alicubi | Von den Musen geküsster Streiter...

  • Mein musikalischer Custos Corporis sollst du sein... von den Musen geküsster Streiter... Bewahrer des Verfechters der Kunst...


    Heute noch sollst du zu Paris, dem Artifex gehen. Nachdem du dein Quartier bezogen hast. Die Lyra soll er dir lehren. Die Lyra, Göttin aller Instrumente!


    Das hatte der Römer gesagt. Und entsprechend seiner Worte hatte Shayan, nachdem er in den – für einen derart reichen Haushalt sehr… schlicht… anmutenden – Sklavenunterkünften seinen Platz gefunden hatte, diesen Paris aufgesucht. Dieser war, wenn das überhaupt möglich war, noch seltsamer als sein Besitzer. Eine Lyra hatte er bekommen, und seine erste Unterrichtsstunde bei Paris. Erfreut war der Mann gewesen, als er festgestellt hatte, dass Shayan Griechisch sprach. Noch erfreuter war er gewesen, als er gehört hatte, dass der Parther eine gewisse Bildung besaß, und dass sein Unterricht auch das Lehren der Künste beinhaltet hatte. Entsetzen hatte ihn überkommen, als er gesehen hatte, dass Shayan kaum eine Ahnung mehr hatte. Es hatte ihn einfach nie interessiert.


    Entsprechend war die Stunde zur Qual geworden, für ihn und für Paris. Da Paris allerdings die Order hatte, ihm die Lyra beizubringen, hatte er keine Gnade gezeigt. Und dann, irgendwann, war er gegangen, mit der Aufforderung, dass er – Shayan – zu üben habe. Üben, üben, üben. Bis seine Finger bluteten, wenn es sein musste. Am heutigen Tage hätte er in jedem Fall zu üben, bis er – Paris – wieder käme. Und so übte Shayan. Das hieß, er versuchte es, aber es ging ihm schon bald so sehr auf die Nerven, dass er mehr herumklimperte als tatsächlich die Übungen machte, die Paris ihm gezeigt hatte. Nicht, dass es klanglich irgendeinen Unterschied gemacht hätte. Der Parther hätte einiges dafür gegeben, hätte er statt der Lyra einen Bogen in der Hand und könnte mit diesem stundenlang trainieren. Er hatte aber nur die Lyra, und lediglich seine Selbstbeherrschung verhinderte, dass er das Instrument gegen die Wand schmetterte, sondern weiter über die Saiten strich und versuchte, Töne hervorzubringen, die etwas besser klangen als das Jaulen einer rolligen Katze.


    Sim-Off:

    Wer mag?

  • Wenn man von Schicksal getroffen worden war und nun, im Schlimmsten Fall bis zum Lebensende, Sklavin des Flavius Piso war, dann war man so einiges gewohnt. Insbesondere wenn es um künstlerische Belange ging. Grausiger Gesang, der Irrglaube, ein Genie zu sein und nun auch das noch! Dieser Irre versuchte sich nun auch noch im Lyraspiel! Mit wenig Erfolg, wie man deutlich hören konnte. Weshalb der Herr sich dafür aber aus seinen Räumen begeben hatte, war ihr schleierhaft. Solch grausigen Töne wären wesentlich besser in seinem cubiculum aufgehoben gewesen.
    Semiramis wollte schon weiter ihrer Arbeit nachgehen und den verunglückten Lyraspieler sich selbst überlassen. Im Grunde fühlte sie sich wesentlich besser, wenn sie sich nicht allzu oft in Pisos Gegenwart aufhalten mußte. Doch wie es bei Frauen manchmal so war, machte die Neugier auch vor der Syrerin nicht halt. Nahezu lautlos näherte sie sich dem Raum aus dem die schiefen Töne herrührten.
    Voller Überraschung mußte sie dann aber feststellen, daß sie sich gänzlich geirrt hatte. Nicht Piso war derjenige, der hier das bedauernswerte Instrument quälte. Diesen Mann, der dort saß, hatte sie bislang noch nicht gesehen. Mit Sicherheit handelte es sich um einen Neuzugang. Ein Sklave, wie sie. Noch beobachtete sie ihn, wie er sehr vertieft mit seinem Instrument herum hantierte.


    "Das ist eine Beleidigung für jeden Gehörgang!", meinte sie, als sie näher an den neuen Sklaven herantrat. Dabei begann sie ihn von oben bis unten zu mustern. Nun ja, schlecht sah er ja gerade nicht aus, wobei Semiramis wohl die letzte war, die das so genau beurteilen konnte. Schließlich hatte sie damit wenig Erfahrung. Der alte Aziz, ihr naja nennen wir ihn einfach Adoptivvater, hatte alles menschenmögliche getan, um die Kerle von ihr fern zu halten. Nur echte Jungfrauen brachten ein ordentliches Sümmchen auf dem Heiratsmarkt. Aus dem Heiratsmarkt war ein Sklavenmarkt geworden und der alte Aziz war im fernen Damaskus, wenn er überhaupt noch lebte.
    "Wer bist du eigentlich? Ich habe dich hier noch nie gesehen." Semiramis´ Augen waren wieder am Gesicht des Mannes angekommen. Ein wirklich hübsches Gesicht, für jemanden, der nicht gerade aussah, als würde er seine Zeit mit Schönheitskuren verbringen.

  • Es gelang ihm nicht. Gut, man musste wohl dazu sagen, dass der Parther schon recht bald aufgegeben hatte, sich wirklich Mühe zu geben, dennoch: es gelang ihm nicht, und es wäre ihm so oder so nicht gelungen, auch nur halbwegs anständige Tonkombinationen hervorzubringen. Und Paris ließ ihn schmoren. Shayan argwöhnte, dass er das mit Absicht tat, um ihn zu bestrafen dafür, dass er das Instrument so malträtierte und der Grieche gezwungen war, ihm etwas beizubringen... andererseits konnte es aber auch sein, dass er ihn einfach nur vergessen hatte. Oder sich scheute, zurückzukommen. Immerhin galten die Anweisungen des Römers ja auch für ihn – er sollte ihm das Lyraspiel beibringen, und bereits nach den ersten Momenten, die Shayan mit dem Instrument in der Hand verbracht hatte, musste Paris so klar gewesen sein wie dem Parther, dass das vergebene Liebesmüh sein würde. Um die trotzdem keiner von ihnen beiden herumkommen würde, es sei denn, der Römer änderte seine Meinung.


    So vergebens es auch sein mochte, er klimperte weiter auf der Lyra herum. Er hörte leichte Schritte, die sich näherten, aber er schenkte ihnen wenig Beachtung – erst, als sie verstummten und stattdessen eine Stimme erklang, unterbrach Shayan die Bewegung seiner Finger und sah auf. Eine junge Frau hatte den Raum betreten und musterte ihn. Der Parther stützte die Lyra auf seinen Beinen ab, und so wie ihr Blick über seinen Körper glitt, glitt der seine über ihren. Dem Aussehen nach zu urteilen war die Frau ebenfalls Sklavin, sowohl was ihre Kleidung anging als auch allgemein ihr Äußeres. Sie sah gut aus... er kam nicht umhin, das zu bemerken, und sein Blick verharrte kurz auf ihrem Körper, bevor er wieder zu ihrem Gesicht zurückkehrte. „Ja, das ist es“, antwortete er schließlich, seine Stimme dunkel gefärbt vom parthischen Akzent. Natürlich war es eine Beleidigung, was er hervorbrachte. Es war nur nicht so, dass er eine Wahl hatte. „Mein Name ist Shayan. Ich bin hier, seit heute. Und du?“

  • Für jemanden, der es nun schon eine Weile in der Gegenwart eines von sich selbstüberzeugten Dilettanten aushalten mußte, war dieses Eingeständnis pure Erfrischung. Das imponierte des Syrerin. Ein Mann, der haargenau seine Fähigkeiten einzuschätzen wußte. Und Moment mal, hatte sie da nicht einen parthischen Akzent in der Aussprache erkannt? Auch sein Name klang danach. Shayan… Shayan, der Parther. Obgleich sie noch nie das Land der östlichen Nachbarn besucht hatte, war ihr deren Sprachklang doch recht vertraut. Damaskus war schon jeher ein Umschlagplatz für den Austausch zwischen Ost und West gewesen. Und dies bezog sich nicht nur auf den Handel. Die parthischen Händler brachten stets auch ihre Geschichten und Lieder aus ihrer Heimat mit, die Semiramis immer wieder inspiriert hatten.
    "Du bist Parther, nicht?" Ihre Gesichtszüge brachten ein zögerndes Lächeln hervor.
    "Ich heiße Semiramis…. aus Damaskus", entgegnete sie und bediente sich diesmal dem Syrischen, ihrer eigenen Sprache die sie schon seit einer gefühlten Ewigkeit nicht mehr gesprochen hatte, in der Hoffnung, er könne sie verstehen.
    "Leider bin ich schon etwas länger hier. Schon seit fast … drei Jahren," fuhr sie weiter fort und war über ihre eigene Aussage schockiert. Schon fast drei Jahre! Es war noch kein Tag vergangen, an dem sie nicht an ihr Zuhause gedacht hatte, an den alten Aziz und all die anderen. Wie mochte es dem alten Mann in der Zwischenzeit ergangen sein, ganz allein? Semiramis wollte diesen Gedanken gar nicht weiterdenken, denn es hätte sie nur noch unglücklicher werden lassen. Stattdessen deutete sie wieder auf die Lyra, die auf Shayans Oberschenkeln ruhte. "Ähm…, warum klimperst du dann auf diesem Ding herum, obwohl… du… nicht richtig … spielen kannst?", fragte sie vorsichtig, aber mit einer kindlich-naiven Direktheit. Diesem Kuriosum wollte sie nun einfach auf den Grund gehen. Unvorstellbar, daß man sich einen muskelbepackten Parther anschaffte, um ihn dann Lyra zupfen ließ! Aber diesen Römern war ja alles zuzutrauen! Und den Flaviern sagte man ja ohnehin nach, daß sie seltsam waren. Wobei seltsam stark untertrieben war. Ihr Flavier war ja dafür das beste Beispiel.

  • Die andere Sklavin begann zögerlich zu lächeln, und seine Mundwinkel bogen sich ein wenig nach oben in Erwiderung dessen. Auch wenn es nur die Andeutung eines Lächelns war, wirkte Shayans Gesichtsausdruck dadurch doch insgesamt weniger forschend und dafür freundlicher. „Ja“, antwortete er schlicht auf ihre Feststellung hin, dann neigte er den Kopf leicht, etwas zur Seite und nach vorne, als sie plötzlich anfing, in einer anderen Sprache zu sprechen. Syrisch, so viel erkannte er, er verstand sogar den ein oder anderen Fetzen von dem, was sie sagte – Semiramis, das musste wohl ihr Name sein, Damaskus, irgendetwas mit Jahren... aber viel mehr war einfach nicht drin. Er hatte wohl gesehen, dass sie zuletzt auf die Lyra gedeutet hatte, und er ahnte bereits, was sie am Schluss gefragt haben mochte – schwer war es ja nicht, darauf zu schließen. Aber zunächst musste das Sprachproblem geklärt werden. „Es tut mir leid... Ich verstehe nicht“, antwortete er, mit leichtem Bedauern im Blick. „Sprichst du Griechisch?“ Vielleicht konnte sie es ja, dann könnten sie sich ein wenig leichter unterhalten, jedenfalls was ihn betraf – andererseits musste er so oder so zusehen, dass er besser Latein lernte.

  • Ein Parther also! Warum freute sie sich nur so, ausgerechnet einem Parther zu begegnen? Schließlich war er doch kein Landsmann. Wahrscheinlich war der Parther auch nie in Damaskus gewesen. Trotzdem wurde ihr Herz bei dem Gedanken leicht. Innerlich machte sie Freudensprünge. Dieser Mann war ein Hauch von Heimat für sie, was im Grunde ja absurd war. Aber was redet man sich nicht alles ein, wenn man unglücklich und fern der Heimat war?
    In ihrem Übermut hätte sie ihn wohl noch stundenlang mit ihrem Syrisch behelligt, hätte er sie nicht mit seiner Bemerkung gebremst. Wie aus allen Wolken gefallen sah sie ihn an. Einen Moment lang lag ihr Blick auf ihm. Kein Syrisch! Der Hauch von Heimat war im Begriff, sich zu sich verflüchtigen.
    "Oh, äh… wie schade!" Ihre Enttäuschung war kaum überhörbar.
    "Äh, Griechisch? - Nein, leider nicht. Ich befürchte, wir müssen uns auf Latein beschränken." Ein betretenes Schweigen trat ein. Noch einmal fiel ihr Blick kurz auf die Lyra. Ihn noch weiter wegen seines schlechten Spiels aufzuziehen fand sie als nicht angebracht.
    "Warum hast du denn versucht, zu spielen?", fragte sie, mit ihrem Kinn auf das Instrument deutend, um das Schweigen wieder zu brechen.

  • Zuerst wirkte sie noch fröhlich, beinahe ausgelassen – im nächsten Moment verflüchtigte sich die Freude, aus ihrer Haltung, ihrem Gesichtsausdruck, ihrer Stimme. Shayan tat es leid, obwohl er im Grunde nichts dafür konnte. „Verzeih“, sagte er leise, und das Bedauern in seinem Blick mischte sich nun auch in seinen Tonfall. Griechisch sprach sie nicht, wie sie gleich darauf bekannte – was ihnen nur Latein als Kommunikationsbasis übrig ließ. Shayan nickte leicht, verlor sich aber wieder in der Wortlosigkeit seines Grübelns, während er darauf wartete, dass die Sklavin wiederholte, was sie ihn zuvor in ihrer Muttersprache gefragt hatte. Dass das Schweigen sich ein wenig zog, vielleicht sogar ein wenig unangenehm wurde, bemerkte Shayan nicht wirklich.


    „Nun...“ Auf ihre Frage hin machte Shayan eine vage Kopfbewegung Richtung Tür hin, während seine Finger einmal rasch auf dem Holz der Lyra trommelten. „Es ist Befehl... von meinem Herrn.“ Diesmal war er sich bewusst darüber, dass seine Worte wenig Anlass gaben zu einem weiteren Gespräch, und so versuchte er sich erneut an einem Lächeln. „Frag nicht, warum. Ich weiß nicht. Ich habe nicht das Talent, sicher.“

  • Sicher, im ersten Moment war die Enttäuschung wohl groß, hatte sie doch gehofft, mit dem Parther gelegentlich ein paar Worte in ihrer Muttersprache sprechen zu können. Doch bei näherer Betrachtung war es im Prinzip gleich. Hauptsache der Parther entpuppte sich als freundlicher Zeitgenosse, mit dem man sich dann und wann unterhalten konnte, wenn sich die Möglichkeit bot.
    "Ach, das ist nicht weiter schlimm!" meinte sie dann und winkte beschwichtigend ab.
    "Umso besser lernst du dann Latein." Was ja für ihn auch nur von Vorteil sein konnte. Im Nachhinein fiel ihr dann ein, dass Shayan wohl kaum etwas von dem verstanden hatte, was kurz zuvor wasserfallartig aus ihr gesprudelt war.
    "Ja, wie ich schon sagte, mein Name ist Semiramis und ich bin nun schon seit fast drei Jahren hier. Und wie du gemerkt hast, komme ich ursprünglich aus Syrien, genauer gesagt aus Damaskus," wiederholte sie nun lächelnd in Latein. Doch das Lächeln wich schnell einen ziemlich verdutzten Ausdruck, als sie hörte, was der Parther auf ihre vorhergehende Frage antwortete.
    "Ach, ein Befehl? Von deinem Herrn?" Mitleid schwang in ihrer Stimme mit. Wenn Semiramis es nicht besser gewusst hätte, dann hätte sie auf Piso getippt, der dem Parther eine solche Aufgabe aufgebürdet hatte. Keiner der anderen Flavier, die derzeit in der Villa lebten, hatten eine solche musikalisches Vorliebe, wie eben Piso.
    "Ach ja mit dem Talent ist das so eine Sache," fuhr Semiramis grinsend fort, um den Parther etwas aufzumuntern. "Mein Herr hat auch kein Talent, aber er glaubt doch tatsächlich, singen und Lyra spielen zu können." Kurz darauf erkundigte sie sich schließlich:"Wer ist denn dein Herr?"

  • Shayan verzog seine Lippen zu einem angedeuteten Lächeln und neigte leicht den Kopf. In der Tat, für seine Lateinkenntnisse würde es weit besser sein, wenn er darauf verzichtete, sich in anderen Sprachen zu unterhalten. „Semiramis“, wiederholte er, und sein Lächeln verstärkte sich für einen Augenblick, als er dann ihres verdutzten Gesichtsausdrucks gewahr wurde. „Ja, ein Befehl.“ Seine Finger bewegten sich kurz auf den Saiten der Lyra, brachten einige Töne hervor, die zwar gänzlich unzusammenhängend waren, aber – da er nicht versuchte eine bestimmte Tonfolge zu spielen, sondern tatsächlich nur klimperte – auch nicht wirklich unmelodisch. „Und du glaubst also, das ist so nicht, dass dein Herr hat Talent? Hast du ihn gehört?“ fragte er mit einem Schmunzeln nach und stoppte damit, über die Saiten zu streichen. „Flavius Piso. Er hat gekauft.“ Und er war bislang der einzige Flavier, den Shayan hier kannte. „Wer ist dein Herr? Und wie sind sie? Die Römer, diese Familie?“

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