Kleine Steinchen

  • Marei hatte den Legaten sowie Cimon seit der Abreise aufs Landgut nicht mehr gesehen. Frija wurde von der Herrin und ihrem Sohn beansprucht. Baldemar hatte ebensoviel zu tun. Marei half wie immer in der Küche aus und lernte neue Feinheiten. Sie wurde immer sicherer im Messer schneiden und durfte sich asbald eigenständig um die Ware 'Brot und Kekse' kümmern. Das verleitete ganz natürlich zum Naschen und Klauen von leckeren Stückchen, die sie heimlich verzehrte. Sie bekam als jüngste in der Sklavengruppe zu spüren, dass sie eine niedere Sklavin war und dass alles was ihr in die Hände fiel einzig und allein der Herrin gehörte.


    Sie verliessen das Landgut und reisten zurück nach Rom. Sie kehrten allerdings nicht in die Villa Aurelia ein sondern kamen bei den Germanicern unter. Die kleine Sklavin vermisste Cimon schmerzlich und war ziemlich traurig, den schwarzen Löwen nicht wie immer sehen zu können. Frija und Puppe Nina halfen ihr über den Abschiedschmerz hinweg. Oftmals dachte Marei daran sich zu Germanica Sabina zu schleichen und mit ihr zu quatschen sowie sich mit Sabinas Freunden anzufreunden und dann mit allen spielen zu gehen. Aber Marei war immer noch eine ziemlich junge Sklavin, die bestimmte Aufgaben zu erfüllen hatte.


    Die Lux-Alpträume, die sie nachts überfielen, waren immer noch präsent und liessen sie weinend aus dem Schlaf aufschrecken. Nur 'ihre' Eltern und Puppe Nina wussten davon. Zwei Tage nach der Ankunft in der fremden Villa bekam Marei frei. Sie wusste seit der turbulenten Ankunft, dass Sabina Hausarrest hatte und beschloß, diese auf ihrem Zimmer zu besuchen. Marei schleppte neben Puppe Nina auch die Kiste mit den bunten Mosaiksteinen mit sich. Bis auf die Amme, die sich um die Zwillinge im Zimmer nebenan kümmerte, war sonst keiner auf dem Flur anwesend. Marei klopfte an und schob die angelehnte Tür auf. "Huhu? Sabina?"

  • Hausarrest, das war wirklich unfair! Aber schlimmer war es, unter den Augen Laevinas sich in sticken, weben und nähen zu üben. Immer hatte diese etwas an ihrer Arbeit auszusetzen. Mal war es ein Knötchen oder der Faden war zu lang oder irgendetwas anderes. Das machte so gar keinen Spaß, besonders, weil sie immer erst dann gehen durfte, wenn das Stück Stoff genau den Vorstellungen der Großtante entsprach. Und das war fast unmöglich zu erreichen. Zumindest solange wie die alte Germanica ein Nickerchen machte, konnte sie tun und lassen was sie wollte. Solange jedenfalls sie das Haus nicht verließ. Wie gut dass sie genügend Spielzeug hatte mit dem sie sich beschäftigen konnte. Oder aber sie spielte auch mal mit ihren Geschwisterchen.
    Heute saß sie allein in ihrem Zimmer und spielte mit dem Pferd, welches Valerian ihr geschenkt hatte. Der Quintilier war so etwas wie ein Held für sie. Nicht nur das er nett war, nein er war auch für ein paar Späßchen zu haben und obendrein auch noch Soldat. Tapfer und glorreich, das fand sie toll und bewunderte ihn dafür. Und das er Calvena geheiratet hatte war noch besser. Auf diese Weise waren sie verwandt. So einen Helden in der Familie zu haben, war schon was Tolles. Ein Klopfen riss sie aus der Betrachtung des schönen Holztieres und im nächsten Moment steckte schon Marei den Kopf zur Tür herein. Das Sklavenmädchen hatte sie fast vergessen. So oft hatte sie diese nicht zu Gesicht bekommen. „Ohhh…“, meinte sie überrascht und lächelte dem Mädchen zu. „Was machst du denn hier? Hast du frei?“

  • "Hallo!" begrüßte sie Sabina und trug die Kiste Mosaiksteinchen mit beiden Händen in den Raum, während Puppe Nina unter dem linken Achsel klemmte. Marei schob mit dem rechten Fuß die Tür zu. "Ja, ich habe frei bekommen und freue mich total drüber. Das ist ganz selten frei zu haben. Was hältst du in deiner Hand? Ein Pferd? Von wem hast du das?" Scheu lächelnd musterte sie das andere Mädchen und hielt Nina am Arm fest. Noch war das Eis nicht gebrochen, zu lange hatte sie die Spielkameradin nicht mehr gesehen. "Ich habe meine Puppe mitgebracht. Sie heisst Nina. Die habe ich eigentlich immer bei mir. Aber wenn ich schaffen muss, dann liegt sie auf dem Kopfkissen in meinem Bett und wartet auf mich." Behutsam streichelte sie über Ninas blonde Haare und überlegte, ob sie Nina an Sabina weitergeben wollte. Und darüber aufklären, was in der mitgebrachten Kiste war, das konnte die kleine Sklavin immer noch tun. Sie hatte gelernt, dass sie nur dann etwas beantworten durfte, wenn sie danach gefragt wurde,

  • Neugierig beobachtete Sabina, wie Marei eine Kiste mit herein schleppte. Was da wohl drin war? Sicherlich etwas spannendes. Doch bevor sie fragen konnte, plapperte das andere Mädchen erst einmal drauf los und erzählte von ihrer Puppe. „Meine Puppe heißt Madara!“ erklärte sie. Kurz rutschte sie halb unter ihr Bett und angelte sich dann das geliebte Spielzeug. Bia hatte ihr Wort gehalten und die Puppe aus Mantua her bringen lassen. Das war ein Theater gewesen, weil das Spielzeug vergessen worden war. „Meine Mutter hat sie mir geschenkt… also nicht Serrana, sondern meine richtige Mutter“, erzählte sie und setzte die Puppe auf ihr Bett. „Was hast du da in der Kiste?“

  • "Marada... hmm.. ein netter Name!" befand Marei und beobachtete wie und woher Sabina ihre Puppe holte. Die kleine Figur lag nämlich unterm Bett! Seltsam, wie kam sie dahin?! Mit Nina würde sie das nie machen. "Warum lag Marada unterm Bett? Hat sie etwas angestellt? Oder spieltest du mit ihr Verstecken?" fragte Marei drauflos. "Ja, man hat mir gesagt, wie das in deiner Familie ist: Papa, angeheiratete Mama, Papas Kind und Mamas Zwillinge. Wer ist denn deine richtige Mutter? Wie heißt sie? Lebt sie hier oder anderswo?" schob Marei neugierig hinterher.


    Die kleine Sklavin hatte ebenfalls keine richtige Mutter, von der sie nicht wusste, ob sie noch lebte oder unlängst an den ansteckenden Krankheiten, die Huren befielen verstorben war. Frija war längst zur Ersatzmutter geworden und ihr Ehemann Baldemar hatte sich bereit erklöärt, den Vater zu geben. Marei war ganz glücklich darüber. "Die Kiste hat mir die Herrin Septima geschenkt. Das ist die Ehefrau vom Bä.. äh Aurelii Ursus. Ich mach sie mal auf..." Immer wenn sie an Ursus dacbte, fiel ihr zuerst sein Spitzname ein und das musste sie sich endlich mal abgewöhnen. Marei löste die Verschlüsse und öffnete die Kiste. Steinchen in allen möglichen Farben lagen drinnen. "Ich habe einmal eine Blumenwiese gelegt, da waren wir noch in der Villa Aurelia. Die Herrin sah es und es gefiel ihr. Sie war erstaunt, dass die Wiese mein erstes Legespiel war."

  • „M A D A R A!“ verbesserte Sabina Marei, als diese den Namen der Puppe falsch aussprach und daraus irgend so ein Kauderwelsch machte. So schwer war der Name nun auch nicht. „Unter dem Bett ist mein Versteck! Wenn ich meine Puppe suche, finde ich sie immer dort wieder“, erklärte sie den Grund, warum die Puppe dort lag und nicht bei ihr im Bett. Diese Angewohnheit hatte dafür gesorgt, dass ausgerechnet dieses Spielzeug bei der eiligen Abreise vergessen worden war. Sie sollte sich wohl einen neuen und besseren Ort für die geliebte Puppe ausdenken. „Unter dem Bett schaut Bia nicht so schnell nach und auch Laevina nicht, wenn ich aufräumen soll!“ sie zeigte ein freches Grinsen. „Meine richtige Mama ist Tod… sie hieß Paulina“, erzählte sie. Sabina war nicht mehr so traurig, dass ihre Mutter Tod war. Sie hatte sich damit abgefunden, dennoch vermisste sie diese ab und zu.
    „Ich weiß wer Septima ist“, ganz leicht rollte sie mit den Augen. Die Tiberia war nett. „Oh… so viele Steinchen!“ Die Germanica machte große Augen.

  • Tja, manchmal war Marei ein klein bisschen schwerhörig und sprach neue Wörter oftmals zuerst einmal falsch aus. "Upssalla.. entschuldigung. Madara heisst deine Puppe." verbesserte sie sich selbst rasch. "Unterm Bett würde ich mich nie verstecken.. da kannst du weder vor noch zurück noch raus, wenn sich jemand nähert." gab die kleine Sklavin zu bedenken und fand, dass ein unterm Bett-Versteck genauso gefährlich war wie ein in einer Kiste untergebracht und gefangen gehalten werden. Unbeabsichtigt stiegen ihr Tränen in die Augen, während sie Sabina zuhörte, die ihr Spielzeug aufräumen musste."Tut mir leid, dass deine Mutter nicht mehr lebt. Über meine Mutter weiss ich nicht Bescheid." bedauerte sie aufrichtig. "Woher kennst du meine Herrin?? Ich wurde ihr geschenkt." Der mitgebrachten Kiste und den Steinen würde die gebührende Aufmerksamkeit geschenkt. "Ja, du hast richt, das sind total viele Steine. Meine Bilder werden nicht immer fertig."

  • Sabina fand unter dem Bett war ein gutes Versteck. Dort schauten die Erwachsenen selten zu allererst nach. Das Marei das nicht so sah, war ihr egal. Marei musste ja nicht ihr Versteck teilen. „Hast du etwa Angst vor Gespenstern? Unterm Bett sind bestimmt keine Gespenster oder Lemuren! Jedenfalls nicht unter meinem Bett!“ Marei war komisch, wie sie fand. Das Mädchen hatte sich verändert, seit ihrem ersten Kennenlernen. Hätte sie auch keinen Hausarrest, wäre sie wohl jetzt bei Milo oder aber einem ihrer anderen Freunde. „Manchmal vermisse ich sie…“, gab Sabina leise zu Thema ihrer Mutter zu. Aber als sie dann mit den Schultern zuckte, war es auch vergessen. „Septima ist eine Freundin meiner Cousine Calvena! Wir haben uns bei einem Fest das Calvena ausgerichtet hat, kennen gelernt! Außerdem ist sie ja Gast, also muss ich sie ja kennen!“ Das sagte sie im selbstverständlichen Ton. „Machst du nur Blumenbilder?“

  • Sie musste den nicht versklavten Menschen gegenüber immer ehrlich sein, ob sie wollte oder nicht, hatte Frija gesagt. "Ja, ich habe Angst vor denen..." Die Gespenster kamen bis in ihre Träume hinein. Ob Frija ihr Schreien auf das Geplärr von Septimas Sohn geschoben hatte? Gab es Beschwerden? Nickend nahm sie Sabinas Eingeständnis an und würde darüber schweigen "Bei welchem Fest habt ihr euch kennen gelernt? In der Villa Aurelia oder in der Villa von Calvena?" Wahrscheinlich war sie nicht mitgenommen worden, sonst würde sie sich errinnern. "Nein, ich lege nicht nur Blumenbilder. Neuerdings versuchte ich eine Pferdefigur zu legen, aber das war ganz schön schwer, weil ich noch nie Gelegenheit hatte, mir diese Tiere genauer anzuschauen und zu merken, wie sie aussehen. Ich durfte einmal einem der aurelischen Zwillinge mit ihrem Pferd helfen und zur Belohnung auf dem Rücken ihres Pferdes sitzen. Sie brachte das Pferd auf den Platz vor den Boxen, trieb das Pferd zum Schritt an und es lief an einem langen Zügel im Kreis. Wir waren unter uns. Das war toll! Ich würde das gerne nochmal machen dürfen..." erzählte Marei und betrachtete nebenbei Sabinas hölzernes Pferd.

  • Sabina war überrascht, das Marei zugab, sie hätte Angst vor Geistern. Die Germanica hatte auch Angst, aber das würde sie nicht zugeben. Schließlich war sie genauso mutig wie Milo. "Calvena hat hier gewohnt, bevor sie geheiratet hat und hier hat sie auch ein Fest zu den Fontinalien veranstaltet. Ich hab ein neues Kleid bekommen und die Freundinnen meiner Cousine kennen gelernt", plapperte sie fröhlich drauf los. "Da hab ich auch Valerian zum ersten Mal kennen gelernt. Er ist Soldat! Aber da waren sie noch nicht verheiratet, erst später! Jedenfalls hat er mich versteckt. Er ist echt toll. ein richtiger Held!" Sabina bewunderte den Quintilier. Er war ja auch sehr nett. "Ich liebe Pferde! Ich bekomme ja eines. Das haben mir mein Vater und mein Onkel versprochen! Ein Fohlen, ich zeig es dir, wenn ich es habe!" versprach sie. "Ich glaub die aurelischen Zwillinge hab ich schon mal gesehen... auf der Hochzeit von meinem Vater und Calvena. Sie haben total gleich ausgesehen...", mehr konnte Sabina nicht sagen, denn Bia steckte den Kopf rein. "Laevina hat ihr Nickerchen beendet, du sollst wieder zu ihr!" "Ohje", Sabina zog einen Schmollmund und ließ den Kopf hängen. "Ich kann nicht länger spielen. Aber du darfst gern hier bleiben!" erklärte sie und macht einen geknickten Eindruck. "Du darfst auch gern mit meinen Pferden spielen!" sie deutete auf die unzähligen geschnitzten Pferde. Und dann war sie auch erst einmal wieder weg und ließ Marei allein in dem großen Zimmer mit den vielen Spielzeugen.

  • Sabina erlebte ganz schön viel: sie bekam ein neues Kleid.. lernte einen Soldaten näher kennen.. sie bekam ein Pferd,.. sie durfte Feste besuchen und hatte die gleichaussehenden aurelischen Zwillinge gesehen. Leider musste sie wieder zur ihrer griesgrämigen Tante und liess sie somit wieder alleine. Da ging ihr die ganze Spielfreude flöten! Mit hängendem Kopf sah Marei ihr nach und schloß die Kiste voller bunter Steinchen. Sie betrachtete die Pferde, nahm einige wenige davon in die Hand und betrachtete diese genauer. Hübsche Schnitzereien waren das, befand Marei und stellte sie wieder dort auf, wo sie gestanden hatten. Nur zu gerne würde sie mit allen Spielsachen spielen, doch die kleine Sklavin hatte Angst davor, dass jemand von den Erwachsenen sie beim Spielen erwischte. Leise sammelte Marei Puppe Nina und die Kiste ein und verliess das Kinderzimmer ihrer Spiekameradin.

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