Causa Nefantis Nemorensis - die Entsühnung

  • Nicht nur für die Sterblichen war dieses Ereignis von staatstragender Bedeutung. Auch im Pantheon sorgte dieses Ereignis für erheblichen Trubel und eine kleine Ansammlung an Zuschauern. Selbstredend war Diana die Hauptperson, die im Zentrum der Aufmerksamkeit stand und von deren Urteil das weitere Schicksal der Sterblichen abhängen würde. Aber auch der Göttervater persönlich verfolgte mit strengem Blick jeden einzelnen Handgriff. Weitere Götter hatten sich hinzu gesellt und spähten ebenso hinab, nicht nur das Opfer, sondern auch das gesammte Umfeld betrachtend.

  • Vorsichtig nahm Gracchus das Opfermesser von seinem Sohn entgegen, bemerkte dabei nervös, dass sein Griff nicht ganz so sicher war, wie er sollte sein, krümmte darob noch einmal die Finger seiner Rechten etwas mehr um den Schaft, ehedem er sich der Kuh zuwandte, mit der Linken den breiten, wollenen Schal von deren Rücken nahm und gleichzeitig mit der Klinge des Messers vorsichtig über das helle Fell zog, das Rind derart vor der Schlachtung rituell zu entkleiden.
    "Große Diana, Göttin der Jagd und Schutzherrin der Natur! Nimm an diese Kuh als Opfer, das wir Dir bringen, Göttliche, aus freien Stücken, auf dass sie Dir munde und Dir zum Ruhme gerei'he und zur Versöhnung, oh Göttliche!"
    schlossen seine Worte den verbalen Rahmen des Ritus und Gracchus trat ein wenig zur Seite hin, den Schlachtern Platz zu lassen. Zwei junge, kräftige Sklaven des Cultus Deorum, deren eingeölte Muskulatur im Sonnenlichte glänzte und deren Körper nur mit ledernen Schürzen waren bedeckt, traten mit einer Opferaxt und einem Opferhammer an das Tier heran.
    "Agimusne?"
    fragten sie beinahe simultan, nachdem sie in Position sich hatten gebracht, und Gracchus antwortete nickend mit einem
    "Agite!"
    Weit holte der popa aus mit seinem malleus, dessen kugeliger Kopf alsbald auf die hintere Schädeldecke der Kuh herniedersauste, dass in der sonstigen Stille des Opfers deutlich ein leises Knacken zu vernehmen war als der Knochen splitterte. Schon verdrehten die Augen der Kuh sich unnatürlich gen Himmel hin, schon nahm die Bewegung des Falles ihren Beginn als der cultrarius nachsetzte und seine sacena in die Halsschlagader des Tieres schlug, dass dem Sturz des Tieres ein Schwall aus Blut folgte als wäre dem Hals der Kuh ein rotfarbener Schal umgebunden. In dunklem Rot legte sich ein Kranz aus warmem Lebenssaft erst um den Kopf des toten Tieres, bereitete sukzessive sich aus um den Körper, sank in die Ritzen zwischen den Steinen bis hin zu der Altarstele. Der popa wechselte sein Werkzeug, ließ den Hammer sich abnehmen und ein großes, scharfes Messer dafür reichen, mit welchem er begann, die dicke Fell- und Fettschicht am Bauch der Kuh zu durchtrennen, um aus dem Bauchraum des Tieres die Organe zu entfernen. Schnell, doch gleichwohl sorgsam und routiniert ging dies von statten, dass alsbald einige ausgesuchte vitalia - die Leber, das Herz und die Nieren - in einer flachen, mit Blattgold überzogenen patera auf dem steinernen Altar abgestellt wurden, dass Gracchus die Organschau würde vornehmen können. Mit ernstem Blick nahm er eines nach dem anderen der Organe auf - nicht allzu weit in die Höhe, dass aus der Menge vor ihm niemand würde irgendetwas erkennen können - und betrachtete es mit ernstem Blicke, Gunst oder Ablehnung der Diana in Erfahrung zu bringen.

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  • Dem Anlass angemessen ließ sich Diana viel Zeit mit dem Urteil. Auf eine Mahnung des Göttervaters hin rekapitulierte sie noch einmal alles, was seit jener frevelhaften Tat im heiligen Hain geschehen war. Jeden Schritt, den die Sterblichen unternommen hatten, jedes Versprechen, welches sie gegeben hatten, jedes Versprechen, welches sie eingelöst hatten. Jede Bitte um Vergebung erschien vor ihrem geistigen göttlichen Auge und mit einem weiteren Blick prüfte sie die Zahl der Anwesenden und ihre Teilnahme an der Sache. Nicht alles, was sie so in ihre Überlegungen einbezog, war glänzend. Der Eifer, mit dem die Versöhnung mit den Göttern forciert wurde, war zuweilen nur mäßig gewesen. Die Teilnahme an diesem Ereignis wie auch an vorangehenden war lebhaft, aber nicht überwältigend. Die Opfergaben waren dagegen rein und die Zeremonie über alle Zweifel erhaben. Vorsichtig wägte Diana all dies ab, bat um den Rat der anderen Götter, die das Geschehen mit ihr verfolgten und vergewisserte sich schließlich auch der Zustimmung des Göttervaters. Erst dann stand fest, dass hier in Rom keine weitere Rinderherde die Sterblichen würde aufschrecken. Kein neuer oder wieder erneuerter göttlicher Zorn würde sie auseinander treiben. Diana wollte das Opfer annehmen und jedem vergeben, der sich um Vergebung bemühte. Doch sie würde ihren Blick noch nicht abwenden sondern jedem Vorgang folgen, bis alles dort endete, wo es begonnen hatte.

  • Während sonstig das Ergebnis einer öffentlichen Opferschau an Feiertagen oftmals schon im Vorhinein feststand, so war Gracchus sich überaus uneins, welche Reaktion wäre vonnöten, so das Opfer von der Göttin nicht angenommen würde. Für die Bürger Roms und die Stabilität im Reiche wäre zweifellos angebracht, die Litatio zu verkünden, doch wer konnte schon wissen, ob die Rinderherde am Tage der Nemoralia tatsächlich nur durch Zufall war ausgebrochen und tatsächlich nur durch Zufall den heiligen Hain hatte überrannt, oder ob nicht doch ein höherer Wille hatte dadurch agiert - Gracchus zumindest wusste es nicht, glaubte zwar einerseits nicht an vermenschlichte Götter, wie die Griechen sie in ihren Pantheon hatten erhoben und wie auch manch Römer sie sah, glaubte andererseits an göttliche Prinzipen, welche des Ausgleiches bedurften. Ohne in seinen Überlegungen zu einem befriedigenden Ergebnis gekommen zu sein, stellte er jedoch alsbald erleichtert fest, dass weder eine Lüge, noch ein Abbruch oder eine Weiderholung des Opfers vonnöten war, da die vitalia ohne Makel, ohne Verhärtung oder Verfärbungen sich ihm präsentierten, und er darob bedenkenfrei die Annahme des Opfers konnte verkünden.
    "Litatio!"
    , sprach er laut aus nachdem er seinen Blick zur Menge hin hatte gehoben, und nur Augenblicke später verbreiteten die Herolde den Erfolg. Manchen Gesichtern war tatsächlich ein wenig Erleichterung und Freunde anzusehen, allerdings mochte dies auch daher rühren, dass der wartenden Menge ein noch längeres oder nochmaliges Ausharren am Tempel dadurch erspart blieb. Während der Popa die letzten Teile des Opfers zerlegte und allen anderen nur blieb, noch ein wenig länger zu warten, wurden die vitalia ein einen Kessel mit kochendem Wasser gegeben, woraus sie nach einige Minuten mit einer ehernen Zange wieder heraus genommen wurden.
    "Gütige Diana, diese Gaben für Dich, Göttliche, auf dass es Dir munde!"
    Nacheinander übergab Gracchus Herz, Leber und Nieren in das Opferfeuer, welches sich knisternd um die Organe legte und alsbald graufarbenen Rauch und den ein wenig ungustiösen Geruch nach verbranntem Fleisch verströmte. Noch während die Gaben verbrannten, begann ein Pontifex neuerlich mit der symbolischen Reinigung der Zuschauer, sie somit aus dem Opferritus zu entlassen.

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  • Deutliche Spannung lag in der Luft, während die vitalia auf Makel untersucht wurden. Die Zuschauer steckten immer wieder die Köpfe zusammen, tuschelten und rätselten, ob denn nun das Opfer angenommen wurde, oder nicht. Den Zorn der Götter wollte man sicherlich nicht neuerlich Provozieren, auch wenn die meisten eigentlich nur da waren um zu glotzen und einen Blick auf den Sünder zu werfen, der für den Frevel verantwortlich war. Dennoch gab es einige die aus ehrlicher Sorge an diesem Tag diesem Opfer beiwohnten.
    Erleichterung brandete einer Welle gleich durch das Publikum, als die Litatio verkündet wurde. Jubel brandete kurz auf. Ein wenig löste sich die dichte Menge auf, während sich die Priester, Ministri und andere Helfer für die Prozession sammelten. Der Klang von Flöten und Trommeln erklang. Man würde Rom nun verlassen, an der Via Appia den Sünder symbolisch kreuzigen -damit das Volk noch seinen Schindluder mit den Überresten des Frevlers treiben konnte- und dann zum Hain der Diana ziehen um diesen zu reinigen und dann neu zu weihen. Einem Wurm gleich zog die prachtvolle Prozession durch die Straßen Roms. Den unzähligen Mitgliedern des Cultus Deorum folgte eine große Schar neugieriger. Die Kreuzigung wollte natürlich niemand verpassen.


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  • In den Jubel der Menge nach der verkündeten Litatio mischte sich auch ein erleichtertes Ausatmen von Macer. Auch als Senator ließ er es sich nicht nehmen, einen Weile in die Hände zu klatschen, um die anscheinend erfolgte Versöhnung mit den Göttern zu feiern. Es wäre zweifellos eine Tragödie für Rom gewesen, wäre dieses Opfer gescheitert. So aber fiel alle Anspannung von ihm ab und kurz darauf mischte er sich gut gelaunt in den Prozessionszug, wo er mitanderen Senatoren hinter den Priestern entlang zog, um sich ebenfalls die Kreuzigung anzusehen. Immerhin war er im Senat dafür gewesen, dass möglichst alle Senatoren als Zeichen der Geschlossenheit an dieser Zeremonie teilnehmen, so dass er jetzt nicht fehlen konnte. Dass es offenbar nicht alle Senatoren so sahen, war ihm nicht entgegen, was ihn ein wenig enttäuschte. Aber die Götter schien das nicht zu stören.

  • Selbstverständlich war auch Hungi zugegegen, denn der Senat hatte geschlossen anzutreten. Gerade an diesem Tag war ihm dies eine Last, denn er hatte schlicht einen schlechten Tag erwischt und war schon seit den frühen Morgenstunden äußerst mürrisch drauf. Vermutlich schlecht geschlafen.


    Und das änderte sich keineswegs als er den Auftritt des Vesculariers mitbekam, den man eigentlich nur als eine wahre Frechheit empfinden konnte. Zuerst glaubte er, er traute seinen Augen nicht als er die Menge der Liktoren erblickte und er zählte dreimal nach um wirklich sicherzugehen. Dieser verdammte Bastard. presste er leise heraus, nur so laut, daß sein Nachbar ihn hören konnte, wenn dieser es wollte. Er gebärdet sich wie ein Kaiser. Voller Zorn warf er dem Vescularier in Gedanken soviele Flüche und Verwünschungen an den Schädel, daß er erst dann aus seinen Gedanken gerissen wurde, als die Menge jubelte. Ah, das Opfer war also angenommen. Es hätte ihn gewundert wenn anders. Er applaudierte und folgte dann den anderen.

  • Als die Mitglieder des Collegium Pontificum sich sammelten um direkt nach Flötenspielern, Banner- und Statuenträgern an der Spitze der Prozession zu schreiten, sah sich Gracchus einige Augenblicke nach seinem Sohn um, welchen er nicht allzu weit entfernt im Kreise der Ministri fand, neben Caius Aquilius stehend. Mit einem weiteren Blick versicherte er sich in väterlicher Fürsorglichkeit, dass sein Vilicus Sciurus ganz in der Nähe Minors weilte und diesen im Auge behielt, dass er selbst sich um den Jungen nicht musste sorgen. Alsbald nahm der Zug seinen Beginn und noch bevor er die Stadtmauer Roms hatte erreicht, fragte Gracchus sich in Gedanken, weshalb er ein jedes Mal wieder bei Sühnemaßnahmen im Collegium, wie auch im Senat für eine Prozession sich aussprach, an welcher er unumstößlich musste selbst teilnehmen, der er sonstig üblicherweise doch nicht einmal in Rom zu Fuß sich fortbewegte.

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