Appell zur Truppenübergabe

  • Dragonum hatte seine Paradeuniform angelegt und stand bereits jetzt auf dem Podest, von dem aus später der Stab den Appell verfolgen würde, und beobachtete die sich sammelnden Truppen. Zum letzten Mal sammelten sich nun diese tapferen Römer als Dragonums Legion ... schon in wenigen Stunden würde es die Legion des Artoriers sein und Dragonum würde in einigen Wochen dafür seine eigene Flotte treffen ... dabei kam es Dragonum noch wie Gestern vor als er selbst die Grundausbildung bei den Cohortes Urbanae in Rom hinter sich gebracht hatte und als einfacher Miles respecktvoll zur Stabstribüne aufgesehen hatte ...

  • Kohorte um Kohorte hatte sich gesammelt. Die 2. Kohorte marschierte hinter ihrem Tribun auf. Viele bekannte Gesichter fehlten. Während des Feldzuges gefallen, eingegangen ins Elysion. Wir hatten die höchsten Verluste zu verzeichnen gehabt. Ganz waren sie noch nicht ausgeglichen. Es kamen neue. Die Tiro machten sich ganz gut. Ich hatte teilweise bei der Ausbildung mit ihnen zu tun. Wir nahmen auf dem Campus Aufstellung. Die Sonne drückte. Die ersten Schweißtropfen bildeten sich, liefen den Rücken hinunter. Die Tunika klebte. Unter der Lorica begann sich die Hitze zu stauen. Ich hoffte darauf, dass die Übergabe zügig von statten ging. Die erste Bewährungsprobe für unsere Neuen. Es gab sicher einige, die die Hitze nicht vertrugen und im Valetudinarium landeten.
    In voller Ausrüstung mit Scutum und Pilum, in der prallen Sonne, keine zu unterschätzende Angelegenheit, hier zu stehen.


    Die Gesichter der gefallenen Kameraden zogen an meinem geistigen Auge vorbei. Schmerzlich waren die Erinnerungen, die aneinander gereihten Fetzen von Szenen, von denen ich manchmal Nachts träumte. Freunde die nicht mehr unter uns weilten. Barbarische Wüste. Elend und zugleich wundervoll. Sie barg seltene Schätze. Nicht jeder wurde ihrer Gewahr. Wer sie zu Gesicht bekam wurde süchtig danach. Es war schwer von ihnen los zu kommen. Auch das verfolgte mich so manche Nacht in meinen Träumen.


    Wir standen und warteten. Auf der Tribüne sammelte sich so langsam der Stab der Legion.

  • Schon ein Dutzend an Appellen und militärischen Zeremonien hatte Reatinus miterlebt, aus verschiedener Sicht. Er hatte als einfacher Soldat respektvoll auf die Tribünen des Stabs geblickt, wo die ganz großen zu ihnen hinuntersprachen. Er hatte als Optio nach oben geblickt. Und auch als Centurio musste er ehrfürchtig nach oben zum Tribunal blicken, während er die Kontrolle über seine eigenen 80 Mann behielt. Dann endlich war er selbst Stabsmitglied, zunächst als Praefectus Castrorum und dann als ritterlicher Tribun. Bald würde er keine 80 Mann oder eine Kohorte befehligen. Nein, bald würde ihm eine Legion unterstehen! Heute war der Tag der Kommandoübergabe und damit der Tag, an dem er sich zu einem der "ganz Großen" zählen konnte.
    Gehüllt in seine blankpolierte Paraderüstung bestieg der Artorier die Treppen zur Tribüne, während sein Leben im Gedanken an ihm vorbeizog und die Sonne kräftig auf der Rüstung glänzte. Es war ein heißer Tag. Hier war jeder Tag heiß. Unter der Rüstung dauerte es nicht lange, bis sich die Hitze staute und sich dadurch erste Schweißperlen bildeten. Doch dafür hatte Reatinus nun keine Gedanken, zu sehr lenkte ihn die aufmarschierende Legion ab. Laut und mit gleichmäßigem, rythmischem Stampfen bahnten sich die Truppen ihren Weg auf den Exerzierplatz und nahmen geordnet Stellung an. Reatinus war oben angekommen und blickte hinunter auf die Legion, die er kommandieren würde. Ein imposanter Anblick.


    Reatinus nickte dem versammelten Stab zum Gruß zu. Sein Herz raste vor Aufregung, obwohl er schon genau wusste, was er sagen wollte. Er hatte bis spät in die Nacht seine Rede geübt.
    Nun lag es jedoch zunächst am Octavier, die ersten Worte an die Legion zu richten.

  • Dragonum verfolgte die letzten sich einreihenden Legionäre und wartete den Bericht des Primus Pilus ab, dann stellte er sich an den Rand der Tribühne und lies noch einmal den Blick über seine Legion wandern ...


    "Salve Milites! Ihr alle wisst warum wir uns heute hier versammelt haben, wir begrüßen neben vielen neuen Rekruten auch einen neuen Kommandanten in userem Heerlager! Und wie bei allem anderen auch weicht dem Neuen immer das Alte, aber ich verlasse euch nicht weil meine müden Knochen nach Rast verlangen, sondern weil unser glorreicher Kaiser eine andere Aufgabe für mich vorgesehen hat! Und ich gehe mit gemischten Gefühlen, traurig weil ich eine Legion zurücklasse die mir ans Herz gewachsen ist, stolz weil wir in unserer gemeinsamen Zeit Roms Feinden das Fürchten gelehrt haben und froh da ich weiß das mein Nachfolger nicht nur ein Auge auf Ägypten haben wird, sondern auch auf euch! Begrüßt mit mir euren neuen Praefectus Legionis, Servius Artorius Reatinus!"


    Dragonum löste den Blick von seiner Legion und wandte sich zu Reatinus um ...


    "Jetzt gehöhren sie dir!"


    Dann bezog er neben Reatinus Stellung und ließ seinen stolzen Blick über die Legion des Artoriers schweifen ...

  • Der Artorier stand in stocksteifer Haltung da, seine Bauchmuskeln krampften sich vor Anspannung. Er sah abwechselnd schweigend zur versammelten Legion und zum noch redenden Octavier, der sich von seiner Legion verabschiedete. Es musste dem Mann schwer fallen - so war es auch bei Reatinus, als der die Legio I und davor noch die Legio II verlassen musste. Doch hatte es keine dröhnenden Posaunen gegeben. Er war einfach gegangen. Wie jeder andere dies auch tat. Wenigstens konnte sich Dragonum auf einen ruhmreichen Abgang freuen, bevor er in der Karriereleiter weiterkletterte.


    Da war nun dieser Moment, ihm wurde das Wort zugeteilt. Reatinus befeuchtete seine Kehle, schluckte laut. In seiner Zeit als Centurio hatten sie ihn "Schreihals" genannt, er hatte schon immer eine kräftige Stimme. Zwei Schritte nach vorne. Tausende Blicke lagen auf ihm.


    "Männer der Legio XXII", begann er laut mit schallender Stimme, "Heute trete ich mit dem Amt als euer Praefectus Legionis ein ehrenvolles Erbe an! Heute ist ein ruhmreicher Tag für uns! Heute ist der Tag, da mir die unermessliche Ehre zuteil kommt, das Kommando über eine ruhmreiche, eine glorreiche Legion zu übernehmen! Eine Legion, die in jeder Hinsicht allen Bedrohungen des Imperiums gewachsen ist! Eine Legion, gesegnet von Mars mit Stärke und Unbeugsamkeit! Lange, Milites, lange habe ich auf diesen Moment gewartet und heute stehe ich vor euch und wage zu behaupten, dass eine großartige Zukunft vor uns steht! Zusammen, Männer, werden wir Rom vor allen Gefahren von innen und außen schützen! Gemeinsam werdem wir unseren Feinden die Stirn bieten und gemeinsam werden wir den Lauf der Dinge prägen, auf dass kommende Generationen über die Jahrhunderte hinaus noch den Ruf der Legio XXII in ihren Ohren erschallen hören! Auf dass die Fußstapfen im Sand, die wir setzen, die Jahrhunderte überdauern und an unseren Ruhm erinnern!"


    Er hob die geballte Faust hoch in die Lüfte empor und sein ohrendurchdringender Schrei fegte über den Platz.
    "ROMA VICTRIX! FÜR DEN IMPERATOR!"

  • Die Hitze, der trockene Mund, Schweiß der in Bächen den Rücken hinunter rann. Mit ausgedörrter Kehle, ließ es sich keiner der Legionäre der Legio nehmen und brüllte den Schlachtruf heraus. Es lockerte die Bewegungslosigkeit auf, zu der wir verdammt waren, so lange wie die Praefecten meinten uns mit ihren Reden bei der Stange halten zu müssen. :D Für die Tiro's ein erhabener Augenblick, für jeden Altgedienten hier auf dem Campus ein weiterer Praefect, der seine eigenen Vorstellungen einer gut funktionierenden Legion hatte. Es war schon merkwürdig, ein neuer kam und frischer Wind blies uns um die Nase. Wir nahmen wieder Haltung an und sehnten ein Platz im Schatten und einen Schluck Wasser herbei.

  • Eine Weile hatte Reatinus gewartet, ob der Octavier nicht vielleicht einige Worte an seine ehemalige Legion richten wollte. Doch so wie es aussah, wollte er es Reatinus überlassen, die Legion wegtreten zu lassen. Also erhob Reatinus wieder die Stimme:


    "Männer, geht wieder euren Aufgaben nach! Wegtreten!"

  • Dragonum verabschiedete sich bereits von seinem Stab und klopfte dann dem Artorier aufmunternd auf die Schulter ...


    "Zu Beginn ist es schwierig alles unter einen Hut zu bekommen aber spätestens nach ein paar Wochen läuft auch hier alles ganz von allein! Die XXII ist eine gute Legion also pass mir gut darauf auf! ... Ich werde heute noch nach Misenum aufbrechen und meinen neuen Adjutanten mitnehmen, Ich wünsche dir alles Gute Artorius und mögen die Götter dich und dein Kommando behüten!"


    Nachdem sich Dragonum von seinem Nachfolger verabschiedet hatte ging er noch kurz zu Centurio Trebellius der Mann musste schließlich seinen Optio rausrücken, was dieser jedoch ohne mit der Wimper zu zucken tat und dann stand der junge Decimer auch schon vor Dragonum ...


    "Bereit für die Reise nach Misenum? Ich habe meine Habseligkeiten bereits zum Hafen bringen lassen."

  • Reatinus nickte knapp und lächelte den Octavier freundlich an, mit dem er bereits in der Legio II gedient hatte. Er klopfte dem baldigen Flottenkommandeur auf die Schulter. "Keine Sorge, Octavius. Deine Legion wandert nicht in die Hände eines Amateurs. Ich zumindest bin fest davon überzeugt, dass ich der Aufgabe gewachsen bin. Viel Erfolg und den Segen der Götter bei deinem neuen Kommando."


    Egal, in welcher Legion man ging, eines änderte sich nie: Männer kamen und Männer gingen wieder. Wie lange würde Reatinus bleiben?

  • Die Truppenübergabe war vorbei. Die Kohorten rückten ab. Der Centurio hatte mich zu sich befohlen. Bei ihm stand der Praefect. Seine Frage war das Zeichen zum Aufbruch. Der Abschied von Nikopolis, der XXII. Legion, bei der ich als Tiro begonnen hatte. „ Ja, Praefect. Ich bin bereit zum Abmarsch.“ Mein Marschgepäck stand fertig im Vorraum der Unterkunft. Ich musste es nur holen. Dann zum Hafen. Ein seltsames Gefühl von hier weg zu gehen. Was erwartete mich in Misenum.

  • Dragonum nickte zufrieden, dann bedeute er Massa ihm zu folgen ...


    "Meine Pferde warten an der Porta, wenn du deine Sachen geholt hast brechen wir sofort auf! Du kannst eines meiner Pferde haben dann müssen nicht so viele Legionäre wieder zurücklaufen von Alexandria aus!"


    Als sie später am Tor ankamen warteten in der Tat bereits einige Pferde auf sie, allerdings war darunter auch eine Turmae der XXII. die den ehemaligen Kommandanten nach Alexandria geleiten würde ...

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