cubiculum FC | Von trächtigen Katzen und anderen Gemeinheiten

  • Ich nickte ihr zufrieden zu und betrachtete sie einen Moment, wie sie trank. Es war wohl nun an der rechten Zeit, das anzubringen, was mir im Kopf schwirrte. "Das freut mich, Celerina. Ich wäre durchaus bereit, diese Angelegenheit des Öfteren auf diese Weise zu handhaben, wenn es dir zusagt. Allerdings möchte ich dafür auch etwas haben", erwiderte ich so freundlich wie zuvor und lehnte ich zurück, die Hände auf das Bett aufgestützt und Celerina betrachtend. Das eigentiche Ziel hierfür hatte ich nicht aus den Augen verloren. "Es mag einiges an Zeit verstreichen, bis du ein Kind trägst. Falls das überhaupt noch möglich ist", fuhr ich desillusionierend fort und spielte damit selbstverständlich auf den Umstand an, dass sie das letzte Kind irgendwie losgeworden war.


    In jenem Moment klopfte es, ein Sklave, der mit der Katze kam. Ich wollte automatisch antworten, dass er sich in den Hades scheren sollte, da kreischte Celerina vor mir plötzlich ohrenbetäubend los. Verstimmt zog ich eine Grimasse, mein Schädel schwoll augenblicklich zu einem Ballon an, und ich stützte ihn mir gepeinigt - allen Wein dieser Welt hassend. "Muss das sein?" moserte ich und meinte damit alles zugleich. Den störenden Sklaven, das Geschrei meiner Frau, die Ablenkung von dem Handel, den ich in trockene Tücher zu bringen gedachte. Und das alles wegen diesem Katzenvieh.

  • Während ich trank und auch später, als ich den Becher wieder absetzte und auf dem Tisch neben meinem Bett abstellte, arbeitete es bereits wieder angestrengt in meinem Kopf. Weshalb war er denn plötzlich so nett? Diese dämliche Sprichwort, daß man mit Speck Mäuse fangen würde, fiel mir wieder ein. Und schon fing er an, etwas daher zu säuseln, was mich stutzig machte. Er wollte etwas dafür haben, wenn er mich haben konnte und endlich einen Erben produzieren konnte? Äh.. wie sollte ich das denn nun verstehen? Doch sogleich verstand ich, woher der Wind wehte! Unsere Abmachung machte ihm zu schaffen! Sogar sehr zu schaffen! So sehr, daß er mich, mit dem was er nun sagte, so sehr verletzte, daß ich ihn auf der Stelle hinausbefördert hätte, tja, hätte nicht eben der Sklave vor der Tür gestanden und geklopft.
    "Ja, das muß sein!", blaffte ich ihn verärgert an, als er monierte, weil ich den Sklaven hereingebeten hatte.
    "Sie ist doch trächtig! Weißt du nicht mehr?", fügte ich noch erklärend an, doch mir wurde recht schnell klar, wie zwecklos es war!
    "Ach du! Du hast wieder alles in deinem Suff vergessen!", winkte ich deshalb kurze Zeit später ab und erwartete das Eintreten des Sklaven.

  • Der Aufforderung Celerinas gehorchend betrat der sportliche Grieche das Schlafzimmer. Er trug eine weiße Tunika aus hochwertigem Wollstoff welche die tiefe Bräune seiner Haut besonders gut zur Geltung brachte, seine pechschwarzen vollen Haare hatte er der römischen Mode entsprechend glatt gekämmt und frisiert. Patraios brachte einen großen Korb aus Weidengeflecht und darin befand sich der Herrin Katze Saba mit ihrer frischgeworfenen siebenköpfigen Brut, welche grade äußerst intensiv an den prallgefüllten Zitzen der Mutter tutscherten. Der Sklave hatte schon beim Eintreten die delikate Situation registriert und umgehend sein Haupt gesengt. Er vermied den direkten Blickkontakt und sprach mit freundlicher aber auch sehr unpersönlicher Stimme, "Guten Morgen Dominus." "Guten Morgen Domina". "Ich hoffe Ihr hattet eine angenehme Nacht." "Meine Herrin Aurelia Prisca übersendet euch ihre besten Grüße und befahl mir dies hier an Euch zu übergeben." "Die Katze der Herrin hatte sich gestern Nacht aus lauter Angst vor dem Sommergewitter in die Sklavenquartiere geflüchtet und dann begonnen unter meinem Bett zu werfen." "Ich musste notgedrungen die Rolle der Hebamme übernehmen, zumal es während der Geburt zu einigen Komplikationen gekommen ist." "Ein männliches Junges ist sofort nach der Entbindung gestorben, ansonsten wären es sogar acht Tiere geworden." "Es handelt sich um drei Kater und vier Katzen, alle wohlauf und kerngesund." Nach diesen Worten stellte der Sklave den Korb auf den Boden nicht ohne dadurch ein ärgerlich knurrendes Geräusch der Katzenmamma zu provozieren und wollte sich gleich darauf wieder zurückziehen um die hohen Herrschaften nicht noch weiter bei ihrer intimen Beschäftigung zu stören.

  • Verstimmt schürzte ich die Lippen, um die Brauen hernach noch weiter zusammenzuziehen. Trächtig? Die Situation mit Charis fiel mir wieder ein, und jetzt ergab auch sie einen Sinn. Allerdings war das Resultat daraus nicht besonders erfreulich. "Bitte was?" murrte ich als recht schlappe Entgegnung auf ihre Worte hin, und kurz darauf trat der Sklave bereits ein. Einer, den ich nicht kannte. Einer, der kurz darauf etwas von der Herrin Prisca erzählte, woraufhin ich den Sklaven recht genau musterte. Prisca schien ihr Geld in Dinge fürs Auge zu investieren, denn schlecht sah der Sklave tatsächlich nicht aus. Und er hielt einen Korb in den Händen, aus dem Sabas Ohren hervorlugten. Direkt im Anschluss traute ich meinen Ohren nicht. Sieben kleine Katzen, Hebamme, Entbindung - bitte was? Verärgert sah ich den Sklaven an, der noch dazu zu einem ungünstigen Moment hier erschienen war. "Wen interessiert das?" fuhr ich ihn an, während er den Korb auf den Boden setzte. Sieben bunte Fellknäule kuschelten sich an das Muttertier. Er wollte sie hier lassen? Ich sah von dem Korb zu Celerina und zurück zu dem Sklaven. Ja war dieses Haus denn ein Tierasyl? "Du wirst sie wieder mitnehmen", grollte ich und deutete auf den Korb mit den Katzen darin. Sollte Celerina dafür Sorge tragen, was damit geschah. Eine Katze war schön und gut, sie fing vielleicht Mäuse und hielt sonstiges Ungeziefer in Schach, was sicher auch die Katze meiner Frau tat, wenn sie an ihrer Leine die Gelegenheit dazu erhielt. Doch ein halber Stall voller Katzen mutierte selbst zum Ungeziefer insbesondere wenn sie klein waren. Und aus sieben mochten innerhalb weniger Wochen fünfzig werden. Nein, er sollte Saba und ihre Brut mitnehmen und verschwinden. Es gab hier einiges zu klären.

  • "Trächtig! Ein dicker Bauch voller kleiner Katzen! Trächtig eben!", fauchte ich ungehalten zurück. Auch diesem Katzenvieh war gelungen, wovon ich nur träumen konnte. Welch eine Vergeudung!
    Schließlich trat der Sklave endlich herein. Er hielt einen Korb in Händen, aus dem einige dünne Kätzchenstimmen drangen. Noch bevor er den Mund aufmachte und sich erklärte, war mir bereits klar, was geschehen war. Auch das noch! Sie hatte geworfen!
    Mein Blick ging vom Korb mit den Katzen, zu dem, der ihn trug. Nanu, war das nicht… Oh ja, das war der Sklave, den mir Prisca kürzlich regelrecht vor der Nase weggeschnappt hatte. Eines mußte man Saba lassen, was Männer betraf hatte sie wahrhaftig Geschmack! Jedoch war sie bei der Auswahl ihrer Artgenossen weniger wählerisch gewesen. Eines der Kätzchen, wie ich nun feststellen mußte, wies keinesfalls die gleiche Fellfarbe auf, wie sie bei Saba vorherrschte. Dieses Mistvieh hatte sich mit einem Allerweltskater eingelassen! Von nun an würde sie nur noch an der Kette bleiben.
    Marcus´ verärgerter Einwurf, zwang mich schließlich, mich nicht mehr länger auf die Katzen und den gutaussehenden Sklaven zu konzentrieren.
    "Ja, äh… nimm sie wieder mit. Ich werde dich später rufen lassen. Bis dahin achte gut auf sie! Du darfst jetzt gehen!" …um mich mit meinem Mann alleine zu lassen.
    Ich wartete, bis der Sklave wieder die Tür hinter sich schloß. Nun mußte ich auf der Hut sein, denn ich traute ihm allerhand Gemeinheiten zu.
    "Was hattest du eben gesagt? Es mag einige Zeit verstreichen, bis ich ein Kind trage, wenn überhaupt?" Nur ein Blinder hätte nicht sehen können, wie sich mein Gesicht vor Zorn rötete.
    "Was denkst du dir eigentlich? Es liegt nicht nur an mir! DU bist der Grund dafür! Du und diese…."Es trieb mir die Tränen in die Augen. Ich war außer mir. Mehr, als ich bisher getan hatte, konnte ein einzelner Mensch doch nicht tun! Und dann kam er und redete einen solchen Schwachsinn daher!
    "Ich warne dich Marcus! Sprich nicht so mit mir, oder es wird nie einen Erben geben!"

  • Ich kniff die Augen zusammen und machte eine abwehrende Geste. "Sei nicht albern", sagte ich kategorisch und versuchte, mich im Zaume zu halten, obgleich Celerina mich erneut innerhalb von Sekunden auf die Palme trieb. "Woher willst du wissen, dass du keinen irreparablen Schaden angerichtet hast, als du die Brut dieses Piraten losgeworden bist?" fragte ich sie unverblümt, doch bereits als ich es ausgesprochen hatte, wurde mir bewusst, dass ich damit gleich mehrere wunde Punkte getroffen hatte, und ich hielt kurz mit einem schlechten Gewissen inne, um die Worte weitestgehend ruhig etwas abzumildern. "Bei solchen Dingen geht doch oft etwas schief, wie man hört."


    Doch sie schien kaum darauf einzugehen. Was ich mir dachte? "Was ich mir denke?" wiederholte ich, und da stand sie mir wieder auf der Stirn, die Zornesfalte. Ich atmete durch. Ich durfte mich von ihr nicht so reizen lassen. Ein netter Vorsatz, doch nicht durchführbar. Ich zeigte mit dem Finger auf sie, zur Vorsicht gemahnend. "Du redest nicht so über sie. Verstanden?" Bei den Göttern, ich kam mir vor wie ein eifersüchtiger Jugendlicher, was an sich schon beinahe peinlich war. Doch mit ihren letzten Worten brachte sie dann das Fass endgültig zum Überlaufen. Ich starrte sie an, für Sekunden. In mir brodelte es, es brodelte, brodelte....und dann war es fort. Niemand garantierte mir, dass sie nicht bereits getan hatte, was ihre Worte aussagten. Es gab keine Sicherheit hierfür. Ich hatte stets geglaubt, dass Celerina sich ebenso ein Kind wünschte wie ich, vielleicht aus anderen Gründen, vielleicht aus denselben. Doch dies hier, das war.... Das änderte alles.


    Ich riss meinen Blick von ihr, todernst und zugleich eine Maske, und ich stand auf. Wortlos nahm ich meine tunica vom Boden auf. Schweigend machte ich mich auf den Weg zur Tür. Sie ahnte vermutlich nicht, wie sehr sie mich damit nun getroffen hatte. Sie ahnte vielleicht ebenso wenig, dass der letzte Keim aller Bemühungen, diese Ehe noch irgendwie zu bewerkstelligen, in jenem Moment im Verdorren inbegriffen war. Einzig meine Miene, gepaart mit meinem wortlosen Handeln - was hinsichtlich der Umstände eine Seltenheit war - verriet, was ich davon hielt.

  • Ich wollte meinen Ohren nicht trauen, was ich da zu hören bekam! Im Nu wurde ich Kreidebleich, als hätte ich soeben einen Geist an mir vorbei huschen sehen. Und tatsächlich, es war ein Geist! Der von Gorgus, dem Piraten, der direkt aus Plutos Reich hervorgekrochen kam. Und nicht nur er, der Hauch des Ungeborenen, dem ich mich entledigt hatte, begleitete ihn. Das konnte nicht real sein, nein, ich triftete ab in den Wahnsinn!
    Ich sah ihn nur an. Er redete ruhig weiter, als würde er über einen Fremden sprechen, der sich fahrlässig einer gefährlichen Situation ausgesetzt hatte. Doch er sprach über mich! Obwohl er es doch gar nicht wissen konnte. Ich hatte es ihm zwar sagen wollen, aber es war nicht dazu gekommen. Von wem also hatte er es erfahren? Es gab nur einen ganz begrenzten Kreis, der davon wußte! Flavia Epicharis, Claudia Antonia, ihr Sklave und… Charis! Epicharis und Antonia konnte ich ausschließen, unglücklicherweise hatten wir uns schon seit Monaten nicht mehr gesehen. Ebenso den Sklaven der Claudia. Da blieb nur noch eine übrig!
    "Woher…? Wer hat dir davon erzählt? Wer? Du kannst davon gar nichts wissen! Da kannst davon….davon doch gar nichts wissen….", schrie ich hysterisch, dem Wahnsinn nahe, bis mein Schreien in ein Jammern überging. Was er noch sagte, prallte einfach an mir ab. Ich war noch immer gefangen, im Vergangenen und dem, was gerade passiert war. Mich begann es zu frieren und ich zog schützend meine Beine an. Zusammengerollt wie ein Igel, der seine Stacheln schützend gegen die Außenwelt richtete, die ihn bedrohte, bleib ich auf meinem Bett liegen. Geschützt, in mich gefangen…allein.

  • Ich ging einfach weiter. Ich sah mich nicht um, ich reagierte nicht auf ihre Fragen und ich ließ sie allein. Ich wollte nur noch hinaus aus diesem Zimmer, hinaus aus ihrer Gesellschaft, die mir unerträglich geworden war. So viel Sinn diese Ehe noch gehabt hatte, so wenig bedeutete sie mir nun noch. Einzig die Familie, die hinter Celerina stand, war ein Grund, sie weiterhin zu ertragen. Sie enthielt mir meinen Erben vor, hatte es womöglich die ganze Zeit schon getan, ohne dass ich Lug und Trug durchschaut, ja auch nur vermutet hatte! Siv hatte die ganze Zeit über richtig gelegen. Warum wohl hatte die erste Ehe Celerinas keine Kinder hervorgebracht? Weil sie es zu verhindern gewusst hatte!


    Blindlings lief ich durch das Haus zum Peristyl, stieß die Tür regelrecht auf und floh hinaus. Ich schien mich nicht weit genug von ihr entfernen zu können, nicht genügend Abstand zwischen und bringen zu können. Da war diese Blockade in meiner Kehle, ein beklemmendes Gefühl um die Brust herum. Und da war der Wunsch, diese Ehe niemals eingegangen zu sein. Ich wäre frei gewesen, ungebunden, ich hätte mich niemals in diese Lage bringen müssen, vor allen anderen diese Misere verschleiern zu müssen. Ich hätte nie diese Enttäuschung gespürt, die unendliche Frustration, die mich ohnmächtig und wütend machte, die mich bereuen ließ, mir ausgerechnet dieses Weibsstück ausgesucht zu haben. Das ging so weit, dass ich an meinen Sohn dachte, den einzigen, den ich hatte - vielleicht jemals haben würde. Der einzige, der meinen Namen vielleicht forttragen würde, und mochte der Skandal noch so groß sein, mochte sich der Pöbel das Maul zerreißen über den senatorischen pontifex, der den Sohn einer Freigelassenen annahm.


    Unter meinen Fingern spürte ich die knorrige Rinde eines Baumes, ebenso unter meiner Stirn, da ich an ihm lehnte und selbst Mühe hatte, zu atmen. Irgendwo auf dem Weg hierher hatte ich mir zumindest die tunica übergezogen. Es war sehr früh, zu früh für die Familie, zu früh vielleicht für die meisten Sklaven. Ich war allein; und ich realisierte in diesem Moment, wie allein ich wirklich war. Ein gequältes Keuchen durchschnitt die Luft - es war meines. Wie viel Leid konnte ein Mensch ertragen, bis er endgültig zerbrach? Es riss mich ohnehin schon entzwei, und allein die Vorstellung davon, dass Celerina mich während all der Monate betrogen hatte, mich um meinen Erben betrogen hatte, war kaum zu ertragen.


    Ich wusste nicht, wie lange ich hier stand, an den Baum gelehnt. Die Sonne war bereits hinter den Wipfeln erschienen. Doch irgedwann wusste ich, was ich zu tun hatte, und ich wappnete mich dagegen, gegen die Offenbarung, die Bestätigung seitens Celerinas. So sehr es mich zu Siv zog, in ihre Arme, um mich zumindest ein wenig geborgen zu fühlen - auch wenn dies wohl nach dem gestrigen Tage auch nur Illusion war, so entschlossen war ich, Celerina nun zur Rede zu stellen. Mit unbewegter Miene machte ich mich auf den Weg zurück in Haus.

  • Allein… Ich lag ich da,wimmernd, eingeigelt, auf mich selbst angwiesen und triftete ab, hinab im Morpheus Reich… fort von hier… an einen anderen Ort… zu einer anderen Zeit ….


    Ich döste dahin, in der trostlosen Einsamkeit. Nur der Wind war zu hören, der durch die tote Piratensiedlung pfiff. Hier und da ließ er eine Tür gegen den Türrahmen schlagen. Der unheimliche Rhythmus des Todes.


    Ich versuchte zu schlafen, damit das endlos scheinende Warten auf den letzten Atemzug nicht zu unerträglich wurde
    Ich träumte, es wäre ein schöner warmer Frühlingstag, an dem Marcus und ich zusammen im Garten waren. Endlich verheiratet! Wie sehr hatte ich mir gewünscht, dies endlich sagen zu können. Doch dann besann ich mich. Das war nicht Marcus´ Hand und dies war auch nicht der aurelische Garten im Frühling. Dies war der Vorhof zur Hölle.
    Ich vernahm eine Stimme, die aber so weit weg schien, daß ich nicht verstehen konnte. Die Piraten waren zurück, glaubte ich und in der Panik nahm ich alle meine Kraft zusammen und vergaß den Schmerz. Ich versuchte, mich in Sicherheit zu bringen, in die Ecke der Hütte, dort wo ich mich zusammenrollen konnte, um mich gegen die Schläge zu schützen.
    "Nein, bitte tu mir nichts! Bitte, nicht schon wieder!", wimmerte ich. Unzählige Male hatte er sich einfach genommen, was ihm nicht gehörte. Diesmal nicht! Lieber sterben…. lieber sterben


    Ein weiteres Mal in der Lagune bei Aiacium gefangen, bemerkte ich nicht, wie sich abermals die Tür zu meinem cubiculum öffnete und jemand eintrat...

  • Jeder Schritt brachte mich ihr näher, jeder Schritt brachte mich der Wahrheit näher. Was würde ich tun, wenn sie es gestand? Ich wusste es nicht. Würde ich mich beherrschen können? Würde ich erneut außerstande sein, dazu etwas zu sagen? Ich dachte an alles und nichts, denn ich war des Denkens kaum noch fähig. All das Theater, alles Buhlen und Streiten, all die Tiefen und der Gram - umsonst. Nichtig, angesichts dieser Eröffnung, die ich auch so schon als gegeben annahm. Wieso auch hätte sie dies sonst sagen sollen?


    Ich hielt mich nicht einmal mit einem Klopfen auf - die Tür stand ohnehin noch in derselben Position wie ich sie zurückgelassen hatte. Ich trat direkt ein und schloss die Tür nicht eben sanft, ließ atemlos eine Hand an der Klinke und starrte zum Bett, auf dem meine Ehefrau lag, vergraben in den Kissen und Decken. Sollte sie heulen - es war mir gleich. "Du sagst es mir", stieß ich hervor, und meine Stimme klang weitaus weniger fest, als ich es mir gewünscht hätte, doch fordernd, und ich sagte es endgültig, denn eben dies war es. Ich war mir sicher, dass Siv sofort gewusst hätte, dass mir diese Worte nicht leicht fielen und dass ich zerrüttet war, innerlich. Doch von Celerina konnte ich wohl kaum erwarten, dass sie das erkannte - dass sie mich auch nur ansatzweise kannte und verstand. "Du wirst mir sagen, was du getan hast. Auf der Stelle. Oder ich schwöre beim Stein des Iuppiter, dass ich...." Ich endete in einem langsamen Kopfschütteln, um ein Haar wäre mir gar die Stimme versagt. Celerina würde sich ausmalen können, was geschehen würde. Es war nicht selten, dass ein Mann seine Ehefrau verstieß, weil sie sich als unfähig erwies, ein Kind zu tragen. Ich musste an mich halten, ihr nicht zu zeigen, wie es mir damit ging.

  • Die Stimme, sie ließ nicht ab von mir. Immer energischer wurde sie und fordernder. Sie wurde klarer und ich begriff langsam die Bedeutung, die dahinter steckte. Doch die Angst hatte mich wieder gänzlich übermannt. Jede Minute rechnete ich wieder mit Schlägen oder schlimmeren. Wenn Gorgus wütend war, war nicht zu Spaßen mit ihm. Noch schlimmer war es, wenn er betrunken war. Dann war er noch roher und unberechenbarer.
    Ich versuchte, mich noch enger zusammenzurollen, und legte schützend meine Hände über den Kopf.
    "Nein, bitte tu mir nichts! Bitte, nicht schon wieder!", winselte ich leise, im festen Glauben, immer noch in Aiacium zu sein und den mörderischen Piraten vor mir zu haben. Um seinen Zorn zu entgehen, versuchte ich, mich irgendwie in Sicherheit zu bringen. Ich kroch davon, kauerte mich dann zusammen. Meine Augen trauten sich kaum, unter dem zerwühlten Haar hervorzublicken, so sehr fürchtete ich ihn.
    "Bitte, nicht wieder schlagen. Bitte!" Meine Sinne täuschten mich bereits. Ich war dem Wahnsinn nicht mehr fern. Mein Schinder wies eine große Ähnlichkeit mit meinem Verlobten auf. Oder war am Ende alles nur ein böser Traum?
    "Marcus? Bist du das?", fragte ich mit zittriger Stimme. Mutig streckte ich ihm meine Hand entgegen, in der Hoffnung gerettet zu werden, obschon ich nur weitere Schläge erwartete.
    "Ich war bei einer alten Hexe. In der Subura. Sie hat es… sie hat mich davon befreit, Marcus. Ich konnte doch nicht so befleckt deine Frau werden! Vergib mir, Marcus! Er hat sich immer und immer wieder an mir vergriffen. Ich konnte nichts tun. Versteh doch, ich konnte es nicht verhindern." Meine Stimme erstickte in meinen Tränen. Ich konnte nicht mehr.

  • Sie redete wirres Zeug. Als hätte ich sie schon einmal geschlagen - wenngleich die Bereitschaft dazu in den letzten Tagen und ob der Vorkommnissen immer weiter angestiegen war. Dennoch - sie war eine Frau. Die meine, um genau zu sein. Fakt jedoch war ebenfalls, dass sie nicht auf meine Frage antwortete. Ich verstand nicht, dass meine fast schon wieder vergessene Formulierung vorhin sie zurück in die Vergangenheit geworfen haben könnte, darob ich sie unverständlich ansah. Ich sagte nichts auf ihre Worte, ich antwortete auch nicht auf ihre Frage. Sie war schließlich nicht blind, sie sah mich, und wer hätte es auch sonst sein können? Die steile Falte auf meiner Stirn nahm noch an Vertiefung zu, während ich die schwache Bewegung ihrer Hand verfolgte. Sie streckte sie nach mir aus, und um ein Haar hätte ich einen Schritt gemacht, ihr entgegenzukommen. Doch ich hielt mich zurück. Wäre die Lage anders gewesen, hätte ich nun vielleicht anders reagiert. Doch ich war diese Possen leid, dieses Theaterspiel, das Auf und Ab der Nerven. Ich würde mich hier nicht länger zum Narren halten lassen, auch ob eines solchen Gebaren nicht. Ich ließ lediglich die Klinke los, die ich noch mit einer Hand gehalten hatte, und verschränkte die Arme vor der Brust, schweigend, und erneut mit aufkeimendem Ärger. Sie sollte reden!


    Und das tat sie dann auch, doch nicht eben zufriedenstellend. Celerina war kaum zu verstehen. Sie entschuldigte sich, und ich schob mit rasenden Gedanken meinen Unterkiefer ein wenig vor. Bei einer Kurpfuscherin also. Ich sog die Luft mit geschlossenen Augen ein und sah dann zur Decke empor. Es brauchte einen Moment, bis ich sie wieder ansehen konnte. Sie weinte immer noch, und mir wäre auch fast zum Heulen zumute gewesen. "Du kannst keine Kinder mehr bekommen. Ist es nicht so? Du hast mich zum Narren gehalten." Meine Stimme klang bitter, als ich von meinem Platz an der Tür aus das Wort an sie richtete. Ich wusste nicht, was schlimmer war. Diese Lüge oder die Tatsache, dass es so war. Doch - ich wusste es. Mit der Lüge konnte ich leben.

  • Die Schläge blieben aus. Die physischen zumindest. Meine Hand, die ich ausgestreckt hatte, um endlich aus dieser Hölle gerettet zu werden, sie griff ins Leere. Entmutigt ließ ich sie sinken. Heute würde kein Retter mehr kommen. Wahrscheinlich würde er ewig auf sich warten lassen. Oder auch niemals erscheinen. Gorgus´ grässliches Lachen, direkt aus den Tiefen von Plutos Reich, dröhnte in meinem Kopf, mir zum Hohn. So sehr ich mich auch bemühte, ihn würde ich auf ewig mit mir herumtragen, einer Nemesis gleich, die mir dicht im Nacken saß.
    Was ich zu meiner Verteidigung angebracht hatte, war spurlos im Raum verhallt. Nichts, keine Gnade wurde mir gewehrt. Dabei war ich doch das Opfer! Ich war das Opfer! Warum verstand das niemand? Saß ich hier zu Gericht? Was warf man mir vor? Wer war der Kläger, wenn ich der Angeklagte war?
    Das Verhör hatte längst begonnen. Immer enger wurden die Kreise um mich herum gesponnen, bis ich nur noch gestehen konnte oder mit der Wahrheit untergehen mußte.
    Du kannst keine Kinder mehr bekommen. Ist es nicht so? Diese Feststellung lastete so fest auf meinen Schultern. Was hätte ich darauf erwidern können? War es so? Konnte ich keine Kinder mehr bekommen? War dies der Grund gewesen, weswegen die Götter mich nicht erhört hatten? Dabei hatte mir die alte Hexe versichert, ich hätte nichts zu befürchten. In diesem Glauben hatte ich den Trank eingenommen! In diesem Glauben…. Was sollte ich aber jetzt noch glauben? War es nicht besser, endlich zu gestehen? Gestehe! Dann wird es dir besser gehen!
    "Ich wußte es nicht! Sie hat mir versichert, ich würde keinen Schaden davon tragen! Ich weiß nicht, was ich glauben soll! Ich weiß es nicht!", schrie ich verzweifelt, heulend, sabbernd.
    "Ich wünsche mir doch nichts mehr, als ein Kind! Schon immer habe ich mir das gewünscht! Nur die, die ich trug, wurden mir immer wieder genommen…" fuhr ich jammernd fort. Mehr konnte ich nicht mehr gestehen. Weswegen ich mich auch immer schuldig gemacht hatte, nun erwartete ich das Urteil. Auf Milde hoffte ich nicht. Nur mein Tod würde dereinst eine Erlösung für mich bedeuten.

  • Ich verhielt mich nicht besonders nett, das war mir durchaus bewusst. Doch konnte ich nicht anders. Celerina trug die Schuld daran. Es war schlimm genug, dass dieser Pirat sie benutzt und befleckt hatte. Dass er sein Vermächtnis in ihr platziert hatte wie eine Fliege ihr Ei, einem Parasiten gleich, der erst lange Zeit danach dem Wirt zum Verhängnis wurde, ihn langsam von innen zerfraß, bis er an die Oberfläche seiner Zerstörung drang und sich hämisch grinsend offenbarte. Celerina jammerte und klagte gepeinigt, sie musste mich dafür hassen, dass ich sie damit konfrontierte. Doch ich konnte keine Rücksicht nehmen, das hatte ich lange genug getan. Ich musste endlich erfahren, woran ich war, und ich duldete keine Ausflüchte, keine Lügenmärchen mehr.


    Dennoch wirkte sie wie ein Häufchen Elend, schluchzend und aufgewühlt. Sie wünschte sich ein Kind, zumindest sagte sie das. Ob ich ihrem Wort trauen konnte? Ob sie nicht wusste, dass sie nicht mehr fähig war, eines auszutragen? Ob sie es bedauerte? Oder waren uns die Götter nicht gewogen? Ich dachte an das versprochene Opfer. Ich würde dafür sorgen, dass es keine negativen Vorzeichen mehr gab. Das war es, was ich tun konnte, und das würde ich tun. Ich ging langsam auf Celerina zu. Vor dem Bett blieb ich stehen und sah auf sie hinunter. Sie war eine gute Matrone - für die Öffentlichkeit. Doch in privatim war sie eine Katastrophe. Sie spielte ein falsches Spiel nach dem anderen mit mir. Zögernd setzte ich mich auf den Rand des Bettes. Das war alles, dessen ich jetzt fähig war. Ich berührte sie nicht. Ich bemitleidete sie nicht. Ich bedauerte lediglich diese Situation. Ob ich ihr glauben konnte, dessen war ich mir nicht sicher. "Du wirst so etwas nie wieder sagen", sagte ich aufgeräumt und spielte auf die Bemerkung an, die sie gemacht hatte, bevor ich kommentarlos gegangen war.

  • Mein Klagen und Jammern verebbte langsam. Übrig, blieb nur noch ein leises Wimmern, welches von Zeit zu Zeit durch ein Schniefen ergänz wurde. Von mir war nur noch ein einziges Nervenbündel übriggeblieben, das jeden in Mitleid hätte versetzen müssen. Jeden - nur nicht Marcus! Er blieb kalt, wie eh und je. Lediglich ein winzig kleines bißchen Nähe war er im Stande zu geben, als er an mein Bett trag, auf dem ich, einer verkümmerten Gestalt gleich, kauerte. Er ließ sich noch herab, sich auf den Rand des Bettes zu setzen, doch damit war es genug mit der Nähe. Wie sehr hätte ich mir in diesem Augenblick gewünscht, seine Berührung zu spüren. Nur ein Lebenszeichen, damit ich gewußt hätte, ich lebe noch! Lebte ich noch, wo sich doch um mich herum alles so kalt und tot anfühlte?
    Schließlich sagte er noch etwas. Ich erkannte sofort, worauf es sich bezogen hatte. Auf den Erben, den ich ihm vorenthalten könnte. Das war es, was ich verbrochen hatte. Etwas, was ich in Rage von mir gegeben hatte. In dem Augenblick verlor ich insgeheim jede Hoffnung, jemals ein Kind zu empfangen. Doch dies sagte ich ihm nicht. Solange wir uns nur noch anschrien und uns bis aufs Blut bekriegten, konnte aus dieser Saat kein lebenswertes Leben entstehen. Deshalb waren uns die Götter nicht hold gewesen. Nur deshalb!
    "Ja, ich verspreche es!", flüsterte ich, um den ersten Schritt zu tun, damit sich vielleicht doch noch das Schicksal wenden mochte.

  • Sie versprach es. Ich betrachtete sie, fragte mich, ob sie es ernst meinte. Doch ich glaubte nicht, dass sie mich erneut belog - und wenn doch, dann war sie eine grandiose Schauspielerin. Dennoch nickte ich langsam. Ich wusste nicht, ob ich ihr das so schnell verzeihen konnte. Und ich hatte keine Ahnung, wie man herausfinden sollte, ob sie überhaupt noch schwanger werden konnte. Ihr musste ebenso wie mir klar sein, dass ich nicht endlos warten konnte auf einen Erben. Ich verzichtete darauf, ihr das in Erinnerung zu rufen. Allmählich wurde ich ruhiger.


    Schließlich gab es noch eine Sache, die geklärt werden musste, auch wenn sie das nun vollends treffen würde. "Ich werde dich bevorzugen, Celerina. Das habe ich immer getan. Du stehst an meiner Seite. Du wirst die Mutter meines Erben sein. Dir gehört alles, was ich dir bieten kann." Ich sog prüfend die Luft ein und atmete langgezogen wieder aus. "Was ich im Gegenzug verlange, ist Toleranz. Ich habe dir nie einen offensichtlichen Grund gegeben, dich so zu verhalten. Das werde ich auch weiterhin nicht tun. Ich gab dir ein Versprechen gegeben in der Hoffnung, keine Diskussionen mehr führen zu müssen, denn ich bin sie leid, Celerina. Ich war bereit, meine letzte Aussicht auf ein wenig Frieden gegen die Zufriedenheit meiner Frau einzutauschen. Und nun stehen wir hier. Ohne zu wissen, ob eine Schwangerschaft überhaupt möglich ist." Meine Mundwinkel zuckten, mein Kopf pochte dröhnend. "Ich werde mich an diese Abmachung nicht halten. Nicht nach dem hier." Und in jenem Moment ging es mir sehr viel weniger um den Sex denn um den tatsächlichen Frieden. Den Hauch Geborgenheit. Zärtlichkeit, ohne die jeder Mensch auf Dauer abstumpfte. "Du kannst entscheiden. Ich werde der sein, den du dir wünschst, in der Zeit, die wir zusammen verbringen. Ich werde dich respektieren und achten. Und ich werde dir keinen Anlass geben, dich zurückgestellt zu fühlen."

  • War ich doch zu einem ersten Schritt bereit gewesen, mußte ich gleich schon erkennen, welche Konsequenzen er mit sich brachte. Tolleranz verlangte er von mir. Im Gegenzug bot er mir das an, was mir als seine Frau sowieso zugestanden hatte. Er hatte es wirklich geschickt angestellt! Mir dämmerte langsam, daß dies der eigentliche Grund gewesen war, weswegen er mich am Abend zuvor aufgesucht hatte - aus Frustration, weil er sich bei der Germanin gehemmt gefühlt hatte!
    Ich hätte jetzt die Möglichkeit gehabt, endgültig einen Schlußstrich unter diese Ehe zu ziehen, ihm ein Ultimatum zu stellen, ich hätte auch weiterkämpfen können, mit ihm streiten, Das hätte ich alles tun können. Doch ich fühlte mich so unendlich kraftlos. Ich sehnte mich einfach nach einem Stückchen Frieden, weit weg von ihm, von dieser Villa, von Rom. Ich hatte es so satt!
    "Gut," antwortete ich ernüchtert. "Dann tue das. Ich werde ein Versprechen, das ich gegeben habe, nicht brechen. Für den Rest des Tages werde ich die Villa verlassen. Du wirst keinen Grund zur Besorgnis haben! Zur Cena spätestens werde ich wieder sein. Charis wird dir dann Bericht erstatten, so wie sie es wohl die ganze Zeit über getan hat." Meine Worte kamen ruhig, ohne Häme aber auch ohne Emotionen. Ich wußte nur, ich mußte nun von hier fort, weg von hier, wenigstens für einige Stunden. Mein Ziel war mir noch nicht ganz klar. Ostia wäre gut. Es war noch früh am Tag, mit etwas Glück konnte ich in zwei, drei Stunden am Meer sein.

  • Während ich dort saß und einer Antwort harrte, sah ich sie an. Sie wirkte...ich wusste es nicht. Es war mir nicht möglich, ihre Miene zu deuten. War sie verärgert, verbarg sie das gut, ebenso erkannte ich weder Zustimmung noch Hoffnung oder sonst etwas. Celerina hatte sich gut im Griff. Dies war der Moment, an dem sie sich von mir abwenden konnte, und würde sie das tun, würde ich sie gewähren lassen. Selbstverständlich würde es Celerina nach außen nicht gut dastehen lassen, kinderlos und geschieden, ganz gleich, was sie erzählte. Ob dies der Grund war, aus dem sie schließlich - und vielleicht ein wenig zu schnell - bejahte, konnte ich nicht sagen. Das, was sie sagte, war eine direkte Anspielung auf das Versprechen, das sie mir am Tag zuvor abgerungen hatte. Ich hätte nun erwidern können, dass diese Vereinbarung unter ganz anderen Umständen getroffen und die Karten nun neu gemischt worden waren, obdessen ich mich nicht dazu verpflichtet fühlte, mich an sie zu halten. Doch ich schwieg, ein Zeichen für die Akzeptanz, vielleicht eines guten Willens ihr gegenüber. In gewisser Weise war ich sogar erleichtert.


    "Ich habe sie dazu gezwungen", erwiderte ich, nicht ahnend, dass sie dasselbe mit Brix versucht hatte. "Sie hat dich nicht ausspioniert, falls das deine Befürchtung ist. Ich bat sie lediglich, mir in Bezug auf dich behilflich zu sein." Diese Sklavin nahm ich hier nur aus einem Grund in Schutz. Celerina brauchte eine Vertraute, so glaubte ich, und Charis war nun einmal ihre Leibsklavin. Es lag nahe, dass sie diejenige war, der sie am meisten vertraute. Und was die Hilfe betraf - nun, Celerina musste klar sein, dass ich nicht eben ein geschickter Ehemann war, so wie mir das selbst klar war. "Ich denke nicht, dass das weiterhin nötig sein wird." Obgleich Charis gute Dienste geleistet hatte. Ich legte eine Hand auf ihren Unterschenkel. Diese Geste kostete mich einiges an Kraft, insbesondere nach dem, was hier vorgefallen war. "Nimm dir Wachen mit." Weiters kommentierte ich ihr Vorhaben nicht, das Haus zu verlassen. Sollte sie Kurzweil suchen, Ablenkung. Ich misstraute ihr in dieser Hinsicht nicht, obgleich die Befürchtung, sie mochte sich in die Arme eines anderen flüchten, so präsent wie eh und je war. Dann erhob ich mich, sah noch einmal auf sie hinunter und würde dann wohl gehen, wenn es nichts weiter zu erwidern gab. Ich fühlte mich hohl, eine leere Hülse, ausgebrannt. Nicht gut, obgleich ich doch einen Erfolg erzielt hatte.

  • So ruhig und emotionslos meine Stimme geklungen hatte, so fühlte ich mich nun auch. Ich war ausgebrannt und leer. Nicht fähig, etwas zu empfinden. Weder Trauer, Wut oder sogar Hass. Nein, ich hasste ihn nicht dafür, was er mir antat. Wahrscheinlich würde ich auch nie wieder so etwas wie Liebe für ihn empfinden. Wenn wir uns in Zukunft intim näher kommen sollten, so geschah dies nur noch aus einem reinen geschäftsmäßigen Grund. Für Zuneigung oder gar Liebe war hier kein Platz mehr. Einzig allein ein freundschaftliches Verhältnis konnte daraus erwachsen, wenn man ihm die Gelegenheit dazu gab. Im Augenblick war selbst dies nicht möglich.
    Selbst als er dieses verräterische Miststück erwähnte, blieb ich ganz ruhig. Er hatte sie also dazu gezwungen. Ihm war das gelungen, was mir mit dem Germanen misslungen war. Wobei es bei meiner Makedonierin keine große Kunst gewesen war, sie einzuschüchtern. Er hatte sie gebeten, ihm in Bezug auf mich behilflich zu sein. Das war wieder grandios formuliert, um das Wesentliche zu verschleiern. Es wurde Zeit, daß er endlich ging! Ich mußte unbedingt hier raus!
    Als seine Hand dann noch auf meinem Unterschenkel landete, zuckte ich leicht zusammen. Er sollte seine Hand dort wegnehmen! Diese Nähe konnte ich jetzt kaum ertragen. Zwar sagte ich nichts, doch mein Blick sprach Bände. Endlich erhob er sich und bewegte sich zur Tür. Es fühlte sich wie eine Ewigkeit an, bis er endlich gegangen war.


    Für eine Weile saß ich noch einfach still da, nicht fähig für eine Gefühlsregung. Starr blickte ich ins Nichts, bis mich ein Klopfen aus der Starre zurückholte. Charis trat ein, wie sie es jeden Morgen tat. Sie merkte sofort, daß etwas nicht so war wie es sein sollte. Doch sie ließ sich nichts anmerken.
    "Laß alles für einen Ausflug ans Meer richten. Ich möchte in einer Stunde aufbrechen. Unterrichte die Sklaven davon und richte Priscas neuem Sklaven aus, er möge sich heute Abend nach der cena in meinem cubiculum blicken lassen."
    Noch ließ ich sie im Unklaren darüber, was ich in Bezug auf ihre Loyalität erfahren hatte. Doch ich würde sie so einfach nicht davonkommen lassen!

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