Cubiculum Flora et Manius
Auch der schönste Tag im Leben geht einmal zu Ende und ihm folgt die Nacht der Nächte. Zweifellos eine besondere, eine aufregende und schlaflose Nacht, zumindest wenn Prisca dabei an ihre eigene Hochzeitsnacht zurück dachte. Wie wird es wohl bei Flora sein?, wagte sie sich kaum vorzustellen, wie ihreCousine diese Nacht würde verleben, wenn ER mit ihr, also wenn ER es ihr ordentlich würde besorg … Du meine Güte, ob dieser Tiberer dazu überhaupt in der Lage sein wird, in seinem Alter?... Böse Prisca!, schalt sich die Aurelia für diese zweideutigen Gedanken, die ihr fortlaufend durch den Kopf gingen. Aber was sollte sie machen? Schließlich wurde sie durch ihre Aufgabe als pronuba zwangsläufig mit diesem Umstand konfrontiert. Und dazu gehörte eben auch, den Raum ansprechend genug für die prima noctis herzurichten, in dem ihre Cousine ihre ehelichen Pflichten zum ersten Mal würde vollziehen … Und ER hoffentlich die seinen! …Böse Prisca!!!
"Herrin?" "Ja was ist?", wurde die Aurelia plötzlich aus ihren Gedanken gerissen, als einer der Sklaven sie unvermittelt ansprach. "Ist der Blumenteppich nun so zu deiner Zufriedenheit?", wollte dieser von ihr wissen und deutete auf das Meer von Rosen- und Orchideenblüten, die er alle akribisch und einzeln hatte ausrichten müssen. Von der Türe bis hin zum Bett und dort verteilt auf den weißen Kissen und kunstvoll zusammengefalteten Laken. Entsprechend stand dem Sklaven der Schweiß auf der Stirn und seine Stimme zitterte vor Angst, alles nochmal auslegen zu müssen (zum vierten Mal).
"Hm, ja so passt es jetzt.", gab sich Prisca nach einer kritischen Betrachtung des Arrangements endlich zufrieden mit seiner Arbeit. "Und wehe, einer von euch tritt auf die Blüten, dann dürft ihr alles noch mal neu machen. … Alle die hier nichts mehr verloren haben - RAUS!", kommandierte Prisca die Schar Sklaven mit strenger Stimme herum. Die Zeit, alles noch einmal neu zu dekorieren hatten sie ohnehin nicht und so waren die anwesenden Sklaven froh, endlich von ihren Aufgaben erlöst zu sein.
Also mal sehen,… haben wir alles?, ging Prisca zum Schluss noch einmal gedanklich alles ab, während sie langsam den Raum durchschritt:
Unzählige Kerzen und kleine Feuerbecken waren auf dem Boden, den Wandnischen und Vorsprüngen drapiert worden und zauberten ein warmes Licht, in Verbindung mit den bunten Seidentüchern, die von der Decke und über den Betthimmel herab hingen. Natürlich war genau darauf geachtet worden, dass keines der Tücher mit einer der offenen Flammen in Berührung kommen konnte, denn es sollte ja - wenn, dann - eine "feurige" Liebesnacht werden und kein "flammendes Inferno" Na vielleicht unterstützt das schummrige Licht ihn ja in seiner Manneskraft … Böse Prisca! Naja zu diesem Zweck stünde neben Bett, nur Not, auch noch eine Schale mit verschiedenen Aphrodisiaken bereit, welche eben nicht nur die Sinne 'erweitern' konnten. Prisca rückte die kleinen Flakons und Pulvertöpfchen prüfend noch einmal zurecht und gleichzeitig sah sie nach, ob die bereitstehenden Speisen und Getränke auch wirklich frisch und gut waren. Verschiedenste Obstsorten darunter Trauben, Datteln, Feigen, dann gebrannte Mandeln und Nüsse, Wein, Wasser, Säfte - ja alles da!
Anschließend klatschte die Aurelia in die Hände und rief: "Musik!!", worauf augenblicklich leises Harfen- und Flötenspiel im Raum zu vernehmen war. Es kam aus der Ecke gleich neben dem Eingang, wo (verborgen hinter einem blickdichten Paravent) drei Sklavinnen saßen und für die musikalische Untermalung sorgten. Selbstverständlich würden sie sich im entscheidenden Moment dezent zurück ziehen oder, sobald es die Herrschaften von ihnen verlangen würden. Das sollen die beiden entscheiden, wie sie wollen. Hauptsache, der Tiberer lässt seine Finger von den Musikerinnen. … Böse Prisca!
"Sehr schön! Ihr wisst was ihr zu tun habt? Ihr spielt und ihr zieht euch rechtzeitig zurück. Sonst nichts, verstanden?! Sollten mir jedoch Klagen zu Ohren kommen, dann ...?", drohte Prisca den drei jungen Frauen wage Konsequenzen an die, unausgesprochen, ihre Wirkung nicht verfehlten. "Ja Herrin, wir haben verstanden", wisperten die Drei unisono, mit ängstlichen Stimmen zurück. Musik machen und sich aus dem Staub machen, mehr nicht, so einfach ... Brav!
Nachdem auch dieser Punkt des bevorstehenden Nachtprogramms geklärt war, gab es nun nicht mehr viel für Prisca zu tun. Einerseits zufrieden mit ihrer Arbeit, war die Aurelia andererseits am zweifeln, ob sie ihre Aufgabe als pronuba wirklich gut erledigt hatte. Was hätte ich Flora noch alles sagen wollen und welche Tipps und gute Ratsschläge könnte ich ihr geben? , seufzte Prisca leise, ob ihrer Gedanken die nichts daran änderten, dass Flora den Schritt ihr neues Leben allein gehen musste, an der Seite eines der mächtigsten Männer Roms, der zudem ein … alter Mann war … Böse Prisca!, schloss die Aurelia die Vorbereitungen, zusammen mit der Türe des cubiculums, letztendlich ab und überließ von da an alles weitere dem frisch vermählten Hochzeitspaar ...