Schau, wem du vertraust!
Die Thermen Roms! Ort der äußeren und inneren Reinigung und der Entspannung von Körper und Geist. Treffpunkt der Nobilitas, Schauplatz der Dekadenz und tägliches Forum vieler hitziger Gespräche und Debatten , egal, ob man diese nun selbst führte - oder ihnen nur lauschte. Der ideale Ort für die unterschiedlichsten Aktivitäten, egal, ob diese nun mehr geistiger oder körperlicher Natur wären, etwas passendes fand sich immer. Warum also nicht auch eine Verschwörung planen?! … Ob dieses Vorhaben allerdings realisierbar wäre, müsste sich erst noch zeigen. Noch war ja nicht viel passiert außer, dass Calvena, Serrana und Prisca sich heute, am Frauenbadetag, hier zusammen treffen wollten.
Die Aurelia sollte an diesem Tag, als Erste den vereinbarten Treffpunkt (das große Badebecken, gleich neben dem wasserspeienden Löwenkopf, auf der rechten Seite der breiten Einstiegsstufen) erreichen, wo sie sich, nach dem entkleiden, genüsslich in das wohl temperierte Wasser gleiten ließ. Ahh herrlich!, machte Prisca, wohlig seufzend, ein paar langsame Schwimmbewegungen, ehe sie dann auf den Wasserspeier zusteuerte und dabei neugierig die Augen und Ohren offen hielt. Heute war ganz schön viel los und entsprechend viele Badegäste tummelten sich in dem großen Becken. Viele unbekannte- aber auch viele bekannte Gesichter entdeckte Prisca unter den Frauen, denen sie hie und da zum Gruße freundlich zunickte. Neben dem Wasserspeier waren zum Glück noch einige Plätze frei, denn von hier aus konnte man besonders gut das Becken überblicken und dabei den Gesprächen lauschen.
Natürlich gab es viel belangloses Getratsche, auf das Prisca gar nicht weiter achtete, wobei gerade ein Thema, seit der Entsühnung und dem tylusischem Fest, besonders häufig zu hören war:
"Habt ihr letztends, auf der Feier der Tylusier zufällig mitgezählt, wie viele Liktoren der Präfekt dabei gehabt hatte? … Vierundzwanzig! Genau Vierundzwanzig. Wie bei der Entsühnung damals! Ist das nicht ein Skandal?!", wetterte eine ältere Matrone geradewegs in die Runde hinein.
" Ja ja das ist es! Eine Unverfrorenheit sondergleichen! Was nimmt sich dieser Vescularier eigentlich heraus und was sagt der Kaiser überhaupt dazu?", entrüstete sich eine noch ältere Frau über das Thema Nummer 1 in Rom, worauf sich sogleich noch weitere Stimmen munter zu Wort meldeten:
"Was regt ihr euch denn so auf? Falls es dem Kaiser missfallen sollte, könnte er doch etwas dagegen unternehmen, nur, … tut er etwas dagegen? Na?! … Nein! Es scheint ihm völlig egal zu sein, genauso wie ihn Rom und die Geschicke des Reiches nicht sonderlich zu interessieren scheinen, oder wann habt ihr den Kaiser das letzte Mal hier zu Gesicht bekommen?", entgegnete eine jüngere Römerin mit leicht abfälligen Blick zu den beiden Anderen.
"Das stimmt! Lang ist es her und es gab genügend Festlichkeiten und Anlässe, die seine Anwesenheit erfordert hätten. Den Präfekten sieht man wenigstens regelmäßig in der Öffentlichkeit ", ergriff ihre Freundin daneben sofort deren Partei..
"Aber ER ist nicht der Kaiser!", ließ sich die Ältere von solchen Argumenten nicht beeindrucken.
"Aber vielleicht wäre er der bessere Kaiser? Könnte man ihn denn nicht einfach dazu wählen", gab eine noch ganz junge Frau ihren Senf dazu, worauf sie einige ungläubige Blicke erntete.
"Wie bitte? Was redest du da für einen Schwachsinn daher? Hüte lieber deine Zunge und sei still, wenn du nicht weißt wovon du redest", blaffte die noch Ältere sie kopfschüttelnd an.
"Pfff. So schlecht ist die Idee doch gar nicht. Irgendwann wird der Präfekt ohnehin die ganze Macht an sich reißen, also besser man stellt sich gut mit ihm und wählt ihn freiwillig", verteidigte die Jüngere trotzig die Idee der Jüngsten und stachelte damit die Diskussion noch ein wenig mehr an.
Prisca indes hielt sich aus derlei Gesprächen tunlichst heraus und zog es vor zu lauschen. Interessant waren solche Diskussionen allemal, aber was brachten sie im Grunde? Nichts, außer erhitzte Gemüter, die sich anschließend nur schwer wieder abzukühlen vermochten. Für eine echte Verschwörung hingegen bräuchte es schon eher einen kühlen Kopf und den zu wahren war das Ziel, bis endlich ...
Die Richtige gefunden wäre,nur wann wäre das? Ja genau! Die Einzigartige, die … die perfekte Frau eben, nach der sie und Calvena nun schon seit Wochen suchten. Apropos Suche: Wo bleiben denn Calvena und Serrana? , wandte die Aurelia den Kopf suchend, aber vergeblich nach ihrer Freundin um.
Noch war von den beiden Freundinnen nichts zu sehen, dafür entdeckte Prisca aber eine andere Frau, die gerade im Begriff war die Stufen in das Wasserbecken herab zu schreiten. Oder besser gesagt, schien diese Frau - einer Erscheinung gleich - in das Wasser hinein zu schweben, wie einst Venus daraus empor gestiegen sein mochte. Du meine Güte! Wer ist denn das? Bei diesem Anblick ertappte sich Prisca glatt selbst dabei, wie sie ihre Augen bewundernd über den makellosen Körper der schönen Unbekannten wanderten. Zumindest was das Äußere anginge, wäre diese Frau: PERFEKT für den PRÄFEKT! Wobei es natürlich nicht nur auf das Äußere ankäme. Schönheit war schließlich vergänglich, doch Wen interessiert denn das, in zwanzig Jahren!?, dachte Prisca nur, während sie die Fremde weiter aufmerksam beobachtete...