal mehr darüber nachdachte. Die Bewegungen dort waren ihm ebenso in Fleisch und Blut übergegangen wie die, wenn sein sica auf den palus schlug. Sterben war genauso einfach wie töten geworden, genauso alltäglich, genauso gewöhnlich. Nicht, vor das man in Ehrfurcht erstarren müsste. Nichts, was man fürchten müsste. Nichts, das man bedauern müsste. Sie alle waren schon seit dem Zeitpunkt ihrer Geburt tot, nur die Neulinge mussten das noch lernen und akzeptieren.


    Der Grieche war der erste, der es lernen sollte. Die doctores thracii und die doctores dimacharii waren hierfür alle zusammengekommen, denn diese Übung war für alle gleichermaßen. Hier gab es keinen Unterschied zwischen den Waffengattungen, von jedem Gladiator wurde dasselbe erwartet. Und so standen sie alle brav aufgereiht im Halbkreis, die Novici zusammen mit den Gladiatores. Nur die großen Stars des Ludus hatten diesen Nachmittag nun frei bekommen, als kleinen Bonus ihrer guten und vor allem erträglichen Leistungen.
    “Du, komm her und knie dich hin!“ Der Grieche wurde von einem der Doctores herbeordert. Er war wohl derjenige, der in letzter Zeit am meisten hatte leiden müssen, und sein Leidensweg war bei weitem noch nicht zu Ende. Und nun tat er, wie ihm geheißen, und ließ sich in den Sand der Arena sinken, auf seine Knie.
    “Aufrecht sitzen! So, ja.
    Und ihr, seht nun zu. Es wird von euch nicht viel erwartet. Ihr sollt kämpfen, und ihr sollt gut kämpfen. Ihr sollt ehrenvoll leben. Und ihr sollt gut und ehrenvoll sterben. Das erste können wir euch beibringen, das zweite können wir euch einprügeln. Und das letzte werden wir jetzt trainieren. Also RUHE!“


    Nach seiner kleinen Ansprache wandte er sich wieder dem Novicus zu und zog sein Schwert. Nicht das aus Holz, die scharfe Waffe. Das Metall gab ein zischendes Geräusch von sich, als es aus der Scheide gezogen wurde. Jetzt hatte er garantiert die Aufmerksamkeit aller hier auf sich, denn dieses Geräusch kannten sie wohl alle, und kaum einer verband es mit etwas Positivem. Sonst wären sie nicht hier.
    “Du bewegst dich jetzt keinen Milimeter, egal, was ich tue!“
    Ein eigentlich leichter Befehl, aber nicht so leicht auszuführen. Als der kalte Stahl auf das Schlüsselbein aufsetzte und die kalte Schneide den Hals zum ersten Mal berührte, sah man dem Griechen die Panik in den Augen an. Und er schwitzte trotz des kalten Wetters. Dann holte der Doctor aus, nahm die Klinge schnell hoch, sie wie einen Dolch zum Mord haltend. Es deutete sich nur die abwärtige Bewegung an, nicht einmal annähernd ausgeführt, als ein panisches “Aaaaaaah“ ertönte und der Mann auf dem Bauch lag und sich wegzurollen versuchte. Die prompte Antwort des Ausbilders darauf war ein heftiger Tritt, der den Mann in den Unterleib traf, woraufhin sein panisches Gebaren einem schmerzhaften Keuchen Platz machte.
    “ICH HAB GESAGT, NICHT BEWEGEN, DU MISTMADE!“ donnerte es gleich ohrenbetäubend unter dem Platz. Und nein, er durfte nun nicht gehen, sondern musste sich wieder in die kniende Position begeben. Das hier wurde geübt, wie jede andere Bewegung auch. Es gab keine Ausflüchte. Es gab keine Ausnahmen.

  • Beim zweiten Versuch blieb er sitzen, und doch zuckte er zusammen, als der Stahl ihn kurz berührte. So sehr, dass er sich schnitt, und hellrotes Blut in einem feinen Kratzer an seiner Wange entlang lief. Auch das fanden die Aufseher nicht gerade lustig, und er bekam noch einen Schnitt auf die andere Wange verpasst. Nicht so tief, als dass eine Narbe bleiben würde – sofern die Wunde nicht eiterte, hieß das. Das konnte man nie ausschließen – aber tief genug für weiteres Blut, weiteren Spott und weitere Beleidigungen. Als der Mann auch beim dritten Versuch nicht ruhig blieb und zu wimmern anfing, riss dem Ausbilder scheinbar der Geduldsfaden. “Miiiimiiimiii, du heulst wie ein kleines Mädchen! Und aus dir soll ein Gladiator werden?! Jeder Straßenköter hat mehr Mumm in den Knochen als du! Jedes Opferlamm weiß tapferer zu sterben! Ja, heul, schrei nach deiner Mutter! Vielleicht wälzt sie sich unter ihren nächsten Freier hervor und kommt hierher gewatschelt, wenn du nur laut genug jammerst!“


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    Malachi wusste, das waren nur Worte. Worte verletzten nicht. Nicht mehr. Schon lange nicht mehr. Vielleicht sollte er seinem Gott danken, dass er ihm weit schlimmeres vor Augen geführt hatte als den Tod, ihm weit schlimmeres angetan hatte als Worte, so dass er seit seiner Ankunft hier schon viel ruhiger war als dieses wimmernde Stück Mensch, das es nicht fertig brachte, der einfachen Anweisung, ruhig sitzen zu bleiben, folge zu leisten. Auch nicht nach Strafe.
    Vielleicht war es das Wissen, dass es eben nicht so war, dass man unersetzlich und unantastbar war. Ja, für den Ludus war man lebendig mehr wert. Aber sie konnten einen töten, wenn sie wollten. Und manchmal taten sie es auch. Diese Ungewissheit war Teil des Lebens hier, das zwar weit besser war als das Sklavendasein der meisten außerhalb dieses Ludus, aber auch weit weniger kalkulierbar. War man Sklave in den Minen, wusste man, dass man in wenigen Jahren tot sein würde. War man Sklave im Haus reicher Leute, wusste man, dass man wohl einige Zeit leben würde, wenn man nur brav den Kopf unten hielt. War man im Ludus, konnte einen jeder Fehler töten, und jede Perfektion konnte einen in den Kreis der Götter aufsteigen lassen. Nur musste man die erst erreichen.


    “Du, komm her!“ Der Doctor deutete auf Malachi.
    Ohne Rückfragen, ob er gemeint war, oder auch nur Verwunderung, ging Malachi zu dem Ausbilder. Er würde tun, was ihm befohlen wurde, und wenn dieser Befehl hieß, diesen wimmernden Trottel von seinem Leid zu erlösen, um den anderen eine Lektion zu erteilen, dann würde er das tun. Er hatte es auch schon getan, in seinem ersten Jahr hier in der Schule. Und andere hatten solche Befehle auch schon ausgeführt. Es ging nicht um Moral, es ging um Disziplin.
    Doch der Befehl war anders. Einfacher. “Knie dich hin.“ Und Malachi kniete. “Und jetzt sehr, wie das richtig gemacht wird!“
    Der Ausbilder berührte mit dem kalten Stahl das Schlüsselbein des Juden. An der Klinge war noch etwas Blut des Griechen und blieb als kleiner Punkt auf dem nackten Oberkörper zurück, als der Doctor ausholte. Das Schwert fuhr nieder, geschmeidig und schnell, und erst im letzten Moment wurde die Bewegung gestoppt. Ein ganz klein wenig berührte die Spitze exakt den Blutpunkt und ritzte Malachis Haut dort auf. Ein dicker Blutstropfen bildete sich und rann über seine Brust, aber von ihm kam nicht ein einziger Laut. Er schaute nur gerade aus in die Unendlichkeit. Er kannte die Übung.
    “So muss das aussehen! Egal was kommt, egal was ist! Ihr setzt euch SO hin und ertragt es.“
    Unter den Neulingen wurden ein paar Blicke getauscht, was dem Ausbilder wieder nicht gefiel. Er gab einem seiner Mit-Doctores ein kleines Zeichen, und schnell war ein glühendes Eisen zur Hand. Der eine oder andere hatte seinen Kuss schon gespürt, es war eine der schmerzhaftesten Strafen. “Ihr findet das wohl albern, hm? Ich sagte...“ Und er legte das glühende Stück stahl nur ganz leicht an Malachis Haut an der Schulter. Er musste nicht drücken oder Gewalt anwenden, die Hitze tat ihre Arbeit auch so. Sofort erfüllte der Geruch von versengter Haut die feuchtkühle Winterluft. Malachis Muskeln spannten sich an, vor allem an der Kiefermuskulatur war es zu sehen. Aber weiterhin kam kein Laut hervor. “...ihr bewegt euch nicht, EGAL WAS KOMMT. Ihr ertragt es! Und wir werden das üben, bis ihr es ertragt.“ Erst jetzt nahm er den Stahl weg, und auf Malachis Stirn stand kalter Schweiß. Aber er bewegte sich nicht, nicht einen Fingerbreit. Auch nicht, während der Doctor seine Schützlinge musterte, in ihren Gesichtern las und nach Anzeichen von Auflehnung suchte, um diese im Keim zu ersticken.
    Erst nach einer Weile wandte er sich dem Knienden zu. “Steh auf, geh zum Medicus und lass die Wunde versorgen.“
    Malachi nickte stumm und tat, wie ihm geheißen. Wenngleich die Bewegungen jetzt nicht mehr so flüssig wirkten wie sonst, sondern bewusster und beherrschter. Er ging ohne ein Wort oder auch nur einen Blick auf die anderen oder gar den Doctor einfach in Richtung der luduseigenen Ärzte, um sich eine Paste auf die kleine Brandwunde schmieren zu lassen. Er konnte sich nicht leisten, dass sie eiterte. Solange er noch atmete, befolgte er Befehle.

  • Jeden Tag dasselbe. Jeden Tag, den er hier im Ludus verbrachte, hieß das. Und das immerhin war ein Vorteil seines Gladiatorendaseins – es war zuverlässig. Berechenbar.
    Ganz anders als seine Herrin, deren Launen an manchen Tagen keine Grenzen zu kennen schien. Es gab Tage, an denen er völlig in Ruhe gelassen wurde, an denen er einfach nur der Arbeit nachging, die ihm aufgetragen wurde. Aber diese Tage waren eher selten. In aller Regel wollte die Flavia ihn um sich haben. Nun, das konnte er sogar verstehen, denn dass sie vorhatte ihn als ihren Leibwächter einzusetzen, das wusste er inzwischen – und dafür setzte man nicht einfach irgendjemanden ein, den man überhaupt nicht kannte und von dem man nicht wusste, ob man ihm vertrauen konnte. Er hätte es jedenfalls nicht getan, und sie schien ebenso zu denken. Zumindest vermutete Shayan das. Vielleicht hatte sie auch andere Beweggründe, vielleicht dachte sie auch gar nicht darüber nach, das konnte auch sein.
    In jedem Fall wollte sie ihn häufig in ihrer Nähe haben, und ständig in der Nähe der Flavia zu sein, war keineswegs einfach. Die die in der Nähe waren, waren es, die die Launen abbekamen, die plötzlichen und teils schwer erfüllbaren Wünsche, und auch die Wutausbrüche, wenn etwas nicht so lief wie sie wollte.
    Im Ludus war das anders. Hier wusste er stets, was ihn erwartete. Es gab keinen Augenblick, an dem nicht simples Zähne zusammenbeißen und durchhalten angesagt war, es gab keinen Moment, in dem er darüber nachdenken müsste, ob er etwas sagen sollte, konnte, durfte. Was nicht hieß, dass er sich immer daran hielt.
    Oder dass es einfach war.
    Denn das war es ganz und gar nicht. Shayan tat sich schwer damit, sich an die Abläufe im Ludus zu gewöhnen, wenn auch aus anderen Gründen wie die meisten Neulinge hier. Das Training war hart, aber damit hatte er kein Problem. Er übte verbissen, ignorierte die Schmerzen, die gerade in den ersten Tagen unglaublich schienen, und stellte mit einer gewissen Zufriedenheit fest, dass es nach und nach leichter wurde. Er wurde besser. Natürlich war zu merken, dass er tageweise im Ludus fehlte, aber das konnte er größtenteils durch zwei Dinge wieder wettmachen – zum einen dadurch, dass er nicht als völliger Anfänger gekommen war, und zum anderen dadurch, dass er auch in der Villa Aurelia trainierte, wann immer er die Zeit dazu fand.
    Womit er hingegen ein Problem hatte, war das Verhalten, das gefordert war. Nie etwas sagen, auch dann nicht, wenn man etwas für falsch hielt.
    Es war nicht bei der einen Strafe geblieben für ihn, die er sich gleich am ersten Tag eingehandelt hatte. Shayan tat sich schwer damit, zu schweigen, wenn etwas gegen sein Ehrgefühl verstieß, oder seine Auffassung von Gerechtigkeit. Weshalb er allerdings hin und wieder ungehorsam war, interessierte die Ausbilder, gelinde gesagt, einen Dreck. Und auch der Umgang mit den anderen Gladiatoren, die schon länger hier waren, war nicht einfach. Von den üblichenn Dingen, mit denen sie die Neulinge zu ärgern oder zu verschrecken versuchten, ließ Shayan sich nicht wirklich provozieren. Aber nachdem einmal klar geworden war, wodurch er sich provozieren ließ, war es für die Gladiatoren ein leichtes, auch ihn dran zu kriegen. Es gab Dinge, bei denen konnte er – vermutlich noch – nicht einfach tatenlos zusehen. Und jedes Mal zog es Konsequenzen nach sich, ob er nun einfach nur niedergebrüllt wurde oder sich die ein oder andere Strafmaßnahme einhandelte.
    Abgesehen davon jedoch, dass diese kleinen und größeren Bestrafungen bei ihm aus anderen Gründen erfolgten als bei den meisten anderen, war das nichts Besonderes. Es gehörte zum Training dazu wie so vieles andere. Shayan akzeptierte es schlicht, es blieb auch kaum etwas anderes übrig. Das Training absolvierte er mit zunehmendem Elan und Können. Die Schindereien ignorierte er so gut als möglich. Die Strafen, wenn er sich welche einhandelte, ertrug er ohne Klagen – in dieser Hinsicht war er nach wie vor Soldat genug, steckte das alte Training ihm genug in den Knochen, dass er es einfach über sich ergehen ließ. Er wurde höchstens noch schweigsamer und zurückgezogener als ohnehin schon, verlor kaum ein Wort – was aber eher von Vorteil war, galt für ihn doch immer noch das Sprechverbot, ebenso wie für die anderen Neuen. Nur innerlich begann er zu hadern. Mit sich und seinem Schicksal, vor allem aber mit seinem Gott. Sein Glaube war und blieb unerschütterlich – aber gerade deshalb begann er sich mehr und mehr zu fragen, warum es gerade ihn getroffen hatte. Was er sich hatte zuschulden kommen ließen, im Krieg oder davor, um ein Leben wie dieses verdient zu haben, was es gewesen war, für das er nun derart Buße leisten musste. Oder war es nur eine Probe, auf die er gestellt wurde? Er wusste es nicht, und das Vertrauen, das sein Glaube ihm sonst gab, das Vertrauen darin, dass es richtig war, auch wenn er den Sinn nicht erkennen konnte, wollte sich diesmal nicht so einfach einstellen.


    Und dann kam dieser Tag. Dieser Tag, an dem sie das erste Mal – nun, für die Neuen und damit auch ihn das erste Mal, jedenfalls – das Sterben zu üben hatten. Es war nichts, was unbekannt war, was geheim gehalten worden war. Insofern überraschte es keinen der Neulinge wirklich. Dennoch, davon zu hören und es zu sehen, waren zwei verschiedene Dinge. Und selbst in dieser Lage zu sein, war noch einmal etwas völlig anderes. Stumm, regungslos, mit einem Gesichtsausdruck, der nicht zu deuten war, sah Shayan sich das Schauspiel an, das vor seinen Augen stattfand. Erst einer der Neuen, ausgerechnet derjenige, der einer der Schwächsten schien, einer der am wenigsten Tauglichen. Dann einer der Gladiatoren. Und dessen Verhalten hätte keinen größeren Kontrast zu seinem Vorgänger bieten können. Kein Mucks war zu sehen, kein Laut war zu hören. Shayans Blick wanderte kurz zu dem Griechen, und seine Augen wurden einen Moment dunkler, als so etwas wie Mitgefühl in ihm aufstieg. Dass die doctores sich ihn als ersten ausgesucht hatten, war wohl Absicht gewesen. Einen größeren Effekt hätten sie nicht erreichen können mit der Darstellung des Juden, wenn sie nicht zuvor den Schwächsten malträtiert hätten.
    Kaum war der Gladiator verschwunden, ging es weiter. Einer nach dem anderen kamen die Neuen an die Reihe, mussten sich niederknien, bekamen das Schwert ans Schlüsselbein gelegt, spürten wie es weggezogen wurde, hörten wie es niedersauste. Keiner brachte es auf Anhieb fertig, nicht weg zu zucken, geschweige denn erstarrt zu bleiben wie eine Statue. Auch beim zweiten oder dritten Anlauf hatten viele keinen größeren Erfolg, auch wenn einige dann doch nicht mehr ganz so weit zuckten. Und hin und wieder bekam einer das heiße Eisen zu spüren, wenn sich so gar keine Besserung einstellen wollte.
    Die Ausbilder übten mit einem Mann, bis sie genug zu haben schienen, bevor der nächste gerufen wurde, und die ganze Zeit hatten die anderen zuzusehen. Und irgendwann war auch die Reihe an Shayan. Seine Kiefermuskeln spannten sich an, als er nach vorne trat und er dieselbe Position einnahm wie die anderen vor ihm. Er war... nicht aufgeregt. Nicht nervös. Er war bis aufs Äußerste angespannt, wie die Sehne seines Bogens, wenn er ihn für einen Kampf vorbereitet hatte.
    Er hatte keine Angst vor dem Tod. Soldaten wurde für gewöhnlich die Angst vor dem Tod recht effektiv ausgetrieben, und spätestens wenn sie sich im Krieg Auge in Auge mit ihm sahen, geschah etwas recht Endgültiges. Wenn man dem Tod auf so vielfältige und brutale Weise begegnete, wie das im Krieg der Fall war, dann zerbrach man entweder daran – oder der Tod verlor irgendwann seinen Schrecken. Nein, es war nicht Angst, die ihn hellwach machte, die seine Muskeln zum Vibrieren brachte und seinen Körper in Alarmzustand versetzte. Was ihn zum Zerreißen angespannt machte war die Tatsache, dass Stillhalten, wenn ein Gegner zum tödlichen Schlag ansetzte, für ihn bisher nie eine Option gewesen war. Er war Krieger. Er kämpfte, bis zum Tod, wenn es sein musste, aber er hielt nicht einfach still wie ein Opferlamm, solange noch genug Kraft in ihm zur Gegenwehr war. Dieses simple Aufgeben – sein Leben so völlig in die Hände eines anderen Menschen zu geben – widerstrebte ihm zutiefst. Und doch war es genau das, was von ihm erwartet wurde, hier.
    Die Anspannung, unter der er stand, nahm zu, als er schließlich kniete und das kühle Metall an seiner Schulter spürte. Stillhalten. Lautlos sagte er sich das in Gedanken vor, während er geradeaus starrte und unwillkürlich die Hände zu Fäusten ballte. Stillhalten. Immer noch lag die Schwertspitze auf seiner Haut, immer noch, immer noch... Stillhalten. Bis sie schließlich zurückgezogen wurde. Shayan wusste, mehr instinktiv denn bewusst, dass der Hieb kam, nahm das Zischen wahr, mit dem die Klinge durch die Luft sauste. Und er reagierte, bevor er sich ein weiteres Mal Stillhalten vorsagen konnte in Gedanken, reagierte, bevor er nachdenken oder sich beherrschen konnte, reagierte, wie er es jahrelang trainiert hatte. Er wartete nicht, bis der Schlag kam. Er gab seinem Gegner nicht die Gelegenheit, ihn so mühelos zu töten. Es war nichts, was er in diesem Moment bewusst hätte beeinflussen können, es war Instinkt und ein simpler Reflex, verstärkt durch ein Training, das in diesem Bereich in die genau entgegengesetzte Richtung gerichtet gewesen war wie das, das er hier im Ludus durchlief. Ein Krieger gibt nicht auf. Niemals. Nie.
    Shayan ließ sich ansatzlos nach vorne fallen, drehte sich auf die Seite, noch bevor er auf dem Boden aufgekommen war, und hob die Unterarme, in der Absicht den Schwerthieb damit von empfindlicheren Körperteilen abzulenken. Was allerdings nicht nötig gewesen wäre, war der Hieb doch nicht gedacht gewesen, tatsächlich so weit vorzustoßen. Und noch bevor Shayan dem nächsten Reflex folgen und aufspringen konnte, geschah zweierlei, und das ziemlich zeitgleich. Zum einen begriff er, dass er, wieder einmal, einen Fehler gemacht hatte.
    Zum anderen ließ ihn der Doctor das nun spüren.

  • Tage vergingen und reihten sich zu Wochen. Shayan kam es manchmal so vor, als ob er zwei Leben hätte, eines außerhalb des Ludus, eines innerhalb davon. Und wo dasjenige innerhalb stetig in den gleichen Bahnen verlief, ohne dass sich etwas Wesentliches änderte, traf das auf das Leben außerhalb dieser Mauern nur bedingt zu. War er zunächst einfach nur ein Sklave gewesen, der die Arbeiten erledigte, die ihm aufgetragen wurden, hatte die Flavia ihn mehr und mehr für sich persönlich eingenommen. Dass sie ihn als ihren Custos Corporis wollte, war ihm recht bald gesagt worden, dass er seine Vertrauenswürdigkeit, seine Loyalität würde beweisen müssen, ebenso, und auch dass er dann auf ein Leben hoffen konnte, das angenehmer sein würde als das eines x-beliebigen Haussklaven. Selbstverständlich war ihm das nicht von der Flavia gesagt worden, sondern von irgendeinem anderen Sklaven, der in ihrer Entourage eine höhere Stellung einnahm. Deswegen hatte es aber um nichts weniger Wirkung gehabt, und dies war eine Wahl gewesen, die ihm nicht schwer gefallen war. Er war nun Sklave. Wie sehr auch immer er hadern mochte mit seinem Schicksal, er glaubte nach wie vor, dass Ahura Mazda einen Grund gehabt hatte, ihm dies aufzubürden. Wenn dazu gehörte, eine reiche, verwöhnte Adlige zu beschützen, dann war das sicher noch einer der angenehmeren Aspekte – und selbst wenn es das nicht gewesen wäre, hätte er letztlich nicht nein gesagt, oder, was in diesem Fall die passendere Formulierung war: es darauf angelegt, sich als untauglich zu erweisen. Aber: das Leben bei der Flavia war kein leichtes. Und je mehr sie dazu überging, ihn in ihrer Nähe haben zu wollen, desto schwieriger wurde es, daran hatte sich auch nichts geändert, dass sie in der Zwischenzeit geheiratet hatte und in die Villa Aurelia gezogen war. Dort waren die Umstände für die Sklaven allgemein zwar angenehmer, aber das wirkte sich nur bedingt auf ihn aus, war er doch einfach zu dicht an der Flavia. Und sie zog ihn immer mehr in ihren engeren Kreis ein. Immer häufiger wollte sie ihn in ihrer Nähe haben, wenn er nicht gerade im Ludus war, und wollte sie es nicht, hatte er ständig auf Abruf zu stehen. Und sie schien mehr und mehr Gefallen daran zu finden, ihn auf die Probe zu stellen. Vor gar nicht allzu langer Zeit hatte sie von ihm gefordert, einem anderen Sklaven die Zunge herauszuschneiden, was er auch getan hatte. Hätte er es nicht getan, hätte sich ein anderer darum gekümmert, und er immerhin konnte dafür sorgen, dass es so schnell und sauber wie möglich geschah. Und mal davon abgesehen, dass sowohl sein Leben bei der Flavia als auch das Training im Ludus seine Auswirkungen auf ihn hatte, hatte er eine Strafe für gerechtfertigt gehalten. Der Kerl hatte seine Herrin verraten – und egal wie sehr diese das möglicherweise auch verdient haben mochte, wenn der Sklave mit ihrer Art nicht klar kam, hätte er ehrlich sein und die Konsequenzen dafür tragen müssen, aber nicht sie verraten dürfen. Und so nahm das Leben in der Villa Aurelia seinen Lauf. Noch war er nicht wirklich der Custos Corporis der Flavia, noch hatte er das Gefühl, unter Beobachtung zu stehen, insbesondere wenn die Flavia unterwegs war und er sie begleitete. Aber es nahm ab, das spürte er. Sie übertrug ihm auch verantwortungsvollere Aufgaben mit der Zeit. Bestrafungen anderer Sklaven gehörten da auch dazu – die ersten mochten vielleicht ein Mittel gewesen sein ihn auf die Probe zu stellen, aber dass sie es mittlerweile zur Regel gemacht hatte, ließ ihn schlussfolgern, dass sie in dieser Hinsicht zufrieden mit ihm war. Was ihn nicht unbedingt glücklich machte, aber er akzeptierte, was er nun war – er tat, was sie ihm auftrug, ohne Widerspruch.


    Das Leben im Ludus nahm ebenso seinen Lauf. Er wurde besser, Tag für Tag. Vor allem im Training selbst, im Umgang mit den beiden Schwertern. Er vermisste den Bogen immer noch. Zwar konnte er inzwischen, seit er sich genug Vertrauen erarbeitet hatte, auch in der Villa Aurelia vernünftig trainieren, aber noch schloss das keine scharfen Waffen mit ein, noch lange nicht, vermutete er. Aber so sehr er sich auch wünschen mochte, wieder mit einem Bogen trainieren zu können, so sehr stellte er auch fest, dass er dem Schwertkampf – nun, da er ihn gezwungenermaßen intensivieren musste – auch lag. Vor allem lag das wohl daran, dass er mit zwei Schwertern kämpfen konnte, was ein höheres Maß an Agilität erforderte, und das kam ihm zupass. Sein Körper wurde kräftiger mit dem konstanten Training, schneller, geschickter, und Shayan setzte alles daran, um noch besser zu werden. Das Training war letztlich das einzige, was er hatte, das einzige, was ihm blieb von seinem alten Leben – das einzige, was ihm in diesem Leben wirklich so etwas wie Zufriedenheit verschaffte.
    Er wurde aber auch besser in seiner Beherrschung. Natürlich unterliefen ihm immer noch Patzer, aber sie wurden deutlich weniger. Er lernte. Er lernte, sich zurückzuhalten. Den Mund zu halten, selbst dann wenn er etwas für ungerechtfertigt hielt. Er lernte sogar, nach und nach, stillzuhalten, wenn das Sterben geübt wurde – und das war mit Abstand die schwierigste Übung für ihn. Immer noch rebellierte alles in ihm, wenn er einfach so da knien und abwarten musste, den kalten Stahl im Nacken, wissend, wissend, was bevorstand. Dass er kniete, um sich umbringen zu lassen, ohne sich wehren zu können – ohne sich wehren zu dürfen. Es spielte keine Rolle, dass es nur eine Übung war – selbst wenn er sich hätte sicher sein können, dass nichts geschehen würde. Es widerstrebte ihm einfach zutiefst, sich selbst so wehrlos zu präsentieren.
    Aber er lernte nicht nur zu kämpfen wie ein Gladiator, er lernte auch zu gehorchen, lernte zu tun was ihm gesagt wurde. Lernte auch, nicht mehr zu reagieren, wenn etwas geschah was seinem Ehrgefühl zuwider lief – egal wie sehr es ihm widerstreben mochte. Er lernte.

  • Alexion seines Zeichens Leibsklave des Statthalters von Ägypten und in seiner Vergangenheit recht passabler Kämpfer stand nun etwas unschlüssig vor den Toren des Ludus Daccius. Man hatte ihm gesagt, daß er hier zum Gladiator ausgebildet werden sollte, um dann für seine Herren zu Kämpfen und diesem fetten Sack auch noch einiges an Ruhm einzubringen.
    Genau genommen wollte er es gar nicht, aber seine Meinung zählte leider irgendwie nicht soviel daher stand er hier als nun und klopfte mal an das Tor.
    Man würde sehen was passierte. Sich rausreden konnte man sich immer noch :D (Auch wenn der Brief, den er dabei hatte es wohl etwas schwieriger machte)

  • Es dauerte eine Weile, bis man den Sklaven am Tor bemerkte. Jeden Tag kamen viele Menschen, vor allem Frauen, um dem ein oder anderen Gladiator ein Geschenk zu überbringen. Wenn man die alle immer sofort bediente, die Wachen wären nur damit beschäftigt gewesen, hin- und herzulaufen. So aber schauten sie alle viertel Stunde einmal zum Tor und Namen dann in Empfang, wer auch immer da stand. Immerhin war das hier ein Ludus und keine Patriziervilla.
    Und so waren es auch jetzt zwei grobschlächtige Kerle mittleren Alters, die sehr danach aussahen, als hätten sie selbst einst in der Arena gestanden, die bei dem Tor vorbeischauten und durch das Eisengitter den wartenden Alexion sahen. Und wohl auch bemerkten, dass der nicht nur neugierig einen Blick auf die Gladiatoren zu erheischen versuchte. Also ging einer vor und fragte durch das Gitter: “Was willst du?“

  • Freundlichkeit war bei den Römern keine tugend soviel wußte er:"Ich bin Alexion. Leibsklave des Statthalters von Ägypten, Appius Terentius Cyprianus. Und auf seinen Wunsch hier, um zum Gladiator ausgebildet zu werden." meinte er in recht guten Latein, auch wenn man einen Akzent raushörte.

  • Ein abschätziger Blick von oben bis unten folgte, gepaart mit einem nur kaum verhohlenen Grinsen. Erst danach war fast sowas wie Verwunderung zu sehen, als der Mann einmal nach links und rechts schaute, und bemerkte, dass der Mann hier vor ihm ganz allein da stand und nicht von irgendwem hergebracht wurde. Die, die sich nicht selbst verpflichteten, wurden meist bewacht. Wenn es Kriegsgefangene waren, wurden sie sogar in Ketten angeliefert.
    “Na dann, Leinsklave des Statthalters, hereinspaziert.“ Der Mann öffnete das Tor und ließ Alexion ein. Mit einem grob gebrüllten “Hey du!“ winkte er den erstbesten Angestellten aus einem der Gänge herbei. “Bring den da zum Director. Wenn er Zeit hat.“


    Der Angestellte bedachte die Wachen nur mit einem Blick, der fast sowas wie „Warum ausgerechnet ich?“ auszusagen schien, nickte dann aber bedeutete Alexion, ihm zu folgen. Es ging seitlich durch das Innenleben des Ludus, nicht geradeaus in die Arena, und über eine Treppe nach oben. Hier oben war ein Säulengang, der den Blick nach unten über die Tribüne mit ihren weißen Marmorbänken erlaubte, bis hinunter in die Arena, wo die hohen Übungspfähle tief im Boden verankert waren. Auch jetzt war Training, wie jeden Tag, abseits der Essenszeiten.
    Der Mann blieb vor einem Officium stehen und bedeutete Alexion, zu warten. Dann klopfte er an und ging nach dem obligatorischen “Herein“ nach innen. Eine kleine Weile passierte nichts, dann kam der Angestellte wieder nach draußen und deutete Alexion an, dass er hineingehen könne.


    Spurius Iuventius Murcus saß an einem breiten Schreibtisch aus dunklem Holz, der sicher fürchterlich teuer gewesen war. Und dennoch schaffte der dünne, große Mann dahinter es, das Mobiliar dennoch spartanisch wirken zu lassen. Alles war akkurat aufgeräumt, nirgends waren Schnörkel oder Verzierungen. Und der Director selbst saß gerade und fast gelangweilt hinter dem Tisch, als hätte er einen Stock verschluckt.
    “Ich nehme an, dein Herr hat dir etwas für mich mitgegeben?“ kam er auch gleich ohne größere Umschweife direkt zum Punkt. Er schätzte alles sehr effizient und akkurat, auch Gespräche. Vor allem solche, die er nicht der Höflichkeit halber in die Länge ziehen musste, da sein Gegenüber sich kaum darüber beschweren konnte.

  • Er konnte den Blick verstehen, es war wahrscheinlich leicht ungewöhnlich eine nSklaven zu sehen der alleine einige tausend Kilometer von seinem herren entfernt hier so rumspazierte. Allerdings war er kein Minensklave und nach Parthien zurückschlagen war auch keine Option mehr.
    So folgte er also diesen Leute zum Direktor und nickte diesem auf seine Frage zu:" Ja Herr die habe ich. Hier bitte Herr."


    Salve
    Spurius Iuventius Murcus,


    ich habe mich entschlossen diesen nichtsnutzigen Sklaven bei dir als Gladiator auszubilden. Er war angeblich parthischer Soldat gewisse Grundfähigkeiten sollten also in ihm stecken. Trainiere in gut und versuche ihn zu einem guten Gladiator zu machen. Ich würde es schade finden, ihn gleich beim ersten großen Kampf versagen zu sehen.


    Sollte er sich gut machen, bin ich mir sicher, daß ich mich der Schule gegenüber großzügig zeigen werde.


    Vale bene und den Segen der Götter
    Appius Terentius Cyprianus

  • Ein Sklave brachte folgende Botschaft vorbei:



    Flavia Nigrina Sp. Iuventio Murco s.d.


    Werter Iuventius,


    ich danke dir für deine Botschaft und freue mich zu lesen, dass mein Sklave Fortschritte in deinem Ludus macht. Gerne kannst du mit ihm verfahren, wie du es für richtig hältst, und einen Kampf für ihn arrangieren, in dem er sich beweisen kann. Sofern er diese Prüfung besteht, wünsche ich eine Zeichnung seiner Arme. Ich bin mir sicher, der Trainingsausfall wird dennoch gering genug sein.


    [Blockierte Grafik: http://img541.imageshack.us/img541/2622/nigrina1.png]

  • Der Blick des Directors glitt über die Zeilen, und dann immer wieder auf zu dem 'nichtsnutzigen Sklaven', der hier vor ihm stand. Ein wenig verzwickt war die Sache schon. Üblicherweise nahm der Iuventius Geld im Voraus, wenn er Eigentum fremder Leute trainierte. Aber hier lag die Sache etwas anders. Mit viel gutem Willen mochte man herauslesen, dass der Terentier seinen Sklaven an den Ludus überschrieben hatte. Etwas vergleichbares wäre auch nötig, da es ja immerhin dazu kommen konnte, dass der Sklave starb, und man sich sonst der Sachbeschädigung oder gar des Diebstahls schuldig machte. Man konnte ja nicht einfach fremder Leute Eigentum kaputt machen. Oder gar von Verwandten des Mordes bezichtigt werden, weshalb ja auch Freie, die sich zum Gladiatorendasein verpflichteten, sich selbst für die Dauer dieses Vertrages an den Ludus als Sklave verkauften. Rechtsprechung war da schon eine herrliche Sache. Bürokratisch, aber eindeutig.
    Nur der Terentier war nicht irgendwer, er war der höchste Ritter, den das Imperium aufzubieten hatte. Zumindest, solange er Präfectus Aegypti war. Da war es wohl angebracht, sich ein wenig entgegenkommend zu zeigen und sowohl auf eine hieb- und stichfeste Überschreibung als auch auf Bezahlung im Vornherein zu verzichten. Wenn etwas schief lief, würde die große Entfernung zum Besitzer dieses Mannes schon dafür sorgen, dass man diese Dinge verschleiern konnte.


    “Wie alt bist du?“ fragte der Iuventier also einmal nach. Soldat hin oder her, das beste Einstiegsalter für einen Gladiator war genau wie in der Armee 15 Jahre. Und diesen Zeitraum hatte der Mann hinter sich gelassen. “Welches ist deine Waffenhand? Erfahrung mit dem Kampf mit Schild oder mit zwei Waffen?“ Irgendeiner Gattung musste er ihn zuordnen, bevor er ihn einquartieren konnte.

  • Sim-Off:

    Sorry,daß du momentan so lange warten mußt, ich brauch irgendwie nen 48 Stunden Tag -.-


    Ich bin 35 jahre Alt Herr, allerdings immer noch fitter als die meisten Römer mit 20, bei allem Respekt vor Rom" Zumindestens war er dieser Meinung, ob es stimmte lag ja letztlich in der subjektiven Betrachtung."Meine Waffenhand ist rechts Herr und ich kämpfte mit Schwert und Schild und dem Bogen, vor allem dem Bogen." Wie jeder guter parther

  • Sim-Off:

    Kein Thema. Keine Hektik, wir sind hier ja nicht auf der Flucht. Schreib einfach, wenn du Zeit und Lust hast, das passt dann schon.


    Der Iuventier beschränkte sich einen Moment darauf, ruhig zu atmen. Welche Vorstellung manche Sklavenbesitzer nur hatten? Bis er mit der Ausbildung dieses Mannes fertig war, so dass er wirklich in die Arena gehen konnte, würde mindestens ein Jahr* vergehen, und dann würde sich der Parther hier mit 20jährigen messen müssen, die schneller und kräftiger waren als er. Und der Praefectus Aegypti erwartete wohl nichts weniger als einen Champion. Iuventius Murcus konnte zwar vieles, aber zaubern war nicht darunter. Doch hatte er wohl wenig Auswahlmöglichkeiten.


    “Vergiss den Bogen, wir sind nicht im Matutinis. Auf Tiere schießt man mit Pfeil und Bogen, oder bei besonderen Inszenierungen auf Verurteilte. Ein Gladiator bezwingt seinen Gegner aufrecht von Angesicht zu Angesicht.“
    Er tippte mit seinem Stylus ein paar Mal überlegend auf eine Wachstafel und winkte dann einen der Sklaven im Hintergrund herbei. “Ich werde dich zum Thraker ausbilden lassen. Du, weiß ihm einen Raum zu und erklär ihm, was er wissen muss.““


    Der Sklave verneigte sich von dem Director und wartete bei der Tür auf Alexion.
    Es ging wieder durch das schattige Innenleben des Ludus auf die andere Seite der Arena, aber außen herum, währenddessen der Sklave anfing, zu erzählen.
    “Ich bringe dich jetzt zur Rüstkammer, wo man dir deine Ausrüstung anpassen wird. Als Waffen dienen die lusoria arma, die dir die doctores beim Training geben werden, aber deine Rüstung wird dir speziell angepasst. Danach bringe ich dich in deine Zelle, wo du wohnen wirst.“
    Der Weg führte nach unten, wo man die Geräusche vom Training der Arena gut hören konnte. “Wenn du Fragen hast, dann stell sie jetzt. Sobald du Novicus bist, gilt für dich Sprechverbot, es sei denn, du wirst etwas gefragt. Hast du das verstanden?“

  • Sim-Off:

    hmm also tommi lee jones als marschall wäre ich schon gerne der typ ist cool :D


    Er war Sklave nicht schwachsinnig:"Ja ich habe verstandne Herr." Auch wenn er sich fragte, wie er was lernen sollte ohne zu Fragem?! Ob es dann sozusagen eine Sprecherlaubnis für Fragen gab? Er würde es wahrscheinlich schon sehr bald erfahren. Interessiert folgte er also dem Mann und schaute sich um. Alles war doch so anders als daheim in Parthien.


  • Keine Fragen und ein höfliches 'Herr' am Schluss, daran könnte der Scriba sich gewöhnen. Die meisten nutzten die Zeit, um ihn nach einigen Dingen zu fragen, wie Essen, Trainingsablauf, Tagesablauf (das waren meist die, die sich hier freiwillig eingefunden hatten), und die anderen nutzten die Zeit für Schmähungen und den wildesten Versprechungen, wem sie alles den Hals umdrehen wollten (das waren meist die Gefangenen, die noch in den Sprachen der Länder herumschimpften, in denen sie im Krieg gefangen worden waren). Aber dieses „Ja Herr“ kam selten. Eigentlich kannte er dieses demütige Ja sonst nur von dem letzten Neuankömmling, ebenfalls einem Parther. Lag vielleicht am Volk?
    “Gut, da vorne ist die Rüstkammer. Wenn etwas kaputt geht, meldest du es deinem doctor und dann wirst du hierhin geschickt, damit es repariert oder ausgetauscht wird. Der Ludus hat drei Schmiede, die für ihn arbeiten, es sollte also alles in Schuss zu halten sein. Aber geh pfleglich damit um, sonst wirst du bestraft.“


    Die Rüstkammer war ein größerer Raum, in dem ein paar Sklaven herumwuselten und den Neuling erst einmal fragend ansahen. “Thraker“, meinte der Scriba nur, und die Sklaven nickten und fingen an, Ausrüstung herauszusuchen. Ocreae aus Metall, Manicae aus Stoff und Leder, ein Cingulum aus Leder, ein Subligaculum aus festem, gutem Stoff. Einer der Sklaven, ein schlacksiger Junge von vielleicht zwölf Jahren, sprach mit deutlich östlich klingendem Akzent “Du ausziehen“ und deutete auf Alexions Sachen.


    Unterdessen redete der Scriba schon weiter. “Der Tag beginnt jeden Tag mit Sonnenaufgang. In der ersten Stunde gibt es Frühstück und du musst dich waschen. Die Therme ist direkt auf der anderen Seite der Arena. Du folgst am besten der Herde.
    Danach beginnt das Training. Dein doctor wird dich in deine Aufgaben einweisen. Ihm ist bei jedem Befehl folge zu leisten.
    Danach folgt Mittagessen, danach wieder Training, dann Abendessen. Es gibt jeden Tag 3 Mahlzeiten, mindestens drei Mal in der Woche Fleisch oder Fisch.“
    Was allein schon Grund genug für viele war, sich doch einmal als Gladiator zu versuchen, trotz der harten Ausbildung und des Risikos des sehr frühzeitigen Ablebens.

  • Sim-Off:

    ich sehe wir verstehen uns :D


    Alexion sog die Informationen auf, auch wenn ihn das mit der Rüstung ein wenig unbehaglich machte. Er war als Parthischer Soldat es gewöhnt gewesen maximal ein Kettenhemd und im Normalfall Tuch als Schutz zu tragen. Was anderes war in der Umgebung auch gar nicht möglich. Er würde sich also fran gewöhne nmüssen eine Rüstung zu tragen, die ihn am Anfang zumindestens, wohl behindern würde. Aber gut er was anpassungsfähig. Nicht umsonst hatte Parthien Rom so oft besiegt.
    Das mit den Mahlzeiten jedenfalls hörte sich so ziemlich gut an und während er sich auszog und zu den Ausführungen nickte, machte er sich schonmal Gedanken was hier wohl seine erste Fleichmahlzeit hier werden würde?! Vielleicht Gnu oder sowas

  • Die Rüstung wurde angepasst, hier ein wenig gestrafft, dort ein paar Riemen eingestellt, da ein Maß mit einer Schnur genommen und mit schnellen Worten weitergegeben. Alexion wurde aufgefordert, sich zu Bewegen, um zu sehen, wie alles passte, ob auch nichts drückte. Ein paar Dinge wurden wieder neu eingestellt, aber irgendwann schienen alle zufrieden. Die schweren Beinschienen wurden ihm dennoch erst einmal wieder abgenommen, nur die Leinenwickel an Armen und Beinen sowie das Subligaculum behielt er. Auf den Rest machte einer der Sklaven mit einem Stück Kohle ein Zeichen, und es wurde wieder weggeräumt. Für den Anfang brauchte er das noch nicht, aber später würde es leicht sein, ihm die passende Rüstung zukommen zu lassen, wenn er es brauchte.


    Als nächstes winkte der Scriba ihn weiter, und es ging wieder eine Treppe hoch, diesmal genau auf die andere Seite der Officia des Ludus. Hier waren die Zellen der Gladiatoren und die Wohnräume für deren Familien. So manch ein Gladiator hatte eine Frau, eine sogenannte luda, die in der Küche mithalf und die kleineren Arbeiten erledigte, dafür hier im Ludus bei ihrem Mann leben konnte und sich so ihren Lebensunterhalt auch sicherte.
    Der Scriba sah auf seine Tafel, und blieb dann vor einer Tür mit der Aufschrift „XXIV“ stehen. “Das hier ist dein Raum.“ Er öffnete die Tür und ließ Alexion hineinsehen. Darin war nicht viel, nur ein Bett, ein Nachttopf und ein niedriger Tisch mit einer Waschschüssel darauf. Durch ein kleines Fenster in der oberen Ecke kam etwas Licht und frische Luft. Kaum mehr Platz, als um darin zu schlafen, aber für alles weitere brauchte man den Raum ja auch nicht. “Merk dir seine Nummer und den Weg hierher. Ich bring dich jetzt noch runter in die Arena und zu deinen doctores.“
    Und genau das tat der Scriba dann auch sogleich. Wieder ging es die Treppe hinunter und durch einen kurzen, dunklen Gang, hinaus in die sandige Arena in der Mitte des Ludus. Es war schon später Nachmittag, das Training war noch in vollem Gange. Aber keiner der Gladiatoren zuckte auch nur, als der kleine Scriba mit seinem größeren Schatten das Trainingsareal betrat und zu einem der Befehle bellenden Männer ging, der eine Gruppe Thraex anwies, wie sie mit ihren Holzschwertern den jeweils vor Ihnen eingegrabenen Pfahl zu treffen hatten.
    Der beugte sich kurz zu dem kleinen Scriba hinunter, hörte sich kurz die geflüsterte Zusammenfassung von ihm an und ließ seinen immer kritischer werdenden Blick auf Alexion ruhen. Schließlich meinte er nur “Jaja, is gut“ und machte eine verscheuchende Handbewegung gegenüber dem Scriba. Der lächelte nur und wandte sich im Gehen noch einmal an Alexion. “Willkommen im Ludus Dacicus.“ Und damit ging er auch schon wieder in Richtung der Officii.


    Der doctor hingegen musterte den Mann vor ihm sehr, sehr skeptisch. Alexion war fast so alt wie er selbst, und definitiv der Älteste der Übenden hier. Die Stirn des Mannes legte sich in nachdenkliche Falten.
    “Gut. Der kleine Papyruskrieger meinte, du verstehst meine Sprache. Und dass du schon was kannst.“ Er warf ihm eines der Übungsschwerter aus Holz zu. Das innere der Schwerter war mit Blei gefüllt, so dass sie weit schwerer waren als jedes Schwert aus Metall. Gut für den Muskelaufbau. Der doctor deutete auf einen freien Pfahl, der von nun an Alexions sein würde. “Dann zeig mal her.“

  • Die neue Kammer gefiel Alexion nicht besonders. Zu klein und selbst wenn sie wohl nur zum Schlafen gedacht war. Er war größeres gewöhnt. Es hatte seine Vorteile gehabt Leibsklave eines Ritters zu sein. Scheinbar waren diese vorbei. So war er nach der guten Nachricht mit dem Essen doch etwas enttäuscht und wieder auf dem Boden der Tatsachen.
    Weiter ging es zu seinem neuen Ausbildern, er hatte immer mehr das Gefühl, daß er anscheinend als zu alt eingeschätzt wurde. Aber was er an Schnelligkeit einbüßte machte er (so hoffte er zumindestens) durch Erfahrung wieder wett.
    Man würde es sehen, sein erster Gegner war so oder so ein Pfahl und das Schwert aus Holz. Er sah den Doctor lächelnd an und Schlug dann mit der Klinge auf den Pfahl ein, wie er es als Soldat in früheren Zeiten gelernt hatte. Er stach nicht, sondern Schlug, macht dabei Ausweichbewegungen, damit ein gedachter Gegner ihn nicht traf. Er war leicht aus der Übung. Das merkte er und wahrscheinlich auch sein Ausbilder. Aber gegen ein Stück Holz sollte seine Kunst gerade noch ausreichen...

  • Der doctor sah sich mal an, was der Parther da so ablieferte. “Das ist ein sicca und keine Fliegenklatsche! Gerader stoßen. Arm hoch. Da, Ellenbogen.“ Mit seinem Holzschwert stieß er Alexion am Ellbogen, wenn dieser zu tief herabsank, an die Hüfte, wenn er unsauber beiseite ging, an den anderen Arm, wenn dieser zu weit sank, an die schultern, wenn diese sich zu sehr beugten. Er ging nicht zimperlich dabei vor, der eine oder andere blaue Fleck war dem Parther dabei sicher. Und dabei gab er im scharfen Ton auch beständig Anweisungen, in einem alles andere als freundlichen Ton. “Hüpf nicht rum wie eine kretische Tänzerin! Ja, so besser. Was hab ich über den Ellbogen gesagt?! Und versuch wenigstens einmal, zweimal hintereinander dieselbe Stelle zu treffen, oder ist der Pfahl zu schnell für dich?“
    Und so ging es weiter, und weiter, und weiter. Die Übung war nicht einmal, zu sehen, wie gut Alexion wirklich war. Es wurde viel mehr zu einem Ausdauertraining, bei dem der doctor auf jedes kleine Zeichen von Wut oder Ärger lauerte. Und er hatte scheinbar seinen Spaß daran, zu sehen, wie lange es dauerte, bis der Parther Konditionsprobleme bekam.

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