Tablinum | Menschenskinder

  • Die letzten Wochen ihrer Schwangerschaft vergingen für Septima wie im Fluge. Seit sie mit ihren Gästen aus Rom zurück in Mantua waren, verging kaum ein Tag wie der voran gegangen. Das Praetorium war mit einem Mal voller Leben und die vielen Menschen sorgten ständig für neue Begebenheiten, schöne wie unschöne. Und die Aufregung legte sich nicht. Je näher der Geburtstermin der Tiberia heran rückte, um so aufgeregte wurden alle im Haushalt. Doch Septima hatte nichts, worüber sie sich beklagen konnte. Ihre Schwangerschaft verließ mehr als vorbildhaft. Sogar die Krankheitswelle, welche über Mantua hinweggefegt war, wie ein unheilvolles Gewitter, war unbemerkt an ihr vorüber gezogen. Einzig ihre immer größer werdende Unbeweglichkeit störte die Tiberia. Somit verbrachten Serrana und sie viel Zeit zusammen und beschäftigen sich mit Handarbeiten.
    „Ich kann es immer noch nicht glauben, dass du nach mir schwanger geworden sein sollst, Serrana.“ Dabei wußte es Septima ganz genau, denn schließlich war sie die Pronuba der Iunia gewesen und hatte diese Frau somit jungfräulich in die Ehe mit Sedulus begleitet. „So groß wie dein Bauch ist, müsste es doch auch bald soweit sein, oder nicht.“
    Noch während sie sich unterhielten spürte Septima ein kurzes Ziehen in der rechten Seite. Sie stoppte kurz bei ihrer Handarbeit, ehe sie fort fuhr. „Und, vermisst du Rom?“ fragte sie ihre Freundin.

  • Serrana ließ die himmelblaue Stola sinken, deren Saum sie gerade mit einem feinen silberfarbenen Muster bestickte und starrte betrübt auf die mehr als imposante Kugel unterhalb ihrer Brust. "Ich versteh das auch nicht." sagte sie dann mit einem Seufzer und rutschte ein wenig auf ihrem Stuhl hin und her, da es ihr immer schneller in einer Position unbequem wurde. "Weißt du, ich hab zwar manchmal den Verdacht, dass ich das Kind schon in den ersten Tagen nach der Hochzeit empfangen habe, aber eigentlich müssten es dann trotzdem noch ein paar Wochen bis zur Niederkunft sein. Vielleicht wird es ja mal so riesig wie Adula oder Claudia Romana, wobei das für einen Jungen sicher günstiger wäre als für ein Mädchen." Serrana warf einen unverholen neidischen Blick auf Septimas zwar unverkennbar schwangeren aber dennoch deutlich weniger voluminösen Bauch und seufzte erneut."Wenn ich wenigstens so groß wäre wie du, dann würde es vielleicht gar nicht so auffallen. Aber wenn ich mich in letzter Zeit im Spiegel betrachte, dann sieht es so aus, als wäre ich von der Seite genauso breit wie hoch. Ob das wohl alles jemals wieder weg geht?" Gut, dass die Freundin in diesem Moment das Thema wechselte, sonst hätte Serrana noch ein Weilchen länger in Selbstmitleid geschwelgt. Ein wenig überrascht schüttelte sie den Kopf. "Nein, eigentlich nicht. Meine Pflichten im Tempel kann ich im Moment ohnehin nicht erfüllen, und Quintus und Sabina sind ja mit mir hier. Ich fühle mich wirklich wohl hier in Mantua, vor allem, weil wir jetzt endlich wieder Zeit zusammen haben und miteinander sprechen können. Und das Beste natürlich...." Serranas Lächeln verbreitete sich spürbar,"....ist, dass meine unsägliche Großmutter weit weg in Rom sitzt. Es ist so herrlich ohne sie, das kannst du dir gar nicht vorstellen."

  • Als Serrana auf ihren gehörigen Bauchumfang zu sprechen kam, konnte Septima nicht anders, als diesen genauestens in Augenschein zu nehmen. Es war wirklich sehr merkwürdig, dass der Bauch ihrer Freundin dicker zu sein schien, als ihr eigener. „Nun, vielleicht wächst dein Kind wirklich schneller wie das meine. Oder du erwartest einen Jungen und ich nur ein Mädchen? Das wäre natürlich schade für Titus, denn ich würde ihm schon gerne einen Jungen als Erstgeborenen schenken, doch dem Willen der Götter müssen wir uns wohl oder übel alle fügen.“ Und Septima würde sich auch über die Geburt eines Mädchens freuen, solange das Kind gesund und kräftig wäre, so dass es die ersten Lebensjahre, in denen viele Säuglinge und Kleinkinder starben, unbeschadet überstehen würde. „Aber so schlimm ist es nicht mit deinem Bauch.“ versuchte sie sich in ein paar tröstenden Worten für ihre Freundin.
    Von dem schlechten Verhältnis zwischenSerrana und ihrer Großmutter wußte Septima selbstverständlich, hatten die Freundinnen doch oft genug über die alte Schachtel gesprochen und sich über ihre bissige Art aufgeregt. „Ja, die Reise war dann wohl doch zu weit für deine Großmutter, nicht wahr?“ lächelte Septima und zwinkerte Serrana zu. Im nächsten Moment verzog sich ihr Gesicht und Septima atmete etwas heftiger ein. Wieder legte sie eine Hand auf ihren Bauch. „Uhhh...“ Dieses mal war es kein einfaches ziehen, sondern mehr ein krampfartiges drücken gewesen, welches Septima verspürte. Doch so schnell wie dieser Moment gekommen war, so schnell war er auch wieder vorbei und die Tiberia entspannte sich wieder. Ihre Handarbeit legte sie jedoch bei Seite.

  • "Meinst du wirklich, es könnte was mit dem Geschlecht zu tun haben?" Serrana sah überrascht zu Septima hinüber, bevor sie erneut ihren Bauch begutachtete. "Sabina hat mir gesagt, dass sie sich eine kleine Schwester wünscht, und mir wäre ein Mädchen auch recht. Aber Quintus möchte natürlich diesmal einen Sohn, eine Tochter hat er ja schon, und er braucht einen Erben." Der Gedanke, wie ihr Mann auf die Geburt einer weiteren Tochter reagieren würde, machte Serrana nach wie vor ein wenig nervös, aber sie schob ihn wie alles, was mit dem Thema Niederkunft zusammenhing, schnell zur Seite und konzentrierte sich lieber wieder auf ihre Freundin, die urplötzlich zusammenzuckte und leicht aufstöhnte.


    "Septima? Was ist denn? Ist mit dir alles in Ordnung?" fragte sie mit aufkeimender Besorgnis. Ihr instinktiver Versuch von ihrem Stuhl aufzustehen, scheiterte jedoch nach wenigen digiti an der Schwerkraft, und Serrana sackte, begleitet von einem kurzem Rudern ihrer Arme, wieder zurück auf ihren Sitz, den Blick nach wie vor auf Septimas schmerzverzerrtes Gesicht gerichtet.

  • Durch das kurze, aber heftige ziehen in ihrem Unterleib, hatte Septima die Antwort von Serrana nicht ganz mitbekommen. Einzig die Sorge im Gesicht ihrer Freundin nahm die Tiberia wahr. Während sie über ihren gewölbten Bauch strich antwortete sie Serrana besänftigend. „Nein, nein, es ist nichts. Nur ein kurzes Ziehen. Es ist noch zu früh für die Niederkunft,... glaube ich.“ Septima war sich da gar nicht mehr so sicher. Ein kurzer Wink und Frija, die die ganze Zeit im Hintergrund auf einem Schemel gesessen hatte, erhob sich und trat zu ihrer Herrin. „Geh und hol die Hebamme.“ gab sie ihrer Sklavinen den knappen Befehl und wand sich wieder Serrana zu. „Ich glaube es ist besser wenn Pacaria Alba unser beider Nerven ein wenig beruhigt.“ Lange konnte es nicht mehr bis zur Niederkunft der Tiberia dauern und Septima fieberte diesem Termin deutlich entgegen. Langsam aber sicher wollte sie diesen unförmigen Bauch los werden und das ging am besten, in dem das Kind geboren wurde.
    „Hab ich dir eigentlich schon dafür gedankt, dass Sedulus und du so nett ward und mit Mantua gekommen seit? Ich freue mich wirklich aus tiefstem Herzen darüber, nicht so alleine hier zu sein. Die Oberschicht der Stadt ist ziemlich... mhm, wie kann ich es am besten umschreiben... einfälltig? Ich habe das Gefühl, als würden sie hier überhaupt keinen Kontakt nach Rom pflegen und... Ach, es ist schwierig zu beschreiben.“ Mit einer Hand deutete Septima an, dass sie das Thema besser gar nicht erst angefangen hätte. Eindeutig empfand sie die Menschen hier als unter ihrer Würde.

  • Als Ursus das Haus betrat, wehrte er die Sklaven ab, die ihm aus der Rüstung helfen wollten. "Macht alles für die sofortige Abreise der Germanicer und meiner Frau bereit. Alle Sklaven, die in in den letzten Tagen in der Stadt waren, halten sich fern von allen, die nun abreisen - und werden auch nicht mitreisen! Die erste Nacht wird nicht angehalten, richtet euch darauf ein!" Kaum hatte er diese Anweisungen erteilt, betrat er das Tablinum, einen der wenigen geheizten Räume des Hauses, wo die Damen bei ihren Handarbeiten saßen.


    "Salvete, ihr beiden. Ich habe leider keine guten Nachrichten. Es ist eine Krankheit in der Stadt ausgebrochen. Sogar Tote soll es schon gegeben haben. Noch haben wir in der Castra keine Fälle, aber ich möchte, daß ihr beide sehr schnell von hier fortkommt, damit ihr sicher seid. Ich habe den Sklaven schon Anweisung gegeben, zu packen." Für die beiden Frauen mußte es ein Schock sein. Aber Ursus wollte sie keine Sekunde länger der Gefahr einer Ansteckung aussetzen, als unbedingt nötig.

  • Direkt nach dem Legaten betrat eine leicht füllige und etwas ältere Matrone den Raum, zusammen mit Frija. Erschrocken hörten sie den Ausführungen des Legaten zu. Eine Krankheit ging um in Mantua? Was war mit ihrem Mann und den Kindern? Pacaria Alba hatte sich die letzten Tage ausschließlich im Praetorium bei den werdenden Müttern aufgehalten, denn sie wollte lange Wege vermeiden, wenn es denn endlich so weit sei für die Niederkunft der Legats Frau. Besorgt blieb sie hinter dem Legaten stehen und schaute abwegselnd die beiden schwangeren an.


    Septimas Blick ging bereits zum Eingang des Tablinum, noch bevor Ursus den Raum betrat. Die genagelten Soldatenschuhe waren nicht zu überhören, zumal Ursus sich immer an der Porta die Füsse und Hände waschen ließ, um anschließend in bequeme Hausschuhe zu schlüpfen. Wer konnte es also sein, der da zu ihnen ins Praetorium kam? Das Lächeln, welches eindeutig ihrem Gemahl galt als dieser den Raum betrat, erstarb auf Septimas Gesicht, als sie hörte, was Ursus von ihnen verlangte.
    „Wir sollen abreisen? Jetzt?! Bis du denn von allen guten Geistern verlassen?“ Völliges Unverständnis zeichnete sich auf ihrem hübschen Gesicht ab und schützend legten sich beide Hände über ihren Bauch. Das Ziehen, welches sie noch vor einer Weile verspürt hatte, kehrte zurück. Um ihren Mann nicht weiter zu beunruhigen, versuchte sich Septima nichts anmerken zu lassen. Allerdings nahm Alba die leichte Veränderung in deren Gesicht wahr und trat neben die Tiberia. Vorsichtig legte sie ihr ebenfalls eine Hand auf den geschwellten Bauch.

  • Reichlich verdutzt sah sie ihrem Cousin nach, als dieser mit finsterer Miene an ihr vorbei eilte. Sein schwerer Schritt war im ganzen Haus zu hören.
    Anscheinend hatte er sie nicht gesehen, denn sie hatte sich gerade eine kleine Lektüre geschnappt und war auf halbem Wege zurück in ihr Zimmer, als Ursus durchs Atrium stürmte. Nach seiner Miene zu urteilen schien gerade ein Krieg ausgebrochen zu sein. Kurzerhand entschloss sie sich ihm eilig zu folgen. Die Anweisung an die Sklaven bekam sie noch mit. Was auch immer es zu bedeuten hatte, es klang nicht wirklich erfreulich und weckte bereits die schlimmsten Befürchtungen. So stand sie einen Augenblick später in der Tür und warf einen fragenden Blick in die Runde. Und nur einen Augenaufschlag später, stand auch dann eine füllige Dame neben ihr, die dann zur Tiberia eilte. Gemeinsam lauschten sie der Ankündigung und sofort zeichneten sich auf allen Zügen Besorgnis ab. „Ich kann ja deine Sorge verstehen…. Aber Serrana und Septima sehen beide nicht so aus, als würden sie reisen können“, merkte sie vorsichtig an. Ob es so gut war die beiden Schwangeren so in Panik zu versetzen? Im Hintergrund huschten bereits alle Sklaven eilig herum. Es war als hätte ein Kind mit einem Stock in ein Wespennest gestochen. Es herrschte plötzlich Aufregung und auch Durcheinander. Septima war reichlich blass um ihre Nase herum geworden.

  • Es herrschte Aufregung. Baldemar wartete ruhig ab. Ursus stürmte an dem Germanen vorbei. Der Blick folgte diesem. Die Speckfeige verschwand im Mund. Die Sklaven tuschelten. Es ging um Septima. Und um die Germanica. Kaum das er das Wort Krankheit hörte, folgte er den lauten Stiefeln. Er betrat das Tablinum. Schweigsam. Ein Schnalzen. Ein fester Blick. Kein Wort. Da war seine Frau schon anders. So aufgeregt und besorgt. Die Mundwinkel des Marser zuckten. Es stand seiner Frau recht gut.

  • "Ja, das ist eine gute Idee. Es sollte lieber jemand in der Nähe sein, der sich mit diesen Dingen auskennt." Serranas Blick war der hinauseilenden Frija gefolgt und heftete sich mit einiger Ungeduld und Unruhe auf den Eingang, bis die angekündigte Hebamme endlich kam und sie unwillkürlich aufatmete. Trotz der Entwarnung, die schließlich von Septima kam fiel es Serrana schwer, sich jetzt einfach wieder auf alltägliche Dinge zu konzentrieren und in dem vorhergehenden Plauderton weiter zu machen. "Bedanken? Ach Unsinn, das ist doch nicht nötig. Ich war ganz froh, mal für eine Weile aus Rom herauszukommen, und ich bin mir sicher, dass Quintus das ganz ähnlich sieht. Und die Leute hier..." Serrana hielt mitten im Satz inne, als ohne Vorwarnung plötzlich Aurelius Ursus zu ihnen ins Tablinum stürmte, und noch bevor er mit seiner Ankündigung fertig war, hatte sich auf ihren Armen bereits eine leichte Gänsehaut gebildet. Erneut versuchte sie, sich von ihrem Stuhl zu erheben, doch diesmal klappte es noch weniger, denn jetzt fühlten sich auch ihre Beine an, als wären sie plötzlich aus Watte. Mit einem ersten Anflug von Panik startete sie einen nächsten Anlauf, doch diesmal tauchte aus dem Hintergrund plötzlich Adula neben ihr auf, half ihr mit ungewohnter Behutsamkeit in die Höhe und blieb neben ihr stehen, um sie im Notfall auch stützen zu können, was jedoch nicht notwendig war.


    "Eine Krankheit? Und es sind schon Menschen gestorben?" wiederholte sie ein wenig tonlos, ohne wirklich eine Antwort von Septimas Mann zu erwarten und straffte sich dann unmerklich. "Er hat recht, Septima. Wir sollten sofort hier weg, irgendwie wird es schon gehen." Während die innere Unruhe immer mehr Besitz von Serrana ergriff, schlang sie instinktiv wie zum Schutz einen Arm um ihren Bauch und sah sich dann suchend um. "Jemand muss nach Quintus suchen, ich weiß nicht, wo er hingegangen ist. Und Sabina ist auch nicht da, wir müssen sofort nach ihr sehen...."

  • Einer der Legionäre hatte Sedulus davon in Kenntnis gesetzt, dass es in der Stadt zu Todesfällen gekommen war. Man ging von einer Krankheit aus, da bei den Toten keine Spuren von Verletzungen zu sehen war. Sedulus wurde es ganz mulmig im Bauch und machte sich auf, seine Frau und die Anderen zu suchen. Im Tablinum fand er sie endlich.


    Salve alle miteinader. Habt ihr dass gehört? In der Stadt soll eine Seuche oder aber zumindest eine ansteckende Krankheit ausgebrochen sein... Es gab auch schon Tote. Das hat mir so eben ein Legionär berichtet, den aus der Zeit bei der II. noch kenne der hier her versetzt wurde.


    Tja, Zufälle gab es immer wieder. Auch wenn er sich dieses Treffen ein bisschen anderst und vorallem unter anderen Umständen gewünscht hätte.
    Fragend sah Sedulus die anderen an.


    Wir sollten abreisen! Und zwar schnell bevor man nicht mehr weiß. Es könnte alles mögliche sein.

  • "Ich weiß, daß es nicht gut für sie ist", fuhr Ursus Flora an, die doch gar nichts dafür konnte, daß diese elende Krankheit ausgebrochen war. Er fuhr sich durch die Haare. "Entschuldige", schob er gleich hinterher. So unbeherrscht war er sonst nicht und er atmete tief durch, um seine Beherrschung wiederzuerlangen.


    Septima war verständlicherweise entsetzt und zunächst unwillig, das Haus zu verlassen. Serrana schien viel schneller bereit dazu zu sein, was vielleicht daran lag, daß sie hier nicht Zuhause war. Sedulus kam nun auch noch hinzu - und hatte anscheinend gerade die gleichen Informationen erhalten wie Ursus. Der drehte sich zu dem Freund um. "Deshalb bin ich gerade hier. Ihr müßt sofort abreisen. Am besten nehmt ihr Sänften, dann werden die Frauen nicht so durchgeschüttelt, oder was meint ihr? Allerdings kommt ihr dann auch langsamer voran." Mit genug Sklaven zum Abwechseln allerdings konnte man noch einiges an Strecke mehr schaffen.

  • Wäre die Lage nicht so angespannt und so ernst, dann wäre sie glatt eingeschnappt, weil sie so angefahren wurde. Aber so sah sie es Titus nach, dass er ein wenig ungehalten auf ihren vorsichtigen Einwurf reagierte. Beschwichtigend hob sie die Hände. „Schon gut!“ nahm sie seine Entschuldigung an. Die Besorgnis stand ihm ins Gesicht geschrieben, ebenso wie allen anderen in diesem Raum. Da waren die werdenden Mütter und dann diese Seuche. Dass er die Serrana und vor allem Septima dieser Gefahr nicht aussetzen wollte, verstand sie.
    „Kann man das Haus nicht einfach unter Quarantäne stellen?“ fragte sie, immer noch das Wohl der beiden Schwangeren im Auge. Wer wusste schon, wozu dieser Stress führen konnte? Es war allgemein bekannt dass es weder für Mutter noch für Kind Gesund war, wenn die Mutter in Panik ausbrach. Die Iunia sah bereits so aus, dass sie am Rande eines Nervenzusammenbruches war. „Alle Sklaven, die in der Stadt waren, werden ausquartiert, einschließlich jener die Niesen oder Husten, der Rest darf das Haus einfach nicht verlassen!“ Sie fand ihren Vorschlag gar nicht mal so schlecht. Sollte Ursus dennoch anderer Meinung sein, dann würde sie ihre Sachen auch sofort packen. Zumindest das Nötigste. Den Rest konnte man ihr ja nachschicken. Sie hatte nämlich ein paar Bedenken, ob man mit einer Sänfte wirklich einer Seuche entkommen konnte. Diese Bedenken äußerte sie dann auch: „Wir wären dann aber immer noch im Umland von Mantua. Weißt du wie die Seuche dort gewütet hat?“ ein berechtigter Einwand wie sie fand. Die Frage war, wo gingen sie das größere Risiko ein. Hier, wenn sie blieben, oder aber wenn sie sofort abreisten. Sie war froh, dass diese Entscheidung nicht bei ihr lag, sie wäre sich nämlich nicht sicher.
    Als Serrana fragte wo ihre Stieftochter war, sagte sie: „Ich hab Sabina in ihrem Zimmer gesehen. Sie spielt oder so!“ so konnte sie ein bisschen zur Beruhigung beitragen. Und wie der Zufall es wollte, tauchte in diesem Moment der Germanicus auf und teilte ihnen mit, dass eine Krankheit ausgebrochen war.

  • Cimon war leise dazugetreten und hörte die Gespräche aufmerksam mit, dabei sah er immer wieder zu Ursus. Seine Eile hatte den Nubier überhaupt dazu gebracht seinem Herren rasch hierher zu folgen. Er sah sich außer stande wirklich von Nutzen zu sein, bis er erkannte, das schnell...sehr schnell gehandelt werden musste. Flora versuchte er dabei nicht zu sehr zu beachten, ansonsten hätten seine Augen ihn wohl verraten. Ergeben neigte er den Kopf als sie sprach und sah erneut kurz zu Ursus. Der Sklave würde sich darum kümmern...sofofrt. Er ging hinaus, um herauszufinden, wer alles in der Stadt war, wer alles Krank erschien und wer auf jeden Fall gesund war... dann würde er dafür sorgen, das sie getrennt wurden und jene, die als mögliche Gefahr angesehen werden konnten wurden isoliert. Der Rest sollte schon einmal die Reise vorbereiten. Gleich was entschieden wurde, wenn sie gehen wollten, musste alles bereit sein, sobald die Herrschaften auch nur daran denken mochten hinaus zu gehen. Er selbst würde bei Ursus bleiben.

  • Ja, ruhiger war es in Mantua, nur nicht gerade jetzt... Septima schaute mit blitzenden Augen zu ihrem Mann, der weiterhin darauf beharrte, dass sie umgehend abreisen sollten. Da nun die Hebamme bei ihr war, beruhigte sich die junge Frau ein wenig und nickte Alba kurz zu. „Lass nur, es geht schon wieder.“ sprach sie leise zu ihr und gab Baldemar ein Zeichen, dass er ihr hoch helfen sollte. Der kräftige Germane war dafür besser geeignet als seine Frau Frija und wo er schon mal da war...
    Mit einer Hand in den Rücken gestemmt – diese Rückenschmerzen waren gar nicht schön – stand sie kurze Zeit später und ging langsam und ziemlich watschelig, auf ihren Mann zu. „Titus...“ sprach sie ihn mit sanfter und schmeichlerischer Stimme an. „Glaubst du wirklich das es soooo schlimm ist? Ein überhasteter Aufbruch, ausgerechnet jetzt, wo bald unser Kind geboren wird. Und du? Was ist mit dir? Willst du mich alleine fort schicken und dich selbst dieser Krankheit, oder was immer gerade in und um Mantua um geht, aussetzten?“ Sie blieb vor dem Legaten stehen und hob ihre Hand, um ihm zärtlich über die Wange zu streicheln. „Liebster, ich dachte du wolltest bei der Geburt deines Kindes in der Nähe sein?“ flüsterte sie mehr, als dass sie laut sprach. Warme, braune Augen schauten ihn bittend an. Noch hatte Septima den Ernst der Lage nicht vollständig begriffen. Während ihrer Schwangerschaft war alles so gut gelaufen, dass sie sich nicht vorstellen konnte, dass dem Kind oder ihr irgendetwas passieren konnte. Sie war eine gesunde und kräftige junge Frau, da würde eine kleine Influenca-Welle ihr doch nichts anhaben können...

  • Als Sedulus plötzlich das Tablinum betrat, entfuhr Serrana unwillkürlich ein Seufzer der Erleichterung, dann sah sie zwischen ihm, Septima, deren Mann und der jungen Aurelia hin und her. Floras Argumente klangen ganz vernünftig, und es war alle mal reizvoller, sich im Praetorium zu verbarrikadieren als sich so kurz vor ihrer beider Niederkunft erneut auf den Weg zu machen. Und trotzdem war da etwas, das Serrana antrieb die Aufforderung des Legaten und ihres Mannes so gut wie möglich zu unterstützen, auch wenn sie sich gerade jetzt am liebsten in ihr Bett zurück- und die Decke über den Kopf gezogen hätte, bis diese ominöse Krankheitswelle an ihnen allen vorbeigezogen war.


    "Septima, ich denke, die Männer haben recht." sagte sie daher an ihre Freundin gewandt und bemüht, sich nicht allzu viel von ihrem eigenen Zweifeln und Zaudern anmerken zu lassen. "Ich fühle mich hier in Mantua wirklich sehr wohl, aber jetzt wo ich das von dieser Krankheit weiß, werde ich keine ruhige Minute mehr haben...." Ein wenig fahrig rieb sie sich mit beiden Händen über die Arme, auf denen sich all die winzigen Härchen aufgestellt hatten, und wandte sich dann dem Aurelier zu. "Wo sollen wir denn überhaupt hin? Hier in der Nähe können wir nicht bleiben, aber wir können doch unmöglich bis nach Rom zurück, das schaffe ich garantiert nicht, und Septima vermutlich genauso wenig." Ihr Blick suchte den ihrer Leibsklavin, und sie nickte in Richtung Ausgang. "Adula, bitte hol Sabina aus ihrem Zimmer und bring sie her. Nicht, dass sie plötzlich das Praetorium verlässt und unbeaufsichtigt in die Stadt läuft." Sie selbst hätte derartige Alleingänge als Kind niemals gewagt, aber ihre Stieftochter hatte schon häufiger unter Beweis gestellt, dass sie in dieser Hinsicht aus einem anderen Holz geschnitzt war.

  • Von der Aufregung der Erwachsenen und den eiligen Sklaven bekam Sabina nichts mit. Sie lag unter dem Bett auf dem Bauch. Die Decke verbarg sie vor neugierigen Blicken, während sie im Zwielicht mit Puppen und ihren Holzpferden spielte. Unter dem bett sah niemand so schnell nach und störende Geräusche drangen auch nur gedämpft zu ihr durch. Eine kleine Kinderwelt, gänzlich unberührt vom hektischen Leben der Erwachsenen. Bis zu dem Moment, als sich ein paar Beine in ihr Blickfeld schob. Eilig rutschte sie noch ein Stück tiefer unter das Bett, denn sie fürchtete, dass es dieser doofe Gadatas war, der Spielverderber, der ihre Spiele regelmäßig unterbrach um sie mit Unterricht zu quälen. Sabina hielt auch noch die Luft an, um sich nicht durch irgendein Geräusch zu verraten.
    Nach einem Augenblick drehten sich die Beine dann auch wieder in Richtung und sie atmete erleichtert auf.
    Nur einen Herzschlag später, schwebte dann aber Adulas Gesicht vor ihrer Nase herum. Erschrocken quiekte Sabina auf. Damit hatte sie ja nun gar nicht gerechnet. Recht wortkarg winkte Adula sie dann zu sich. Die Zeit des Spielens war wohl unweigerlich vorbei. Sabina traute es der Sklavin glatt zu, dass diese sie am Fußgelenk unter dem Bett hervorzerren würde, wenn sie nicht kam. Mit finsterer Miene kam sie aus ihrem Versteck heraus und folgte der Germanin dann.


    Als sie die ernsten Mienen ihres Vater, ihrer Stiefmutter und der anderen Erwachsenen erblickte, zog sie ein kleines bisschen den Kopf zwischen die Schultern. „Ich wars nicht!“ beeilte sie sich zu sagen. Wer wusste schon, welcher Tat sie bezichtigt wurde. Sie hatte sich seit ihrer Ankunft hier, eigentlich mit Streichen zurück gehalten.

  • Ein wenig ratlos sah Sedulus nun drein. Die Sänften waren zu langsam und die Kutschen zu unbequem. Und vorallem, wo sollten sie hin? Bis wohin war die Seuche schon vorgedrungen bzw. von wo war sie nach Mantua gekommen?


    Weiß man denn wo die Seuche ihre Wurzeln hat? Nicht dass wir genau dorthin reisen, wo sie hergekommen ist.


    Dann kam Sabina ins Zimmer.


    Dn Göttern sei Dank, da bist du ja.


    Meinte der Vater zu seiner Tochter.


    Du wirst mir von jetzt ab nicht von der Seite weichen Sabina! Außerdem werden wir bald wieder abreisen


    Erklärte Sedulus seinem Kind.

  • "Es ist einfach zu riskant", meinte Ursus zu seiner jungen Cousine, die vorschlug, das Haus unter Quarantäne zu stellen. Seiner Meinung nach war es dafür bereits zu spät. Als seine Frau zu ihm trat, war ihr Anblick für ihn die reine Qual. In diesem Zustand zu reisen, war besonders hart. "Liebes... um alles in der Welt möchte ich dabei sein. Aber ich darf meine Männer nicht im Stich lassen. Ich kann sie hier nicht zurücklassen und mich selbst aus der Gefahr heraushalten. Wenn es schlimm wird, dann wird die Legio eingreifen müssen." Ihre sanfte Berührung ließ ihn fast wankelmütig werden. Sanft umarmte Ursus seine Frau. "Es tut mir so leid. Ich habe mir das auch anders vorgestellt. Aber... ich kann nicht gehen. Ich darf nicht." Er war nun einmal Kommandant. Er erhielt viel Geld dafür, daß er seine Pflicht tat. Und Prestige. Nun war es eben an der Zeit, die Nachteile dessen zu spüren.


    Die kleine Sabina kam hinzu und ihre Bemerkung "Ich wars nicht", brachte Ursus gar zum Schmunzeln. Was sie wohl ausgefressen hatte, daß sie gleich so reagierte? Nun, das war Sache der Eltern.


    "Ich schlage vor, das Landgut meiner Frau aufzusuchen. Dort seid ihr sowohl vor der Seuche, als auch vor der Hektik der Stadt sicher. Ich gebe euch alles an Leuten mit, was möglich ist. Die Sklaven packen bereits. Bitte brecht heute noch auf." Etwas anderes als Sänften kam für ihn gar nicht in Frage. Ein Wagen war viel zu holprig für die Frauen.

  • Sabina rätselte, wie wohl die Erwachsenen dahinter gekommen sein konnten, dass sie ein wenig Serranas Schmuck anprobiert hatte. Sicher ihr war das Kästchen mit den Schmuckstücken im Eifer des Gefechts herunter gefallen, aber sie war sich ganz sicher, dass sie alle Schmuckstücke wieder gefunden hatte und auch zurück an seinen Platz gelegt hatte. Es war schon seltsam, ihre Eltern schienen immer zu wissen, wenn sie etwas angestellt hatte. Dass sich die finsteren Mienen nicht auf sie bezogen, wurde ihr erst einen Augenblick später bewusst, als ihr Vater sie anwies bei ihm zu bleiben. „Jawohlja!“ kam es ihr flugs über die Lippen, sie war ganz froh darüber, dass nicht nachgefragt wurde, was sie denn nicht gewesen war. Ihr Vater hatte wohl andere Sorgen, als sie. Warum sonst wollte er sie nun in seiner Nähe haben?
    Dennoch warf sie einen fragenden Blick in die Runde. Was war denn los? Warum diese finsteren Mienen? „Warum reisen wir ab?“ fragte sie in die Runde, neugierig wie sie nun einmal war. Der Aurelier erklärte der Runde gerade, dass sie wohl auf einen anderen Landsitz gehen würden, wegen einer Seuche? Mit gerunzelter Stirn überlegte sie in welchem Zusammenhang sie das Wort schon gehört hatte und was das für sie bedeuten würde. Seuche hieß, dass jemand krank war. Nicht nur einer, sondern ganz viele Menschen. Aber hier war doch keiner krank.

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!