Es war ein in seiner Gewöhnlichkeit beinahe ungewöhnlicher Abend. Albina wusste schon garnicht mehr, wann sie das letzte Mal mit ihrem Gatten allein gespeist hatte. Entweder waren allerhand politische Gäste im Haus oder aber Macer war so beschäftigt, dass er sein Essen direkt im Tablinum einnahm. Seit ihr Mann zum Konsul ernannt worden war, war es stets geschäftiger geworden. So geschäftig, dass Macer nicht nur für das Essen mitunter keine Zeit mehr hatte...
Was letztlich auch Auslöser des Umstands war, der Albina zu diesem Essen bewogen hatte. Statt wie sonst einen Sklaven mit einem Teller Essen und etwas zu Trinken in Macers Arbeitsraum zu schicken, hatte sie den Sklaven mit der schlichten Nachricht losgeschickt, dass die Hausherrin ihren Gatten im Triclinium erwarte.
Was aber war das Problem, das Albina umtrieb? Ein ganz simples. ihre nun doch schon geraume Zeit andauernde Verbindung hatte noch immer keine "Früchte" getragen. Ein Umstand, der bei einem amtierenden Konsul umso schwerer Wog. Und in derjenigen Zeit, in der sie nun einmal lebten, wurden wegen so etwas einerseits die Gerüchte schnell immer lauter und andererseits generell der Frau die Schuld daran gegeben. Während bisher es noch die Sklavinnen gewesen waren, die der Tiberierin die auf den Straßen Roms kursierenden Gerüchte zugesteckt hatten, war sie nun gestern das erste Mal mehr oder minder direkt damit konfrontiert worden.
Beim gestrigen Besuch des Marktes hatten bei Albinas Anblick zwei Frauen verschwörerisch die Köpfe zugesteckt und hinter vorgehaltener Hand - aber laut genug, dass Albina es noch hören konnte - gemeint "Sieh sie dir an. Sie ist noch immer nicht schwanger." Jedenfalls bildete sich Albina ein, dies gehört zu haben. Vielleicht machte der Umstand sie nur mittlerweile selbst so nervös, dass sie das eigentlich Gesagt falsch verstanden hatte. So oder so, auf diese Weise konnte es nicht weitergehen. Sie würde mit Macer sprechen müssen, so schwierig dieses Thema auch sein mochte. Und das würde sie heute Abend tun.
In eine sehr fein gewebte dunkelgrüne Tunika mit kleinen Goldapplikationen gekleidet, die Haare in kleinen Locken hochgesteckt und mit einem Lächeln auf den Lippen also liegt sie nun da, und wartete auf das Eintreffen ihres Mannes.