Irgendwie hatte er das Gefühl, immernoch in Mantua zu sein. Und irgendwie sah er auch immernoch so aus, als wäre er es. Abgemagert, zerfahren, zerkratzt, kraftlos. Ausgelaugt. Alles andere als gesund. Aber eben auch nicht mehr krank. Müde hockte Vala mit geschlossenen Augen in einem der Caldaria, die Wärme des Wassers ausnahmsweise mal genießend denn erleidend. Bisher hatte er den Thermen nicht viel abgewinnen können, doch nachdem er in Mantua tagelang das Gefühl gehabt hatte innerlich zu erfrieren war ihm jede Wärmezufuhr von außen nur allzu willkommen. In Mantua brauchte man alles verfügbare Holz für die Wiederherstellung der Ordnung und für die Verbrennung der Toten, und Vala wollte nicht am Schluss noch unangenehm auffallen, in dem er das wichtige Gut für seine persönliche Entspannung missbrauchte.
Rom. In seinem langen Tribunat hatte Vala Rom zwar nicht vergessen, immerhin wurde er immer durch Briefe auf dem laufenden gehalten, aber er verlor die ewige Stadt doch aus dem Blick. Wenn man mit einem Chaos und einem bildlichen Weltuntergang wie in Mantua konfrontiert war, war das auch kein Wunder.
Vala lauschte den leisen Gesprächen der anderen Anwesenden und versuchte sich irgendwie daran zu gewöhnen, dass sie sich nicht ausschließlich um Tod und Verlust drehten. Wie seltsam das war, mochte er noch garnicht erahnen. Er war keine halbe Stunde in Rom und hatte sich schon in die Thermen verzogen. Wie ein Motte zum Licht trieb es ihn zur Wärme, natürlich nicht, ohne dafür zu sorgen, dass die Zeit nicht nur zur Entspannung genutzt wurde.
Sirius
[Blockierte Grafik: http://www.kulueke.net/pics/ir/nscdb/z-spezielle/valahelfer05.png]
"So tot wie man nur tot sein kann...", murmelte ein ausnahmsweise mal halbwegs nüchterner Sirius, den es schon fast abstrakt erleichterte, endlich wieder seinem ebenso wortreichen wie wortkargen Herrn folgen zu können, "...ersoffen. Also pass auf, dass dir nicht das gleiche passiert. Ersoffen übrigens im eigenen Bad. Man geht davon aus, dass ihn die Götter schlagartig zu sich genommen haben, im Schlaf ersoffen ist er auf jeden fall nicht. Niemand ersäuft im Schlaf. Schonmal probiert? Nicht schön, sag ich dir. Aber lustig, nachdem er halbe Ewigkeiten verschwunden war."
"Ja, sehr lustig.", murrte Vala, dem es einerseits nicht in den Kram passte, einen wichtigen Verbündeten verloren zu haben. Andererseits war der Tod des geschassten Prätorianerpräfekten nicht unpraktisch. So stand er ihm zumindest nicht im Weg, was sein weiteres Vorgehen in einer bestimmten Sache anging: "...Vespa?"
"Hat sich vor Wochen nach Misenum verdrückt, auf ein Landgut der kaiserlichen Familie. Hat mich glücklicherweise hiergelassen. Sie dürfte mittlerweile vom Tod ihres Mannes erfahren haben und auf dem Rückweg sein."
"Ah.. weiter."
"Frauen sind das Böse!!"
"Ahso... WAS?"
"Ich bin vollkommen überzeugt davon.", sprach Sirius, der die Stunde gekommen sah, sich endlich bei seinem Herrn dafür zu bedanken, dass er ihn alleine in Rom gelassen hatte. "Vespa hatte oft Besuch. Du... du... glaubst... also... wie sie reden! UND WORÜBER!!! Das... das hält kein Mensch aus!"
"Ich weiß...", murrte Vala nur, der eigentlich kaum Lust verspürte sich die Geschichten seines Sklaven anzuhören, "...aber sie sind nützlich."
"Ich kann nicht glauben, dass das aufwiegt, was sie an... sie an...", der Sklave verzog angewidert die Lippen, "...was sie... uaaaaaaargh. Du hättest mich nicht hier lassen dürfen!!"
"Ach ja? Danke für den Hinweis, ich kann das immernoch selbst einschätzen. In Mantua wärst du verreckt."
"EGAL!!! Lieber eine Woche in Mantua als eine Stunde allein unter Frauen! Das macht uns verrückt... irre! Jawoll. Irre! Eh... hab ich das gerade gesagt?"
"Ich komme bei Gelegenheit drauf zurück...", murrte Vala, der gleich mit dem ganzen Häuserblock winkte, als er sich wortlos ganz ins Becken gleiten ließ und seinen Kopf unter die Wasseroberfläche zog. Die ihn damit schlagartig umgebende Wärme hatte etwas, das ihm seit Wochen zu fehlen schien.