Das neu in Rom verstand Axilla ja, aber Luca musste doch irgendwem gehört haben? Sie konnte sich einfach nicht vorstellen, dass jemand so schnell zivilisiert werden konnte, dass man ihm soweit vertrauen konnte. Axillas Welt war in der Beziehung herrlich einfach. Die Römer waren die guten, das Römische Reich etwas gutes, die römischen Soldaten die Besten. Feinde Roms waren demzufolge böse. Schwarz, weiß, kein verwirrendes Grau. Auch wenn Axilla ansonsten wirklich überaus tolerant war, hatte sie innerhalb der Ordnung des römischen Gemeinwesens keine Vorurteile gegen irgendjemanden oder irgendetwas. Ihr war es egal, ob ihr Gegenüber Sklave war oder Senator. Entweder konnte sie jemanden leiden, oder nicht. Leander hatte sie wie einen Bruder geliebt, und der war ihr Sklave gewesen. Und Terentius Cyprianus hasste sie mit Inbrunst, und der war Ritter. Daher dachte sie sich auch nichts dabei, mit Luca ganz leicht zu reden, immerhin hatte er sie eben zu schützen versucht und führte sie jetzt zu Kephalos. Das fiel unter „nett“, und damit in die Kategorie Mensch, mit der Axilla sich wohl gerne unterhielt.
Aber im Moment verwirrte er sie. “Wie meinst du das, er ist dein erster Herr? Oder dientest du ihm früher nur außerhalb von Rom?“ Axilla war zumindest reichlich verwirrt, aber das war noch die vernünftigste Erklärung, die ihr einfiel.
Das Schild war dann auch schnell gefunden. Soviele griechische Zeichen gab es selbst in der Subura dann ja auch nicht. Auch wenn besagtes Schild halb unter dem Graffitto eines gewaltigen Phallus mit entsprechender Behaarung begraben lag, das munter darübergeschmiert worden war. Und die Farbe war offenbar noch frisch.
Es brauchte einen Moment, bis Axilla bemerkt hatte, dass Luca ihr jetzt in einem der griechischen Dialekte geantwortet hatte, aber sie hatte jetzt nicht aufgepasst, in welchem. Sie glaubte, es war attisch, als er das nächste Mal was sagte. Sie antwortet dennoch auf Koine und hoffte, dass er sie verstand. Immerhin war letzteres ja ein Mischdialekt aus den anderen griechischen. “Ja, das ist es. Ist es in Ordnung, wenn du mit Malachi hier kurz wartest? Ich muss nur etwas schnell besprechen. Dauert nicht lange, höchstens eine halbe Stunde.“ Treuherzig schaute Axilla kurz zu ihm hoch, wartete aber die Antwort eigentlich gar nicht so wirklich ab. Sie hatte ja kaum eine andere Wahl, als den Sklaven jetzt hier kurz allein zu lassen, um mit ihrem Architekten zu sprechen.