Zur Größe der Provinzen

  • Macer seinerseits sah nun die Antwort des Praefectus Urbi wiederum als Steilvorlage. Nicht umsonst hatte er ungefragt die wirtschaftliuch unbedeutenden und politisch alles andere als prestigebringenden kleinen Alpenregionen kaiserlichen Procuratoren unterstellen wollen. "Eben darum tragen diese Männer den Titel eines Procurator Augusti, weil sie dem Kaiser unterstellt sein sollten", beantwortete er daher die erste Frage positiv. "Eine Neuzuteilung würde der Senat sicher begrüßen können, sind ihm doch durch die Reformen des Iulianus beispielsweise einige renommierte Provinzen in Asien sozusagen abhanden gekommen", stellte Macer fest und verband damit natürlich implizit die Erwartung, dass eben jene Provinzen dem Senat nun wieder zugeteilt werden würden.

  • Sowie Piso zum Senator erkiesen worden ward, ließ er es sich nicht nehmen, bei den Senatssitzungen zu fehlen. Er hatte sich dem Senat vorgestellt, doch andersweitig waren seine verbalen Kommentare bis dahin spärlich ausgefallen.
    Einmal bis nun.
    Piso war zu den Zeiten der Debatten um eine Provinzreform in den Senat berufen worden, und von Anfang an hatte er, minutiös Notizen auf einem kleinen Wachsbrett aufkritzelnd – er machte es lieber selber, als es sich von einem Sklaven machen zu lassen – den Sitzungen beigewohnt. Es diskutierten Consulare und Prätorier, Ädilare und Pontifices. Pedarii waren in der Hackordnung des Senates, ganz weit unten, das war Piso bewusst. Aus diesem Grund schwieg der zu diesen Zeiten wahrlich nur noch in den Farben des Senates gewandete Ex-Quaestor und Septemvir wohlweißlich.
    Es war erst zu einer Zeit, da sein Patron seine erarbeitete Liste vorstellte, dass er begann, sich einzumischen.
    Piso erhob sich und räusperte sich, als er begann, gestalterisch im Reich mitzuwirken – hach, ein wunderschöner Gedanke.
    “Patres Conscripti. Mit großer Interesse habe ich der Debatte bis jetzt zugehorcht, und muss sagen, die Argumente für eine Verkleinerung der Provinzen sind überwältigend. Und ich sehe natürlich absolut ein, dass die von dir geleitete Arbeitsgruppe, Consul“, er nickte seinem Patron zu, “nicht allzu viel auf einmal in Gang setzen will. Aber einen Vorschlag hätte ich. Germanien.“
    Er holte tief Luft. “Seit der Gründung von Sizilien als erste Provinz haben wir Römer es unternommen, unsere Provinzen nach den ethnischen Begebenheiten, die wir vorfanden, zu strukturieren, vorweigend zur Vereinfachung der Verwaltung. Nun blicken wir aber nach Germania. 4 Regiones haben wir dort, Patri Conscripti, 4 Regiones. Germania Inferior und Superior sind germanisch dominiert, Raetia und Belgica keltisch.
    Fangen wir mit Rätien an. Die Provinz bevölkern mehrheitlich Kelten, aber auch Räter, von denen die Provinz ihren Namen hat, die aber tatsächlich in der Minderheit sind. Jedoch nicht so in der Minderheit wie die Germanen, die in Rätien quasi absent sind. Höchstens in den Hilfstruppen an der Donau! Es erscheint mir sonderbar, dass jene keltisch-rätische Provinz vom fernen Mogontiacum aus verwaltet werden soll. Vor allem, weil die rätischen Alpenpässe, die so wichtig sind für Rom, der unmittelbaren Aufsicht eines Proconsuls oder Legaten in Augusta Vindelicorum unterstehen sollten.
    Der mögliche Status von Belgica als Provinz erscheint mir nicht so drängend und unverzichtbar wie der von Raetia, aber auch hier spricht vieles dafür. Im Gegensatz zu Germania Inferior und Superior hat diese Provinz einen keltischen Charakter, sieht man von ubischen und nervischen Stämmen ab. Und vor allem ist es eine ausgesprochen zivile und unmilitärische Provinz, im Gegensatz eben zu den Provinzen am Rhein. Dies meritiert durchaus eine Weglösung von Germanien.
    Dann Germania Superior und Inferior. Beide Regiones sind sehr ähnlich – germanisch dominiert und militärisch. Doch auch hier ist ein großes Problem. Nein, halt, falsch, zwei große Probleme. Erstens: es umfasst eine lange und extrem gefährliche Grenze. Wäre diese unterteilt in zwei Bereiche, würde sich die Verwaltung dieses Teils des Reiches sicher viel leichter tun bei der Abwehr von den kriegslustigen Germanen. Zweitens: ein Legat von Germania Superior und Inferior hat die Kontrolle über eine Vielzahl an Legionen. Ich bin mir absolut sicher, dass der momentane Legat, den ich als integren und pflichtbewussten Menschen kennen lernen durfte, dies sicher nicht missbrauchen wird. Doch was ist mit seinen Nachfolgern? Werden wir sicher sein können, dass nicht einmal einer sich entschließt, mit all diesen Legionen nach Rom einzumarschieren? Nein, Patres Conscripti, mit diesem Risiko zu Leben erscheint mir nicht nur vermeidbar, sondern auch abzulehnen.
    Darum bin ich für Folgendes: die Etablierung von 4 Provinzen, Raetia, Belgica, Germania Superior und Germania Inferior auf dem Gebiet der jetzigen Provinz Germania.“

    Er schloss mit einem Hüsteln.

  • Potitus nickte zufrieden, als Macer ihm zustimmte. Ob dafür Asia herausgerückt werden würde, würden sie ja noch sehen! Als dann aber der junge Flavier einen ellenlagen Sermon über die kaiserlichen Provinzen hielt, war dies wieder einmal eine willkommene Vorlage, den Senat in seine Grenzen zu weisen! Und zwar unmissverständlich! "Flavius, ich danke dir für deine tiefsinnigen Ratschläge! Ich bin sicher, der Legatus Augusti pro Praetore von Germania oder die zahlreichen kaiserlichen Verwaltungsbeamten würden sicher niemals selbst diesem Ergebnis kommen." Nach diesem von Ironie triefenden Kommentar wurde er aber doch noch etwas direkter: "Wenn du aber sonst keine Tipps hast, wäre ich dir dankbar, wenn du meine Befehle, dass der Senat sich gefälligst auf seine Provinzen zu beschränken hat, genauso wie alle anderen einhältst! Kümmert euch erstmal um eure eigenen Provinzen, bevor ihr dem Kaiser 'reinquatscht!"

  • Piso blickte den Vescularier ungerührt an, als dieser versuchte, ihn herunterzuputzen. So? “Verzeihung. Ich in meiner Naivität habe geglaubt, es sei die Aufgabe des Senates, den Imperator zu beraten“, machte er trocken.
    Um ehrlich zu sein, hatte er jene Beschränkung gar nicht so recht mitgekriegt – Kunststück, er war ja erst seit Kurzem Senator. Aber Götter. Solange es Salinator geärgert hatte, war es das wert gewesen. Er setzte sich wieder auf seine 4 Buchstaben und beschloss, fürs Erste den Mund zu halten.

  • Nun war es wiederum an Macer in der Rolle des Consuls, sich einzumischen. "Der Begriff des Befehls ist in diesem Zusammenhang unangemessen", stellte er fest. "Der Senat untersteht nicht der militärischen Befehlsgewalt des Imperators, weder in der Frage der Provinzen noch in einer anderen."

  • Potitus sah den Consul ungläubig an. Wollte Macer hier etwa den Aufmüpfigen spielen? "Nein, ich kann mir auch kaum eine unmilitärischere Vereinigung vorstellen..." kommentierte er schließlich. Eigentlich hatte ihm eher so etwas wie "Vereinigung aufgeblasener Wichtigtuer ohne praktischen Nutzen" auf der Zunge gelegen, vielleicht würde das dann doch zu schlechte Presse machen. So machte er nur eine wegwerfende Handbewegung. "Nenn es Ratschlag, Weisung, Bitte oder sonstwie! Jedenfalls möchte ich dem Senat dringend nahelegen, sich bei seinen "beratenden Tätigkeiten" auf die Dinge zu beschränken, in denen der Kaiser auch einen Rat will!" Niemand mochte lästige Besserwisser!

  • "Ich denke nicht, dass irgendjemand hier in diesem Saal dem Kaiser seinen Ratschlag aufzwingen möchte", erwiderte Macer höflich und war sich sicher, dass der eine oder andere aus diesen oder jenen Gründen doch ganz glücklich wäre, wenn der Kaiser einfach tun würde, was er sagt. "Selbstverständlich steht es dem Kaiser frei, unsere Ratschläge nicht einmal anzuhören", stellte er noch einmal fest und damit auch klar, dass er das Aussprechen von Ratschlägen damit trotzdem nicht gleich für verdammungswürdig hielt.


    "Gibt es weitere Wortmeldungen zum Zuschnitt der senatorischen Provinzen?" fragte er dann, um keine Ablenkung der Diskussion zu gestatten.

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