Navigatio | Ein Stein geht schwimmen

  • Endlich schwamm der Kahn stromab. Wenn man zu einer Reise aufbricht, dann gibt es im letzten Augenblick immer noch tausend verdammte Handgriffe zu tun, die sich gegen die Reise zu sträuben scheinen. Aber jetzt war alles getan.


    Die Reise: in die Germania Inferior. Ich wollte an einen bestimmten Platz, um einen Weihestein zu setzen. Der Weihestein war mit an Bord, verfertigt von einem mogontinischen Steinmetz. Nicht die allerfeinste römische Qualität, aber die Göttinnen, denen er gewidmet war, würden sich freuen.


    Der Kahn: ein Prahm oder wie es die Fachleute vornehmer nennen, ein Plattbodenschiff, wie es tausende auf dem Rhenus gab. Ladekapazität 300 centumpondia*, geeignet auch für kleinere Nebenflüsse des Rhenus. Der Schiffer war Pharos, den ich schon länger kannte.


    Rechter Hand sah man die Hänge des Mons Taunus, meist bewaldet und nur ganz selten unterbrochen durch die hellen Flecken des einen oder anderen Gehöfts. Wir wollten noch bis Mittag in Bingium sein, um heute noch über die Stromschnellen dort zu kommen. Im schlimmsten Fall müssten wir die Fracht auf Maultiere verladen, den geleichterten Kahn mit Trossen durch die Stromschnellen bugsieren und dann wieder beladen. Ein ziemliches Gewürge, das wir aber heute auf jeden Fall noch hinter uns bringen wollten.


    Sim-Off:

    * ca. 10 Tonnen

  • Rhenus Pater war uns gestern milde gestimmt, sodass sich das Gewürge an den bingiensischen Stromschnellen in Grenzen hielt.


    Aber jetzt zog uns eine schnellere Strömung in ein sehr enges Tal. Rechts traten die Abhänge des Mons Taunus, die sich eben noch freundlich und sanft gezeigt hatten, plötzlich steil bis an die Ufer des Rhenus heran, schütter bewachsen mit Bäumen oder Büschen, oft aber nur als nackter Fels. Und von links drängte sich die Silva Sana fast bis in den Fluss.


    Solange der Strom geradeaus oder nur in lang gezogenen Windungen floss, blieben wir auf dem Stromstrich, wo uns das Wasser am schnellsten mitnahm. Mit je einem Ruder an der vorderen und hinteren Kaffe hielten wir den Kahn parallel zur Strömung, in der Art wie es auch die Flößer tun. Das änderte sich aber, als wir uns Vosolvia näherten.


    Der Strom machte einen Rechtsknick um einen steilen und hohen Bergsporn und Rhenus Pater ließ uns gegen Querströmungen und Kehrwässer kämpfen. Pharos schrie: 'Regt euch nicht auf, das Schlimmste kommt noch!' Gut gebrüllt, Pharos, aber wir hatten keine Zeit, uns damit zu beschäftigen, denn jetzt wandte sich der Strom nach links und wir mussten uns mit allen Kräften vom Prallhang fernhalten. Danach eine Windung nach rechts um einen weniger hohen Felsen.


    'Das da ist das wirklich fiese Ding, bleibt in der Mitte!' Pharos hatte recht, denn erst hinter diesem Felsen kamen die ganz üblen Querströmungen und Kehrwässer. Dazu noch Kiesbänke. Gut, dass der Kahn zwei Fuß hohe Setzborde hatte. Trotzdem schwappte der eine oder andere Eimer Wasser ins Boot.


    Aufatmend fuhren wir an Salisio und Baudobriga vorbei, wo uns Rhenus in langen Kurven hin und her schickte. Nach einer Weile erschien rechts die Mündung der Logana und jetzt sahen wir auch, dass das Tal sich weitete und uns den Blick auf Confluentes freigab.


    Genug für heute. Wir legten in Confluentes an.

  • Als wir morgens ablegten, war es ziemlich diesig und man spürte, dass es heute gewittrig werden würde. Der Rhenus beschrieb ruhig strömend einige weite Bögen bis nach Antunnacum. Jetzt konnte man schon über der großen Talweitung, die wir durchfahren hatten, die ersten hoch aufquellenden Haufenwolken sehen.


    Aber bei Antunnacum traten die Berge wieder nah an den Strom heran und bildeten fast ein Tor wie in Bingium. Pharos beruhigte uns: 'Das wird viel gemütlicher als gestern'. Die Strömung wurde zwar wieder schneller, aber das Tal gönnte sich mal rechts, mal links eine flache Niederung, auch wenn die Talwände steil und manchmal auch felsig waren.


    Donar sei Dank, dass die jetzt aufkommenden Gewitter uns nicht folgten. Wir hörten das Gegrummel, als wir Ad Fines erreichten, die Grenze zwischen Germania Superior und Inferior. Am rechten Ufer sah man die ersten Wachtürme des Limes und am linken Ufer die Gebäude der Beneficiarii beider Provinzen. Ab jetzt war der Strom die Grenze zum Barbaricum.


    Wir legten an, um den Beneficiarii einen Blick auf unsere Fracht zu gewähren. "Ein Weihestein? Nä, was soll das?" Ich erklärte es ihm und er wünschte mir das Wohlwollen der Götter. Der Stein musste ja noch einige Meilen auf dem Rhenus schwimmen.

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