Der Strand bei Ostia | Ein Tag am Meer



  • Ein Tag am Meer


    Eilig hatten die Sklaven etwas für einen Ausflug am Meer zusammengepackt. Einen großen Korb mit Obst, Brot, Käse, kaltem Braten, Oliven und Eiern. Ebenso hatte man an Getränke gedacht, Wasser und Wein. Dann noch einige Decken, Kissen , Tücher und Holzstangen, aus denen geschickte Hände einen perfekten Sonnenschutz basten konnten.
    Nahezu ein Dutzend Sklaven hatten meine Sänfte gesäumt, darunter waren einige meiner custodes, die für meine Sicherheit zu sorgen hatten. Auch meine Leibsklavin Charis, die noch nicht ahnte, was ich am Morgen über sie erfahren hatte, war mit dabei. Neben ihr lief mein neuester Sklave Okhaton, den ich eigens zu meiner Unterhaltung mitgenommen hatte. Seine Kithara war gut verwahrt worden, damit ihr bei der Reise nichts geschah.
    Die Trägersklaven bahnten sich ihren Weg durch die Gassen. Die ehrerbietige Sänfte, auf der das aurelische Wappen angebracht war, erregte allerhand Aufmerksamkeit, wohl nicht zuletzt, weil eine große Zahl von Sklaven sie begleitete. Quer durch die Stadt führte der Weg, bis hin zur Via Ostensiensis. Hinter der Porta Raudusculana bestieg ich einen Reisewagen, der bereits gewartet hatte. Nachdem auch das Gepäck verladen worden war, wurde die Reise fortgesetzt. Noch stand die Sonne nicht im Zenit. Die Hitze war noch erträglich. Ein frischer Wind, der vom Meer kam, machte das Reisen angenehm.
    Kurz vor Ostia schlug der Wagen einen andere Weg ein, der ihn nicht in die Stadt hinein brachte, sondern der in einer kleinen Fischersiedlung unweit der Stadt und des Hafens endete. Unweit davon , nicht fern vom Strandführte ein schmaler Weg zu einem kleinen Pinienwald. Das war unser Ziel. Dort wollte ich bleiben.
    Sofort begannen die Sklaven mit dem auspacken. Ein kleines Zelt, welches eher einem Baldachin glich wurde aufgebaut. Im Inneren wurden Matten, Decken und Kissen ausgelegt, damit es so bequem, wie möglich war.
    Endlich entstieg auch ich dem Wagen. Ich ging einige Schritte zum Strand. Mit meiner Hand schützte ich mich gegen das gleißende Licht. Ich spähte hinaus aufs Meer, jenem türkisblauen Band, das bis zum Horizont reichte. In der Ferne konnte man die Umrisse eines Schiffes ausmachen, dessen Bestimmungsort gewiss Ostia war.
    Der frische Wind fuhr durch mein Haar. Zufrieden seufzte ich. Hier wollte ich den Tag verbringen.

  • Den Sklaven keinerlei Aufmerksamkeit schenkend, ging ich einige Schritte. Viel gesprochen hatte ich heute noch nicht. Es gab nichts, was ich hätte sagen können. Und nach einer munteren Unterhaltung mit Charis war mir schon gar nicht gewesen. Dieser verräterischen Schlange wollte ich nie wieder etwas anvertrauen.
    So war ich denn auch meiner Vertrauten verlustig gegangen. Wenn ich so darüber nachdachte, so hatte ich in den letzten Tagen allerhand verloren: die Illusion, einen Ehemann zu haben, der mich eines Tages lieben könnte, die Hoffnung auf ein bißchen Zuneigung und schließlich das Vertrauen auf eine verschwiegene und loyale Leibsklavin. Alle hatten sie mich nun verlassen.
    Bereits seit Wochen hatte ich kein Lebenszeichen mehr von Chimerion erhalten. Ich wußte nur, er wollte sich in den Wäldern der Albaner Bergen verstecken. Nachts hatte ich oft schon dafür gebetet, er möge doch den Weg zum nemus Dianae finden, dem Heiligtum der Diana am Lacus Nemorensis, welches entlaufenen Sklaven Asyl bot.


    Mit meinen Sandalen kam ich in dem sandigen Boden nicht sonderlich gut zurecht. So streifte ich sie einfach von meinen Füßen und ging barfuß weiter. Das Rauschen des Meeres hatte eine besonders beruhigende Wirkung auf mich.
    Dies war einer jener Momente, indem ich sehr gut nachvollziehen konnte, wie ein Mann, wie mein Onkel Aquilius, sich für ein Leben als Fischer, weit abseits von Rom entscheiden konnte, obwohl er die besten Aussichten für eine glänzende Karriere hatte. Ich wünschte mir, ich hätte auch diesen Mut. Wie sehr ich mich gerade in den letzten Tagen nach dem Leben der einfachen Leute sehnte, vermochte sich niemand außer mir selbst vorzustellen. Ich hatte es so satt, dieses Leben einer römischen Patrizierin. Wir hatten die halbe Welt erobert und befriedet und doch war es uns nicht vergönnt, in Frieden zu leben. Unsere Welt strotzte nur so von Ungerechtigkeiten.


    Nachdem ich schon ein ganzes Stück am Strand entlang gegangen war, blickte ich zurück, dorthin, wo bereits der Baldachin stand, dessen Stoff im Wind flatterte. Es war besser, wenn ich nun zurückging, letztendlich war ich ohne begleitenden Schutz losgegangen.
    "Herrin, du solltest dich vor der Sonne schützen!" Charis kam mir bereits besorgt entgegen gelaufen, in Begleitung eines Sonnenschirm tragenden Sklaven. Wortlos übergab ich mich in seine Obhut und folgte ihr zum Baldachin. In einem Meer aus Kissen ließ ich mich nieder und beobachtete eine Zeitlang das Spiel der Wellen.
    "Okhaton soll kommen!" sagte ich irgendwann, als ich bemerkte, wie die Langeweile mich zu überfallen drohte.

  • Sim-Off:

    Entschuldigt meine lange Abwesenheit. War indispuniert.


    Der gallische Sklave stand in der Nähe seiner Herrin am Strand und hoffte, dass er selbst keine knallrote Haut bekam, da er selbst so viele wärmende Strahlen nicht gewohnt war. Da Áedán jedoch nicht groß darüber nachdenken wollte, versuchte er sich mehr auf seine Aufgabe zu konzentrieren: Er behielt die Flavia im Auge. Domina Celerina hatte ihm von Anfang an klar gemacht, wo sein Platz war und was zu seinen Augen gehörte. Ihre körperliche Unversehrtheit war sein Hauptinteresse an diesem Tag, auch wenn es etwas schönes war, den Wind im Haar zu spüren und die salzige Luft des Meeres zu riechen.


    Sprechen würde er mit seiner Herrin nur, wenn sie das Wort an ihn wandte. Sie sollte sich entspannen, die Seele baumeln lassen und all ihre Sorgen zu vergessen. Ob sie welche hatte, wusste er nicht genau, aber welche anständige Ehefrau hatte denn bitteschön keine? Mutter mochte sie noch keine sein, aber von den Jahren her müsste sie durchaus noch dazu in der Lage sein, weshalb er eigentlich schon damit rechnete, dass sie als verheiratete Frau sich Nachwuchs wünschte.


    Nachdenklich betrachtete der junge Sklave seine Herrin mit blaugrünen Augen und stelle wieder einmal fest, was für eine Schönheit diese eiskalt wirkende Römerin eigentlich war. Sie war wirklich etwas, was man aus der Ferne bewundern konnte, da man sich an ihr wahrscheinlich nur Erfierungen holen konnte, wenn man ihr zu nahe kam.


    "Domina, wenn du wünscht, könnte ich eine Massage versuchen. Ich habe das schon ein paar Mal gemacht. Vielleicht tut es dir gut... bot der junge Mann leise an, während er immer noch versuchte, die Umgebung im Auge zu behalten.


    Inzwischen hatte er sich ziemlich gut eingewöhnt, was seinen Status als Sklaven anging, weshalb er sich eigentlich auffällig ruhig und freundlich gegenüber den Aureliern in der Villa verhielt. Sogesehen hatte die Bestrafung durch Domina Flora doch einiges bewirkt. Allerdings vermisste er nach wie vor einen guten Freund und von Cimon hatte er bislang noch gar nichts gehört, was ihn nicht gerade gut gelaunt durch die Villa stromerte, sondern eher in sich hinein sah.

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  • Der Ägypter hatte seine schweigsame, neutrale Haltung bisher beibehalten, eigentlich nur mit seinem Stock die Umgebung bewacht, nachdem er direkt nach der Ankunft die Kithara gestimmt hatte. Weder für seine Funktion als Aushilfswächter noch als Sänger hatte er etwas zu tun gehabt - so nah an der Stadt gab es keine Räuber oder andere miese Gestalten, soviel war sicher.


    Okhaton als Stadtkind legte keinen allzu großen Wert darauf, draußen zu sein, genoss es jetzt aber doch. Ein frischer Wind ließ seine Tunika und die kurzen Haare flattern. Als er den Ruf der Celerinas vernahm, erhob er sich von seinem Stein und ging hinunter zu ihr. Er hatte seinen Gedanken nachgehangen - er spürte irgendeine Spannung im Haus, er hielt sie auch für den Grund dieses Ausflugs. Sie interessierte ihn jedoch nur soweit, als dass er nicht zwischen die Fronten geraten wollte... vielleicht, so dachte er, sollte er das in seinem Verhalten Celerina gegenüber bedenken...


    "Du hast gerufen, Herrin." sagte er mit einem leichten Lächeln in seinem ägyptisch-harschen koiné, als er dann vor ihr stand.

  • Sim-Off:

    Zur besseren Orientierung werde ich alle Dialoge, in denen Celi griechisch spricht kursiv und alle anderen wie gewohnt recte schreiben. ;)


    Inwieweit sich die Neuigkeiten von der Front des flavisch-aurelischen Ehekrieges bereits hinunter die Sklavenschaft gesickert war und nun die Runde machte, konnte ich nicht mit Bestimmtheit sagen. Doch durfte wohl allen Sklaven, die sich in meiner Nähe aufhielten, aufgefallen sein, daß ich anders war, als sonst. Stiller, ernster, resignierter - einfach unnahbar. Áedáns Einschätzung, ich sei kühl, so sehr kühl, daß er sich an mir Erfrierungen holen konnte, stimmte vollkommen.
    So wagte es auch niemand ungefragt in meiner Gegenwart zu sprechen, aus Furcht vor einer Strafe. Dabei wäre es für die Sklaven ein leichtes gewesen, mich zu überwältigen und zu fliehen. Lediglich ihre Vernunft, oder besser gesagt, die allgegenwärtige Furcht vor den Konsequenzen einer Flucht oder eines noch schlimmeren Verbrechens, bewahrte sie davor.
    Ja, sie war fast schon bedrückend, diese Stille. Nur das Meer, die Rufe der Vögel und der Wind, der mit den Ästen der Pinienbäume spielte und hin und wieder den Sand aufwirbeln ließ, erinnerten daran, daß dies hier das wahre Leben war.
    Schließlich war es der Gallier, der diese Stille mit einem Flüstern durchbrach. Er hatte mich zurück zum Baldachin begleitet. Eigentlich war es seine Aufgabe gewesen, die Augen aufzuhalten. Doch darüber hinaus war er mutig. So mutig, daß er wagte, unaufgefordert zu sprechen.
    Ich saß bereits in meinen Kissen, als ihn mein nachdenklicher Blick streifte. Noch war ich ihm eine Antwort schuldig geblieben.
    Eine Massage… oh ja. Auch wenn es eher meine Seele war, die geschunden war, so konnte ich mich mit dem Gedanken einer entspannenden Massage anfreunden.
    "Das kannst du tatsächlich, Áedán? Nun, dann zeig mir dein Können!", meinte ich etwas später.
    Gleich darauf wandte ich mich meiner Leibsklavin zu.
    "Charis!" Die Makedonierin trat an mich heran und öffnete sie Fibeln meiner Tunika, dann zog sie behutsam den Stoff meines Gewandes nach unten, damit der Rücken frei wurde- Lediglich das Brustband trug ich noch. Dann machte ich es mir in den Kissen gemütlich. Auf dem Bauch liegend, war ich bereit, die Massage des Galliers zu empfangen.
    Inzwischen war auch Okhaton zu mir gekommen. Sein erfrischend leichtes Lächeln erinnerte mich an einen sonnigen Frühlingstag.
    "Setzt dich zu mir und spiel etwas! Oder nein! Viel besser wäre es, wenn du mir eine deiner Geschichten erzählst," meinte ich etwas gelöster, wie gewohnt in Griechischer Sprache. Dabei fragte ich mich plötzlich, ob der Gallier den Ägypter auch verstehen würde.
    "Áedan, verstehst du die Sprache, die Okhaton spricht? Sprichst du auch Griechisch?", fragte ich schließlich den Gallier, der sich gerade daran machte, mit dem Massieren zu beginnen. Charis hatte das Mandelöl herbeigeholt, mit dem ich für gewöhnlich eingeölt wurde und reichte es ihm.
    "Charis, bring verdünnten Wein und Obst! Bring auch Becher für Áedán, Okhaton und dich! Und dann setz auch du dich zu mir!" ordnete ich an, schließlich machte vieles reden und massieren durstig!

  • Der gallische Sklave war unruhig gewesen, während er auf die Antwort seiner Herrin gewartet hatte. Seit geraumer Zeit war er selbst sehr ruhig und vorsichtig gewroden und mit seiner Herrin hatte er noch weniger gesprochen als mit dem Rest in der Villa. Seit Cimon fortgegangen war und diese Siv in der Villa war, hatte sich einiges geändert und Áedán konnte die Veränderungen nicht wirklich gut nachvollziehen, da er in seiner wenigen freien Zeit damit beschäftigt war, den Unterricht voranzutreiben, den er von Charis erhielt. Ansonsten hielt er sich mit Reparaturen und anderen Hilfsarbeiten vom Nachdenken ab. Das hatte er auch nötig, denn wenn er ins Grübeln verfiel, wurde er immer traurig und ungeduldig.


    "Ich werde es gerne versuchen, Domina. Wenn ich dich nicht zufriedenstellen kann, höre ich sofort auf." sagte er in einem Tonfall, der durchaus ungwohnt devot aus seinem Munde klang. Man konnte beinahe meinen, sein Stolz wäre gebrochen, dabei sah man ihm an den Augen an, dass er augenblicklich einfach zu sehr mit seinen Gedanken beschäftigt war, um Widerstand gegen irgendwelche äußeren Einflüsse zu leisten.


    Nachdem die Leibsklavin seiner Herrin dieser die Fibeln der Tunica geöffnet hatte, so dass er an ihre Schultern herankam. Sie legte sich bequem hin und sprach dann in einer ihm fremden Sprache zu ihrem neuen Sklaven, den Áedán bislang kaum hatte kennen lernen können. Der junge Sklave hatte diese Sprache zwar schon irgendwo einmal gehört, wusste sie aber nicht zuzuordnen. Als die Flavia sich an ihn wendete, hatte er sich gerade neben ihr hingekniet und das Öl von Charis entgegen genommen.


    "Es tut mir leid, Domina. Ich spreche nur einige gallische Dialekte außer dem meines Stammes und gewöhnliches Latein. - Vielleicht kann Charis mir etwas beibringen, wenn wir mit dem Lesen besser vorankommen?" Diese Frage ging sowohl an seine Herrin als auch die entsprechende Sklavin. Er wollte sich Charis nicht aufdrängen und hoffte von daher, dass diese ihn jetzt zornig anfunkelnde.


    Er goss sich sparsam etwas von dem Öl auf seine Hände und stellte fest, dass es sich um ein äußerst edles handelte, dessen Geruch durchaus betörend war. Ihm fiel auf, dass Domina Celerina häufig genau diesen Duft an sich hatte und nahm an, dass sie sich öfter damit einrieb.


    Nachdem er das Öl ein wenig in den Händen gehabt hatte und es leichtg angewärmt davonzufließen drohte, begann er, es sanft auf ihren Schulterblättern zu verreiben. Zu kalt wäre es angenehm gewesen, aber nun hatte es einen leicht abkühlenden Effekt, was angesichts der sommerlichen Hitze, die irgendwie trotz der leichten Meeresbrise herrschte, hoffentlich angenehm aufgefasst wurde. Bislang hatte der rotblonde Mann kein so zartgliedriges Wesen wie seine Herrin massiert, weshalb er anfangs etwas vorsichtig war und nur mit leichtem Druck arbeitete.


    Ein wenig angespannt schien sie ihm ohnehin zu sein, aber nachdem, was er eher beiläufig von den anderen Sklaven gehört hatte, wunderte ihn das nicht. Ehestreitigkeiten waren eben nicht gerade entspannend.

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  • Okhaton hatte sich eine Weile gesammelt, dann begann er leise zu erzählen. "Es gab einst einen schönen Jüngling, der oft auf die Jagd ging in dem Wald, der hinter dem Haus seines Vaters begann. Nun war in eben jenem Wald das Bad, in dem eine zauberische Königin ihren Leib pflegte, es lag aber tief darin, sodass der Jäger nicht leicht in seine Nähe kommen konnte. Der Jüngling war nun, als die Königin wieder einmal badete, doch einmal in die Nähe gekommen und traf dabei eine der Nymphen der Königin, die deren Kleider im Bach wusch. Das pechschwarz gelockte Haar der Nymphe gefiel ihm gleich so, dass er sich an sie heranschlich und sie berührte - sie erschrak natürlich fürchterlich, aber als sie den jungen Jäger sah, erschien auch er ihr unendlich schön."


    Okhaton lächelte verschmitzt - wer sich mit dem Mienenspiel der Menschen auskannte, mochte vielleicht sehen, dass dies zum Auftritt gehörte und nicht von ihm selbst kam; er war nur konzentriert darauf, nicht den Faden der Geschichte zu verlieren und jedes Wort so zu setzen, wie es der Darstellung guttat. "Sie beschloss, sie könne eine Pause machen von ihrer Arbeit und sie gingen gemeinsam in den Wald, wo... nun, das sollte offensichtlich sein. Von nun an trafen sie sich immer, wenn die Königin im Bade war, und immer wusch sie die Wäsche, und immer gingen sie in den Wald."


    Er pausierte; nun musste die Wende richtig eingeleitet werden. "Wie ich schon sagte, war die Königin sehr zaubermächtig, und ihre Launen waren berüchtigt. So behielt sie einmal die Nymphe bei sich, weil sie..." Er warf einen Blick auf den blonden Germanen, der Celerina massierte. "...sich darauf verstand, den müden Rücken der Königin zu erfrischen."


    Er ließ das Satzende leicht schweben, als feine Andeutung von etwas, was sich die Zuhörerinnen (der Germane konnte anscheinend kein Griechisch, wenn er das richtig mitbekommen hatte) selbst denken konnten, wenn sie denn wollten. "Der Jäger wartete am Bach auf seine Geliebte, und als es ihm gar zu lang war, ging er sie suchen. Er kannte sich im Wald aus, und so stieß er rasch auf die Höhle, in der die Königin badete. Er trat hinein und sah die Königin im Bad, ohne Gewand, zusammen mit ihren Dienerinnen. Die Königin wollte ihn sogleich mit einem fürchterlichen Zauber belegen, aber seine Geliebte stieß sie nach vorne, sodass der Arm der Königin auf sie selbst wies - und so wurde nicht der Jäger in einen Hirsch verwandelt, sondern die Königin wurde eine Hirschkuh. Sogleich fielen die Nymphen von ihr ab, die sie nur mit ihrem Zauber an sich gebunden hatte, und sie zogen mit dem Jüngling fort, um von da an ihm zu dienen." Okhaton lächelte. "Das war die Geschichte vom Bad der Zauberin."


    Er hoffte, die Geschichte gefiel der Herrin, denn je mehr er für sie tun konnte, desto besser und sicherer würde er es haben.

  • Der Augenblick, da Áedáns ölige Händ meine Schultern berührten, entfachte in mir ein wohliges Gefühl des Entspannt seins. Mir schien, als fielen alle meine Sorgen von mir ab, die mich bis hierher begleitet hatten.
    Charis war mit dem Getränk, dem Obst und auch den Bechern zurückgekehrt und versorgte alle, die sich um mich geschart hatten. Dann nahm auch sie in unserer kleinen Runde Platz.


    Der junge Ägypter hatte sich anfangs etwas Zeit gelassen. Die Worte, mit der er seine Geschichte vortragen wollte, sollten wohlüberlegt sein. Das gefiel mir. Und nachdem ich etwas Geduld bewiesen hatte, sprudelte es nur so aus seinem Munde. Die sorgsam gewählten Worte und die Art, wie er sie formulierte, beeindruckten mich. Ob meine sich Freundin Graecaia auch nur einen Hauch dessen bewußt war, welche Freude sie mir mit ihrem Geschenk gemacht hatte?
    Man hätte wohl Parallelen zwischen der bösen Zauberin aus Okhatons Geschichte und mir ziehen können. Doch ich verstand mich nicht im mindesten als böse Zauberin, genauso wenig wie meine Sklaven die verzauberten Nymphen waren.
    Ein Jammer nur, daß mein Gallier von alldem nichts verstand, da er, wie er erklärt hatte, des Griechischen nicht mächtig war. Charis konnte hiefür ein Schlüssel sein. Charis, jaja… Charis!


    Für einen Moment lang schien ich in Gedanken versunken sein, ließ einfach nur den Genuß der Massage auf mich wirken, bis ich schließlich, für alle Anwesenden recht unvorbereitet, eine Frage in den Raum stellte. Für die, die nichts zu befürchten hatten, schien sie wohl eher wirr, da sie den Zusammenhang nicht verstanden, doch meine Charis sollte diejenige sein, die genau wußte, was ich meinte.
    "Sag mir, Áedán, wie verfährt man in Gallien mit Verrätern? Und du Okhaton, was pflegt man in Aegyptus mit jenen zu tun, die sich der Untreue schuldig gemacht haben?"

  • Der Gallier hörte Okhatons Stimme zu, verstand aber kein Wort. Deswegen wusste er auch nicht, von was die Geschichte handelte. Die Sprache klang sehr schön und auch das, was der Ägypter von sich gab, hatte etwas melodisches und wohlklingendes an sich.


    Die Frage seiner Herrin, deren samtene Haut er gerade mit diesem gutriechenden Öl einrieb, während er die Muskelpartien sanft massierte, verwirrte ihn deswegen doch ein wenig. Sie hatte lange geschwiegen und die Erzählung des Sklaven nicht unterbrochen, aber nun wollte sie anscheinend tatsächlich einmal etwas von Áedán wissen.


    "Das kommt auf den Verrat an, Domina." beantwortete der rotblonde Sklave die Frage. "Die Ehe sieht bei uns ganz anders aus als in Rom. Nach wie vor. Was dies angeht, gehen uns die römischen Sitten noch nicht wirklich in Fleisch und Blut über. - Verrät man seinen Stamm wird man verbannt und darf nicht mehr zurückkehren, bis man sich wieder bewiesen hat. Anderenfalls muss man damit rechnen, getötet zu werden. - Verrat ist etwas seltenes in Gallien. Ich habe noch nie mitbekommen, dass sich jemand bei uns Zuhause hätte vorwerfen lassen müssen, er hätte jemanden verraten. Außer bei Kindern vielleicht, die etwas verpetzt haben. Da wurde die Petze mindestens genauso bestraft wie der Übeltäter. Bei uns sind alle untereinander sehr loyal. Nach wie vor. - Allerdings... naja... für meine Dummheit kann ich wohl nicht erwarten, dass irgendjemand mich treuselig hätte rausholen wollen." meinte er und machte damit deutlich, dass er ihr diese Frage nicht wirklich gut würde beantworten können.

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  • Okhaton versuchte, seine Antwort auf Latein zu geben - er musste ja üben. Seine Wortwahl würde eben kurios sein, weil er fast mehr poetische Wörter als gewöhnliche kannte, und seine Grammatik war immer grausig, aber es war doch meistens klar, was er meinte.


    Um zu verstehen, was der andere sagte, reichte es nicht ganz - wo er herkam, schien alles anders zu funktionieren, so viel meinte Okhaton mitbekommen zu haben. "Ist hier so, da so... als wir hatten Sklaven, wir nett zu ihnen, sie keine Dummes gemacht. Wenn Geliebte, Mann oder Frau, sein treulos, wir legen verwelkte Palmenblatt vor Tür, aber nur, wenn noch Liebe - sonst Eimer mit Dreck von Kuh unter Fenster, dass schlecht riecht." Er selbst hatte ein paar Liebschaften gehabt, aber nie hatte er solche Maßnahmen ergriffen. Wenn sie nicht mehr wollte, war das schlecht, aber er konnte ja doch nichts daran ändern.


    "Nachbar von uns war scheußlich zu sein Frau, er immer ganz wütend, weil Eifersucht. Einmal, Vater und ich gehen hin, dass nicht arme Frau tot. Sie dann weggegangen zu reiche Bruder mit ganz starke Knecht, besser für sie."


    Er erinnerte sich noch an den Tag... zu zweit hatten sie den völllig cholerischen Mann festgehalten, damit er seine schon deutlich gezeichnete Frau nicht grundlos ermordete. Natürlich konnte ein Mann seine Frau bestrafen, aber doch nur, wenn sie wirklich etwas falsch gemacht hatte. Der alte Iakotes war einfach nur ein hässlicher Ziegenbock gewesen, der sich nicht beherrschen konnte.


    Okhaton spielte leise auf der Laute. Warum die Herrin sich dafür interessierte? Vielleicht wollte sie einfach nur zur Entspannung reden...

  • Unter Áedáns begnadeten händen und mit geschlossenen Augen lauschte ich den Worten der Sklaven, die mir mitteilten, was in ihrer Heimat Verrätern drohte. Ich nahm das Gehörte auf, konnte mir bei Okhatons Ausführungen ein gewisses Grinsen nicht verbieten und schwieg vorerst. Was nun in Charis vorgehen mußte? Sicher hatte sie sich denken können, daß es um sie ging. Noch würdigte ich sie keines Blickes. Mein Ägypter hatte bereits damit begonnen, mich mit seinem Lautenspiel zu beglücken. Er wußte zweifellos, wie er mir Gutes tun konnte.
    Doch dann, wie aus dem Nichts hob ich meine Hand. "Es ist genug! Du kannst aufhören, Áedán!" Als ich mich aufsetzte, kam mir Charis zu Hilfe, um mir die Tunika wieder zu schließen.
    "Es ist ein Verräter unter uns!", verkündete ich und sah dabei in die Runde.
    "Einer von euch hat mein Vertrauen mißbraucht! Einer von euch hat mich verraten!" Nachdem ich dies gesagt hatte, schwieg ich einen Moment und sah in die Gesichter meiner Sklaven. Betroffenheit, Verwunderung und schlechtes Gewissen sah ich dort, bis sich mein Blick auf Charis verankerte. "Was soll ich nur mit machen, Charis?", fragte ich sie und sofort, als hätte sie darauf gewartet, begann sie zu schluchzen.
    "Es tut mir leid, Herrin. Ich wollte das nicht! Das mußt du mir glauben!" Ich nickte.
    "Ja, ich weiß. Aber dennoch werde ich dich strafen müssen. - Sobald ich für dich Ersatz gefunden habe, wirst dich in Zukunft aus meiner Gegenwart entfernen, Charis." Die Sklavin wollte noch etwas erwidern, mich darum bitten, es mir noch einmal zu überlegen, doch ihr bittender Blick stieß auf Granit.


    edit: falsche Farbe erwischt

  • Okhaton krauste die Stirn und verzog verständnislos den Mund. Er hatte nicht nur sprachlich Probleme, zu folgen, aber angeblich sollte Charis wohl eine Verräterin sein und sollte zukünftig nicht mehr mit Celerina umgehen; nun, das betraf Okhaton nicht. Es war nicht so, dass Celerina sich durchgängig oder auch nur häufig mit ihm umgeben hatte bis jetzt, und angesichts der komplizierten Situation im Haus war ihm das gar nicht so unlieb, auch wenn er sich bisweilen langweilte...aber das war nun wirklich ein Problem, dass er seinen besten Freunden wünschen würde.

  • Erstaunt blickte Áedán die blonde Sklavin an. Sie hatte die Herrin verraten? Das hatte er von Charis nicht wirklich erwartet, aber was wusste er schon von dieser Sklavin, die eigentlich die Leibsklavin von Domina Celerina war.


    "Domina?" wandte er sich fragend an seine Herrin und blickte dann Charis irritiert an. Was genau sollte nun aus der Sklavin werden? Würde sie weggeschickt werden? Was genau hatte sie eigentlich getan?


    "Wenn ich dich weiter massieren soll, brauche ich noch etwas Öl." meinte der rotblonde Sklave leise.

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  • Charis hatte wohl mit vielem gerechnet, nur nicht damit, daß die Herrin herausgefunden hatte, wozu der Herr sie gezwungen hatte. Und zu ihrem erstaunen wußte auch die Herrin davon. Seit damals, als Corvinus sie beauftragt hatte, sie solle seine Frau im Auge behalten und ihm regelmäßig Bericht erstatten, hatte sie sich vor diesem Tag gefürchtet. Nun war er gekommen. Und auch wenn die Herrin noch ruhig geblieben war, fürchtete die Makedonierin dennoch ihren Zorn. Spätestens am Abend, wenn sie nach Rom zurückkehren würden, hätte sie wohl mit Repressalien zu rechnen. Dabei fürchtete sie weniger den körperlichen Schmerz. Viel schlimmer waren Celerinas unberechenbaren Eingebungen, die je nach Laune an Grausamkeit variieren konnten. Celerina wußte genau, womit sie ihre Sklavin strafen konnte. Genau wie sie es damals gewußt hatte, als sie Phraates ans Messer geliefert hatte.
    Die angedrohte Strafe, sie solle ich in Zukunft aus ihrer Gegenwart entfernen, klang im ersten Moment recht unspektakulär. Fragte sich nur, wo sie sich in Zukunft aufhalten sollte. Würde man sie ebenso nach Sardinien schicken? Oder an einen ganz anderen Ort? Würde sie sie am Ende sogar verkaufen?
    Charis war Augenblick zu bestürzt, um darüber näher nachzudenken. Ihr noch einmal in dieser Sache zu widersprechen, entsprach nicht Charis´ Charakter. So sah sie demütig zu Boden und antwortete lediglich mit einem traurigen: "Ja, Herrin." Von nun an hoffte sie inständig, dieser Tag am Meer würde schnell vorbei gehen.

  • Dieser verräterischen Natter schenkte ich keinen Atemzug mehr meiner Aufmerksamkeit. Ihr Anblick widert mich einfach nur noch an. Ob ich sie auf der Stelle nach Rom zurückschicken sollte? Zu Fuß womöglich noch. Nein, lieber nicht! Bevor sie noch abhanden kam und ich sie suchen lassen mußte, konnte sie sich auch hier noch nützlich machen.


    Der Gallier fuhr noch immer mit seiner massage fort, doch ich spürte schon, daß seine hände nicht mehr leicht auf meiner Haut glitten. Außerdem hatte ich genug.
    "Es genügt! Du kannst aufhören, Áedán," antwortete ich auf die Nachfrage meines Sklaven. Ich richtete mich auf und gab Charis zu verstehen, meine Tunika wieder zu schließen, was sie dann auch tat.
    Unschlüssig sah ich zu meinen Sklaven. Ich hatte nun große Lust, etwas vollkommen verrücktes zu machen. Nur was? Hier war ich fern von Rom und außer meinen Sklaven kannte mich auch niemand. Also was lag näher? Und die beiden? Der Ägypter und der Gallier? Die beiden waren in ihrer Art so unterschiedlich, wie es nur ging. Ob sie mein Spiel mitspielten? Einmal nur für kurze Zeit nicht mehr die sein zu müssen, die man war?
    "Habt ihr Hunger? Mögt ihr frischen Fisch?"

  • Áedán nahm seine Hände von den Schultern seiner Herrin und erhob sich wieder. Nun, da sie seine Hände nicht mehr für eine Massage brauchte, hielt er es für angemessen, ein wenig mehr Abstand zur Flavia aufzunehmen, die sich nun die Tunica von Charis schließen ließ, ohne diese groß weiter zu beachten.


    Fragend blickte er die blonde Thrakterin an und hoffte, später von dieser zu erfahren, was genau denn da nun vorgefallen war.


    "Wenn du so fragst, Herrin: Ja, ich hätte Hunger und ich mag Fisch. Bei unserer Siedlung war ein Fluss. Ich habe oft einmal welche gefangen." beantwortete der rotblonde Gallier und hängte dann noch eine Erklärung an.


    Seefisch hatte er zwar bislang noch keinen gegessen, aber Fisch war für ihn einfach nur Fisch.

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  • Okhaton hatte noch kein Essen gesehen, das er nicht mochte, und genau das sagte er dann auch auf Griechisch. "Fisch ist gut. Bin damit aufgewachsen." Diese verrückte Römerin...wie sie nur immer auf diese Fragen und Ideen kam? Wahrscheinlich wurde man so, wenn man Zeit seines Lebens in völligem Luxus lebte und dann auch noch einen allem Anschein nach steinreichen Mann heiratete.

  • Die erfrischend salzige Brise, die vom Meer kam, durchzog das Zelt. Der Wind spielte mit den Bahnen von Stoff, die als Planen dienten. Gelegentlich erlaubten sie einen großzügigen Blick hinaus aufs Meer. Und wenn man genauer schaute, so erkannte man die Rückkehrenden Boote der Fischer, die mit ihrem Fang in den Hafen ihres Dorfes einfuhren.
    "Die meisten Leute in dem Dorf dort drüben sind wohl Fischer. Habt ihr jemals fangfrischen Fisch gegessen, der über einen Lagerfeuer, womöglich noch auf einem Zweig aufgespießt, gegart wurde?" Ich hatte es einmal gewußt. Wage, längst vergessene Kindheitserinnerungen taten sich wieder auf. Verblasste Erinnerungen an schöne Momente, damals in Hispania. Drei Kinder, zwei Jungen und ein Mädchen, die sich von zu Hause davon geschlichen hatten, um die Stadt zu erkunden. Der Hafen hatte uns schon immer fasziniert. Nicht nur die großen Schiffe, die über das mare nostrum segelten, oder die Galleren. Besonders den Fischern hatten wir unsere Aufmerksamkeit geschenkt. Wenn die starken Männer, deren Gesichter vom Wind und Wetter geprägt waren, ihren Fang von den Booten schleppten. Wann, wenn nicht dort, bekam man die Tiere des Meeres so hautnah zu Gesicht?
    Unser kleiner Ausflug hatte meinen Steifbrüdern und mir anschließend noch ordentlichen Ärger eingebracht. Doch darüber hatte sich längst der Schleier des Vergessens gelegt.

  • Der gallische Sklave blickte seine Herrin sehr ernst an. "Soll ich welche für dich holen, Domina?" fragte er nach, um zu verstehen, auf was genau die Flavia nun hinaus wollte. Sie schwärmte von fangfrischem, gebratenem Fisch, sagte aber eigentlich nicht, was genau sie nun gerne hätte.


    Áedán war es also lieber, wenn er genau erfragen konnte, nach was es ihr verlangte.

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