Klein aber ...bald wieder fein?

  • Die ersten Häuser. Zur Seuche hatte auch noch ein Feuer gewütet. Ausgebrannt, zusammengestürzt. Aretas fand es besser eine Nebenstraße zu nutzen um zu sehen, wie es allgemein in der Stadt aussah. Leer stehende Häuser, verlassen von ihren Besitzern. Aus welchen Gründen? Flucht vor der Seuche, durch die Seuche umgekommen, wer wusste das schon. Eine kleine unscheinbare Casa, durch den Brand leicht beschädigt, offensichtlich unbewohnt. “ Ich seh mir das Mal an. Salve ? Ist hier jemand?..” Ein Junge hatte sie beobachtet. “ Da is keiner, die sind Tod. Alle…” Aretas hob dankend die Hand. “ Willst du mit rein?” fragte er Chio. Die Tür gab knarrend nach. An den Fauces schloss sich das kleine Atrium an, von dort gingen vier Räume ab. An der Seite des Fauces links war ein cubiculum, rechts die culina. An der Stinrseite, rechts ein Triclinium , mittig das Tablinum, von dort ging es in den kleinen Garten, der verwildert sein Dasein fristete. Das Dach über dem rechten Teil des Atriums, der culina und dem Triclimium war durch das Feuer arg mitgenommen. Zerborstene Dachziegel am Boden zeugten von großer Hitze, die beim Brand geherrscht haben musste. Ein Raum, das cubiculum, war bewohnbar. Überall lagen Scherben von Amphoren, Krügen, Vasen und Schüsseln. Die Plünderer waren nicht gerade zimperlich mit dem Hausrat umgegangen, der für sie wertlos war. Im cubiculum stand eine leer geräumte Truhe und das Bett halb auseinander genommen. Wahrscheinlich war es zu groß gewesen um es mitzunehmen. In der culina war wenigstens der Herd noch intakt. “ Was meinst du? Fürs erste, ein Raum bewohnbar, das andere bringe ich in Ordnung. Der Garten…kennst du dich damit aus? Wir können uns auch ein Zimmer in einem der größeren Häuser suchen.” Das mussten sie dann aber bezahlen. Hier wohnten sie kostenlos, so lange sich keiner einfand und Ansprüche geltend machte. “ Es ist noch früh. Ich werde nach einer Arbeit sehen. Zu Essen brauchen wir, Decken... Wir gehen am besten über den Markt. Aber vorsichtig, wenn jemand fragt. Du sagst mmmhh…, du sagst einfach wir sind jung vermählt und wollen uns hier niederlassen.” Er wurde rot. “ Ja, das geht.” Er nickte für sich. Es gab keine Frage, sie waren ein Paar. Aretas hatte sich in Chio verguckt. Fühlte sich verantwortlich für sie. Sie gehörten zusammen und das nicht erst seit ihrer Flucht.

  • Natürlich wollte sie mit rein. Dicht hinter ihm folgte sie ins Innere. Es sah fürchterlich aus. Scherben knirschten unter ihren Schuhsohlen, der Boden war überzogen von Sand und Asche und die Balken unter dem vom Feuer beschädigten Dach schienen der Last nur noch bedingt standzuhalten. Trotzdem hatte es seinen Charm und wenn das alles hergerichtet und sauber war, könnte es tatsächlich ein Zuhause werden. Sie schämte sich für den Gedanken, doch insgeheim wünschte sie, der Junge hätte recht.


    Jeder Raum wurde in Augenschein genommen, der Garten könnte tatsächlich etwas Pflege gebrauchen. "Ich würde gerne hier bleiben. Und das mit dem Garten bekomme ich hin, wenn du es schaffst, das Haus wieder herzurichten." Hatte sie vor der Stadt noch Bedenken gehabt, ob es richtig war, wegzugehen, war sie jetzt ein wenig zuversichtlicher, was ihre Zukunft anging. "Hier lässt es sich bestimmt gut leben." Obwohl es komisch war, mit ihm zusammenzuleben, ganz alleine. Als jung vermähltes Paar... Besser nicht darüber nachdenken. "Lass uns gehen, ich hoffe, du findest schnell eine Arbeit. Und dann muss hier dringend saubergemacht werden. Ich will nicht im Dreck schlafen heute Nacht."

  • Es lebt sich überall gut, außer in Rom und so lange sie unentdeckt blieben. Niemand vermutete sie in Mantua. Welcher entlaufene Sklave ließ sich in einer römischen Stadt nieder? Alle wollten nach Hause in ihre Heimat. Aretas hatte sich für hier entschieden. Die nächsten Wochen zeigten, ob seine Rechnung auf ging. “ Ja, wird es. Trotzdem müssen wir die Augen offen halten.” Sie verließen die kleine Casa. Die breite Straße führte direkt zum Markt. Auf dem Weg, gab es einige Baustellen. Ein paar mehr fleißige Hände und die Stadt konnte sich wieder sehen lassen. Das war für Aretas die Möglichkeit Geld zu verdienen.

  • Bepackt mit allem was sie auf dem Markt gekauft hatten, ging es zurück zur Casa. Die Kinder spielten auf der Straße, sahen kurz zu ihnen und widmeten sich wieder ihrem Spiel. “ Ich geh zur Tischlerei und hole ein paar Bretter, damit wir heute Nacht ein Bett zum Schlafen haben.” Die Kinder waren immer noch da. Aretas ging zu ihnen, winkte den Jungen heran, der ihnen gesagt hatte, dass alle aus der Casa Tod waren. “ Salve, sag mal, wie war eigentlich der Hausherr Caius…ähm.” Aretas tat so als ob ihm der Name entfallen war. “ Nicht Caius …, der Alte hieß Quintus,….Quintus Obsidius Pandus.” Aretas nickte eifrig. “ Siehst du, wenn man so viele Verwandte hat, kommt man ganz durcheinander. War er freundlich ? Ich habe da von meiner Tante gehört….” Er sprach langsamer und sah zur Seite. “ Du weißt schon…” Der Junge kniff die Augen zusammen. Zwischen Aretas Daumen und Zeigefinger blitzte ein Dupondius auf. Schnell hatte der Junge danach geschnappt, Aretas ihn noch schneller in seiner Faust verschwinden lassen. “ Der Alte war oft schlecht gelaunt, ist jeden Tag ins Lupanar und die Taverne. Seine Frau war ganz nett. Titus hat immer mit uns gespielt. Prisca war eine Heulsuse. Er hat die Seuche aus dem Lupanar mitgebracht sagt meine Mutter. Sie sind alle dran gestorben. Die hatten keine Verwandten, den Göttern sei dank, sagt Mutter.” Der Jugne kratzte sich nervös am Hinterkopf. “ Da liegt deine Mutter falsch. So ein alter Grieskram vergisst gerne seine Verwandtschaft. Ich bin ein entfernter Verwandter von Quintus Obsidius Pandus. Ich werde die Casa wieder aufbauen. Wir sind ab heute Nachbarn. Hier für dein entgangenes Spiel.” Aretas schnipste ihm den Dupondius zu. Er fing ihn geschickt auf. “Wenn du noch mehr über den Alten wissen willst, kannst du mich ja fragen.“ Freudestrahlend rannte der Junge zu seinen Freunden. Aretas machte sich zur Tischlerei, erstand ein paar Bretter, bekam zwei alte Klapphocker geschenkt, die sonst im Feuer gelandet wären und war bald wieder in der Casa.


    Die Matratze lag auf der Truhe im Atrium. Der Händler hatte Wort gehalten und sie frisch gestopft vorbei bringen lassen. Es klapperte und scherbelte, Chio war offensichtlich immer noch dabei sauber zu machen. Aretas machte sich daran das Bett zu reparieren. Er passte die Bretter ein, setzte sich drauf. Es hielt. “ Chio komm her, ich bin fertig mit dem Bett. Bring den Besen mit, hier liegen Späne.” Die Matratze war gut gestopft und passte wunderbar. Während er auf Chio wartete, murmelte er, in Gedanken versunken, den Namen des Toden Vorbesitzers der Casa. “ Quintus Obsidius Pandus…Quintus Obsidius Pandus….”Die Klapphocker hatte er ins Atrium gestellt. An ihnen musste Chio vorbei, wenn sie ins cubiculum wollte.

  • Während Aretas noch einmal unterwegs war, räumte Chio die Einkäufe weg und sah sich im Haus um. Es gab keinen Raum, der besser aussah als der andere. Das würde ja ewig dauern, bis hier alles sauber und repariert war. Resigniert seufzend hob sie ein paar Scherben vom Boden auf. Wo sollte sie nur anfangen. Vielleicht in der Küche? Kochen und essen mussten sie, also war das das naheliegendste. Außerdem konnte Aretas dann in Ruhe das Bett reparieren.


    Chio schnappte sich den neuen Besen und ging in die Küche. Einer der Balken über ihr ächzte gefährlich. Mit der Hand wischte sie über den Herd und die feine Ascheschicht nebelte sie ein, dass sie husten musste. Hier würde sie wohl eine Weile beschäftigt sein. Chio kehrte grob die Scherben auf einen Haufen, wischte alle Oberflächen gründlich ab und fegte, bis ihr der Schweiß auf der Stirn stand. Draussen im Garten baute sie aus Scherben und Dreck einen kleinen Schuttberg. Den konnte Aretas später entsorgen, oder sie vergrub das alles in den Blumenbeeten, die leichteste Lösung. Sie war fast fertig, als sie Aretas rufen hörte. Mit ihren dreckigen Händen wischte sie sich übers Gesicht, nahm den Besen mit und ging zu ihm.


    Im Atrium fielen ihr sofort die beiden Hocker auf. Die wären ja nun nicht unbedingt nötig gewesen, wo ihr Geld doch ohnehin knapp war. Als sie jedoch das Bett sah, war sie wieder besser gelaunt. "Das sieht ja aus wie neu. Und die Matratze ist auch schon drin. Dann müssen wir wenigstens nicht auf dem Boden schlafen." Ein bisschen übertreiben durfte man schon und weil ihr nach der vielen Arbeit danach war, umarmte sie ihn glücklich, drückte ihm einen Kuss auf mit ihren rußgeschwärzten Lippen. "Ich mache hier auch gleich noch sauber, die Küche ist fast fertig. Dann können wir uns etwas zu essen machen." Bei dem Gedanken meldete sich lautstark ihr Magen. "Aber sag mal, wieso hast du denn die Hocker gekauft. Die brauchen wir doch nicht unbedingt." Vorwürfe wollte sie ihm keine machen, aber neugierig war sie schon. Und während sie noch auf seine Antwort wartete, zuckte sie erschrocken zusammen. Ein ohrenbetäubender Lärm, ein Krachen wie der Donner bei einem Gewitter erschütterte die kleine Casa. Chio wirbelte herum. Das kam aus Richtung der culina.

  • Die Gegenwehr kam zu spät. “ Bähh…” wischte er sich mit dem Handrücken über den Mund und grinste. “ Wie siehst du denn aus…” Aretas begann lauthals zu lachen. “ Meinst du so erkennt dich keiner und mich hast du gleich mit beschmiert. Bäh… Schön, dass du in der culina fertig bist…und Essen, ich könnte eine riesen Schüssel Puls verdrücken.” Verlegen sah er Chio an. Er wusste, dass sie nur Brot und Käse hatten. “ Ach ja, die Hocker, nein,nein, die haben nichts gekostet. Die habe ich geschenk be......." Getöse unterbrach ihn. Er zog Chio zu sich um sie zu beschützen. Eine dicke Staubwolke wälzte sich durch die Casa, erreichte das cubiculum. Hustend, zerrte Aretas Chio hinter sich ins Atrium. Er wedelte mit der freien Hand um etwas zu sehen. Raus zur Porta an die frische Luft. Immer noch hustend standen sie davor. Er rieb sich die tränenden Augen. Aus dem umliegenden Häuser waren die Leute auf die Straße gelaufen, sahen aus den Fenstern, um zu sehen was passiert war. " Uns geht es gut. Nur ein bisschen Staub in den Augen." Die Lage beruhigte sich sehr schnell wieder.


    Aretas betrat die Casa und sah sich um. Die angekohlten Balken über der culina hatten nachgegeben und die Wand durch ihr Gewicht umgerissen. Resigniert setzte sich Aretas auf den Boden, lehnte sich mit dem Rücken an die Truhe, zog die Knie an und starrte auf den Schuttberg. Das die Balken in so schlechtem Zustand waren hätte er nicht gedacht und Chio war noch kurz zuvor in der culina. Er wurde kreidebleich. "Und nun? Das schaffe ich nicht alleine und das Geld dafür haben wir auch nicht. Es ist vielleicht besser ein Zimmer in einer der Insulae zu suchen." beim Tischler hatte er gefragt. 35 Sesterzen im Monat mit Verpflegung. Es gab noch eine Möglichkeit mehr Geld zu bekommen, die Legion.


    Er stand auf und wühlte im Schutt wo das Regal gestanden hatte. Es fand das Brot, klopfte es ab. dann förderte er den Käse zu Tage. Mehr war nicht zu retten. Die Weinkrüge waren hin. Der kleine Topf mit dem eingelegten Gemüse ebenfalls in Scherben. Die Becher, die Schüssel....alles kaputt. " Lass uns einen Bissen essen und überlegen wie es weiter geht."

  • Sie zitterte am ganzen Körper, als ihr bewußt wurde, dass sie vor kurzem noch genau dort gestanden hatte. Unter all dem Schutt läge sie begraben, hätte Aretas sie nicht gerufen. "Ich glaube, du hast mir das Leben gerettet." Chio setzte sie sich zu ihm. Vor ihnen lag das ganze Ausmaß des Schadens. Und nun? Ein Zimmer nehmen? Die verwöhnte Leibsklavin wollte das auf alle Fälle. Keine zugige Ruine, kein Dreck, keine Arbeit. Andererseits, hier wäre sie die Hausherrin, und sie konnten das Geld für andere Dinge ausgeben. Die Herrin des Hauses, Chio malte sich in Gedanken aus, wie es hier einmal aussehen könnte, während Aretas schon aufzugeben schien. Dabei war er es doch, der unbedingt hierherkommen wollte.


    Aretas stand auf, Chio beobachtete ihn beim Ausbuddeln. Es war nicht viel, was übrigblieb. "Warte... " Sie wischte die Truhe sauber, dass er Brot und Käse darauf aufschneiden konnte. "Das muß als Tisch reichen, hast du das Messer?" Der Appetit war ihr gründlich vergangen, aber essen mussten sie. Chio kaute lustlos an einem Stück Brot. "Du willst wirklich ein Zimmer nehmen? Das ist bestimmt teuer. Hier haben wir doch auch ein Zimmer. Ein Bett, ein Tisch und wenn wir den Schutt beiseite räumen, auch einen Herd. Wenn du Arbeit hast, können wir die Wand und das Dach reparieren lassen." Sie war so in Fahrt, dass sie überhaupt nicht daran dachte, dass vielleicht noch jemand Ansprüche an die Casa stellen könnte.

  • Er legte den Arm um ihre zitternden Schultern.Konnte es nicht so richtig glauben. " Die römischen Götter... sie meinen es gut mit uns. Wir sollten ihnen dafür danken." Es war eine Eingebung, davon war er fest überzeugt. Sie hatte Chio das Leben gerettet. Morgen ging er opfern, das nahm er sich vor. Man konnte ja vieleicht eine Bitte mit einfließen lassen.


    Chio hatte recht,hier hatten sie ein Zimmer, mussten keine Miete bezahlen. Das Geld konnten sie für die Reparaturen ausgeben, wenn welches übrig blieb. „ Der Tischler hat mir 35 Sesterzen und Verpflegung für den Anfang angeboten. Das reicht gerade mal zum Leben.“


    Er puhlte ein Steinchen aus dem Käse. „ Die andere Sache ist... Ich habe mit einem Jungen aus der Nachbarschaft gesprochen und mich als Neffe des Verstorbenen Quintus Obsidius Pandus ausgegeben. Er hatte außer Frau und Kinder keine Verwandten mehr. Scheint ein ungemütlicher Kerl gewesen zu sein.“ Aretas biss vom Brot ab, es knirschte. Er verzog das Gesicht kaute runter. „ Es gibt noch ein oder zwei Möglichkeiten wo ich mehr Geld bekomme.“ Am Käse rum pulend, vermied er es, Chio anzusehen. Zögernd und etwas kleinlaut kam es aus seinem Mund. „ Die römische Legion. Ich melde mich bei der Legion. Das andere wäre eine Anstellung bei der Stadt. Du siehst was hier passiert ist, sie haben bestimmt zu wenig Leute. Wenn ich es richtig anstelle...“ Jetzt sah er sie an. Sie brauchten das Geld, wenn sie hier wohnen bleiben wollten.


    In der Nachbarschaft war bald bekannt wer sich hier niedergelassen hatte. Die Mutter des Jungen sorgte dafür. Die Gespräche am öffentlichen Brunnen, die beste Gelegenheit Neues breit zu tragen. Seufzend erhob er sich und holte seinen Trinkschlauch mit dem restlichen Wasser. „ Wir brauchen Wasser.... Du musst Morgen am Brunnen frisches holen. Das wird für dich die Bewährungsprobe. Am Brunnen wirst du auf die Frauen der Nachbarschaft treffen. Wenn sie Fragen warum wir hergekommen sind, sag wir wollten das Einverständnis meines Onkels für die Heirat einholen. Er war mein Vormund, hatte mich aufs Land geschickt. Das wichtigste, du bist frei geboren.“ Er hielt ihr den Trinkschlauch hin. „ Wirst du das schaffen?“

  • Ja, den Göttern opfern war bestimmt keine schlechte Idee, auch wenn es wieder einiges kosten würde. Chio seufzte. So würden sie nicht lange über die Runden kommen mit dem, was sie hatten. Schon gar nicht, wenn ihnen immer wieder Steine in den Weg gelegt würden wie gerade hier geschehen, im wahrsten Sinne des Wortes. Diesen Schutthaufen konnten sie nicht mehr im Garten vergraben, aber vielleicht ein paar Steine und Bretter retten. Alles Dinge, über die sie sich nie zuvor Gedanken machen musste.


    Aretas erzählte ihr von den Bewohnern, die hier gelebt hatten. Traurig, dass eine ganze Familie ausgelöscht wurde. Und trotzdem, wenigstens das waren gute Nachrichten. Damit mussten sie keine Angst haben, dass man sie von hier vertreiben würde. Dann ließ er sich Zeit, bevor er weitersprach. Chio konnte das Knirschen zwischen seinen Zähnen hören, als er am Brot kaute. Schuldbewußt sah sie ihm dabei zu. Hätte sie die Lebensmittel nur nicht in die Küche gebracht, aber wer hätte das schon ahnen können.


    Tapfer biss auch sie in ihr Stück Brot und verschluckte sich fast dabei. Die römische Legion? Ungläubig starrte sie ihn an. Hatte sie das richtig gehört? "Zur Legion? Das ist doch nicht dein Ernst?" Er sah nicht aus, als würde er Witze machen. "Das geht nicht, du bist ein ... Sklave." Das Wort sprach sie nur ganz leise aus, als könnten sie belauscht werden. "Das ist viel zu gefährlich. Wenn das jemand herausfindet... Dann vielleicht besser bei der Stadt." Auch, wenn sie das ebenfalls für eine schlechte Idee hielt. Wieso kam er nur immer auf diese absurden Ideen.


    Wenigstens die Geschichte mit dem Vormund und der geplanten Heirat machte Sinn. Chio nickte. "Ja, das werde ich schaffen. Und woher stammt deine Zukünftige? Bin ich die reiche Tochter des Hauses, die du dir wegen ihrer Mitgift geangelt hast und die nun mit dir im Haus deines Onkels leben soll?" Sie nahm das Thema nicht ganz so ernst und griff grinsend nach dem Trinkschlauch. Da war noch etwas, über das sie sich schon länger Gedanken machte. Sie konnte nicht kochen. Dafür gab es immer eine Köchin, hier nicht. Seufzend nahm sie einen Schluck, reichte ihn dann zurück. "Schade, dass ich das nicht bin. Was meinst du? Soll ich mir auch eine Arbeit suchen, in einer Küche vielleicht? Das Geld könnten wir gut brauchen und kochen lernen würde ich dabei auch."

  • Das mit der Legion...Chio’s Reaktion war verständlich. „ Das ist mein voller ernst.“ schnell beugte er sich zu ihr und flüsterte.„Sag dieses Wort nie wieder im Zusammenhang mit deiner oder meiner Person.“ Ein Kuss auf die Wange, als Entschuldigung und zur Ablenkung möglicher Beobachter. Er richtete sich wieder auf. „ Nicht reich, aber die Schönste vom Landgut, auf dem ich als letztes gearbeitet habe. Es wäre gut, wenn du dir einen neuen Namen gibst. Einen etwas römischeren. Und wem willst du den Magen verderben?“ Aretas wusste, dass sie nicht kochen konnte. Ihr gemeinsames Essen hatte er gekocht.


    Er stellte sich vor sie hin, nahm Haltung an. "Ich, Servius Obsidius Antias, Neffe des verstorbenen Quintus Obsidius Pandus, melde mich freiwillig zur Legion.“ Er sah sie an. „ Na...? Wie war ich?“ Ein Vorgeschmack auf die unsichere Zukunft. Die Götter sollten ihm helfen. Zuerst wollte er es natürlich bei der Stadt versuchen. „ Bevor ich es bei der Legion versuche, gehe ich zur Curia, zum Magistratus. Eben zu dem, der für die Vigilen zuständig ist. Die Aufgabe ist genau das Richtige, fast wie Legion. Sollte das Geld nicht reichen, frage ich beim Tischler, ob ich bei ihm noch ein paar Sesterzen dazu verdienen kann.“ Das letze Stück Brot verschwand in seinem Mund. Es knirschte, diesmal spuckte er aus. „ Bäh.., aber was meinst du dazu. Wir brauchen keine Küche. Aus der culina machen wir eine kleine Bäckerei für dich. Ein Verkaufsstand kommt auf die Straße.“

  • "He, was heißt hier, den Magen verderben? Vielleicht bin ich ein Naturtalent." Übermütig piekte sie ihm in die Seite. "So schwer kann das nicht sein, du kannst das doch auch." Und er konnte das gut. Ein einziges Mal hatte er für sie gekocht, besser hätte es die Köchin auch nicht hinbekommen. Damals war für sie die Welt noch in Ordnung, nun waren sie hier und mussten sich eine neue Identität schaffen. Dazu einen neuen Namen... auf die Schnelle fiel ihr keiner ein.


    In der Zwischenzeit lenkte Aretas sie ohnehin ab, indem er vor ihr salutierte. Die Legion... da konnten sie doch auch gleich zurück nach Rom gehen. Andererseits, so schlecht war er gar nicht, er durfte nur keine Unsicherheit zeigen. Trotzdem blieb ihre Angst davor, entdeckt zu werden. Wenigstens gab er der Stadt den Vorzug. "Du warst sehr gut." Lächelnd gab sie ihm einen Kuss. "Ich hoffe nur, du tust das richtige." Was das richtige war, erfuhr man nur leider immer erst hinterher.


    Sein Brot landete auf dem Boden. Es war egal. Dann überraschte er sie mit der nächsten Idee. "Du traust mir nicht zu, kochen zu lernen, aber ich soll backen und das dann auch noch verkaufen? Und wie hast du dir das vorgestellt, wir brauchen keine Küche? Wir müssen doch trotzdem etwas essen." Chio packte Käse und Brot weg und ging noch einmal durch, was am nächsten Tag zu tun war. "Gut, ich gehe dann morgen Wasser holen und versuche, hier Ordnung zu schaffen, und du versuchst, Arbeit zu bekommen." Sie sah sich noch einmal in dem Chaos um, dann schnappte sie sich ihren Besen und machte sich daran, das Bett und den Platz drumherum vom Dreck zu befreien. Sie war müde und wollte bald schlafen gehen.

  • Der Staub hatte sich gelegt und sie wollte anfangen mit Kehren. Aretas griff Chio in den Besen. „ Der Staub hat sich gelegt und du willst hier mit deinem Besen wieder Staub aufwirbeln?“ vorwurfsvoll, gepaart mit einem schelmischen Grinsen sah er sie an. „ Das einzige was wir tun werden. Ich klopfe die Matratze draußen im Garten vorsichtig aus. Du kannst die Decken mitbringen und ausschütteln. Mehr machen wir heute nicht. Du bist Müde. Ich gebe zu, der Tag war schwer für uns Beide. Ich will nur noch ins Bett.“ Er hatte ihr den Besen bei seinem Reden aus den Händen genommen und zur Seite gestellt. Die Decken in die Hände gedrückt.


    „ Beim Schlafen hast du die Augen zu, denk nicht an das Chaos.“ Mit den Worten hatte er es sich auf dem Bett bequem gemacht. „ Gib mir bitte eine Decke und komm ins Bett. Morgen der Tag sieht besser aus.“

  • Morgen der Tag sieht besser aus, vielleicht wird es aber auch unser letzter sein. Mit diesem Gedanken schlief sie ein und träumte deshalb schlecht. Von wilden Tieren, Aretas am Kreuz, Menschen, die sich lachend um sie scharten und verhöhnten... Schweißgebadet wachte sie mitten in der Nacht auf. Aretas lag neben ihr, sein leiser Atem beruhigte. Schlafen konnte sie dennoch nicht mehr. Als die Sonne das erste Licht über die Erde schickte, stand sie auf und ging in den Garten. Auch in einem verwilderten Garten konnte man wunderschöne Blumen finden. Chio wollte sie schon pflücken, dachte dann aber daran, dass sie nichts besaßen, um sie ins Wasser zu stellen.


    Wasser, ihre erste Aufgabe. Wenn sie wenigstens einen Krug hätten, so mußte sein Wasserschlauch genügen. Sie zog sich ihre schöne, grüne Tunika über und war weg, noch bevor Aretas wach wurde. Als sie wieder zurückkam, war er längst weg. Sie wollte sich eigentlich beeilen, doch die Frauen am Brunnen waren tatsächlich so neugierig wie Aretas meinte. Gut, dass sie sich ihre Geschichte so gründlich zurechtgelegt hatte. Nun war sie ganz offiziell Aretas Zukünftige und er freier Bürger, der Neffe, der zu seinem Onkel zurückkehrte. Auch vom Unglück in ihrer culina musste sie erzählen und davon, wie sie das alles wieder aufbauen wollten. Chio hörte die schlimmen Geschichten über die Seuche und erfuhr von Aretas "Onkel". Wäre er tatsächlich sein Onkel gewesen, würde Chio sich Sorgen machen. Servius... sie musste ihn zukünftig immer so nennen und er musste erfahren, wie sie sich nun nannte.


    Es würde noch dauern, bis er zurückkam. Chio nutzte die Zeit, schob den Schutt in der Küche grob mit dem Besen auf einen Haufen zusammen. Schwerstarbeit, die sie nicht gewohnt war. Mit bloßen Händen befreite sie den Herd von Holz, Schindeln und Dreck. Er sah mitgenommen aus, aber man konnte ihn noch benutzen. Es durfte nur nicht regnen. Dann wischte sie die Truhe ordentlich sauber, entstaubte das Bett und am Ende war wenigstens dieser eine Raum bewohnbar. Zufrieden ging Chio zurück in die Küche, entfachte das Feuer im Herd. Holz gab es ja genug. Und bis Aretas zurückkam, erfüllte der Geruch von frischem puls den Raum und sogar ein wenig Honig stand daneben.

  • Es war schwer auf ehrlichem, auf fast ehrlichem Weg an Arbeit zu kommen. Gut bezahlte Arbeit versteht sich. Was sagte er Chio ? Wie sollte er ihr erklären, dass er den Vigil abgelehnt hatte, ablehnen musste. Geknickt betrat er die Casa. Puls! Nach frisch gekochtem Puls roch es. Wenn der Tag anders gelaufen wäre.....


    Chio stand in der culina. Er gab sich einen Ruck, packte seine trüben Gedanken beiseite und stellte sich hinter sie. Vorsichtig fasste er von hinten ihre Schultern und zog sie zu sich. Umarmte sie zärtlich, lehnte seinen Kopf an ihren. " Es duftet herrlich. Hast du das alleine gekocht?"


    Er erspähte den Honigtopf. " Hhhmmm..." Seinen Finger ableckend. " Ich bin ausgehungert wie ein Wolf, lass uns Essen." sagte er, obwohl ihm nicht nach Essen war. Chio hatte sich solche Mühe gegeben. Das durfte er nicht ignorieren.


    Anerkennend nickte Aretas, als er das cubiculum sah. " Den Schutt beiseite geräumt, den Herd in Gang gebracht, das cubiculum sauber gemacht und Essen gekocht.... Du warst sehr fleißig." Wenn er das von sich behaupten könnte, wäre ihm wohler gewesen. " Du bist eine gute Frau. Meine Frau." ganz konnte er seinen Traurigkeit nicht verbergen, als er das sagte.

  • Es war nur ein halber Tag, trotzdem hatte er ihr gefehlt. Glücklich lächelnd lehnte sie sich an ihn, legte ihre Hände auf seine. Zu seiner Frage schwieg sie. Sollte er es ruhig glauben. Sie wollte ihm damit eine Freude machen, offensichtlich war es ihr gelungen. Auch der Honig war nicht unbemerkt geblieben. "Hee, hier wird nicht genascht." Mit einem vorwurfsvollen Blick nahm sie den Topf vom Herd, stellte ihn auf die Truhe. "Wenn du deine Löffel holst, können wir essen."


    Chio sah sich um. "Ich hätte gerne mehr geschafft, aber die Frauen am Brunnen haben mich länger aufgehalten als ich dachte. Dein Onkel muss wirklich ein furchtbarer Mensch gewesen sein." Sie stellte noch den Honig dazu. Seine letzte Bemerkung... irgendetwas stimmte nicht. "Was ist los? Ist in der Stadt etwas passiert? Hat man dir deine Geschichte nicht geglaubt? Wissen sie, dass..." Sie durfte es nicht mehr aussprechen. Ihr Herz schlug plötzlich viel schneller. Unsinn, dann wäre er nicht hier.

  • Die Löffel richtig. Die hatte er in seiner Tasche. Eine begonnene Schnitzerei rutschte rutschte heraus. Grob waren die Konturen festgelegt. Ein Pferd, gedrungen, klein, kräftig. Er lächelte und steckte es wieder weg. “Hier sind sie.” Er legte die Löffel auf die Truhe und setzte sich. Wortlos nahm er einen und nahm vom dampfenden Puls. Pustend suchte er Zeit zu gewinnen. Wie erklärte er ihr ...... “ Mmmhh.., hast du gut gekocht.” Es war noch heiß , er jonglierte den Puls im Mund hin und her. “ Ich hätte es wissen müssen, Frauen sind Naturtalente was das Kochen angeht.” Er grinste und schluckte runter.


    Seufzend sah er sie an und legte den Löffel beiseite. “ Das erste. Man hat mir den Römer abgenommen, aber ....” Er begann mit dem Löffel zu spielen. “ Eine Arbeit als Römer zu bekommen... Hätte ich mich unter Stand verkauft, wäre es aufgefallen. Der Magistratus hat mir den Posten eines Vigil’s angeboten. Nach Aushang ist das Sklavenarbeit, ich musste ablehnen. Es hätte Gerede bei den Nachbarn gegeben. Den Centurio vigilum hat er mir nicht gegeben, ich hätte zu wenig Erfahrung. Eine Stelle für einen Peregrinus, aber mit der Situation nach der Seuche erklärbar.”


    Ein Löffel Puls unterbrach sein Reden. Kauend bemerkte er. “ Mmhh,..Scripa und Verwalter seiner Farbmischerei hat er mir noch angeboten. Aber du weißt ja. Latein lesen und schreiben...” Er knallte den Löffel auf die Truhe. Wurde etwas lauter. “ Nicht mal als Römer bekommt man eine gut bezahlte Arbeit!” Die Pferdezucht erwähnt er gar nicht erst. Sollte er die Legion erwähnen ? Der einzige Ausweg, hier alles wieder aufbauen zu können. Als Handwerker bekam er zu wenig. Er sprach es doch an. “ Ich habe bei der Legion nachgefragt....”

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    Man musste nur seine Informanten haben, das war alles, was man brauchte. Informationen waren das Salz in der Suppe. Ja, sie waren das Lebenselexier, welches einem ermöglichte so zu leben, wie es dem Stand zu entsprechen hatte. Decimus Decrius Longus, angesehener Bürger der Stadt Mantua mit einigen florierenden Geschäften, Konkurrent des größten Kaufmannes der Stadt und doch ein stets freundlich auftretender Zeitgenosse, hatte solche Informationen heute erhalten. Ja, man brauchte seine Informanten nur an den richtigen Stellen sitzen haben und man bekam alles, was man wollte.


    Selten kam es vor, dass er sich selber bemühte, dafür hatte er seine Handlanger, doch hin und wieder trieb es ihn doch dazu sich zu präsentieren und nicht der ordnende Schatten im Hintergrund zu sein. Sehr selten nur, doch heute war so ein Tag. Eine Sänfte, getragen von sechs Sklaven, hielt vor der Tür des mitgenommenen Hauses an und ein Mann, dessen guten Lebensstil man ihm ansah, verließ diese. Einer der Sklaven, die die Sänfte begleiteten, ging ihm voran und klopfte vernehmlich an die Tür

  • Ein Klopfen unterbrach ihn. Besuch? oder etwa.... Die Angst entdeckt zu werden blieb. Er sah zu Chio und ging langsam zur Porta. Einen Augenblick wartete er atmete durch und öffnete. Ein Sklave hatte geklopft, doch was sich hinter ihm aufbaute war wesentlich wichtiger. Ein wohlgenährter Mann, eine Sänfte. Was wollte er ? Viel hatten sie nicht was für ihn von Interesse sein konnte.


    " Salve, was wünschst du? " wandte Aretas sich direkt an den wohlbeleibten Zeitgenossen.

  • Zum Mißfallen des Sklaven, der schon aufbegehren wollte aber mit einem Wink von seinem Herren verscheucht wurde.


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    Sei gegrüßt, meinte dieser in einem Tonfall größter Selbstgefälligkeit, in der jedoch so viel warme Freundlichkeit mit drin war, dass man ihm diese nur selten übel nehmen konnte. Ich bin Decimus Decrius Longus, fügte er an und machte eine kleine Pause um abzuschätzen, ob man seinen Namen bereits gehört hatte. Ich würde mich gerne mit Dir in einer geschäftlichen Angelegenheit unterhalten. Wenn es Recht ist vielleicht nicht so in aller Öffentlichkeit...

  • Der Name sagte ihm nicht viel. So sehr lange hielten sie sich ja noch nicht in der Stadt auf. Bei seiner Art, war es vielleicht angebracht den "ah ja, der Name ist mir schon zu Ohren gekommen", zu mimen.


    Aretas öffnete die Porta so, dass sein unangekündigter Gast eintreten konnte.


    " Sicher tritt ein, aber erwarte nicht zu viel in diesem halb verfallenen Haus. Eine geschäftliche Angelegenheit lässt sich bereden. Verzeih im Voraus den Zustand und die, den Umständen entsprechend, spärliche Einrichtung."


    Eine geschäftliche Angelegenheit ? Pferdezucht? Das konnte er sich von diesem Mann nicht vorstellen. Er war eher das Sinnbild eines reichen Kaufmann's.


    " Entschuldige, mein Name ist Servius Obsidius Antias. Ich habe um diese Zeit nicht mit Besuch gerechnet. Folge mir bitte."


    Aretas ging voraus ins cubiculum, den einzig hergerichteten und bewohnbaren Raum. Er bot Decrius seinen Platz an. Stellte ihm seinen noch nicht angerührten Becher mit frischem Wasser hin. " Darf ich dir vorstellen, das ist meine zukünftige Herrin des Hauses." Er stellte sich zu Chio.

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