[Tiber] Spaziergang am Tiber

  • Rambosius war nun etwas glücklicher, als wo er zu Anfang in die Stadt hineinkam. Er beschloss etwas ruhiges zu machen und als er so dahinging, kam ihm eine kühle Brise entgegen und bald schon ein Geräusch eines Flusses. Er war am Tiber angelangt.
    Er machte sich auf, den Tiber entlang zu spazieren. Die Sonne schien auf ihn, aber es war angenehm, da die Luft neben dem Fluss kühler war.
    Er überlegte, ob es die richtige Entscheidung war, irgendwo in einer Stadt Fuß zu fassen. War er jetzt wirklich auch glücklicher als zuvor? Er musste sich das nochmals überlegen. Er kam in die Stadt als ein Killer, der nichts hatte, außer ein Gewand, ein Messer und einen Bogen, den er draußen vor der Stadt liegen lassen hatte.
    Durch die Subura verirrte er sich in das Villenviertel, doch diese wiesen ihn ab wie Abschaum.
    Er beschloss dann den Markt aufzusuchen, kaufte sich dort mit dem restlichen Geld eine schöne Tunika, verkaufte sein Messer, war hungrig und aß und probierte es wieder sich der Gesellschaft zu stellen, doch er wurde wieder abgewiesen.
    Er stellte sich die Frage, was besser wäre: Ein Leben als gefürchteter Unbekannter, der keine Arbeit finden würde und nicht akzeptiert werden würde, oder ein jemand, der beliebt war im Kampf, der für Fürsten und Druiden Aufträge erledigte, dem das Töten nichts ausmachte.


    Was blieb ihm übrig. Er konnte sich seinen Verfolgern stellen und kämpfen bis er sterben würde. Er konnte sich versklaven lassen, vielleicht könnte er irgendwie das römische Bürgerrecht erlangen. Oder aber er schrieb sich in den römischen Hilfstruppen ein, wobei ihm dieser Kampfstil nicht lag und er nie verstand, wie man so eine Schlacht gewinnen konnte.


    Er blickte in den Fluss, der immer in die gleiche Richtung mit gleicher Kraft strömte.

    Lebe für nichts, oder stirb für etwas!

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  • Da kam ihm ein alter Spruch: "Nur tote Fisch schwimmen mit dem Strom!"
    War er schon tot? Es kam ihm eben so vor, als schwämme er mit dem Strom, als würde er von oben herab geleitet, was er als Hindernis, Störung empfand. Jedoch war er immer ein Mensch, der gegen den Strom schwimmen konnte, egal wie stark die Strömung gewesen war.
    Er erinnerte sich an eine Situation vor vielen Jahren, als er noch ein kleiner Bub war:
    Sein Großvater, im alemannisch-germanischen auch Däta genannt, nahm ihn eines Tages wieder zum Fischen mit. Es war bewölkt und man erwartete jeder Zeit einen Wolkenzusammenbruch, aber es blieb warm und schwül. Der laue Ostwind strich einem ins Gesicht und alle Ängste und Sorgen, die man hatte, waren im Nu vergessen.
    Sein Großvater legte eine Schnur aus geflochtenem Pflanzensklerenchym ins Wasser. Vorne an der Schnur hatte er einen Kupferhaken befestigt. Bevor er die Schnur ins Wasser geworfen hatte, suchte er am frischen Grasboden nach etwas - es war eine recht geschmeidige Assel, die er zwischen seine Finger klemmte und an den Kupferhaken steckte.
    Die Schnur mit der Assel dran glitt nun im Strom des Flusses hin und her, und er musste sie immer wieder zu sich herziehen, damit sie nicht ganz fortgetrieben wurde und auf dem gleichen Platz blieb. Das Wasser war zwar klar, sodass man jeden vorbeischwimmenden Fisch gleich hätte sehen können, doch dennoch musste man ruhig warten, ob überhaupt einer vorbeischwomm - und dann war es immer noch nicht sicher, ob er an den Köder anbiss.
    <Nun heißt es warten, mein Kleiner! So wie das Mahlen des Müller's Lust ist, ist das Warten des Fischer's Lust, könnte man sagen!>, und lächelte dabei etwas in sich hinein.
    <Wenn du willst, darfst du die Schnur auch mal halten, abe ruhig. Und halte sie gut fest, wenn du aus Versehen los lässt, schwimmt sie mit dem Strom und unser Fisch vielleicht gleich mit!>
    Wie wenn er nie etwas anderes in seinem Leben gemacht hätte, außer Fischen, hielt er dann die Schnur so fest er konnte. Rambosius starrte ins Wasser mit ruhigem Blick. Er war ganz in das Wasser vertieft und gebannt auf die eine Situation, in der ein Fisch anbeißen würde.
    Fast ganze zwanzig Minuten verharrte er so, als er zwischen seinen Fingern, die die Schnur festhielten, einen leichten Widerstand spürte. Doch weiterhin tat er so, als wäre nichts geschehen und blieb weiterhin still sitzen.
    Als plötzlich ein Ruck an dem Faden zu spüren war, fixierte er seinen Blick ins Wasser und sah eine dicke Forelle am Haken um die Assel kämpfend. Reflexartig zog er den Faden aus dem Wasser und katapultierte den Fisch durch die Luft bis er auf den grasigen Boden fiel.
    Rambosius strahlte seinen Großvater an, wie ein Held, der eine Stadt allein erobert hätte. Sein Großvater war entzückt über die fischerische Gabe seines Enkels und sprach darauf hin:
    <Oh ja, eine große Forelle hast du da am Haken. Ein prächtiger Fisch. Sehr gut gemacht, Rambosius, ich bin stolz auf dich. Ich hole noch schnell meinen Holzknüppel, damit der Fisch nicht mehr länger leiden muss. Warte hier auf mich, ja?!>
    Rambosius wusste, was jetzt kam. Großvater holte nämlich den Holzknüppel um den Fisch tot zu hauen. Und Rambosius dachte sich, bis Großvater wieder da ist, hatte der Fisch schon einen elenden Todeskampf hinter sich. Rambosius sah dem Fisch in die Augen und bemerkte, wie seine Kiemen hastig auf und zu gingen, um am leben zu bleiben. Er ballte seine Faust, spannte seine Oberarme an und fixierte den Kopf des Fisches an, dabei dachte er sich: Du musst nicht mehr länger leiden! Darauf preschte er mit seiner Faust hart gegen den Kopf des Fisch und noch ein zweites Mal mit voller Wucht. Der Fisch war tot, nichts regte sich, nichts bewegte sich mehr.
    Als der Großvater mit dem Knüppel kam und dem Fisch eins überziehen wollte, merkte er, dass der Fisch schon tot war.
    Rambosius bemerkte: Däta, ich hab den Fisch ganz allein umgebracht mit meinen bloßen Händen, das geht viel schneller, finde ich!
    Dem Großvater blieb ein Grinser im Gesicht stehen, er sagte: <Du hast wirklich Kraft, mein Junge. Ich glaube, du könntest Fische auch mit deinen bloßen Händen fangen!>


    Rambosius erwachte plötzlich aus seine Gedanken!

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  • Einige Leute sah man nun, die auch auf dem Weg entlang des Tiber waren, sogar einige ganz Hitzige, die sich wagten, in dem, noch kühlen, Fluss zu baden. Er wollte hier eigentlich nicht allein sein, aber er war es nun mal! Viele vertraute Gesichter kannte er ja noch nicht!
    Und doch war er vergnügt. Er näherte sich dem Tiber und streckte die Hand in den kühlen Fluss hinein, spürte die Strömung und wie sie versuchte seine Hand mitzureißen. Doch Rambosius steuerte dagegen und sagte sich vor:
    Nur tote Fische schwimmen mit dem Strom. Etwas nachdenklich, doch dann fest entschlossen, etwas neues zu probieren, sagte er:
    Mein Großvater hatte immer schon recht. Ich lass mich nicht unterkriegen, denn solange ich noch Kraft habe, schwimme ich gegen den Strom, egal wie stark er ist!
    Er stand auf und ging!

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  • Es war warm. Einfach herrlich! Valerian liebte es, bei Sonnenschein an den Tiber zu gehen. Wenn er Glück hatte, konnte er vielleicht ein paar alte Freunde treffen. Wie jeder kluge Römer ging er am Stadtrand, wo der Tiber gerade in die Stadt hineinfloß, an den Fluß. Denn unterhalb der Stadt mochte niemand mehr an das stinkende Gewässer gehen. Baden würde man dort noch weniger. Tatsächlich gab es schon ein paar Unverzagte, die sich in das noch sehr kalte Wasser wagten. Daß er seine Männer neulich auch hineingescheucht hatte, hieß nicht, daß er Baden bei solchen Wassertemperaturen gut fand.


    Heute war er sogar dienstlich hier. Natürlich hatte er sich diesen angenehmen Ort ausgesucht, doch er wollte auch an den Brücken schauen, ob Schmierereien vorhanden waren. Und bei einigen Leuten nachfragen, ob ihnen etwas aufgefallen war. Er trug seine Rüstung, weswegen er auch bestimmte Gegenden meiden mußte, solange er allein war.


    Einige Leute waren hier schon unterwegs. Ein einsamer Spaziergänger sprach mit sich selbst und wandte sich dann zum Gehen. Valerian wollte gerade an ihm vorbeigehen, als er die Worte hörte. Und konnte sich nicht verkneifen, etwas darauf zu sagen. "Gegen den Strom zu schwimmen, raubt aber auch sehr die Kraft und man läuft Gefahr, allzu vielen Schmerzen ausgesetzt und schließlich mitgerissen zu werden. Ist es nicht klüger, quer gegen den Strom zu schwimmen und so Kraft zu schonen und doch nicht aufzugeben?" Er kannte den Mann nicht. Ein großer Kerl war das, deutlich größer als Valerian. Und ein Muskelprotz. Ob das ein ehemaliger Gladiator war?

  • Ganz in sich vertieft antwortete er, ohne zu wissen, woher die Stimme kam:
    Das mag wohl so sein.... als er da bemerkte, dass ihn wirklich jemand angesprochen hatte. Er suchte die Stimme und fand sie bei einem Mann in Rüstung gekleidet und seinem Gladius, der vor ihm stand.
    Einige Sekunden lang dachte Rambosius, er hätte etwas verbrochen und war ein wenig angespannt. Aber seine Spannung legte sich, in dem er nochmals seiner Worte gedachte. Rambosius sah den Soldaten an und schmunzelte etwas:
    Wär ich noch da draußen vor einigen Wochen am Fuße des Apennin gestanden, hätt ich dir geantwortet: Wer Schmerzen aushält, hält auch seinen Gegner in Schach!
    Aber heute sag ich dir, du hast vermutlich recht! Besser man kämpft, aber mit Bedacht und Reserven!
    Er musterte den Soldaten und fragte ihn:
    Mit wem habe ich die Freude? Bist du auch hier hinaus gekommen, um die frische Brise des Tiber zu genießen?

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  • Das Gladius befand sich brav in der Scheide an Valerians linker Seite. "Centurio Lucius Quintilius Valerian. Und mit wem habe ich die Ehre?" Ein interessanter Mann, wie er fand. Anders als die meisten anderen. "In Maßen können Schmerzen helfen, die Aufmerksamkeit zu schärfen. Aber allzu starke Schmerzen betäuben und nehmen einem die Möglichkeit der Wahrnehmung. Deinen Worten entnehme ich, daß Du ein Kämpfer bist. In der Arena?" Auf die Frage, warum er hier war, ging Valerian erstmal nicht ein.

  • Als Rambosius den Namen hörte, dachte er sich schon, er müsse sich jetzt verneigen oder ein Salve Centurio, morituri te salutant sagen, aber er sagte:
    Ich bin Rambosius, Sohn von Bernulf aus Germanien, genauer aus Brigantium! Ihr seid Centurio - das ist mir eine Ehre. Ich habe gehört, ihr seid sehr gute römische Kämpfer!
    Rambosius lächelte etwas, als er hörte, ob er Gladiator war, aber er fand es nicht so fehl am Platz und antwortete darauf:
    Gladiator? Nein, aber ich hätte sicher das Zeug dazu.
    Ich bin.....wie soll ich das sagen......Jetzt bin ich gar nichts mehr, früher war ich so etwas, wie man es hier als Attentäter oder Meuchelmörder bezeichnet im Dienste vieler germanischer Fürsten und Druiden!

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  • "Rambosius? Ein ungewöhnlicher Name. Aber ich muß auch zugeben, daß mir germanische Namen nicht so sehr geläufig sind, obwohl ich einige Jahre in Germanien stationiert war. Ja, wir sind gute Kämpfer. Nur die besten werden befördert." Klang jetzt vielleicht wie Angabe, aber es war eben so. Valerian sagte es auch nicht in prahlerischem Ton. Bei der weiteren Erklärung des Muskelprotzes legte er den Kopf etwas schief und schmunzelte. "Ich hoffe, Du hast nicht vor, Deine Berufung hier fortzuführen. Sonst geraten wir am Ende noch aneinander." Er lachte, in der festen Überzeugung, daß Rambosius ihn ein wenig zu verschaukeln versuchte. "Wie lange bist Du schon in Rom? Hast Du schon richtig Fuß gefaßt?"

  • Rambosius lachte natürlich mit, denn er wollte nicht so da stehen, als ob er keinen Spaß verstand.
    Er warf darauf gleich ein:
    Nun, das hoffe ich auch nicht, das wir mal aneinander stoßen. Aber draußen vor den Stadttoren kam es schon zu einer Auseinandersetzung zwischen mir und ein paar Harlunken!
    Bei der Frage, wie lang er schon in Rom sei, musste er kurz grübeln, noch nie jemand hatte ihn so direkt gefragt, wie lange er schon an einem Ort verweilte.
    Es dürften jetzt glaub ich 2 Wochen und ein paar Stunden sein!
    Er blickte sich um, ob ihnen ja keiner genauer zuhören würde.
    Ich würde das hier nicht jedem erzählen, aber du scheinst mir noch ein vernünftiger Mann zu sein. Zuerst wollte ich hier nicht Fuß fassen. Ich war auf der Suche nach meinem Neffen Pharmacus, einem Apothecarius, Herbalist und Medicus, Klient von Marcus Artorius Didianus Nero. Aber kein Mensch kannte ihn oder konnte mir sagen, wo ich ihn finde, von denjenigen, die ich gefragt habe. Ich habe an viele Türen geklopft, doch sehr gastfreundlich war man zu mir nicht. Unter anderem bei der Villa Claudia, der Villa Aurelia, der Casa Iunia.
    Er schaute kurz wieder hinunter an den Tiber:
    Was führt einen solch ehrenhaften Soldaten, wie einen Centurio zu einer solch friedlichen Gegend?

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  • "Halunken gibt es leider viel zu viele. Wir tun unser Bestes, um sie unter Kontrolle zu bringen. Haben sie Dich etwa ausgeraubt?" Es mußten schon einige gewesen sein. An so starke Kerle trauten sich die meisten Schurken nicht heran. Aber es war auch nicht so, daß Valerian viel von dem interessierte, was draußen vor sich ging. Die Zuständigkeit endete nicht weit von den Stadtmauern entfernt. "Pharmacus? Nie gehört, dabei kenne ich wirklich viele Leute. Man, Du kannst doch nicht einfach an irgendwelchen Türen klopfen und nach diesen Leuten fragen! Rom ist riesig! Hier leben Millionen Menschen, da kann man nicht jeden kennen." Am liebsten hätte Valerian gelacht, aber er blieb ernst, wollte er Rambosius doch nicht beleidigen. "Ein Artorier, dann solltest Du als erstes an der Casa Artoria fragen, ich kann Dir sagen, wo sie ist. Und dann noch ein Tip: Mein alter Centurio, unter dem ich in Germanien diente, Servius Artorius Reatinus, der ist jetzt Tribun in Mantua bei der Prima. Vielleicht war dieser Nero ja mit ihm irgendwie verwandt. Ist natürlich auch möglich, daß er nichts weiß. Aber einen Versuch ist es vielleicht wert." Er grinste und schüttelte den Kopf. "Glaubst Du, es wäre hier friedlich, wenn wir uns hier nicht ab und an blicken lassen würden?"

  • Zitat

    "Halunken gibt es leider viel zu viele. Wir tun unser Bestes, um sie unter Kontrolle zu bringen. Haben sie Dich etwa ausgeraubt?"


    Rambosius fühlte sich nun zum ersten Mal in der Stadt ernsthaft angehört und dann noch von solch einer Persönlichkeit. Doch er wollte nicht vor ihm angeben und erzählte es etwas abgemagert:
    Du wirst es kaum glauben, aber Rom's Stadtmauern waren in greifbarer Nähe, als ich in der aufkommenden Dunkelheit, eine Bande von Barbaren vorbeiziehen sah. Ich wollte ihre Aufmerksamkeit nicht erregen und ging etwas in Deckung. Drei Männer der Karawane schlugen plötzlich eine andere Richtung ein und entdeckten mich. Bevor sie mich attakierten, attakierte ich sie, das verstehst du sicher. Des Weiteren hab ich sie dadurch überrumpelt und.... naja, schließlich konnte ich dann noch friedlich bis zum nächsten Morgen schlafen, ehe ich beschloss durch die Stadtmauern zu gehen.

    Zitat

    Man, Du kannst doch nicht einfach an irgendwelchen Türen klopfen und nach diesen Leuten fragen! Rom ist riesig! Hier leben Millionen Menschen, da kann man nicht jeden kennen."


    Ich bin es von zuhause gewohnt, dass man fast jeden kennt...., und lächelte etwas.
    Rambosius hörte ihm gespannt zu, als der Centurio ihm plötzlich erzählte, dass es doch eine Möglichkeit gab, wie er seinen Neffen finden konnte
    Das hört sich nach einer Möglichkeit an, wie ich vielleicht doch meinen Neffen noch finde. Wie weit ist Mantua von Rom entfernt? Ich würde Servius Artorius Raetinus gerne einen Besuch abstatten!
    Rambosius strich sich durch sein Haar und sagte darauf:

    Zitat

    "Glaubst Du, es wäre hier friedlich, wenn wir uns hier nicht ab und an blicken lassen würden?"


    Du bist also nicht privat in dieser Gegend, nehme ich an? Bleibt bei so großem Eifer noch Zeit für diesen schönen Anblick und der reizvollen Atmosphäre?
    Er holte einen tiefen Atemzug, um seine Lungen mit der feuchten Luft zu füllen und die Alveolen zu befeuchten.

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  • Valerian lachte anerkennend, als Rambosius seine Geschichte erzählte. Natürlich hielt er es - bei aller scheinbaren Bescheidenheit beim Erzählen - für leicht übertrieben, daß Rambosius alle Gegner besiegt haben wollte. Aber gekämpft hatte er sicherlich und noch dazu war es gut erzählt. Beides war seiner Anerkennung wert.


    "Rom ist riesig. In den einzelnen Stadtteilen kennen sich viele Leute gegenseitig. Händler kennen natürlich viele gleichartige Händler. Senatoren kennen sich untereinander und so weiter. Aber wenn Du wenig Kontakte pflegst und Dich unauffällig benimmst, dann kannst Du ein völlig Fremder in dieser Stadt bleiben. Aber wer will so etwas schon? Egal, was man macht, Kontakte braucht man doch immer." Das galt sogar für zwielichtes Gesindel. "Wie bestreitest Du zur Zeit Deinen Lebensunterhalt?"


    Wie weit es nach Mantua war? Nun staunte Valerian aber nicht schlecht. Der wollte dann einfach da hinreisen? "Es sind einige Tagesreisen bis Mantua. Es liegt ganz im Norden Italias. Warum schreibst Du ihm nicht einen Brief? Wenn Du kein Geld für den Cursus Publicus hast, dann gib ihn einem Händler mit."

  • Rambosius war zwar immer etwas kaltherzig gewesen, er war solche Freundlichkeit von einem Mann nicht gewöhnt. Die friedlichen Männer, mit denen er bis her hatte zu tun gehabt, waren seine Auftraggeber oder Geldgeber - machthungrige gallische oder germanischen Fürsten.
    Doch jetzt hatte er, den Göttern sei Dank, jemanden gefunden, der es wirklich ernst mit ihm meinte. Und er war nicht so verschlossen, wie die Leute hinter den portae. Auch Rambosius war ein offener Mensch, denn was hatte er noch zu verlieren, er hatte ja ständig das Gefühl, das Leben schon gelebt zu haben, obwohl er erst über 30 war.
    Bis jetzt waren meine Kontakte spärlich. Ich hatte zwar viele Kontakte, aber nur zweckgebunden. Wenn ich fragte, bekam ich immer ein Antwort. Die Dörfer und "Städte" jenseits des Apennins sind da sehr zuvorkommend.
    Als Valerian ihn fragte, womit er seinen Lebensunterhalt verdiente, griff er gleich nach seinem Geldbeutel, der ihm der Messerhändler für sein Messer gegeben hatte. Er fühlte sich immer noch recht voll an. Rambosius wollte Valerian nicht erzählen, wie er früher gelebt hatte, noch nicht, aber er erzählte ihm, wie er bis jetzt in Rom gelebt hatte.
    Bis jetzt habe ich mich hier und da durchgeschlagen. Viel Geld hatte ich nicht, als ich nach Rom kam. Da kam es schon vor, dass man einige Tage mit leerem Magen leben musste. Meine Waffe hab ich verkauft, hab mir eine blaue Tunika gekauft, die du hier siehst. Das letzte Mal hab ich richtig zugegriffen bei der Wahlkampagne von dem Helden aus Mantua Titus Duccius Vala!
    Wenn du wissen willst, wo ich wohne. Ich habe keine Wohnung. Ich kann überall schlafen!, grinste etwas.
    Ein Brief also, auf die Idee wäre Rambosius nicht gekommen. Er hatte nur vom Umlauf von Briefen gehört, aber nie eine selbst geschrieben. Schreiben hatte man ihm nie gelernt, wozu auch. Dort, wo er herkam und wo er geboren wurde, war es nur den Wohlhabenden sichergestellt, dass sie in die Schulen gehen durften. Bei seinem Vater und Großvater auf dem Land gab es andere Prioritäten.
    Bei seinen Aufträgen sollte sich das aber schlagartig ändern. Schließlich war nicht jeder Fürst bereit ihm persönlich sein Anliegen zu schildern, also gab er ihm ein Stück Stoff oder Pergament mit. Ab da an war er gezwungen zu lesen. Und wer lesen konnte, konnte auch schreiben, nur praktiziert hatte Rambosius das Schreiben noch nie. Um nicht ganz blöd dazustehen, sagte lächelnd:
    Ach, ich werde schon älter, das hätt ich fast vergessen, dass man ja heute vieles mit Schriftverkehrt löst.
    Das, was er jetzt sagen musste, war ihm etwas peinlich, aber er sagte es trotzdem:
    Nur, ich hab noch nie einen Brief geschrieben. Nicht das ich nicht schreiben kann, nein. Ich nenne so etwas Luxus!

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  • Es war ein eigenartiger Mann, mit dem Valerian da zu tun hatte. Und der Quintilier war weder dumm, noch naiv. Er erkannte wohl, daß Rambosius zu der Sorte Mann gehörte, die sehr gefährlich waren. Aber im Moment schien er keiner unlauteren Tätigkeit nachzugehen. Und Valerian war einfach immer noch zu sehr Praetorianer, um nicht die Möglichkeit zu erkennen, die eine freundschaftliche Beziehung zu solch einem Mann bieten konnte. Auch wenn er in der Stadt noch nicht recht Fuß gefaßt hatte.


    "Keine Wohnung? Nunja, wenn Du das gewöhnt bist, ist es zumindest ein kostengünstiges Leben. Wahlkampfzeit ist auch eine gute Zeit, um kostenlos an Essen zu kommen. Aber was machst Du, wenn die Wahlen vorbei sind?" Der Mann mußte sich doch Gedanken darüber gemacht haben, wovon er leben wollte?


    "Wenn Du mit der Formulierung von Briefen nicht so vertraut bist, so laß den Brief doch für Dich schreiben? Auf dem Markt gibt es viele, die für andere ausgefeilte Briefe schreiben. Das ist auch gar nicht so teuer. Vielleicht kannst Du auch irgendwelche Arbeiten im Ausgleich für das Schreiben machen. Du bist sehr stark und große Mengen Papyrus sehr schwer."

  • Bei dem Satz, was Rambosius machen würde, wenn die Wahlen vorbei waren, musste er kurz ein eingestehendes Lachen von sich lassen:
    Ja, da hast du vollkommen recht, man! Er schaute ihm jetzt in die Augen, weil er irgendwie das Gefühl hatte, das Valerian ihn verstand.
    Ja, sagte er jetzt etwas wehmütig und nachdenklich, ich könnte wieder vor die "Haustür" gehen, und schauen, ob irgend ein Wild vor meinen Augen vorbeitanzt. Und lachte wieder ironisch dazu. Dann wurde er aber wieder ernst, also nicht mehr ironisch. Diesmal sagte er es ernst, und sollte auch so rüberkommen.
    Nein, ehrlich. Ich bin eigentlich ein geschickter Jäger. Ich musste ja irgendwie da draußen überleben. Aber so schwer ist das gar nicht. Wo ein Fluss ist, gibt es Fische. In den Wälder findet man immer irgendwas.
    So viele Gedanken über sein Leben, hatte sich Rambosius noch nie gemacht, erst Dank Valerian kam er da ins Grübeln. Er war bis jetzt immer seinem Instinkt gefolgt, und überlebte durch die einfache Kunst des Jagens und Fischens. Er war immer auf sich allein gestellt, immer eine Zielscheibe für bluthungrige Menschen.
    In der Stadt muss ich mir etwas anderes einfallen lassen. Ich brauch irgendein Einkommen.......
    Jetzt fehlten ihm langsam die Worte, denn in der Stadt hatte er keine Erfahrung. Er wendete sich dem Centurio zu.
    Was kann wohl ein Jemand wie ich, der stark ist, ein bisschen anders aussieht als die andern, machen?
    Er sah wieder zum Tiber hinunter und sagte dann:
    Kürzlich war ich im Mercatus Urbis in einer Schneiderei, um eine Tunika zu kaufen. Da war auch eine ziemlich vornehme Römerin. Ich hab sie gefragt, ob ich hier in der Stadt......wie ich hier Fuß fassen kann. Sie hat gemeint, kauf dir was sauberes zum anziehen und verkauf dein Messer. Naja, das hab ich dann auch gemacht
    Nach einer kurzen Pause stieg er weiter in das Thema ein.
    Ich hab zu ihr gesagt, ich brauch eine Hand voll Leute. Sie hat gemeint, ich soll ein paar Söldner anheuern. Sie hat mir dann erzählt, ihr Mann sei Centurio. Ich hab dann gesagt, ich geh mal hin und frag ihn, ob er ein paar Männer hat. Sie hat gesagt, dass das nicht ginge, die Begründung dafür hab ich vergessen.
    Vielleicht fällt mir ihr Name noch ein.............moment, irgendwas mit Cal-Calvena, ja genau und Germanica, so was in der Art.
    Rambosius wusste gar nicht, warum er das alles erzählte. Vermutlich sah er in Valerian eine Chance, sich hier zu integrieren, irgendjemanden zu finden, dem er sich anvertrauen konnte. Dieser Valerian war ihm von Anfang an schon sympathisch, hatte er ja auch ein vertrauenswürdiges Gesicht, selbst in der Dienstkleidung hatte man das Gefühl, er wollte lieber friedlich sein Land verteidigen, anstatt blutig.
    Rambosius hingegen war ein Mensch, den man als "Killer" bezeichnete. Wenn er den Mund aufmachte, kamen die Worte sehr direkt heraus, und vielleicht auch etwas proletenhaft. Seine Sprache war nicht rhetorisch begabt, sondern schlicht und einfach.
    Er musste bei diesem Gedanken etwas schmunzeln: Weißt du, vielleicht ist es Zufall, aber ich steh hier gerade vor einem Centurio! Vor zwei Tagen war es noch reine Utopie.


    Auf einmal kam ihm eine Idee, denn wenn es der Zufall schon wollte, dass er hier einen Centurio traf und gleichzeitig auch eine Person, mit der sich auch reden ließe, musste er den Gedanken gleich am Schopf packen:
    Weil du von arbeiten sprichst, vielleicht hast du ja eine Arbeit für mich. Ich glaube nicht an Zufälle. Alles ist Schicksal, auch das wir uns hier und jetzt begegnet sind.
    Das mit dem Brief würde er sicher machen und irgendeinen Händler würde er bestimmt finden. Doch dieses Vorhaben kam ihm jetzt plötzlich nebensächlich vor. Denn er konnte nun gehen und den Brief ausstellen und auf eine Antwort hoffen. Und danach stand er immer noch gleich wie vorher. Er konnte vielleicht seinen Neffen besuchen, aber auch der würde ihm nicht wirklich weiterhelfen können, weil er ja selber Peregrinus war. Und sich in diesen Zeiten aus der Stadt zu wagen, wäre sein Todesurteil gewesen. Er hatte zwar keine Angst umgebracht zu werden, aber ein paar Jahre noch zu leben, fände er auch nicht schlecht.

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  • Ein wenig schmunzeln mußte Valerian schon, als Rambosius jetzt laut nachdachte und seine Möglichkeiten nannte. Jagen war hier in Rom eher nicht so einträglich. Fischen an den Stellen, wo es noch genießbare Fische gab, also oberhalb der Stadt, war auch nicht so einfach, denn es gab schließlich Fischer, die sich nicht so gern ihren Fang wegfangen ließen. "Nun, es gibt unzählige Händler und Handwerker in der Stadt. Sie alle brauchen Rohstoffe oder müssen Waren ausliefern. Ich könnte mir vorstellen, daß sie einen starken Kerl brauchen können, der ordentlich was tragen kann."


    Als Rambosius dann von seiner Begegnung mit Calvena berichtete, verschluckte sich Valerian beinahe. Schnell räusperte er sich ausgiebig. "Männer? Wofür brauchst Du Männer? Nein, ein Centurio kann Dir kaum Männer geben. Wir sind Soldaten und dienen Rom und dem Kaiser, nicht Privatleuten. Eine vornehme Römerin? Germanica Calvena? Eine sehr schöne Frau, nicht wahr? Soweit ich weiß, hat sie auch ein paar Betriebe. Meinst Du denn, sie hat eine gute Meinung von Dir? Vielleicht würde sie Dich ja einstellen, hm?" Vorerst wollte er nicht verraten, daß er dieser Ehemann war. Nicht aus Bösartigkeit, sondern weil er es ganz lustig fand und sich an der Überraschung des Muskelprotzes erfreuen wollte, wenn es herauskam.

  • Rambosius dachte wieder an den Brief. Er kam sich dumm vor, so schwer konnte es doch nicht sein, einen Brief auszustellen und ihn gemäß der Adresse aufzugeben. Doch um das würde er sich nachher kümmern.
    Stark war er, das wusste er und war ihm ein Retter in so mancher Not. Doch wozu würde das führen, wenn er den Händlern beim Kistenschleppen behilflich wäre. Händler waren mobile Leute, die von einer Stadt zur nächsten unter Umstanden - je nach dem, wie die Geschäfte liefen - hin und her pendelten. Ein Händler war für Rambosius so etwas wie ein vornehmer, gehobener Betrüger, der mit allen Mitteln versuchte, seine Geschäfte in Ordnung zu bringen, aber sozial völlig unten durch war. Einen Vertrauten als Händler zu haben, wäre so wie wenn man sich auf die Verlässlichkeit eines Faultiers stützte. Gute Versprechen und gutes Zusprechen waren inbegriffen, aber nur um des Geldes und des Geschäftes Willen. Rambosius konnte dies allerdings nur vermuten....


    Auch Rambosius war von der Reaktion Valerian's nicht überrascht, als er um sein Vorliegen wegen einer Hand voll Männer ging. Nur zurecht sollte er da seine Zweifel haben. Nun war ihm jedoch klar, weshalb er bei einem Centurio keine Chance hatte, einfach Männer zu bekommen. Doch wollte er ihm sein Anliegen schildern:
    Ja, ich brauche Männer oder besser gesagt Kämpfer! Nicht irgendwelche. So welche in der Art wie ich es bin, nicht unbedingt vom Körperbau und von der Größe und auch nicht von den hohen Anforderungen. Aber sie sollten wendig, leise und skrupellos. Es könnte etwas länger dauern, dir das genauer zu schildern.....
    Rambosius sollte sich jetzt sicher sein, dass er am richtigen Mann, aber es war nicht der richtige Ort, wie er fand, um über so etwas zu reden. Zu groß war die Wahrscheinlichkeit, dass irgendjemand, der auch am Tiber spazieren ging, etwas davon mitbekam. Er versuchte ihn indirekt zu überreden, für dieses Thema den "Standpunkt" zu wechseln.
    Falls es dich näher interessiert...............ich fühle mich hier nicht wohl, über diese Thema zu sprechen........


    Als es zur Sprache über Germanica Calvena kam, war er etwas von den Socken, da Valerian plötzlich so viele Fragen über sie stellte. Ganz ruhig beantwortete er eine nach der anderen:
    Ja, so heißt sie, Germanica Calvena, nicht Calvena Germanica! Jetzt, wo du's sagst, kommt es mir wieder in den Sinn. Und lächelte dabei etwas.
    Sie ist verdammt hübsch. Solche Frauen vermisst man in Nordgermanien. Ich habe mich zwar nicht wirklich auf sie konzentriert, als ich in der Schneiderei war. Ich war ja mit der Verkäuferin, deren Sohn und der Wahl der passenden Kleidung auch beschäftigt.
    Aber ohne jetzt voreinnehmlich zu sein, sie war sicher aus gutem Hause. Wenn sie nicht schon einen Mann gehabt hätte, wie sie mir erzählte, hätten sich die Männer bei uns in Brigantium schon längst auf sie gestürzt! und lächelte dabei aufgeheitert.
    Ich muss dir aber sagen, bis auf das eine Mal, das ich sie zum lachen gebracht habe, war sie glaub weniger von meinem Messer begeistert als von mir, was ja schon mal nichts schlechtes ist.
    Rambosius blickte ihn fragwürdig an, als es um das Einstellen ging.
    Meinst du? Meinst du, dass sie mich einstellen würde? Was besseres könnte mir ja nicht passieren. Ich würde sofort zustimmen! und grinste Valerian an.

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  • Das klang alles andere als vertrauenswürdig. Valerian musterte Rambosius abermals sehr aufmerksam, lächelte aber immer noch. Bevor er nicht Näheres wußte, wollte er kein Urteil fällen. "Schau mal dort oben." Er deutete etwas die Böschung hinauf. Dort war alles ein wenig verwildert. Eine verfallene Mauer zeugte von einem Gebäude, das schon sehr lange nicht mehr stand. Niemand hielt sich dort auf, denn es sah nicht besonders einladend aus. "Dort können wir uns setzen, haben den Überblick und werden sicher weder gehört noch gestört. Zumindest, wenn wir einigermaßen leise sprechen." Es war nur ein Angebot. Vielleicht wollte Rambosius ja woanders hin?


    "Dein Messer gefiel ihr nicht? Aber das hast Du doch eh inzwischen verkauft. Und Du hast sie zum Lachen gebracht?" Er mußte wohl mal mit seiner Frau sprechen, was da vorgefallen war. Merkwürdig war das Alles auf jeden Fall. Und wenn er ehrlich zu sich war, fühlte er bereits einen kleinen Stachel der Eifersucht, obwohl das natürlich total abwegig war! "Ich weiß nicht, ob sie das würde. Wie gesagt, es kommt sicher darauf an, was Du für einen Eindruck auf sie gemacht hast." Und es kam natürlich auch darauf an, warum der Mann eine Schlägertruppe um sich versammeln wollte. Denn vielleicht würde Valerian seiner Frau auch abraten.

  • Bevor er sich das mit der Böschung der verfallenen Mauer überlegte antwortet er noch auf die anderen Fragen:
    Ja, das Messer war ihr unheimlich. Obwohl sie es gar nicht wirklich gesehen hat, niemand hat es gesehen, außer die, die durch es schon tot sind. Ich hab nur etwas geschildert. Es ist ja kein gewöhnlicher Messer. Eigentlich müsste ich sagen, es war. Es war recht lang, und hatte auf einer Seite spitze Zacken, wie die Zähne eines Säbelzahntigers. Und es war scharf wie eine Rasierklinge, doch treu wie eine Ehefrau!
    Er musste die Situation, wo er sie zum Lachen gebracht hatte, nochmals genauer schildern, anscheinend interessierte Valerian sich dafür.
    Ja, mein Gott, sie hat einmal gelacht. Ich müsste mich gerade entsinnen, wie das stattgefunden hat.
    Er konnte glücklich sein, dass sich Rambosius Gespräche auf den genauen Wortlaut gut merken konnte, es war ja in seinem früheren Geschäft sehr wichtig:
    Ich erzählte ihr eben so, dass ich gegen 10 oder 20 Männer problemlos kämpfen könnte, aber nicht, wenn mich hunderte angriffen. Ich glaub, für dich, Valerian, ist das auch kein Problem, gegen so eine kleine Gruppe zu kämpfen, denke ich. Danach hab ich sie anschließend eben gefragt, wo ich die Cohortes Urbanae finde und dass es sicher ein Versuch wert sein würde, dort einen Centurio zu fragen.
    Darauf hin hatte sie erst mal große Augen gemacht, die feine Dame bis sie schließlich etwas zu lachen anfing!


    Kurz entschloss stimmte er dem Vorschlag von Valerian zu. Denn nirgends war es so sicher, wie an einem Ort, der selbst so unsicher aussah:
    Gut, gehen wir dort rauf. Wenn ich mir diesen heruntergekommen Schuppen so ansehe, fühle ich mich schon fast wieder wie zuhause. Es gibt keinen sichereren Ort als die Hölle selbst. und lachte dabei etwas ironisch auf. Also gingen sie gemeinsam die Böschung hinauf, was bei 70% Gefälle nicht gerade einfach war.
    Sie mussten sich etwas durch Dornengestrüpp, wildem Rubus fruticosus durchwühlen. Und eine alte Rosa canina versperrte ihnen auch noch den Weg. Die wenige Mauer, die noch übrig war, sah karg aus, von Moosen und Flechten übersät. Dort setzten sie sich nieder, und zwar so, dass sie alles im Überblick hatten und sich doch mit dem Rücken zur Mauer anlehnen konnten.
    Ein Duft von frisch aufesogenen Moosen und Farnen kam ihnen entgegen, als Rambosius anfing zu erzählen.
    Hast du's auch bequem, Valerian? , flüsterte Rambosius.
    Ok, fing er ganz gemütlich an, da ich ja nichts zu befürchten haben, erzähl ich einfach mal ganz von vorn. Aber sei nicht zu kritisch mit mir, ich bin kein großer Erzähler, es ist das erste Mal, dass ich jemandem DAS erzähle.
    Er holte nochmals Atem und fing dann stimmungsvoll an, als ein warmer Ostwind ihm in die langen Haare blies.
    Ich bin ja Germane, und war gern in Germanien, aber in Germanien habe ich die schlimmsten Dinge erlebt, die sich ein Mann je vorstellen kann. Von Räubern und Banditen wurde ich beauftragt, germanische Stammführer, Kriegshelden und Fürsten zu ermorden. Ich schlachtete mich durch hunderte von Soldaten durch ohne nur eine Emotion zu vergeuden. Natürlich insgesamt betrachtet durch Hunderte.
    Ich kam einstweilen zu Fürsten, die wiederum mich beauftragten, Räuber und Banditen zu bezwingen - was mir eher gefiel, weil ich dafür ein hohes Kopfgeld kassieren konnte.
    Nach einigen Jahren war ich dann des Tötens müde und wusste nicht Gutes von Bösem zu unterscheiden, ich wollte mich einfach nur noch zurückziehen, doch laut anderer Leute sollte ich weiter töten, und weiter ihre Aufträge erledigen. Aus dieser Meinungsverschiedenheit entwickelte sich schnell jeden und alles, was von mir verlangte, grundlos zu töten. Nun war halb Germanien gegen mich und sie verfolgten mich von überall her, so war ich gezwungen zu töten und tötete dadurch nur noch mehr und noch besser.....
    Von meiner gebürtigen Heimat Brigantium musste ich endlich Abschied nehmen - ich floh erst richtung Osten. Meine Verfolger, die einst meine Freunde unter Anführungszeichen gewesen waren, verstreuten sich so weit als möglich, um einen großen Umkreis zu durchforsten. Ich sah mich unterdessen gezwungen, nur bei Nacht mich fort zu bewegen. Unter Tags versteckte ich mich in Höhlen oder bei anderen Leuten, doch kam es auch vor, dass ich tagelang ohne Essen und Trinken in Wäldern oder Steppen verbrachte.
    Eines Tages sagte ich mir: "Ich kann mich nicht mehr verstecken - sie werden mich finden! Es herrsche erst wieder Frieden, wenn ich sterbe oder wenn sie sterben!"
    Mein Verfolger kamen immer näher, es waren immer mehr und es wurde zusehends schwieriger sich zu verstecken. Ich hatte mir zwar geschworen, niemanden mehr grundlos zu töten - aber ich wusste, wenn sie mich bemerkten, wäre ich sicher schnell nicht mehr am leben. Deshalb musste ich ihnen zuvor kommen - ich musste es beenden, bevor sie es taten.


    An den folgenden Tagen, schlug ich mich gegen Südwesten durch. Leise wie der Tod und schnell wie der Wind nahm ich das Leben jener Verfolger, die mir zu nahe kamen. So leicht wie eine Feder gleitet mein Messer durch dessen Fleisch und so kraftvoll wie die Wogen des Meeres kämpfte ich mit der Stärke meines Körpers Mann gegen Mann.


    Am Fuße des Apennin jedoch fassten sie mich und brachten mich in ihr Lager. Ich hatte nichts dabei außer ein Messer und mein Gewand. Im Lager stürzten sich die Männer auf mich und entrissen mir alles, was ich hatte. Sie fesselten mich und grausam folterten sie mich. Doch ich hielt den Atem an, steckte die Schmerzen weg und blieb stumm. Doch mein Tod war ihnen nicht genug, ich sollte nicht mehr wissen, ob ich schon tot war oder noch lebendig - es war die Hölle auf Erden!
    Nach einer Woche Höllenquallen und sommerlicher Hitze, kam ein Gewitter auf und es begann heftigst zu regnen. Es verwandelte die trockene Erde zu schlamm und die Berghänge zu reißenden Bächen und Wind kam über das Lager, wie die fließende Lawa eines Vulkans.
    Das ganze Lager war aufgebracht und versuchte sich vor dem Unwetter zu schützen. Mich hatte man draußen an einen Pfahl fest gebunden. Durch den aufgeweichten Boden und der Unruhen im Lager, versuchte ich den Pfahl möglichst unauffällig aus dem Erdreich zu lösen, als plötzlich etwas aus dem Schlamm mir funkelnd entgegen schwomm. Ich ging in die Hocke, um zu sehen, was es war und wie durch ein Wunder war es mein eigenes Messer. Ich probierte mit angebundenen Händen von hinten in der Hocke aus an das Messer heranzukommen. Ich schaffte es gerade mit Mühe, das Messer zu ergreifen, bevor es ganz weggespült wurde. So schnell es ging, schnitt ich meine Fesseln durch.
    Mein schwarzes Haar war vollkommen durchnässt und das Wasser floss mir über mein Gesicht.


    Als ich mich befreit hatte, wusste ich nicht wo ich sicher war, ich hatte Angst, dass jemand der Männer kommen würde nach mir zu sehen. Der Schlamm war weich und nass. Mir blieb keine anderen Wahl. Ich legte mich nieder und überhäufte mich mit dem kalten nassen Schlamm bis nichts mehr von mir zu sehen war. Ich war quasi unter der Schlammdecke verschwunden. Ich hörte nur noch, als jemand kam und ganz verblüfft war, dass ich nicht mehr Pfahl hing. Er trampelte etwas vor mir hin und her, als würde er mich in der dunklen Nässe suchen wollen.


    Als der richtige Zeitpunkt gekommen war, erhob ich mich blitzschnell aus der Deckung des Schlammes und warf mich auf den Mann, der da vor mir stand und mich suchte. Der Mann taumelte kurz, krachte dann aber zu Boden in den Schlamm. Ich drückte seinen Kopf solang in das durchwässerte Erdreich bis er daran erstickte. Die Leiche überhäufte ich gleich mit etwas Schlamm, damit sie versteckt bliebe.
    Ich schlich weiter um die Lagerzelte herum, wo niemand mehr zu sehen war, aber ich wusste - wenn ich jetzt kein Ende setzte, würden es nur noch mehr werden, die die verfolgten und ich hätte niemals mehr die Ruhe.
    Die Männer, die sich vor dem Unwetter zu schützen versuchten, gingen nun wieder zu ihren Zelten zurück, als sie plötzlich vor meiner Gestalt erschracken.
    Der eine nahm gleich seinen Bogen und schoss auf mich, ich stürzte nach rechts und entwich, wo sogleich ein anderer mit der Axt auf mich wartete. Ich wich geschickt aus, glitt mit meinen Füßen, zwischen die des Mannes, warf ihn in den Dreck und steckte ihm mein Messer in die Brust. Am anderen Ende der Zeltseite pirschte ich mich wieder schnell an und machte mich bereit auf die nächste Attacke. Ich musste nicht lang warten, schon wollte einer mit seinem Schwert um die Ecke stechen, als ich seinen Arm erwischte und gekonnt mein Messer in seine Schläfe rammte. Ein zweiter Pfeil verfehlte mich nur knapp und ich sprang schnell auf die andere Seite, rollte mich dann geschickt auf die Hinterseite eines der Zelte.
    Inzwischen hatten sich die Männer, nach dieser Schockerfahrung, gruppiert und zogen nun Seite an Seite durch das Lager, um mich aufzuspüren.
    Eine Gruppe näherte sich gefährlich der Stelle, wo ich gestanden hatte.
    Ich schlüpfte noch unter eine Zeltplane. Als die Gruppen direkt vor mir zu stehen kam, sprang ich auf und warf ihnen die Zeltplane über, stürzte mich sogleich auf sie, damit die Männer sich gegenseitig zu Boden stürzen würden und unter der Plane liegen blieben.
    Ich stürzte mich also darauf und stocherte mit meinem Messer sooft ich konnte auf die Plane ein bis sich darunter nichts mehr regte, außer ein Bächlein Blut, dass daraus floss und dem Wasser folgte. Ein dritter Pfeil streifte meinen Oberarm, ich rollte mich dann in den Hang hinein, wohin das Wasser floss. Ich ließ mich von dem Schlamm mitschwemmen, während einige weitere Pfeile mich versuchten zu treffen. Ich glitt direkt auf einen zweite Gruppe von Kämpfern zu. Mein Messer schnitt die Achillessehne eines Mannes durch, ich schnappte mir anschließend einen Pfeil, der gerade daher geschwemmt kam, sprang auf und stach ihn dem Nächsten in sein Auge, kurz darauf ich mit meiner Faust erst einmal einen Weiteren zu Boden brachte. Der Vierte der Gruppe attackierte mit seinem Schwert, ich konnte seinen Hieben bei dem rutschigen Untergrund schwer ausweichen. Der Mann streifte meine Brust gefährlich und ich bemerkte gleichzeitig, dass sich die anderen Männer wieder aufrichten wollten. Also zog ich schnell mein Messer und jagte es dem Mann, mit dem schwingenden Schwert schnell durch die Kehle. Darauf ergriff ich sein Schwert und zog mein Messer wieder aus der Kehle heraus. Demjenigen, der wieder auf den Beinen war, schob ich das Schwert sogleich durch den Bauch, und plötzlich verfehlte mich ein Pfeil, der einen anderen der Männer direkt in die Stirn traf. Einer der Gruppe war noch übrig und ergriff mich von hinten, er versuchte mich mit seinen Armen zu erwürgen. Ich stammelte etwas, konnte Gott sei Dank aber mein Messer zücken und traf sein Gesicht schmerzlich. Nun konnte ich mich aus den Fängen des Mannes befreien und schnitt ihm den Hals durch. Die Bogenschützen waren nun postiert und ich versuchte ihren Pfeilen zu entweichen.


    Die Bogenschützen ließen einen Schwall Pfeile auf die Zellte hageln bis auch der letzte Pfeil verschossen wurde!
    Einer der Schützen war auf einem kleinen Felsvorsprung platziert und starrte auf das Lager.
    Ich schlich mich an.
    Da packte ich von unten seine Schienbeine und zerrte daran. Der Schütze versuchte sein Gleichgewicht zu halten, doch konnte sich nicht lang halten, sodass er stammelte und niederfiel.
    Ich kroch schnell den Felsvorsprung hervor und beendete die Sache mit dem Schützen schnell, schnappte seinen Köcher und seinen Bogen.
    Ich blieb in Deckung und erledigte einen nach dem anderen der Schützen, die jetzt mit ihren Schwertern und Messern mich vergebens im Lager suchten. Den einen nagelte ich mit drei Pfeilen an eine der Zeltplanen, dem anderen schoss ich einen Pfeil mitten durch den Kopf. Wiederum ein anderer wollte fliehen und mein Schuss wurde abgelenkt und der Pfeil traf den Schützen in die Wade. Als ich alle merklichen Schützen erledigt hatte, ging ich erschöpft in Richtung des Lagers.
    In strömendem Regen sah ich den einen Schützen, den ich an der Wade verwundet hatte, mit Mühe zu fliehen. Er humpelte durch den Matsch, als ich zum letzten Mal den Bogen spannte. Mit einem schrillen Geräusch pfiff der Pfeil durch die Luft der herabkommenden Tropfen und schoss in den Rücken des Schützen, der dadurch auf die Knie fiel. Der Schütze zog seine Schleuder aus einer Tasche, dreht sich um und zielte damit aus voller Wut und Geschrei gegen mich. Ich zückte sofort einen Pfeil, spannte abermals meinen Bogen und schoss dem Schützen durch den offenen, schreienden Mund hindurch, sodass dieser einfach umkippte!
    Ich blickte nach hinten und sah, wie sich der Hang langsam von den Wassermassen aufzulösen schien. Ich ließ den Bogen fallen und eilte den Hang hinauf, doch von der Folter entkräftet konnte ich mich oben angekommen nicht mehr auf den Beinen halten - bei der Nässe rutschte ich aus, die Wassermassen auf der anderen Seite des Hügels waren noch stärker und ich wurde von ihnen mitgerissen. Vergeblich versuchte ich mich festzuhalten, immer schneller glitt ich den Hang herunter und hinter mir das flüssige Erdreich. Es spülte mich schließlich an den Rand des unteren Hanges, wo ich dann liegen blieb.


    Am nächsten Morgen ging die Sonne etwas später auf und erhellte die ganze weite Eben, die vor mir lag.
    Ich erwachte und sah schließlich hinunter in das lang erstreckte Italien. Ich hatte es geschafft - zumindest für eine zeitlang - meine Verfolger abzuhängen!

    Nach dieser langen Erzählung war Rambosius sichtlich erschöpft und sah mitgenommen aus. Diese Erinnerungen an Mord und Todschlag taten ihm einfach nicht gut.
    Zum Schluss sagte er noch zu Valerian:
    Du kannst es mir glauben oder nicht, aber jetzt bin ich hier und erzähl dir das. Da draußen vor der Stadtmauer, da warten meine Verfolger jedoch schon auf mich. Und sie warten sicher schon zu hunderten, ganze Armeen vielleicht schon. Sie werden Rom sicher nicht angreifen. Aber wenn ich da ganz normal hinausspaziere und sie sich sicher fühlen, werden sie mich angreifen und du kannst am nächsten Morgen meine Gliedmaßen zusammensuchen. Hier in Rom bin ich sicher!
    Er blickte bei diesem Gedanken ins Leere. Er hatte Angst, er hatte immer Angst gehabt, bei jedem Kampf zitterte er am ganzen Körper und innerlich.
    Und er konnte seine Angst nicht mehr verstecken. Sterben würde er sowieso, aber die Frage war nur wie. Starb er kämpfend gegen Hunderte, die ihn attackierten oder starb er friedlich im Beisein von Leuten, die er kannte und im ihm vertrauten.....

    Lebe für nichts, oder stirb für etwas!

  • "Was ist ein Säbelzahntiger", fragte Valerian erstaunt. Ein Tier dieses Namens war ihm noch nie untergekommen. Insgesamt waren die Berichte des Mannes doch mehr als abenteuerlich. Würde es stimmen, dann hatte er ganze Armeen umgebracht. Was natürlich nur übertrieben sein konnte. Doch ein Mann, der mit solcher Leichtigkeit und ganz ohne Gewissensbisse tötete, war ein wahres Monster. Das wollte er näher wissen. "Brigantium? Das liegt doch in römischem Gebiet? Gegen was für Soldaten hast Du da gekämpft? Stammesfeindlichkeiten sollten da doch in so großem Ausmaß gar nicht mehr stattfinden? Erklär mir das doch bitte ein wenig genauer." Wenn der Mann Römer niedergemetzelt hatte, dann wußte Valerian, was er zu tun hatte. Und hunderte Bewaffneter sollten vor Roms Mauern auf diesen Mann lauern? Niemals. Die Wachposten an den Straßen hätten längst Alarm geschlagen. Keine Armee und auch kein Haufen von randalierenden Barbaren kam so weit in Italia ohne bemerkt zu werden. Rambosius übertrieb maßlos - oder litt gewaltig an Verfolgungswahn. "An was für Götter glaubst Du, Rambosius? An unsere? An die germanischen? Oder vielleicht ganz andere?" Die ganze Geschichte war ungemein abenteuerlich, - und gar nicht so schlecht erzählt wie angekündigt. Nur völlig unglaubwürdig. Ganze Pfeilhagel, ohne auch nur einen Kratzer! Ganz Horden von Gegnern, einfach so niedergemetzelt oder überlistet. Gegen diesen Helden wurde Herkules blaß.

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