Dir soll die Zukunft Blüten tragen, in allen Farben leuchtend schön…

  • Mit jedem Tag wurde sie runder, zumindest fühlte es sich so an. Es wurde auch alles anstrengender, bücken konnte sie sich nicht mehr wirklich, ihre Knöchel waren geschwollen und sie bewegte sich nur noch watschelnd durch die Gegend. "Es kann sich nur noch um Tage handeln", erklärte ihr Merlinde. Die Hebamme kam täglich um nach ihr zu sehen. "Ich fühle mich wie ein Fass... ich laufe nicht, ich rolle!" beschwerte sie sich halb im Scherz und streichelte sich den Bauch. Sie konnte spüren wie sich das Kind bewegte. "Ich kenne kaum eine Frau der es nicht so gegangen wäre", schmunzelte die Germanin.


    Ein paar Tage später war es dann so weit. Die ersten Wehen waren nicht mehr wie ein Ziehen im Unterleib und Rücken. Nicht wirklich schmerzhaft, nur unangenehm. Nichts was sie in Panik versetzte, bis sich das Fruchtwasser in einem Schwall über den Boden ergoss. Das war der Moment in dem der gesamte Haushalt plötzlich den Kopf verlor. Simplex ergriff die Flucht, weil er rein gar nichts mit diesen Frauendingen zu tun haben wollte. Den kleinen Romaeus packte er am Kragen und zog ihn vor der drohenden Gefahr fort. Das war Angelegenheit der Frauen und es war besser, wenn sie sich die nächsten Stunden nicht Blicken ließen. Denn der Zorn einer werdenden Mutter richtete sich dann meist gegen alle Männer, egal ob jung oder alt. Also machte er sich lieber unsichtbar. Elissa und die beiden neuen Sklavinnen würden schon wissen was zu tun sein wird. Eine von denen würde die Hebamme schon holen. Er würde eine Taverne aufsuchen und den Knirps einfach mitnehmen.


    Im ersten Augenblick war sie überfordert. Sie sollte jetzt Mutter werden. Warum hatte sie nicht noch mehr Zeit, sich daran zu gewöhnen? Calvena wurde ein wenig panisch, das ging plötzlich alles so schnell. Viel zu schnell. Und ausgerechnet jetzt war Valerian nicht da. Sie vermisste ihn fürchterlich und jetzt könnte sie ihn an ihrer Seite gebrauchen. Ein wenig aufgelöst lief sie unruhig auf und ab, eine Hand stützend ins schmerzende Kreuz gedrückt. Ihre Ruhe und Gelassenheit war fort, stattdessen war sie nun ein Nervenbündel. Sie hatte ein wenig Angst, es konnte so viel schief gehen. Plötzlich waren sie da die ganzen Alpträume und Ängste einer werdenden Mutter. Wenigstens war Elissa da, sie nahm das Heft in die Hand und gab sich alle Mühe sie zu beruhigen und in das Chaos, welches nun herrschte Ordnung zu bringen.
    Wie ihr geschah wusste Calvena erst einmal nicht. Pera eilte davon um die Hebamme zu holen, Gaia flitzte in die Küche um für warmes Wasser, saubere Tücher und etwas Wein, um die blankliegenden Nerven zu beruhigen, zu sorgen, während Elissa sich der werdenden Mutter annahm.
    Calvena hatte sich noch nicht ganz daran gewöhnt diese nun Moireach zu nennen. Das würde sich wohl mit der Zeit noch ändern, aber im Augenblick war Elissa noch Elissa. Eine Freundin die bei ihr war und sie auch nicht allein lassen würde. Irgendwann würden sich ihrer Wege sicherlich trennen, doch im Augenblick war sie unendlich dankbar, dass die Keltin bei ihr war und sie beruhigte.

  • Wie viele Stunden sie am Ende in den Wehen gelegen hatte, wusste Calvena im Nachhinein nicht mehr. Nach Schmerz und Agonie war sie nur froh, es überstanden zu haben. Zwischendurch hatte sie das Bedürfnis verspürt, ihren Mann einfach mal zu erwürgen. Schließlich hatte er ihr dies angetan und wusste gar nicht welche Qualen sie durchlitt. Sein Glück war, dass er wohl hoffentlich schon auf dem Rückweg war. Sonst hätte sie ihm ein paar recht fantasievolle Beleidigungen an den Kopf geworfen, während sie sich durch die Wehen kämpfte. Es war furchtbar. Nichts, rein gar nichts hatte sie darauf vorbereiten können. Vor allem nicht auf das überwältigende Glücksgefühl, als sie plötzlich ihren winzigen schreienden Sohn plötzlich in den Armen hielt. Noch ganz rot und zerknittert, wirkte er so gar nicht wie ein menschliches Wesen, doch in ihren Augen war er perfekt. Von den winzigen Zehen, bis zum den dunklen Locken, ein kleines perfektes Menschenkind. Tränen traten ihr in die Augen. Mit einem Finger streichelte sie Zärtlich das kleine Gesicht.
    Sie war glücklich, so glücklich wie noch nie in ihrem Leben. Und doch gab es einen kleinen Schatten. Lucius war nicht da um sich mit ihr zu freuen. Um seinen Sohn kennen zu lernen….


    „Das ging schnell“, hatte Merline nur irgendwann kommentiert und ihr damit ein kleines Schmunzeln entlockt, während sie liebevoll das Kind in ihren Armen betrachtete. „Ich hab Geburten erlebt die gingen die ganze Nacht oder länger“, plauderte die gutmütige Germanin. Sie würde noch einige Stunden bleiben und dabei zusehen, wie die gerade gewordene Mutter mit ihrem Kind zurechtkam. Mit dem ersten Kind war es immer so eine Sache, oftmals waren die Mütter überfordert und auch ein wenig unsicher im Umgang mit dem Säugling. Schließlich war das alles noch neu und auch ungewohnt. Das ganze Leben stellte sich mit einem Kind auf den Kopf. Von daher stand sie den Wöchnerinnen immer gern mit Rat und Tat zur Seite.
    Merlinde ließ sich in den Korbstuhl am Fenster sinken und lächelte zufrieden. Nicht alle Geburten verliefen so reibungslos, sie hatte oft genug erlebt wie Mutter oder Kind oder Beide starben. Das Gefühl der Hilflosigkeit in solchen Momenten trieb sie an den Rand der Verzweiflung. Zumal dann die Männer dieser Frauen meist ihr die Schuld an dem Willen der Götter gaben. Fast konnte man die Geburt mit einem Würfelspiel vergleichen. Das Leben an sich. Fortuna, so nannten die Römer ihre Schicksalsgöttin, die Germanen hatten ihre Norne. Ein ganz leiser Seufzer entfloh ihr, als junges Mädchen hätte sie es sich niemals vorstellen können, dass sie einmal ihr Wissen und ihre Fähigkeiten auch einmal den Römern, diesen Invasoren zur Verfügung stellen würde. Damals hatte sie noch auf der anderen Seite des Rhenus gelebt, in einem winzigen Dorf. Die Furcht vor den Römern war immer da gewesen. Dass sie einmal sogar Freunde finden würde und Gemeinsamkeiten entdecken war ihr undenkbar erschienen. Sie wusste gar nicht mehr, wann sich ihre Einstellung so sehr geändert hatte. Gedankenverloren betrachtete sie Mutter und Kind und erinnerte sich an die alten Zeiten. Sie waren weder gut noch schlecht. Es waren Erinnerungen in denen sie sich verlor. Erinnerungen an ihre Mutter, die ihr so viel Wissen vermittelt hatte, an den Mann den sie einmal geliebt hatte und ihre Kinder. Ein sanftes Lächeln lag auf ihrem Runden Gesicht.


    Merlinde schreckte auf, als sie ein lautes rufen vernahm. Sie warf Calvena und dem Kind, beide schliefen friedlich, einen kurzen Blick zu, ehe sie auf die Beine kam um nach zu sehen, wer denn da im Haus herum polterte. Sie ging davon aus, dass es dieser nutzlose Sklave Simplex war, dem würde sie ihm Mal den Kopf gerade rücken. Hatte wohl noch nie davon gehört, Rücksicht zu nehmen. Kurz spielte die resolute Frau sogar kurz mit dem Gedanken eine Bratpfanne aus der Küche zu holen, um ihren Worten Nachdruck zu verleihen.

  • Nicht gerade rücksichtvoll riß Valerian die Tür auf. Um dann sofort zu Regungslosigkeit zu verharren. Seine Frau schlief. Sichtlich erschöpft. In ihren Armen ein kleines, rotes, ziemlich zerknautscht aussehendes Wesen. Es war so winzig, daß Valerian sich gar nicht näher herantraute. Zumal auch das Kleine selig schlummerte. Irgendwie sah es anders aus, als er erwartet hatte. Waren Säuglinge nicht normalerweise proper, rosa und glatthäutig? Nein, ein Neugeborenes hatte er noch nie gesehen. Seine anfängliche Enttäuschung wich der Neugier. Er trat einen Schritt näher. Nicht mehr. Nur, um etwas besser sehen zu können, dieses Kind, das sein Kind war. Niedlich, das Näschen. Nein, es war doch hübsch, irgendwie. Ganz schwarze Haare hatte es, wie ein richtiger Mensch. Naja, das war es wohl auch. Schwer zu verstehen, das Ganze. Und dieser ganze kleine Mensch, echt winzig kleine Mensch, war in Calvena gewesen. Unvorstellbar... So zerbrechlich, wie es aussah, wagte Valerian nicht, es zu berühren. Am Ende machte er etwas kaputt.

  • Zunächst hatte sie es einfach nicht glauben kommen, sie war überwältigt, aber auch furchtbar erschöpft. Die Wehen waren furchtbar gewesen, ebenso wie die Geburt an sich, sie hatte das Gefühl gehabt dass sie jeden Moment zerreißen würde. Doch der Schmerz war vergessen, in dem Moment als man ihr den kleinen schreienden Körper in die Arme drückte. Es war schon ein merkwürdiger Anblick gewesen, dieses kleine klebrige und zerknautschte Wesen, mit der grotesken Nabelschnur. Beinchen und Ärmchen zuckten unruhig und ein quengelnder Protest erfüllte das Zimmer. Während sie sich anschließend noch um die Nachgeburt bemühte, wurde ihr Sohn einmal gewaschen und anschließend ihr direkt an die Brust gelegt. Staunend hatte sie ihr erstes Kind betrachtet und zärtlich gestreichelt, bis die Müdigkeit sie überwältigte. Nur schlafen und wieder zu Kräften kommen.
    Bis zu dem Moment in dem die Tür unsanft aufgerissen wurde. Ziemlich erschrocken fuhr sie auf und weckte mit ihrer Bewegung auch gleich das Kind. Einen Blick für den frechen Eindringling hatte sie erst einmal nicht. Stattdessen versuchte sie, noch ein kleines bisschen unbeholfen, den kleinen Kerl wieder zu beruhigen, indem sie ihn in den Arm nahm und etwas vorsummte.
    Erst einen Augenblick später, nachdem das Schreien wieder verklungen war, warf sie einen bösen Blick in Richtung Tür. Sie würde nur den Weltuntergang und wütende Götter die Feuer auf die Erde schleuderten, als Ausrede akzeptieren, dass man sie so unsanft weckte. Doch jegliches Geschimpfe erstarb, als sie erkannte, wer denn da so rücksichtslos gewesen war. Nun sah sie ihren Mann erst einmal wie eine Erscheinung an. „Lucius!“, Unglaube und Freude schwang in ihrer Stimme mit. Unter anderen Umständen wäre sie sofort aufgesprungen und ihm um den Hals gefallen, doch ihren waren ein wenig die Hände gebunden. Kind und hektische Bewegungen wollten einfach nicht zusammen passen. Ihre finstere Miene wich schlagartig einem strahlendem Lächeln. Calvena streckte ihre freie Hand nach ihm aus. „Komm her. Ich will dir jemanden vorstellen!“ forderte sie ihn auf, gedämpft, denn sie wollte ihren Sohn nicht sofort wieder aufschrecken. Noch hatte er keinen Namen, den würde er erst in ein paar Tagen bekommen, wenn man sicher sein konnte, dass er die ersten Tage überlebte.

  • Ach, er war ein Esel! Ein Trampeltier! Ein Idiot! Aufgeweckt hatte er sie. Und das Kindchen noch dazu. Erschrocken blickte er beide an. Calvena hatte nicht mal aufgeblickt. Sie versuchte, das Kind zu beruhigen. Ein anscheinend vergebliches Unterfangen. Überfordert mit dieser Situation blieb Valerian einfach still stehen und schaute sich diese ungewohnte Szene an. Bis... ja, bis er denn doch bemerkt wurde. Ein zögerliches Lächeln stahl sich auf seine Züge, während er einen weiteren Schritt näher kam. "Liebes...", sagte er heiser und räusperte sich. "Ich... ich bin noch schmutzig von der Reise. Vielleicht... ich meine... Es ist so winzig und ich... so grob." Irgendwie war es total unwichtig geworden, ob es ein Junge oder ein Mädchen war. Auch, daß eigentlich irgendwer ihm das kleine Bündel vor die Füße legen sollte, damit er es anerkannte, indem er es aufhob. Wie könnte er es nicht anerkennen? Völlig unsinnig erschien ihm solch ein Gedanke.

  • Melina tänzelte heran und blickte skeptisch durch die Runde. "Tag," sagte sie mit einem Handwink. Melina hatte ein Talent dafür, unpassend zu sein. Sie störte die traute Zweisamkeit der beiden ganz unschicklich mit ihrer dreisten Art. Sie meinte es nicht böse, jedoch war sie einfach noch zu unbeholfen im Umgang mit anderen, ein echter Teenie eben. Die junge Frau kam näher an die beiden heran. "Er ist ganz lieb," kommentierte sie.


    Sim-Off:

    Ich hoffe, dass ich darf. ;)

  • Als Calvena den Gesichtsausdruck ihres Mannes sah, musste sie schmunzeln. Der sonst so tapfere und mutige Soldat, der vor keiner Schlacht zurück schreckte und keinen Kampf scheute, stand völlig erstarrt da, ein wenig hilflos und vor allem erschrocken. So hatte er sich wohl seine Heimkehr nicht vorgestellt. Jedenfalls bestimmt keine Begrüßung durch seinen schreienden Sohn. Als sich ihre Blicken trafen, zeigte sich auf seinen Zügen, dann doch ein Lächeln, aber seine ganze Haltung drückte Unsicherheit aus. Unentschlossen und unbeholfen blieb er mitten im Raum stehen. So kannte sie ihn eigentlich nicht. Diese Seite an ihm überraschte sie. „Ach was“, lächelte sie ihm entgegen. Kurzerhand stand sie schließlich auf und kam zu ihm und hielt ihm dann seinen Sohn hin. Dass er schmutzig und staubig von der Reise war, störte sie nicht, sie hatte ihn vermisst.
    „Ein Junge“, erklärte sie ihm. Gerade als sie ihn küssen wollte, platzte Melina rein. Ein Seufzen entfloh ihren Lippen. Für die Quintilia hatte sie gerade so gar keinen Nerv. Das Mädchen, eigentlich die junge Frau, nutzte einen ungünstigen Moment um unaufgefordert irgendwo hinein zu kommen. Irgendwie wurde Melina so gar nicht erwachsen… und die Regeln der Höflichkeit vergaß sie auch allzu oft. Kurz warf sie ihr einen vorwurfsvollen Blick zu. „Später, Melina!“ meinte sie recht knapp und warf sie damit recht wortlos, aber bestimmt raus. Sie war erschöpft und müde und wollte eigentlich nur ein bisschen allein mit ihrem Mann und ihrem Kind sein. Calvena lehnte ihren Kopf leicht gegen Valerians Schulter, sie genoss seine Nähe.

  • "Nein, nicht. Quäl Dich doch nicht", versuchte er sie am Aufstehen zu hindern. Dabei hätte er wissen müssen, daß seine Frau sich nicht so leicht von etwas abhalten ließ, wenn sie sich etwas in den Kopf gesetzt hatte. Sie kam zu ihm, das Kind in den Armen. Ein Junge, wie sie sagte! Sein Sohn! Ungläubig schaute er das kleine Bündel Leben an. Nahm es nun doch vorsichtig in seinen Arm. In der Hoffnung, es richtig zu machen.


    Fasziniert betrachtete Valerian sein Kind. Und dann seine Frau, die dieses Wunder irgendwie vollbracht hatte. Über das gemeinsame Kind hinweg blickten sie sich an. Ihre Lippen näherten sich.... Als sie rüde unterbrochen wurden. Wahrhaftig, Melina hatte ein ganz besonderes Talent dafür, im ungeeignetsten Moment aufzutauchen!


    Seiner Frau schenkte er ein ergebenes Lächeln, bevor er sich seiner jungen Cousine zuwandte. "Salve, Melina. Wie schön, Dich zu sehen! Ich habe Dir eine Überraschung mitgebracht! Dein Bruder ist mitgekommen. Willst Du ihn nicht begrüßen gehen?" So wurde der Rauswurf seiner Frau, verständlich in dieser Situation, ein wenig abgemildert. Immerhin hatte Melina ja nicht wissen können, welch unpassenden Moment sie erwischst hatte.

  • Noch bevor seine Einwände verklungen waren, war sie auch schon auf den Beinen. Sie wäre auch im Bett geblieben, aber er hatte ja nicht wirklich Anstalten gemacht, sich ihr und seinem Sohn zu nähern. Calvena hatte ihren Mann tatsächlich noch nie so unsicher erlebt.
    Ganz leicht fröstelte sie in ihrem dünnen Hemdchen, doch das war vergessen, als Lucius seinen Sohn vorsichtig in den Arm nahm. Unauffällig half sie ihm, seinen Sohn zu nehmen. Zwar würde er das Kind sicherlich nicht fallen lassen, aber er wirkte etwas ungeschickt im Umgang mit seinem eigenem Kind.
    Unbändige Freude zeigte sich auf seinen Zügen und auch ein wenig Fassungslosigkeit darüber, wie schön doch neues Leben sein konnte. All diese Gefühle hatte sie vor einigen Augenblicken auch erst verspürt. In dem Moment, als sie ihr Kind das erste Mal im Arm gehabt hatte. Sie hatte sofort die entsetzlichen Qualen der Geburt vergessen und nur noch Glückseeligkeit verspürt. Im Augenblick wog aber die Erschöpfung ein wenig schwerer, deshalb war sie auch ein wenig ungehalten darüber, dass Melina rein platzte. Manchmal kannte die Quintilia keine Rücksicht, dabei durfte selbst an dieser nicht vorbei gegangen sein, dass Calvena sich durch die Wehen gekämpft hatte.


    „Du hast Sermo mitgebracht?“ fragte sie überrascht nach, nachdem Melina mehr oder weniger die Flucht ergriffen hatte und ihren Bruder begrüßen ging. Doch bevor er zu einer Natwort ansetzen konnte, küsste sie ihn erst einmal. Sie hatte ihn furchtbar vermisst und war froh, ihn wieder zurück zu haben. „Willkommen zu Hause!“ sagte sie leise, als sie sich von ihm löste. Das sie ihn vermisst hatte, musste sie nicht noch sagen, dass wusste er auch so. Stattdessen wollte sie diesen kurzen Moment der Zweisamkeit genießen, bevor das Zimmer erneut von irgendeinem Verwandten gestürmt wurde. Oder bevor Moireach nach ihr und dem Neugeborenem sah. Doch bevor sie die Frage danach stellte wie Rom gewesen war, setzte sie sich zurück ins Bett und zog sich die Decke über die Beine. Nur um anschließend neben sich auf die Matratze zu klopfen, mit der stummen Aufforderung, dass sich Lucius zu ihr setzen sollte. Liebevoll beobachtete sie ihn im Umgang mit ihrem gemeinsamen Kind. Für den Moment konnte sie nicht glücklicher sein. „Erzähl mir von Roma!“ forderte sie ihn dann auf.

  • "Danke...", zu mehr reichte die Zeit nicht, bis sich ihre Lippen zu einem langen Kuß fanden. In diesem Moment vergaß er ganz, daß Calvena sehr erschöpft sein mußte. In dem einen Arm hielt er das Kind, mit der anderen versuchte er, seine Frau zu umarmen. Was sich so als gar nicht so einfach erwies.


    Calvena zog ihn mit sich zum Bett, setzte sich und zog sich die Decke über die Beine. Erst jetzt fiel ihm ein, daß sie wohl besser nicht aufgestanden wäre. "Bitte, Liebes, leg Dich wieder hin. Du brauchst Ruhe." Besorgt drückte er sie zurück in die Kissen, damit sie sich richtig hinlegte und wollte dann die Decke für sie zurechtziehen, bevor er sich zu ihr setzte. Dafür hatte er nur eine Hand, denn in seinem Arm lag noch immer das Kind.


    "Rom... Es ist wie immer. Hektisch, schmutzig und laut. Und wundervoll. Das Examen habe ich geschafft, Deine Freundinnen habe ich aufgesucht und Briefe für Dich von ihnen mitbekommen. Die Verwandten des Legaten habe ich ebenfalls aufgesucht. Und auch den Praefectus Urbi. Glaub nicht, daß er meine Entschuldigung angenommen hätte! Nicht mal, als ich sie mit Geschenken unterstrich. - Und dann bin ich schon wieder abgereist. Ich sage ja: hektisch wie immer ist Rom." Er lachte leise und legte nun das Kind wieder in ihre Arme. Denn es begann schon wieder unzufrieden zu quengeln und damit konnte Valerian noch so gar nicht umgehen.

  • Dass sie nicht viel Zeit für einander haben würden, hatte sie gewusst. Das war ihr immer schon bewusst gewesen. Er war nun einmal Soldat und somit gleich zwei Mal verheiratet, einmal mit seiner Verpflichtung und dann mit ihr. Das sie ihn teilen musste, damit konnte sie leben, trotzdem hatte sie ihn ganz fürchterlich vermisst. Besonders weil sie ihn gern mit nach Rom begleitet hätte. Aber die Umstände hatten es nicht zugelassen. Umso glücklicher war sie ihn nun wieder bei sich zu haben. Sie hatte nicht vor ihn jetzt auch wieder so schnell gehen zu lassen. Oder zumindest erst dann, wenn er ihr alles erzählt hatte, was sich in Rom so getan hatte.


    Es war gar nicht so einfach auf Anhieb wieder eine bequeme Position zu finden, es fühlte sich alles noch so furchtbar wund an. Nach einigem hin und ehr rutschen, drehen und wenden, lag sie schließlich auf der Seite, denn Kopf an seine Brust gelehnt. Ein wenig müde blinzelte sie kurz, kaum dass sie es sich gemütlich gemacht hatte, wollte die Erschöpfung sie glatt wieder übermannen. Doch so schnell wollte sie jetzt nicht wieder einschlafen, viel lieber lauschte sie seiner Stimme. „Mir war von Anfang an klar, dass du das Examen bestehst“, sie schenkte ihm ein stolzes Lächeln. Das war der eigentliche Grund, der ihn weg von ihr nach Rom gebracht hatte. „Wie geht es ihnen?“ fragte Calvena und meinte natürlich ihre Freundinnen. Die Briefe würde sie in einer Mußestunde lesen. „Bei Septima und Serrana müsste es doch eigentlich auch soweit sein…“, meinte sie nachdenklich. Sie führte doch nicht etwa die Riege der werdenden Mütter an? Dann musste sie sich aber ganz schön vertan haben mit dem Zeitpunkt der Zeugung. In diesem Moment wurde ihr glatt ihr Sohn zurück gereicht. Ihr Mann machte einen hilflosen Eindruck, als das kleine Würmchen quengelnd seinem Unmut Luft machte. Calvena setzte sich nun doch wieder auf, drückte sich ein Kissen im Rücken zu Recht, ehe sie ihm dann das Kind abnahm. Ruhiger wurde ihr Sohn dadurch nicht. „Ich hab mir fast so etwas gedacht. Salinator mag dich nicht und wird wohl alles dran setzen dir auch weiterhin das Leben schwer zu machen!“ meinte sie nachdenklich, während sie ihren Sohn schließlich erst einmal an die Brust legte. Hunger war tatsächlich der Auslöser. „Mich wundert es, dass der Senat ihn einfach tun und machen lässt und dass die Senatoren es klaglos hinnehmen, dass er einfach ihre Macht beschneidet… Warum nur hat keiner bisher einen Attentäter auf ihn angesetzt? Ich bezweifel, dass sich alle von ihm einschüchtern lassen.“ Erst jetzt hob sie wieder den Kopf. Sie mochte ganz weit von Rom entfernt sein, aber selbst bis nach Mogontiacum drangen die unzähligen Gerüchte. Außerdem war die Acta eine zuverlässige Quelle für die neuste Entwicklung. Man merkte ihr an, dass sie sich die letzten Wochen und Monate furchtbar gelangweilt haben musste. Bisher hatte sie sich nur ein bisschen am Rande mit der Politik auseinander gesetzt. Das auf erzwungene Nichtstun und die daraus resultierende Langeweile hatten aber dazu geführt, dass sie begierig auf irgendwelche Nachrichten aus Rom wartete.

  • Sie war unendlich müde. Das war gar nicht zu übersehen. Valerian streichelte seiner Frau sanft über die Haare und senkte seine Stimme. Vielleicht konnte er sie so dazu bringen, einzuschlafen? Er mußte weiter zum Lager. Vielleicht würde der Legat ihm ja erlauben, ein, zwei Tage bei seiner Frau zu verbringen angesichts der Geburt seines Sohnes. Fragen konnte er ja mal.


    Jetzt aber mußte Calvena schlafen. Natürlich wollte sie nicht. Wie ein kleines Kind versuchte sie, sich mit Gewalt wachzuhalten. "Es geht ihnen gut und sie lassen Dich alle sehr herzlich grüßen. Septima habe ich nicht gesehen, aber Serrana sah tatsächlich so aus, als würde sie jeden Moment gebären. Ich bin sicher, sie hat ihr Kind schon längst." Seine Reise war schließlich lang gewesen. In der Zeit war sie gewiß niedergekommen. "Sie sah weitaus runder aus als Du. Die Ärmste hat sicher ein sehr großes Kind bekommen." Das war bestimmt keine leichte Geburt gewesen.


    "Ja, leider. Da ist wohl nichts zu machen. Aber versuchen mußte ich es. So brauche ich mir zumindest keine Vorwürfe zu machen, daß ich nicht alles versucht hätte. Wie auch immer. Richten wir uns eben auf ein Leben in Germanien ein. So schlecht ist es hier schließlich auch nicht. - Und... mach Dir keine Sorgen. Ein Mann wie Salinator hat kein langes Leben. Ein Mann wie er stirbt auch nicht friedlich in seinem Bett. Die Geschichte beweist es..." Seine Stimme war immer leiser geworden. In der Hoffnung, daß Calvena einfach einschlummern würde.

  • Den Gefallen, sofort wieder weg zu dämmern, tat sie ihm nicht. Sie mochte erschöpft sein, doch war sie auch neugierig und wollte zumindest, dass er diese wenigstens ein bisschen befriedigte, bevor er sich wieder aufmachte. Ein bisschen hatte sie ja bereits geruht, bevor er so hinein gestürmt war. Außerdem würde sie, wenn überhaupt, höchstens ein paar Stunden Schlaf bekommen, bevor das Geschrei wieder losgehen würde. Aber das gehörte zum Mutterglück nun einmal dazu: Erschöpfung und völlige Übermüdung.


    Irgendwie hatte sie erwartet, dass er ein bisschen mehr von ihren Freundinnen zu berichten hatte. Oder aber er fasste sich absichtlich so kurz. Da hatte sie ihre Freundinnen nun so lange nicht gesehen und er speiste sie mit ein paar lieben Grüßen aus. Sie vermisste ihre Freundinnen und gerade während der Schwangerschaft hätte sie diese um sich herum gehabt. Einfach um sich über die Erfahrungen auszutauschen. Wenigstens erzählte er ihr doch noch ein bisschen von Serrana. „Runder wie ich?“, fragte sich nach. „Ohje, die Ärmste!“ meinte sie ehrlich mitfühlend. Sie hatte sich ja schon oft genug wie ein Fass gefühlt, wie mochte es Serrana da ergehen. „Wie geht es Romana?“ versuchte sie zumindest noch ein bisschen mehr aus ihm heraus zu kitzeln. Sie würde erst wirklich Ruhe geben, wenn er wenigstens ein bisschen mehr erzählte. Er musste sie doch eigentlich gut genug kennen, als dass sie sich mit dem bisschen zufrieden gab. "Und wie sieht es bei Prisca aus? Sie heiratet doch bald!"


    Über Salinator würde sie sich ein anderes Mal noch Gedanken machen. Er hatte ja Recht und gegen Mogontiacum an sich hatte sie nichts einzuwenden. Sie mochte das recht friedliche Leben in dieser Provinzstadt, nur war sie so weit weg von ihren Freundinnen. Viel zu weit entfernt.
    Sie bemerkte durchaus, dass er versuchte sie einzuschläfern mit seiner angenehmen Stimme, aber bevor sie ihm dann doch den Gefallen tat, sich wieder ins Land der Träume zu begeben, musste er wenigstens noch ein bisschen mehr von Rom erzählen.

  • "Viel runder", bestätigte Valerian nochmal und grinste, als er merkte, mit welcher Gewalt sie sich wach hielt. "Aurelia Prisca hat uns beide zu ihrer Hochzeit eingeladen. Schade, daß wir nicht dabei sein können, eine Patrizierhochzeit hätte ich schon gerne mal erlebt. Sie war wirklich sehr liebenswürdig und scheint Dich unheimlich zu vermissen. Ihr Aufenthalt hier in Germanien hat sie wohl in allerschlechtester Erinnerung. Dementsprechend scheint sie Dich auch sehr zu bedauern, hier sein zu müssen. Und Romana... Es geht ihr sehr gut. Sie ärgert sich über Salinator und würde wirklich alles tun, um Dich wieder nach Rom zu holen. Leider mußte auch sie einsehen, daß man da leider gar nichts tun kann. Wir haben uns richtig gut unterhalten und ich glaube, unser Zwist ist vorerst begraben. - Und, nun ja, sie schien schon sehr lange auf einen Brief von Dir zu warten... Ich meinte, daß er gewiß verloren gegangen sein muß... Ich wußte nicht, was ich sonst hätte sagen sollen. Sie ist so schrecklich schnell verletzt."

  • Calvena wollte sich ihre Freundin Serrana mit so einem runden dicken Bauch vorstellen, doch es war gar nicht so einfach Sie selbst hatte sich ja an manchen Tagen schon fürchterlich unförmig gefühlt, wie mochte es dann der Iunia ergehen.
    Doch ihre Gedanken wanderten erst einmal zu ganz anderen Dingen. „Oh, stimmt ja! Sie wird diesen Flavier heiraten.“ Prisca hatte ihr geschrieben, dass diese sich Hals über Kopf in Flavius Piso verliebt. Wirklich begeistert war sie nicht, da sie diesen Flavier für einen furchtbaren Mistkerl hielt. Sie wäre gern bei der Hochzeit dabei, gehörte doch Prisca zu ihren engsten Freundinnen. Aber ob sich das einrichten ließ? Es war immer noch Winter und dann hatte sie ja jetzt auch noch ein Kind.
    So müde war sie nicht, wie es den Eindruck machte. Naja, war sie schon, wollte aber noch ein bisschen die Nähe ihres Mannes genießen. Außerdem tat er ihr auch den Gefallen ein wenig von ihren Freundinnen zu erzählen. „Romana ist nun einmal eine Claudia. Sie ist Stolz und verbohrt“, meinte sie mit einem kleinen Lächeln und war froh, dass anscheinend endlich diese unselige Sache aus der Welt geschaffen war.
    Ein Gähnen konnte sie dann doch nicht länger unterdrücken. Sie ließ sich wieder ein Stück in die Kissen sinken.
    Ihr Sohn war, während sich seine Eltern unterhielten, wieder eingeschlafen. Sie sollte sich wohl ein Beispiel daran nehmen.

  • "Ja, das wird sie wohl. Eigentlich hat er ja noch eine kräftige Abreibung bei mir gut..." Das hatte er damals fest vorgehabt, aber leider hatte sich dann keine günstige Gelegenheit ergeben. Nun, vielleicht würde er eines Tages diese Gelegenheit doch noch erhalten. "Sie jedenfalls scheint richtig vernarrt in ihn zu sein. Wo die Liebe eben hinfällt. Romana... ja, das ist sie gewiß. Aber sie liebt Dich sehr, Calvena. Sie hat nicht wenig riskiert für Dich. Für uns." Er sah ihr Gähnen und lächelte. Ein sanfter Kuß auf ihre Stirn folgte. Das Kind schlief längst wieder und ihr fielen auch unübersehbar die Augen zu. "Schlaf, mein Liebes. Schlaf und erhole Dich. Du bist so wunderbar! Im wahrsten Sinne des Wortes. Du hast ein Wunder vollbracht und Leben geschaffen..."

  • Calvena konnte allen ernstes nicht verstehen, was Prisca an diesem Flavier fand. Piso war ein aufgeblasener Schnösel. Die letzte Begegnung hatte sie in keiner guten Erinnerung, aber sie würde sicherlich ihrer Freundin und deren Glück nicht im Wege stehen. Aber wenn sich die Gelegenheit ergab, würde sie auf ihre Weise den Flavier ein wenig in die Schranken weisen. „Die hat er auch nach wie vor verdient…“, stimmte sie ihrem Mann zu. Ganz vorsichtig legte sie das schlafende Kind neben sich aufs Bett. Schließlich kuschelte sie sich wieder an Lucius und gähnte ein weiteres Mal.
    Romana mochte ihre kleinen Schwächen haben, aber die Claudia war eine wunderbare Freundin. Schließlich tat sie ihm dann doch den Gefallen und gab der Erschöpfung nach.

  • "Das hat er", bestätigte Valerian leise und schaute seiner Frau dabei zu, wie das Kind neben sich bettete. Der Kleine wachte dabei nicht einmal auf. Wie machte sie das nur? Sie ging so sicher mit dem Säugling um, als hätte sie nie etwas anderes getan. Als sie sich wieder an ihn kuschelte, streichelte er sie sanft und sagte einfach nichts mehr. Sie hatte ja auch nichts gefragt und gähnte immer wieder. Inzwischen schien sie eingesehen zu haben, daß sie Schlaf brauchte. Wie dringend, das zeigte sich daran, daß sie fast umgehend einschlief.


    Eine ganze Zeit saß Valerian einfach weiter da und betrachtete seine schlafende Familie. Seinen Sohn und seine Frau. Wie schön sie beide waren! Wie außergewöhnlich! Er trug die Verantwortung für alle beide. Und das verursachte ein eigenartiges Kribbeln in der Magengegend. Einerseits machte ihm diese plötzlich so groß erscheinende Verantwortung geradezu Angst. Andererseits fühlte er sich unglaublich stolz. Und er hatte das Bedürfnis, jedem, der es hören oder nicht hören wollte, davon zu erzählen. Eine Legion bot da wirklich ausgezeichnete Möglichkeiten. Auf einmal hatte er es eilig, zur Castra zu kommen. Und mit ein wenig Glück würde er heute Abend schon wieder hier sein...


    Leise und vorsichtig löste er sich von seiner Frau, legte sie vorsichtig in die Kissen und deckte sie gut zu. Ein sanftes Streicheln über ihr Haar. Ein Kuß auf ihre Stirn und auf die des Säuglings. Dann verließ er das Zimmer und eilte davon. Er mußte mit dem Legaten reden!

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