Narbo Martius - Der Weg zurück

  • Wer zu dieser Jahreszeit getippt hätte die Wagen des Senators Avarus kamen auf Grund des schweren Wetters nur arg langsam voran, der mußte wohl auf seine eingesetzten Münzen am Ende verzichten. Wer jedoch das Los auf Pech gesetzt hatte, zog den großen Gewinn an Land.


    Nachdem die Wagen Mogontiacum verlassen hatten und in gemächlichem Tempo über gut ausgebaute Straßen dahin polterten, dachten sich die Geister schonmal kleine Gemeinheiten aus, um die Reise zu verzögern. Erst kam der Trupp auf einem Nebenweg zum Stehen, nachdem die Entscheidung getroffen wurde eine etwas weniger freqenzierte Route zu nutzen. Grund war ein entwurzelter Baum. Das Gewerk war relativ rasch zur Stelle, aber das Ding war mächtig groß und so entschied der Senator sich das wenige Meter entfernte Gasthaus für die Nacht zu buchen. Man mochte denken was man wollte, aber denen kam so ein Gast nicht ungelegen und der Germanicus konnte den Verdachtsmoment nicht abschütteln, das dieser Baum nicht zufällig dort rumlag. Nun er verließ die Herberge äußerst knausrig. Vorallem auch aus dem Grund heraus, das das Nachtlager eindeutig "lebte".


    Als es dann endlich weiter ging, wartete das nächste Ungemach schon darauf entdeckt zu werden. Diesmal trat die Natur ins Rampenlicht und versperrte mit einem reißenden Fluss die Weiterfahrt. Zwar hatten die Bürger einer nahe liegenden Siedlung versucht die ohnehin schon unzureichende Fuhrt mit einem Flößer zu ersetzen, aber dieser hatte beim immer weiter zunehmenden Wasserpegel irgendwann den Stoßstab mit der Weinamphore getauscht. Der Typ sah echt zufrieden aus. Man konnte wohl davon ausgehen, das aus dem Schiffer ein Trinker werden würde.


    So blieb ihnen am Ende nichts übrig, als eine Brücke zu nutzen. Sowas wuchs natürlich nicht auf den Bäumen, also ging es über schlechte Straßen und einen zweitägigen Umweg zurück auf die arg freqenzierte Straße, die sie so gern gemieden hätten. Und wie konnte es anders sein, am Nadelöhr der Brücke staute sich der Verkehr. Zwar versuchten einige Provinzmilizionäre die Menschenströme zu organisieren, aber sie waren schlichtweg überfordert. In Rom hatte man mit dem Aushängeschild "Senator Platz da!" vielleicht noch eine Chance, hier hielt man besser die Klappe und folgte dem Slogan: "Hinten anstellen!" So dauerte es geschlagene 2 in Worten zwei Tage bis sie die Brücke hinter sich lassen konnten.


    Danach lief es ungewöhnlich gut. Das Wetter spielte mit wärmenden Strahlen der Sonne auf, die Straßen waren gut befahrbar und auch die anderen Reisenden waren eher spärlich, denn üppig unterwegs. Doch das dicke Ende wartete ja noch gut versteckt und verhüllt im Dunkeln.


    Als sie endlich die Grenze der Provinz passierten- ein Meilenstein, mehr wies nicht darauf hin- setzte erst starker Regen ein, der das Weiterkommen nur maginal beeinflusste, denn Avarus hatte sich schon nach den letzten Katastrophen in eine geschlossene Kutsche zurück gezogen, um an dies und das zu arbeiten. Dann jedoch brach ein Rad. Die Wagenkolone war gezwungen zu halten und die Reperatur zog sich einen halben Tag hin, denn die nächste Mansiones des Cursus Publicus war in jede Richtung dreißig Kilometer weg. (wie praktisch gerade auf der Hälfte der Strecke zu verenden) Und die Ortschaften suchte man in dieser Gegend vergebens.


    Mit etwas Glück im Unglück fanden sie am Abend nur wenige Kilometer weiter ein Landgut, das einen fröstelnden Senator Unterschlupf bot, bewirtete und so einiges an Neuigkeiten aus der Region bereit hielt. Nun gut nicht meckern sondern die Seele aufhellen lassen, war die Devise.


    Avarus ging in der Nacht die nächsten Kilometer durch und gestand sich ein, das er nicht mehr der reiselustige Hüpfer von damals war. Damals als er mit seiner jetzigen Frau durch Africa Proconsularis getourt war. Das hatten sie alles erlebt und wie dumm war er damals gewesen die Reise so kurz vor Aegyptus abzubrechen. Nun würde er die sagenumworbene Provinz wohl niemals in seinem Leben zu Gesicht bekommen. Irgendwann schlief er ein und gab dem geheimnisvoll mythischen Gesicht Aegyptens noch einen Alptraum hinzu. Er träumte in den letzten Monaten öfters schlecht. Woran das lag, konnte Avarus nicht deuten. Wahrscheinlich aber verdrängte er es viel zu oft einfach, um sich damit nicht befassen zu müssen.


    Frohsinn ist, wenn man totzdem lacht. So oder so ähnlich konnte man diese Chaosreise nur kommentieren, wenn man dabei gewesen ist und die ganzen Missären bereits erlebt hatte. Denn als sie das Ziel schon vor Augen hatten, wurde die Hoffnung auf eine baldige Ankunft jäh zerrissen. Eine dicke Mure hatte den Berghang vor ihnen verlassen und sowohl die Straße als auch einen breiten Streifen Wald einfach so mit zu Tale gerissen. Die Wege waren blockiert. Ein angrenzender Bach suchte sich sein Bachbett hinunter. Mit den Wägen kamen sie hier nicht weiter. Erneut mußte ein langer Umweg in Kauf genommen werden. Ein bis zwei Tage, am Ende wurden es wegen vieler kleiner Dinge fünf.


    Er konnte es am Ende garnicht glauben. Narbo Martius tauchte auf und das frohlockende Gribbeln begann seinen Körper zu durchrauschen. Keine Frage solch Zauber konnte nur von einer Frau wie Lucilla ausgehen. Man, man warum war er nur so sehr Senator und so wenig Familienmensch?!


    Meine kleine Familie ich komme...!

  • Natürlich ist es nicht so, dass Narbo Martius am Ende der Welt und abseits allen Lebens liegt. Immerhin ist es der Hafen Gallias, von wo aus Erzeugnisse aus ganz Gallia, aber auch aus Germania oder sogar Britannia nach Rom verschifft werden. Es ist eine Durchgangsstation für Handelsgüter und Reisende aus und in alle möglichen Richtungen - Rom nach Gallia, Rom nach Germania ohne Alpenüberquerung, Rom nach Hispania über Land und mehr, und das alles auch noch in die entgegengesetzte Richtung -, aber trotzdem ist Narbo irgendwie doch nur eine provinzielle Kleinstadt. Und wenn sich ein Senator dahin verirrt, wenn auch nur auf der Durchreise, dann weiß das bald jeder. Zumindest jeder, der wichtig ist, so wie Lucilla und Jocasta!


    "Bona Dea! Bona Dea! Ich wusste es, ich wusste es! Deswegen konnte ich die letzte Woche nicht mehr richtig schlafen, hach, Jocasta, ich habe das einfach im Gespür, wenn mein Medicus sich nähert!"
    "Ähm ... ja ... was du sagst, Lucilla."
    "Concepcionata!" trällert Lucilla laut nach der Amme durch das Atrium der Casa Roscia, und hängt gleich noch ein "Agis!" mit an, um auch den Maior Domus des Hauses zu zitieren. Obwohl Lucilla eigentlich nur zu Besuch ist, weiß inzwischen jeder, dass sie die Casa Roscia längst eingenommen hat.
    "Agis, ich brauche ein Festmahl für zwei! Nichts großes, aber das Beste vom Besten!" Sie schaut kurz zu Jocasta. "Es macht dir doch nichts aus, dass ich mit Medicus alleine sein möchte? Gut, also Agis, ein kleines, intimes Festmahl. Außerdem schickst du Senator Germanicus einen Boten entgegen, der ihn direkt in die Casa einlädt. Er kann sich hier frisch machen und bis zum Abend etwas ausruhen ...", sie kichert leise, "Jocasta und ich sind dann eh erstmal nicht da, ich brauche unbedingt noch ein neues Kleid!" Einen kurzen Moment träumt Lucilla davon, wie sie mit ihrem schicken neuen Kleid am Abend in das Triclinium schweben würde, wo Avarus schon auf sie wartet. In diesem Moment tritt auch Concepcionata mit dem Kind auf dem Arm heran.
    "Ah, da bist du ja! Der Vater ist endlich auf dem Weg, ich will also das volle Programm für mein Kind: waschen, säugen, schick herrichten! Sie soll aussehen wie eine kleine Kaiserin, wenn er sie zum ersten Mal sieht!" Wenn es nach Lucilla geht, dann kann sie ruhig auch später mal den Kaiser heiraten und eine echte Kaiserin werden. Aber bis dahin würde noch etwas Wasser den Tiber hinunter fließen, auch wenn man nicht allzu lange mit den Arrangements warten sollte.
    "Hach, ich bin so aufgeregt!" quietscht Lucilla unvermittelt in die Stille, die sich nach dem kurzen "Ja, Herrin" der Amme über das Atrium gelegt hat. Sie zwickt das Kind liebevoll mit einem "Hach, meine Süße, dein Vater ist auf dem Weg!" in die Backen und wendet sich dann an Jocasta: "Lass uns gehen, der Markt wartet auf mich!"

  • Den Konvoi zu verfehlen, wäre ein Unding geworden und so lief der Bote dem Tross direkt in die Arme. Dessen Worte stimmten den Senator zuversichtlich, das er endlich mal wieder standesgemäß nächtigen konnte. Ohne Frage folgten sie dem Mann in Richtung des Anwesens, das Lucilla als ihre Kinderstube gewählt hatte. Später als die Mauern in Sichtweite waren, löste sich Avarus mit ein paar Begleitern von den Wagen und ritt voraus.


    Was für eine Enttäuschung am Ende der langen Reise nicht in ihre Arme zu fallen, sondern dem Maior Domus. Es hob auch nicht besonders seine Stimmung was am Abend geplant war. Etwas missmutig trottete er anschließend ins Bad. Ein Becken war mit heißem Wasser bereitet wurden, eine Wanne mit Kalten. Die fröstelnden Waden langsam -nach einer recht ruckartigen Abkühlung im eisigen Wannenwasser- ins Heiße versenkend, hob sich zunehmend Avarus Stimmung. Noch dazu ihm fruchtige Gerüche in die Nase stiegen. Essenzen, die das Bad wohltuend gestalteten und die Sinne betörten. Medicus breitete die Arme aus und ließ ich vom Nass tragen. Seine Gedanken verschmolzen mit der Seele und schon bald schien es so als sei er garnicht mehr da.

  • Die Badheizung war leider nur ausreichend. Schon nach dreißig vielleicht auch vierzig Minuten fühlte sich das Wasser lauwarm an und auch der immer wieder auftauchende Kannensklave konnte garnicht so schnell rennen, wie seine heiße Kanne im lauwarmen Bad unter ging. Doch es war auch genug. Avarus erhob sich und wies die Sklaven an wie er abgetrocknet werden wollte. Jeder Mensch hatte da so seine Eigenheiten und er selbst teilte seinen Körper in vier Zonen ein. Das bedeutete vorallem verschwenderische vier Tücher, die zudem noch richtig groß sein sollten. Er mochte es garnicht mit einem Waschlappen kleinen Tüchlein abgewischt zu werden. Dann fühlte er sich zu dem Gedanken hingezogen nicht richtig getrocknet zu sein.


    Nach dem trocken Rubbeln, folgte das Balsamieren. Hier legte er großen Wert auf besonders hochwertige Salben und war er irgendwo zu Gast -wie hier zum Beispiel- , ließ der Germanicus nichts anbrennen und nahm lieber die eigenen Ampullen und Fläschchen. Zu warnend lag ihm noch der Vorfall in Germanien im Gedächtnis, als er nach einer Balsamierung zum Feuersalamander geworden war, weil seine Haut die aufgetragene Salbe nicht vertrug.


    Waren sie damit fertig, ließ er sich ein bequemes Gewand anziehen und die Latschen überstreifen. Dies alles machte ihn hungrig, sehr hunrig. So schlufte er denn Richtung Atrium mit dem Hintergedanken etwas zu Essen zu finden. Zwar kam ihm ein Sklave mit einer Trockenobstschaale entgegen, aber das Zeug... nein da konnte er schon seit Monaten nicht mehr ran. Stattdessen dachte er an etwas Herzhaftes, das mehr fühlte als den hohlen Zahn....

  • Am Ende einer ausgiebigen Einkaufstour ist Lucilla komplett neu eingedeckt: mit Gold überzogene Haarnadeln, an denen am Enden flache, ovale Lapislazuli aufgebracht sind. Dazu passende Lapislazuli-Ohrringe und eine fast unauffällige, goldene Halskette, ebenfalls mit einem Anhänger aus dem blauen Stein. Darunter ein himmelblaues Kleid aus einem feingewebten Stoff mit dunkelblauen Stickereien und dunkelblauer Schnürung; eine dunkelblaue Stola aus weicher Wolle mit goldenen Stickereien und dazu ein paar goldbraune Schuhe mit Lapislazulibesatz. Alles in allem ist der Tag nicht nur sehr ergiebig, sondern auch recht teuer gewesen. Aber einerseits kümmert das Lucilla wenig und andererseits kommt Avarus schließlich nicht alle Tage! Passend zu ihren Neuerwerbungen ist auch die dezente Schminke auf den Augenlidern und Wangen, und ihre Ornatrix hat sich lange Zeit damit gelassen, die Haare so zu stecken, dass aller Schmuck auch zur Geltung kommt.


    Es ist also schon zeitig am frühen Abend als Lucilla endlich präsentabel ist. Ein letzter Blick in den Spiegel überzeugt sie davon, dass ihr Ehemann bei ihrem Anblick vermutlich nicht schreiend das Haus verlassen wird. Dann zuppelt sie noch einmal die Decke zurecht, die um ihre schlafende Tochter gewickelt ist und macht sich, gefolgt von der Amme mit dem Kind auf dem Arm, auf den Weg ins Triclinium.


    Lucilla fühlt sich wie ein junges Mädchen, beschwingt und mit Schmetterlingen im Bauch. Und als sie endlich Avarus gegenüber steht, da kann sie nichts mehr halten. "Medicus!" ruft sie entzückt aus und stürmt auf ihn zu, fällt ihm um den Hals und verlangt ihm erst einmal einen langen, intensiven Kuss ab. Wie sie das vermisst hat!

  • Stürmisch wie eh und je. Medicus nahm Lucilla in die Arme und wirbelte sie um eine halbe Umdrehung herum. Ihr feiner Duft setzte sich in seine Nasenhöhle ab und er quiekte vergnügt auf. Der Schwung schupste sie in ein offeneres Licht und so -sie nun von den Armen lassend- konnte er die gesamten Reize seiner Lucilla sehen. Das Gesicht zeigte dabei alle Erregung dessen, was ihn soviele Wochen in Gedanken hunrig gemacht hatte.


    "Oh Lucilla ich hab Dich so vermisst!"


    Avarus zog sie bei den Händen wieder an sich und umarmte die fest. Dabei legte er ihren Kopf an seine Schulter und schien sie nicht wieder loslassen zu wollen. Dies aber geschah abrupt, als sie im Tänzeln soweit seinen Horizont verändert hatten, das sein Blick auf das Bündel in den Armen der Amme fiel.


    Ihm klappte der Mund auf. Sah fragend zwischen Liebe und Bündel hin und her. So verstohlen machte man ihn eigentlich nicht so leicht. Er ließ Lucillas Hände fallen und ging ganz vorsichtig hinüber, fast so als könnte jeder noch so kleine aufflammende Laut das Bündel zu einer schreienden Abwehr verwandeln. Doch es blieb ruhig. Medicus öffnete das Tuch mit zwei Fingern ganz vorsichtig und guckte in die rehbraunen Augen eines kleinen Kindes, das intressierte große Augen machte. Es war nicht zu übersehen, das Kleinkind war eine Lucilla. Aber war es auch ein Mädchen? Avarus ignorierte den ernsten Blick der Amme und schob für einen Moment das Tuch weit genug bei Seite, um Gewissheit zu erlangen. Dann packte er die Kleine wieder warm ein und streichelte ihr dabei über den Bauch.


    "Da bist Du! Ich bin dein Papa... Oija P-a-p-a... Hihi, na das lernst du schon noch. Gilegille, jaaa."


    Dann schloss er auch diese Öffnung, damit das Baby es schön warm hatte und drehte sich zu Lucilla hin, die hinzu geschlichen war. Leise aber bestimmt sagte er:


    "Du hättest mir doch schreiben können, das du ein weiteres Kind erwartest, dann wäre ich schon früher zurück gekommen..."


    Er wußte ja nicht, das dieser wichtige Brief im Haushalt der germanischen Villa verschlampt worden war. Aber sein Vorwurf versank in der Begeisterung für ihr kleines Töchterchen, denn davon ging er ohne Widergedanken aus. Das kleine Kind im Bündel konnte nur ihre gemeinsame Tochter sein.


    "Sie ist so wunderschön, gilllegille, ganz ihre Mama. M-a-m-a... ja, Mama und Papa... jahhh gillegille, hihi, Ja das weißt du schon bald."


    Medicus kam aus der Entzückung nur schwer heraus. Er wußte aber wann es genug war, das Kindlein wieder in ein warmes Bettchen sollte, um sich an einer satt gefüllten Milchbrust zu laben. Er nickte der Amme knapp zu und nahm dafür Lucilla in den Amre, sowie beiseite. Ihm war sehr danach diesem Töchterchen noch eine Schwester zum Spielen zu schenken, aber er beherrschte sich unter den Augen des Fußvolkes zum Barbar zu werden. Soviel Schönheit wie Lucilla sich über die Jahre erhalten hatte, war fast unmöglich. Immerhin lagen nun schon ein paar erfolgreiche Schwangerschaften hinter ihr. Aber sie war genauso hinreißend wie am ersten Tag, als Avarus sich unendlich in sie verknallt hatte. Nur an einigen "Problemstellen" hatte sie etwas mehr, aber es beeindrächtigte nicht seinen ganz besonderen Blick für ihre Figur. Er mußte sich ablenken, denn Avarus spürte, wie sich die Tunika unter der Toga wellte.


    "Wie wollen wir sie nennen, oder bist du schon weiter mein Schatz?!"


    Es zeigte seine Offenheit. Die Tochter war in den ganz jungen Jahren immer etwas mehr der Mutter zugewandt. Dies änderte sich meist in der pubertas, weil die Väter viel weltoffener und leichtsinniger die Zügel der Kinder zu führen pflegten.


    Avarus hatte sich zur Sicherheit gesetzt und bat mit den Armen fuchtelnd auch Lucilla darum die Liegenlandschaft im Atrium zu belagern. Er erhoffte sich dadurch ein Abklingen oder zumindest ein Verstecken zu erreichen.

  • Es scheint Lucilla eine halbe Ewigkeit, die sie ihren Kopf an Avarus Schulter gelegt hat und einfach nur seine Nähe genießt. Und ein bisschen ist sie neidisch auf ihre Tochter, die mit ihrem Auftauchen die Aufmerksamkeit des Vaters an sich zieht. Doch auf seinen fragenden Blick hat sie nur ein strahlendes Lächeln parat, gefolgt von einem Schmunzeln als Avarus sich dem Kind widmet.
    "Ich habe dir geschrieben, zweimal sogar. Der erste Brief ist dem Boten bei einem Hochwasser der Mosella verloren gegangen. Du glaubst ja gar nicht, wie theatralisch er das geschildert hat, man hätte glauben können, die halbe Provinz wäre davongespült worden." Sie verdreht die Augen.
    "Tja, und von dem zweiten Boten habe ich nichts mehr gehört. Ich hatte gehofft, er wäre in Mogontiacum angekommen und erst dort stecken geblieben ..."


    Durch die Vaterfreuden wird Lucillas Zorn über die Unfähigkeit der Boten schnell beiseite gewischt. Die Hauptsache ist doch, dass Avarus nun da ist. Auch wenn sie auf seine Frage gespielt empört reagiert. "Du glaubst doch nicht ernsthaft, dass ich das arme Kind ohne Namen lasse! Wenn du auf dieses Recht bestehst, hättest du dir schon ein hirnloses römisches Püppchen suchen müssen." Grinsend tritt sie zu ihm und streicht ihrer Tochter über die Wangen.
    "Drusilla heißt sie. Drusilla wie die beste Augusta, die Rom je hatte. Germanica Drusilla."
    Dass das Mädchen damit nicht nur so heißt wie die beste Augusta, sondern auch wie Lucillas geliebte Großtante, ist natürlich nur ein unbedeutender Nebeneffekt.

  • Es ist wie ein eiskalter Hauch der Avarus bei diesem Namen seiner Jüngsten über den Rücken läuft. Drusilla weckt bei ihm nicht nur Wohlbefinden. Mit ihrem Namen verbinden sich Scharmützel der Rhetorik, aber auch Machtansprüche oder besser geschrieben die Auslotung dessen was eine Kaiserin zuzulassen gedenkt.


    "Ein wunderbarer Name."


    Und wie durch ein Wunder kommt Avarus nicht mal auf die Idee den Drachen der Decima in die Gedanken zu bekommen. Satzsieg also für seinen Frau, der Abend war allerdings noch lang und zumindest Avarus hatte sich in den letzten Monaten keiner Dirne genähert....


    Die Nacht wurde lang sehr lang, aber auch wieder kurz. Jedenfalls fielen sie mit den ersten Hahnenkrähen in die vor Erschöpfung hausgemachte Tiefschlafphase. Das Personal und die eigentlichen Hausherren sollten gut daran tun die Hausgäste angemessen schlafen zu lassen.


    So umtriebig ließ es sich einige Wochen aushalten, doch mehr auch nicht...

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