Caius stand am Rand und sah runter. Er hätte nie gedacht, dass er hier mal stehen würde. Gut, stehen vielleicht schon, nur nicht mit diesen Gedanken oder der Absicht, die er hatte. Alles war den Bach runter gegangen, und er sollte heute in diesem Bach ertrinken. Es gab keinen Ausweg mehr. Caius würde einfach untergehen, das Wasser bereitwillig einatmen und dann nichts mehr fühlen. So der Plan. Nur dass er springen wurde, nicht ertrinken. Vielleicht tat das weh, vielleicht auch nicht. Aber das erschien im Sicherher als der Tiber. Hinterher wehrte er sich instinktiv so sehr dagegen, dass er mit den Beinen trat, ohne es zu wollen. Und dann hatte er weiterhin den ganzen Mist am Arsch, mit Axilla, die sonstwas von ihm dachte, die ihm nicht vertraute, weil der Germane ihr das eingeflüstert hatte und die insgeheim doch den Germanen liebte und nicht ihn, wie Iunia Serrana es damals gesagt hatte. Mit dieser grundlosen Degradierung und all den anderen Dingen, die passiert waren, gab es keinen anderen Ausweg. Er würde nie wieder der sein, der er mal war, und so wie er jetzt war, wollte er nicht sein. Das Leben machte so weder Spaß noch Sinn. Er wollte sein Dasein nicht als verschriener Mörder verbringen, ein Gerücht, das gestreut wurde von der Frau, die er liebte. Er wollte auch nicht in einer Provinz vergammeln, weil er hier in Rom wegen seinem Namen dem PU im Weg war. Immer wieder fragte er sich, ob es anders gekommen wäre, wenn er doch Seiana geheiratet hätte. Aber diese Gedanken waren auch nicht förderlich, also dachte er bald an gar nichts mehr, nur an den tarpeischen Felsen. Nein, Caius würde springen, und er zog das dem Tiber vor, weil es kein Zurück gab in den wenigen Sekunden, die er fallen würde. Viele Dinge taten ihm leid, vieles bereute er. Vieles aber auch nicht. Er hatte eine gute Zeit gehabt, nur die war nun vorbei. Die war vorbei, seitdem Axilla sich von ihm entfernt hatte und er nichts dagegen hatte tun können, obwohl er doch wollte. Obwohl er alles getan hätte. Für sie, damit sie glücklich gewesen wäre. Obwohl er alles versucht hatte. Aber da war immer diese Trauer, die Enttäuschung, die Zurückhaltung in ihrem Gesicht gewesen, ganz egal, was er gemacht hatte. Caius war immer für sie da gewesen. Immer. Und sie vertraute trotzdem einem anderen mehr als ihm, mehr als ihrem Ehemann. Einem Germanen, der sie blendete, der sie mit kleinen Stückchen fütterte und sie damit vergiftete, ohne dass sie es merkte. Caius tat das weh, aber er konnte nichts machen. Ihm waren die Hände gebunden, Axillas Blick war stur geradeaus gerichtet. Sie sah nicht das, was sie nicht sehen wollte. Sie sah das, was er wollte das sie sah. Und Caius war dabei egal.
Es war dunkel. Nur noch wenige Passanten waren unterwegs. Vielleicht fand man ihn erst morgens. Er hoffte nur, dass der Anblick Axilla erspart blieb. Ein zerschmetterter Caius in dunkelblauer toga. Das, was er ihr hinterlassen hatte, war schon genug für sie, da brauchte sie nicht auch noch das. Und er hatte seine Angelegenheiten vorher geregelt. Hoffentlich hatte er niemanden vergessen. Katander würde am Morgen die Nachrichten verteilen, das hatte er ihm aufgetragen. Es Axilla sagen. Und dann würde alles seinen Gang gehen und Caius wäre sicher bald vergessen. Ein weiteres Gesicht in der grauen Masse. Er trat näher an den Abgrund. Ganz schön tief bis da runter. Ein Steinchen löste sich unter seiner Sandale und klackerte in die Tiefe. Caius hatte keine Angst mehr. Er wollte nur noch, dass es aufhörte, und wenn er so machtlos war wie jetzt, dann blieb nur noch das Betäuben. Und das würde er tun.
Caius breitete die Arme aus und tat einen Schritt ins Nichts.
Und fiel. Lautlos.
Stille.