[Tablinum] Geschäfte

  • Heute war mal wieder so ein Tag, an dem sich Macer nicht nur politischen Angelegenheiten widmen konnte, sondern sich auch um privatere Dinge kümmern musste. Seine Geschäfte zum Beispiel. Da war noch immer die Sache mit dem Honig und dem Obst von seinem Landgut und für heute hatte sich eine gewisse Iunia Axilla angekündigt, die ersteren in größeren Mengen vertrieb. Macer hatte noch ein paar andere Informationen über sie einholen lassen, aber viel war es nicht. Also war er hinreichend gespannt, als eben jene Person zuerst vom Sekretär angemeldet und dann in sein Arbeitszimmer gerführt wurde.


    "Salve, Iunia Axilla", begrüßte er sie mit der nötigen Höflichkeit. "Es freut mich, dass dir mein Terminvorschlag passte." Das war sogar ehrlich gemeint, der er ging nicht davon aus, dass seine spärlichen Lücken im Terminkalender auch immer auf die Stellen trafen, an denen seine Gesprächspartner dann auch Zeit hatten.

  • Mit einem freudigen Lächeln betrat Axilla das Tablinum des Consuls. Sie war nervös, wie immer, und versuchte es sich nicht anmerken zu lassen, auch wie immer. Sie hoffte nur, dass sie sich auch genügend hergerichtet hatte. Ihre Haare waren nach der neuesten Mode hochgesteckt, und sie hatte heute auch extra auf ein hier gekauftes Kleid zurückgegriffen und nicht auf eines ihrer Kleider aus Ägypten. Auch wenn die ihr lieber waren, für das derzeitige Wetter waren die wohl etwas zu kalt und auch etwas zu freizügig geschnitten. Und sie wollte doch einen guten Eindruck machen. Wie oft kam man sonst dazu, mit einem Consul zu reden?
    Mit seiner Begrüßung aber brachte er Axilla schon leicht aus dem Takt. “Salve, Consul Purgitius. Ich hab mir für dich die Zeit genommen“, platzte sie überaus ehrlich mit der Wahrheit heraus, um sich danach in ein charmantes Lächeln zu retten. Es stimmte, auch wenn Axillas Terminkalender nicht unbedingt sehr gefüllt war – und geradezu leergefegt im Vergleich zu dem des Consuls – Axilla hätte wohl so ziemlich jeden Termin hierfür verschoben. So aber hatte sie nur ein paar Termine privater Natur etwas umgeschichtet, was kein größeres Problem darstellte.
    Sie wusste nicht, wie die Etikette war, aber ihr war ihre Ehrlichkeit von eben peinlich. Und so redete sie einfach weiter, auch wenn sie nicht wusste, ob es eigentlich am Consul gewesen wäre, das Gespräch einzuleiten. “Es war für mich eine Überraschung, dass du an meine Imkerei gedacht hast für den Honig, den du benötigst.“

  • Auch wenn Macer es durchaus für angemessen hielt, dass andere Leute auf den vollen Terminkalender eines amtierenden Consuls Rücksicht nahmen, hätte er das aus Höflichkeit, niemals so direkt gesagt. "Vielen Dank!" bedankte er sich dafür für das Termine herumschieben und lud dann erst einmal zum Sitzen ein. "Bitte, nimm Platz."


    Selber setzte er sich ebenfalls. "Nun, um ehrlich zu sein habe ich mir einfach eine Liste geben lassen von jenen Imkereien, die eine gewisse Menge liefern und dann nach verschiedenene Kriterien einige davon herausgesucht", blieb er ganz bei der banalen Wahrheit. "Wo befindet sich denn dein Gut, auf dem du produzierst? Oder gibt es mehrere Orte, an denen deine Bienen stehen?"

  • Ein wenig linkisch und nicht ganz so grazil wie gewollt nahm Axilla dann gerne Platz und sah sich einmal deutlich sichtbar beeindruckt im Raum um. “Du wohnst wirklich schön“, kam ein kleines und ehrlich gemeintes Kompliment über ihre Lippen. Aber sie hatte keine Zeit, zu schwatzen, sie wollte die Geduld des Consuls ja auch nicht unnötig strapazieren.
    “Oh, ich hab mehrere Stöcke. Einmal zwischen Rom und Ostia auf dem Land, ein bisschen ab vom Weg bei einem Hain. Und nahe bei Ravenna. Die Familie meines Mannes... also, meines verstorbenen Mannes, Aelius Archias, hat dort ein Landgut. Dort in der Nähe ist auch ein schöner Wald. Jetzt im Winter regnet es natürlich zu viel, und die Bienenstöcke sind nach drinnen gestellt.“ Ein bisschen schwatzte sie halt doch, wie immer, wenn sie aufgeregt war.

  • Auf das Kompliment zur Inneneinrichtung hin musste sich Macer unwillkürlich selber einmal kurz in seinem Arbeitszimmer umschauen. Er war viel zu häufig hier drin, um noch einen Blick dafür zu haben, ob es schön war. Es war zweckmäßig eingerichtet, so wie er es für die tägliche Arbeit benötigte und sorgfältig gepflegt, wie man es bei seinem Stand erwarten konnte.


    Aber dann kam er auch wieder zum Thema zurück. "Ravenna hört sich schonmal sehr gut an. Mein Landgut liegt bei Mediolanum. Da könnte also der Transport in weiten Teilen also bequem und zügig über den Padus und seine Nebenflüsse oder zumindest über die Uferstraßen erfolgen." Das klang bequem und nach kurzen Transportzeiten. "Welche Mengen kannst du denn von Ravenna aus liefern lassen?" In wie weit sie überhaupt unbeschränkten Zugriff auf die Güter ihres verstorbenen Mannes und dessen Familie hatte, bezog er erst einmal nicht in seine Überlegungen ein. Genaugenommen war es auch nichts, was ihn zu interessieren hatte.

  • Axillas Geographiekenntnisse waren nicht unbedingt die besten. Alles, was Abseits von größeren Schlachtfeldern lag, war in ihrem Verstand nur einer groben Himmelsrichtung zugeteilt. Da Mediolanum erobert wurde und nicht gar so unbedeutend war, hatte sie eine recht genaue Vorstellung, wo es liegen sollte – wobei sich die Karte in ihrem Kopf von der Italias durchaus unterscied – dennoch vertraute sie da eher auf die Aussage des Consuls denn auf wirklich objektiver Einschätzung ihrerseits, was die besten Handelswege angehen mochte.
    “Im Schnitt... über das Jahr gesehen... im Sommer natürlich mehr als im Winter, aber so ganz generell... müssten dass... in etwa...“Sie überlegte deutlich sichtbar, so dass der Consul vermutlich jeden einzelnen Gedanken auf ihrer Stirn auch hätte mitlesen können, ehe sie ihn eine Sekunde später aussprach und damit ein wenig Zeit schindete, um die Menge zu überschlagen. “...zwanzig bis dreißig Töpfe sein. Also, kleine Töpfe, ich lass das für den Markt immer abfüllen in kleine Tontöpfe, etwa so groß.“ Sie zeigte mit den Händen. “Passt in etwa ein sextarius an Honig hinein. Wenn es für dich aber praktischer ist, können wir den Honig auch in größere Gefäße füllen. Ein congius pro Topf? Bei mehr kriegt man den Honig denke ich schlecht wieder hinaus.“ Man sollte ja nichts verschwenden.
    Erst eine Sekunde später, während der sie den Consul schon vertrauensselig anlächelte, fiel Axilla auf, dass er ja noch überhaupt nicht zugesagt hatte und sie die Frage der Topfgröße vielleicht erst später diskutieren sollte, wenn überhaupt.

  • "20 bis 30 Töpfe?", grübelte Macer schon, als dann noch eine brauchbarere Maßeinheit hinterher geliefert wurde. "Ah, sextarii. 20 bis 30 sextarii also." Er schaute auf den Tisch vor sich, wo eine aufgeklappte Wachstafel lag. "In welchem Zeitraum? Das ist nicht deine Jahresproduktion, nehme ich an", fragte er mit einem verschwörerischen Lächeln weiter, denn mit dieser Menge würde sie wohl kaum zu den größeren Lieferanten gehören, wenn es tatsächlich die Jahresproduktion sein sollte.

  • Das Lächeln der Iunia wurde noch ein wenig verlegener. Sie hätte die Einheitsgröße vielleicht eher nennen sollen. Mit Töpfen konnte der Consul wohl vermutlich wenig anfangen. Sie sollte wirklich ein wenig an ihrem Auftreten arbeiten und sich nicht so einfach nervös machen lassen. Selbst wenn es etwas ungewöhnlich war, mit jemandem wie Macer zu reden, ohne notfalls auf den Schutz einer Urgulania oder eines Silanus bauen zu können. Aber das musste sie wohl lernen, auf die sanfte oder auf die harte Tour.
    “Hm? Nein, nein, das ist pro Woche. In etwa, wie gesagt, im Sommer ist es besser, wenn der Wald richtig blüht, und im Winter wieder weniger.“ Einfach beim Thema bleiben und konzentrieren, dann ging das schon. Irgendwie.
    Verlegen kratzte sich Axilla ein wenig am Arm und überlegte, ob sie vielleicht noch weiter Vorschläge machen sollte, oder doch lieber warten sollte, bis der Consul etwas sagte. Letzteres wäre bestimmt taktisch klüger und sicher auch höflicher gewesen, aber Axilla hatte es nicht so mit dem Warten, wenn sie angespannt war. “Wobei man natürlich überlegen sollte, nur alle zwei Wochen, oder vielleicht sogar alle vier zu liefern, um Reisekosten zu sparen. Dann würde es natürlich billiger für dich.“

  • "Pro Woche, sehr schön", kommentierte Macer die Mengenangabe. Weiterhin leicht grübeln griff er zum Stylus neben der Tafel auf dem Tisch, notierte dann aber doch nichts und legte das Schreibgerät wieder weg. "Ja, also diese Menge müsste es schon sein. Bei einem Landgut fällt der Bedarf natürlich nicht so wöchentlich an, sondern in größeren Mengen dann, wenn geerntet wird. Von daher wäre eine Lieferung in größeren Zeitabständen sogar wünschenswert, eben wenn die Mengen immer rechtzeitig eintreffen. Im Schnitt käme das aber wohl auf die genannten 20 bis 30 sextarii pro Woche heraus." Jetzt griff er doch wieder zum Stylus und machte tatsächlich auch eine Notiz.


    "Reisekosten, gutes Stichwort. Wie teuer käme mich denn das Geschäft?" stellte er dann ganz direkt die Frage, die bei einer geschäftlichen Verhandlung wohl noch mit am wichtigsten war.

  • Natürlich wusste Axilla, was sie für den Honig haben wollte und wieviel er auf dem Markt kostete. Jetzt war nur die Frage, ob der Consul verhandeln wollte, oder ob er, wenn sie den Preis zu hoch ansetzte, sie sofort nach Hause schickte. In Alexandria auf dem Xenai Agorai hätte sie einfach mal das doppelte vom eigentlichen Preis veranschlagt, wohl wissend, dass das erste Gegenangebot vom Händler vielleicht ein Zehntel ihres Preises sein würde und man sich irgendwo dann bei dem treffen würde, das sie anpeilte. Aber das hier war nicht der Fremdenmarkt, sie nicht in Alexandria, und das vor ihr kein windiger Ägypter. Und sie hatte keine Ahnung, ob der Consul hier schachern wollte wie auf einem Viehmarkt.
    “Nun... ich weiß jetzt nicht genau, wie die Beschaffenheit des Weges ist, wieviele Räuberbanden und so weiter da sind, und … also...“ Irgendwas musste sie aber sagen. Sie konnte ja einem der mächtigsten Männer Roms schlecht sagen, dass sie nicht wusste, wieviel sie für verdammten Honig wollte! “Davon hängen ja auch meine Kosten ab, weil ich muss dann ja Männer abstellen... einmal im Monat...? Ähm, also... pro sextarius Zwei... einhalb? Sesterzen?“ Wäre der Purgitier nur irgendein popeliger Peregrinus, Axillas Angebot hätte nicht mehr wie eine Frage geklungen denn wie sonst irgendwas. Und der Preis wäre auch deutlich höher gewesen als 2,50 Sesterzen.

  • Macer schüttelte belustigt den Kopf, als Iunia Axilla begann, über Räuberbanden nachzudenken. "Zumindest auf der Strecke von Ravenna bis Mantua ist so viel Militär unterwegs, da haben Räuberbanden aber schon Seltenheitswert. Da muss man ja glatt einen Zuschlag zahlen, damit sie sich überhaupt mal zeigen. Auf der restlichen Strecke ist mir auch noch nichts nennenswertes an Waren abhanden gekommen", legte er seine Sicht der Dinge dar. Wieviel er selber in den sicheren Transport investierte, sagte er natürlich nicht. Seine Kostenkalkulation tat schließlich nichts zur Sache.


    "Also 80 sextarii pro Monat für 200 Sesterzen" fasste er das Angebot zusammen. "Wird es billiger, wenn ich mehr nehme?" fragte er dann, nicht ahnend, dass knapp 2000 Jahre später ein germanischer Komiker mit genau diesem Satz über eine Lieferung Senf verhandeln würde.

  • Zum Glück war Axilla im Kopfrechnen besser als im Abschätzen von Weggefahren. 200 Sesterzen war ein guter Preis für die Menge an Honig, und Axilla war ziemlich erleichtert, dass sie richtig geraten hatte, was das Verhandlungstalent des Prugitiers anging. Auf dem Fremdenmarkt hätte sie jetzt ein ordentliches Verlustgeschäft gemacht, weil man sie gnadenlos runtergehandelt hätte, hier aber hatte sie wohl Glück gehabt, nicht einen zu hohen Preis angesetzt zu haben. Jetzt ging es nur um die Menge.
    “Naja, sehr viel mehr Honig werde ich nicht produzieren können, ohne mehr Bienenstöcke aufzustellen. Und das geht erst im Frühjahr, vorher kann ich kein neues Bienenvolk züchten.“ Axilla hatte wenig Ahnung von der Imkerei, aber sie hatte sich die Erklärung ihres Verwalters damals gut gemerkt, als sie ihn gefragt hatte, warum sie nicht noch mehr Bienenkörbe aufstellten, um mehr Honig zu bekommen.
    “Von daher wäre das erst einmal mein Preis. Wenn du sagst, du benötigst definitiv mehr Honig, den du von mir kaufen willst, können wir das im Frühjahr gerne noch einmal besprechen. Dann züchte ich ein paar neue Bienenvölker und stelle mehr Körbe auf, dann kann ich dir auch billigeren Honig sicher geben.“
    Eine Schnapsidee fuhr Axilla gerade durch den Kopf, und ehe sie die zuende gedacht hatte, plapperte sie sie auch munter aus. “Ich könnte die neuen Körbe dann auch direkt bei dir bei den Obstgärten aufstellen. Da brauchen die Blüten doch sicher auch den Segen der Bienen?“
    Ein treuherziger Blick nach oben, gefolgt von der sich in ihren Augen widerspiegelnden Erkenntnis, dass sie vielleicht nicht ganz so vertraut daherreden sollte. “Ähm, also... prinzipiell meine ich jetzt, rein theoretisch. Wäre ja praktisch, wegen den Reisekosten. Und so.“

  • Die Schwierigkeiten mit der Produktionssteigerung klagen für Macer einleuchtend. "Das verstehe ich natürlich, wenn du mit dieser Menge schon an der Grenze bist. Da lässt die Natur eben nichts mit sich machen und man muss warten. Dann schauen wir erstmal mit der vereinbarten Menge von 80 sextarii im Monat und verhandeln später noch einmal über eine Aufstockung." Die Idee mit den Bienenstöcken gleich auf seinem Landgut gefiel ihm dabei recht gut, aber er wollte das keinesfalls ohne seinen Verwalter entscheiden. Praktisch schien es ihm aber zu sein. Trotzdem wollte er auch so noch versuchen, ein bisschen was am Preis zu machen. "Kriegen wir das auch so noch etwas günstiger?" fragte er daher ganz offen. "Wenn ich bei dieser Menge mit weniger als 200 auskommen würde, wäre mir das durchaus recht. Vielleicht können wir vereinbaren, dass du für den Transport nur für ein Teilstück verantwortlich bist? Das senkt deine Kosten. Meine Leute sind ja auch unterwegs, um meine Waren zu vertreiben und wenn wir einen geeigneten Ort vereinbaren, können sie auf dem Rückweg gleich den Honig mitnehmen."

  • Er war doch ein Agorahändler! Gerade, als sich Axilla in Sicherheit wog, fragte er sie ganz nonchalant nach einem günstigeren Preis. Die junge Iunia malte sich einen Moment aus, ob er auch wie Yusuf, der Tuchhändler, anfangen würde von seinen fünf bis zwölf Kindern – je nach Tageszeit – die verhungern müssten, wenn er bei dem Geschäft zu viel bezahlen müsse. Ein kurzer, prüfender Blick... nein, wohl eher nicht. Wobei Axilla DANN wirklich überrascht wäre.
    “Wenn deine Leute so die Kosten für Transport und so weiter senken würden, dann könnte ich ein wenig mit dem Preis wohl runter gehen. Aber auch nicht allzu viel, weil meine Händler müssen ja so oder so reisen, nur halt dann nicht ganz so weit. Und ich hätte sonst ja auch in Mediolanum noch etwas vielleicht gekauft...“ Die grübelnde Miene beim Feilschen hatte Axilla trotz aller allgemeiner Verplantheit dann doch raus. Sie machte das einfach zu gern – wenngleich die römischen Händler allesamt nicht halb so lustig waren wie Yusuf – und hatte es zu oft trainiert. Auch wenn sie sich nicht ganz so zu übertreiben traute, denn trotz allem war das da Purgitius Macer und nicht ein peregriner Tuchhändler. Aber wenn schon handeln, dann auch richtig!
    “Aber da es ja doch eine Ehre ist, mit einem Consul Roms zu handeln, und in Anbetracht der vielleicht noch steigenden Menge, mach ich dir einen Freundschaftspreis. Was hältst du von zwei fünfundzwanzig pro sextarius? Also dann hundertundachtzig statt zweihundert für die ganze Lieferung?“ Das schmälerte zwar ihre Gewinnspanne nicht unbeträchtlich, war aber noch verschmerzbar. Grade so. Aber den Spaß war es ihr wert.

  • "Zweieinviertel Sesterz pro sextarius", wiederholte Macer auch diesmal den Preis murmelnd, als würde er ihn nur einschätzen können, wenn er ihn selber aufsagte. Die Iunierin schien an dem Geschäft wirklich interessiert zu sein, wenn sie ihm so entgegen kam. Einen Augenblick überlegte er, ob er das noch weiter ausnutzen sollte. Immerhin war sie nicht einmal die einzige Anbieterin gewesen. Andererseits wollte er auch nicht in den Ruf geraten, seinen Lieferanten auszunutzen. Oder sie bot ihm minderwertigen Honig an und dann wäre gleich der Ruf seiner Produkte mit ruiniert. Das konnte er auch wieder nicht riskieren. "Einverstanden. 80 sextarii pro Monat zu 180 Sesterzen", antwortete er daher mit fester Stimme und einem herzlichen Lächeln im Gesicht.

  • Er war einverstanden! So schnell, wie sich ihre eben noch grüblerische Miene in ein strahlendes Lächeln verwandelte, konnte man kaum schauen. Nun gut, der Spaß des Verhandelns war etwas kurz gewesen, aber viel mehr hätte Axilla sowieso nicht handeln können. Vor allem nicht, da der momentane Ädil sie am Ende noch abmahnen würde, wenn sie zu günstig wurde. Aber das hier, das war besser als verhandeln. Der Consul handelte mit ihr! Das war ein Erfolgserlebnis!
    “Gut, dann schlagen wir ein“ flötete sie in kaum verhohlener Freude Macer entgegen und hielt ihm die rechte Hand hin, um den Vertrag zu besiegeln. Damit wäre es auch bindend und abgemacht, und sie beide müssten sich daran halten. Gut, hier im Tablinum hatten sie jetzt keine Zeugen für den Handschlag, aber soviel vertraute Axilla dem Consul in jedem Fall, dass er diese rituelle Geste, die Jahrtausende später noch beim Pferdekauf ausschlaggebend sein würde, dann auch ernst nehmen würde. Selbst wenn seine Vertragspartnerin ihn gerade anstrahlte wie Sol Invictus höchstselbst und damit nicht unbedingt ernst wirken mochte.

  • Es war schon ziemlich lange her, dass Macer zum letzten Mal auf diese Weise einen Vertrag besiegelt hatte, aber das hinderte ihn nicht daran, beherzt zuzupacken und kraftvoll einzuschlagen. "Auf ein gutes Geschäft, das uns beiden nutzen möge!" Die letzten Geschäftsabschlüsse dieser Art hatten garantiert etwas mit Wagenrennen zu tun, denn die Geschäfte seines Landgutes regelte im Normalfall sein Verwalter dort. Oder es wurde ein schriftlicher Vertrag durch die Gegend geschickt. Aber das konnte man sich hier ja sparen.


    "An wen verkaufst du sonst noch in größeren Mengen?" erkundigte er sich dann noch interessehalber, da er durchaus interessiert daran war, mehr über seine Geschäftspartner zu wissen.

  • Axillas Händedruck war alles andere als der berühmte 'nasse Waschlappen', den man gerne von Frauen bekam. In der Beziehung war sie halt doch ein Kerl, und sie erwiderte den Händedruck ebenso beherzt, vielleicht aber nicht ganz so kräftig wie der Purgitier. Dafür fehlte dann doch ein wenig die Körperkraft.


    Irgendwie war die Spannung nun deutlich geschrumpft, und Axilla rutschte ein wenig bequemer in ihren Sitz und fing an, zu erzählen. Deutlich entspannter als noch eben gerade, als sie die ganze Zeit sich selbst daran erinnerte, wer da vor ihr saß und welche Stellung er hatte. Selbst ein Blinder hätte das wohl sehen können, denn die unbekümmerten Gesten wurden mehr, ihr Blick schweifte auch mal hier und dort durch den Raum, und das Lächeln ging gar nicht mehr so ganz aus ihrem Gesicht heraus.
    “Für meinen Honig hatte ich hauptsächlich zwei Tavernen als Abnehmer. Einmal eine Taberna Militaris und eine namens Silvia Nigra. Die setzen damit wohl ihren Wein an. Inzwischen liefere ich an die beiden aber über einen Zwischenhändler, das ist praktischer. Und mein Mann...“ Hier verließ sie doch kurz ihre fröhliche Haltung und nahm in einer selbstschützenden, unterbewussten Geste die Arme an den Körper, verschränkte sie leicht vor dem Bauch. “Er hatte auch einen Obsthain, eben in Ravenna. Aber der... krchm“ sie musste sich Räuspern, weil irgendwas ihr im Hals festzustecken schien. “Nunja, so hab ich das, was ich sonst auf dem Wochenmarkt in Ravenna verkaufen würde, frei, um es an dich zu liefern. Und das mit dem Honig mach ich sowieso nur nebenzu, viel interessanter finde ich meine Farbmischerei!“
    Da das eine Thema doch gefährlich in einen Bereich ging, über den sie sich nicht näher auslassen wollte (und es vielleicht auch nicht sollte), machte sie das, was sie immer tat: Thema wechseln. Und ihre Farbmischerei war ein geradezu begnadetes Thema, über das sie viel reden konnte, ohne nachdenken zu müssen.
    “Das war mein erster Betrieb, mein Vetter hat sie mir geschenkt. Als ich nach Alexandria kam – also, die Farbmischerei steht auch in Alexandria, und mein Vetter Iunius Silanus war damals Tribun bei der Zweiundzwanzigsten – und als ich also nach Alexandria kam, da fühlte ich mich so einsam und nutzlos, und da dachte er wohl, er gibt mir damit etwas zu tun. Und war ja auch so. Und mittlerweile ist das ja mehr als nur eine Beschäftigung, ich bin ja richtig gut. Ich bekomme kretischen Purpur, Drachenblut aus Indien, keltisches Blau, oder auch Goldbronze. Als Duccius Rufus in Alexandria war, war er gleich so begeistert davon, dass ich jetzt jeden Monat mehrere Amphoren bis nach Mogontiacum verschicke, kannst du dir das vorstellen? Und die Kosmetika sind quasi schon weg, bevor sie gemacht wurden. Mein Verwalter schwört ja bei Serapis, dass einer der Händler, die für den Palast Waren auf dem Fremdenmarkt organisieren, bei ihm immer wieder einkaufen würde, aber ich glaube, da übertreibt er.“
    Vermutlich war das weit mehr Information gewesen, als Macer jemals hatte haben wollen, aber Axilla hatte schon früh festgestellt, dass man Menschen mit Informationen sehr gut erschlagen konnte und damit von den Themen, die man umgehen mochte, fernhalten konnte. Man durfte ihnen nur nicht Gelegenheit geben, sich zu lange Gedanken um ein Thema zu machen.

  • Macer hörte leicht zurückgelehnt zu, was seine neue Geschäftspartnerin alles zu erzählen hatte. Sie schien nicht nur einfach eine Imkerei zu betreiben, sondern gleich ein ganzes kleines Wirtschaftsimperium zu haben, das quer durch das ganze Reich seine Waren vertrieb. Macer fand das durchaus beeindrucken und es verstärkte sein Gefühl, heute ein gutes Geschäft mit einer verlässlichen Geschäftspartnerin gemacht zu haben. "Beeindruckend, wenn ich das so sagen darf", antwortete er daher, nachdem sie geendet hatte. "Das klingt so, als wenn du sehr erfolgreich wirtschaften würdest und gefragte Produkte vertreibst. Diesen Duccius Rufus kenne ich zwar nicht, aber ich nehme an, er ist ein wichtiger Händler, so wie du ihn erwähnst?" fragte er weiter. Wahrscheinlich würde Macer den Namen spätestens schon wieder vergessen haben, wenn Iunia Axilla das haus verlassen würde und womöglich hatte er ihn auch schonmal gehört, wenn der Mann in Mogontiacum eine wirtschaftliche Größe war, aber Macers Gedächtnis war eben schlecht. Aber als gesprächsthema eigenete es sich trotzdem immer, über wichtige Leute oder zumindest mutmaßlich wichtigte Leute zu sprechen.

  • Das Kompliment kam etwas überrumpelnd, und entlockte Axilla ein schüchternes Lächeln und eine ausweichende Gestik. “Ach, so besonders ist das gar nicht. Ich hatte ja Hilfe und ein wenig Glück.“ Hoffentlich lief sie nicht rot an! Wobei ihre Wangen sich doch verdächtig warm anfühlten.
    Zum Glück bot Rufus etwas, auf das sich Axillas Gedankenwelt stürzen konnte, und was weit weniger mit unverhofften Komplimenten zu tun hatte. “Sein Cousin besitzt in Mogontiacum einige Marktstände und hat eine Händlervereinigung dort geschaffen. Freya Mercurioque. Und da sind wohl einige dort ortsansässige Händler beteiligt, die Farben gebrauchen können für bemalte Vasen oder gefärbte Stoffe und dergleichen. Und soweit ich weiß war Duccius Lando auch Praebitor Caesaris vor seinem Tod.“ Den Namen kannte Axilla wegen ihrer Tätigkeit in der Acta, immerhin hing im Eingang ein ziemlich großes Schild mit seinem Namen und einer Ehrung, und jedes Mal, wenn sie in die Domus Acta Diurna trat, musste sie daran vorbei.

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