[celebratio finis pestis] Der Markt

  • Ein großer Markt war geplant und errichtet worden, welcher die Feierlichkeiten über den kompletten Zeitraum hinweg begleiten würde. Einige wenige Stände hatten schon vor der Eröffnungszeremonie auf und boten Essen feil, doch der eigentliche Markt würde erst nach dem Opfer öffnen. Dann jedoch erwartete man hier eine Vielzahl an Besuchern, zumal es eine große Auswahl an Waren gab: Einheimische wie Exotische. Händler aus halb Italia hatten es sich nicht nehmen lassen ihren Weg nach Mantua zu finden, denn große Feste sollten doch auch entsprechend gewürdigt werden - und natürlich für Umsatz sorgen.


    Die ersten Besucher, zumeist Leute auf dem Weg zur Zeremonie, gingen entlang der Marktgassen und besahen sich - obwohl man noch nicht viel sehen konnte - was die nächsten Tage zu erwarten war und hier und da sah man schon welche sich ein Frühstück besorgen oder darüber diskutieren, was wohl jener oder solcher anzubieten hatte.


  • Esquilina


    An einem der Tage war auch Licinus auf dem Markt unterwegs. Er schlenderte, begleitet wiederum von Esquilina, in seiner dienstfreien Zeit über den Markt und begutachtete die Stände, ob es etwas interessantes zu kaufen gebe.
    Bei einem der besseren Stände, der Buchrollen führte blieb er längere Zeit stehen und betrachtete die Auslage sehr genau, ob er irgendwo ein Buch über Militärgeschichte oder etwas ähnliches finden konnte.
    Esquilina neben ihm war weniger begeistert von diesem Stand und wollte zu lieber zu den Schnitzereien ein paar Plätze weiter.

  • Er hatte nicht viel Zeit, aber die die Cimon erübrigen konnte, verbrachte er damit sich umzusehen. Er wollte vorbereitet sein und Ursus bestmöglich schützen. So musste er vor dem Fest bereits alle Orte, alle Schlupflöcher alle möglichen Gefahren kennen. So ging der Nubier mit offenen Augen und recht wachsam über den Markt. Die Menschen besah er sich genau, um auch hier Auffälligkeiten zu erkennen.
    Der Sklave trug kein Zeichen dafür das er war, was er war... man kannte ihn und er hatte dieses unangenehme Zeichen in seinem Nacken, was sicher ausreichte. Wie gut das er ein Halstuch trug, um die Tätowierung zu verbergen. Es war in einem dunklen Ton gehalten, welcher zu seiner langärmligen Tunika passte. Die Hosen passten farblich ebenso wie von der Qualität her. Ursus legte viel Wert darauf, das Cimon gut gekleidet war.


    An einem Stand der ihn ebenfalls sehr interessierte, sah er den Freund von Marei. So ging er leicht lächelnd auf diesen zu. Wobei seine Haltung zwar erhoben, doch nicht unhöflich war. Sobald er bei ihm war, neigte er ergeben den Blick sowie leicht den Kopf. Schließlich war Iulius Licinus ein Römer und dazu noch bei der Legio... etwas was Cimon mehr noch auf ihn aufsehen ließ, als bei 'gewöhnlichen' Herren.



    "Salve, ehrenwerter Primus Pilus. Darf ich fragen ob der Brief den ich für dich abgegeben habe dir Freude bereitet hat, Herr?"


    Es sollte nur ein Anfang sein, einer der nicht zu aufdringlich sein sollte, falls Licinus kein Interesse an ein Gespräch haben sollte. Da war doch der Brief von Marei, den er aus Rom mitgebracht hatte ein guter Beginn. Das Mädchen sah er kurz mit einem Augenzwinkern an. Sie schien wie Marei oder Titus wenig Interesse an Schriftstücke zu haben. Anders wie Cimon, der viele der Werke bereits aus dem Besitz seines Herren kannte.

  • Zitat

    Original von Cimon
    "Salve, ehrenwerter Primus Pilus. Darf ich fragen ob der Brief den ich für dich abgegeben habe dir Freude bereitet hat, Herr?"



    Esquilina


    Licinus sah zu Cimon hinauf, als dieser ihn ansprach. Rasch versuchte er seine Gedanken zu sortieren. Den Sklaven konnte er schnell zuordnen.


    "Salve Cimon!"


    Aber Brief, Brief, welchen vermaledeiten Brief meinte der Mann? Erschwert wurden diese Überlegungen dadurch, dass Esquilina der große Körperbau und die schwarze Hautfarbe des Nubiers nicht ganz geheuer war und sie sich halb hinter Licinus linkem Arm zu verstecken versuchte, wobei sie den Arm ein wenig zur Seite und halb über ihr Gesicht zerrte.
    Während er leicht ihre Schulter drückte, um zu sagen, dass sie sich nicht fürchten müsse, fiel ihm endlich ein, was der einzige Brief war der in Frage kam.


    "Du meinst den Brief des Mädchens Marei, korrekt. In diesem Fall, ja, du hast mir eine Freude gemacht."


    Mit sanfter Gewalt schob er die Kleine nach vorn, indem er seine kräftige Hand hinter ihren Rücken legte.


    "Die schüchterne junge Dame hier ist übrigens Esquilina.
    Du musst wirklich keine Angst haben, meine Kleine."
    setzte er an sie gewandt hinzu.


    "Salve!" piepste das Mädchen mit leiser Stimme, bevor Licinus weiterfragte:


    "Du bist sozusagen als Vorhut für den legatus hier, nehme ich an?"
    Der Leibsklave würde heute kaum freihaben, nahm er an.

  • Als Licinus ihn mit Namen ansprach, neigte der Nubier ergeben den Kopf und fühlte sich durchaus geehrt, hielt er sich doch nicht für so wichtig. Allerdings tat es gut ... was er lächelnd für sich feststellen musste. Das Mädchen versteckte sich und Cimon fühlte sich ein wenig schuldig, weshalb er versuchte sie immer wieder freundlich anzulächeln.


    Er hatte ihm also eine Freude mit dem Brief gemacht? Der dunkle Sklave zeigte seine Zufriedenheit und neigte den Kopf leicht zur Seite. Es sollte zeigen, wie sehr es Cimon gefiel, das der Brief dem Herren gefallen hatte... es gar eine Freude gewesen war. Es tat gut, das Marei jemanden gefunden hatte dem sie schrieb, dem sie vertraute... außer ihren Eltern und Cimon, der sich wie ein Bruder fühlte.
    Solange sie verstand, das Licinus ein Herr war und immer beliben würde, gab es nichts dagegen einzuwenden. Der Nubier sagte es ihr immer wieder, damit sie sich als Sklavin nicht falsch verhalten mochte, denn das würde auf ihre Herrin, Domina Septima zurückfallen.


    Als der Primus Pilus das kleine Mädchen vorstellte konnte Cimon nicht anders als sich nieder zu knien, um so nicht mehr so 'groß' zu wirken. Er wollte ihr keine Angst machen. Ein warmes Lächeln sollte das alles noch verstärken, bevor er mit ruhiger Stimme den Gruß erwiederte. Wie es sich für einen Sklaven gehörte neigte er dabei ergeben leicht den Kopf.


    " Salve, Domina Esquilina. Es freut mich dich kennenlernen zu dürfen, Herrin."


    Dann stand er wieder auf, um weiter mit Licinus sprechen zu können und nickte als erste Bestätigung der Vermutung des Herren, um dann freundlich, wenn auch mit der nötigen Distanz, zu antworten.


    "Ja, Herr, du hast vollkommen recht. Ich sehe mich ein wenig um, damit ich Dominus Aurelius Ursus besser schützen kann."


    Das sagte viel aus, doch er wusste das Ursus dem ehrenwerten Licinus vertraute und tat es so seinem Herren gleich. Der Nubier sprach mit Absicht den Namen seines Herren nicht zu vertraulich aus, denn nach außen hin sollte es keine Frage sein, wie sie zueinander standen. Das Cimon seinen Herren schon beinahe als einen Freund ansah, musste und sollte niemand wissen. Natürlich nur soweit ein Sklave ein Freund eines Herren sein konnte.


    Bei allem sah er mit Bewunderung den Soldaten an, denn jeder Soldat hatte in den Augen des Sklaven eine besondere Bedeutung für das Reich und den Kaiser. Cimon empfand es als ehre einem Legatus dienen zu dürfen und ebenso sah er es als besonders an, das Licinus, der Primus Pilus, mit ihm sprach. Und so ganz anders als jener 'Centurio' der ihn einst im Kampf unterrichtet hatte und den Sklaven als Dreck ansah... nein als weniger ... und dies auch deutlich gezeigt hatte.


    Um von diesen Gedanken weg zu kommen sah er sich kurz und mit geschultem Auge um. Der Händler schien nicht so begeistert zu sein, das der 'dumme' Sklave Licinus vom Kaufen abhielt.


    "Suchst du etwas besonderes Herr?Vielleicht kann ich helfen, Dominus Iulius Licinus?"


    Normalerweise würde er selbst einen Herren nicht mit solcher Ergebenheit ansprechen, doch er sah diesen Herren als besonders an und wusste ja das dieser ein Klient von Ursus war. So sah Cimon es als seine Pflicht an, seine Hilfe anzubieten und dies auch mit entsprechender Mimik und Betonung. Mit dem, was hier an Schriften angeboten wurde, kannte er sich ja schließlich auch sehr gut aus und wusste was Ursus besaß... auch was sein Herr mehr als nur einmal besaß. Er lächelte bei dem Gedanken, das Ursus es ihm nicht nur erlaubte zu lesen, nein er verlangte es sogar.


  • Esquilina


    Mit großen Augen verfolgte Esquilina den Schrumpfungsvorgang, den Cimon vollführte. So klein sah er schon gar nicht mehr so unheimlich aus, fand sie.
    Und noch nie hatte sie jemand eine domina genannt. Ein verschmitztes lächeln wanderte auf ihre Lippen und sie drückte sich nicht mehr ganz so stark gegen ihren Beschützer. Aber sie sagte nichts.


    Licinus erwiderte die Gedanken Cimons in sehr ähnlicher Weise. Sein Patron und Legat vertraute dem Nubier, also vertraute Licinus darauf, dass dieser ihn schützen würde und keine zusätzlichen Schatten von Seiten der legio gestellt bekommen musste.
    "Gut, dann weiß ich den Legaten in sicheren Händen." Durchaus eine Aussage, die man als Kompliment sehen konnte, denn auch wenn Licinus an keine direkte Gefahr glaubte, es waren zu viele Menschen hier, um sicher zu sein.


    "Äh, nein. Ich suche nichts konkretes. Ich wollte nur mal sehen, ob etwas im Angebot ist, was interessant wäre. Militärgeschichte, Fachbücher, etc."
    So, jetzt war es Geschehen, der Händler hatte ein Stichwort bekommen. Cimons Lächeln konnte er nicht deuten, was hatte es wohl zu heißen.

  • Das Mädchen sagte zwar nichts, aber ihr Lächeln zeigte das sie wenigstens keine so große Angst mehr hatte. Also erwiederte er das Lächeln ungewohnt offen. Kindern gegenüber fiel es ihm immer schwer, seine Maske aus Ergebenheit und Distanz zu wahren. Was sicher an der Leichtigkeit ihrer Seelen gelegen haben mochte.


    Er wusste den Legaten in sicheren Händen... und obwohl Cimon das wusste war dieses Lob doch etwas besonderes. Seine Augen strahlten und er konnte kaum mehr erwiedern als...


    "Danke, Herr."


    Der Nubier war stolz auf dieses Vertrauen und zeigte es durchaus auch in seiner Haltung. Seine übertriebene Bescheidenheit hatte er in der Zeit bei und mit Ursus allmählich abgelegt, auch wenn sie immer mal wieder aufflackerte.


    Licinus suchte also nichts besonderes, doch was er suchte interessierte Cimon ebenfalls. Militärgeschichte, ja davon gab es reichlich Literatur, auch wenn nicht alles gut war, wie er hatte feststellen müssen.
    Das Interesse des Händlers sah der dunkle Sklave und ging mit den Augen über das Angebot. Schnell sortierte er es ein und durchdachte die Möglichkeit das etwas brauchbares dabei sein könnte. Dann schüttelte er nur ganz leicht, andeutungsweise den Kopf. Damit der Händler es ja nicht mit bekam. Schließlich wollte Cimon nicht für Ärger sorgen. Damit es nicht zu offensichtlich sein würde, musste er vom Stand ablenken und eine andere Möglichkeit wählen, den ehrenwerten Iulius Licinus davon abzuhalten hier zu kaufen. Seltsamerweise wollte er auch ihn irgendwie 'beschützen', ihm zu diensten sein. Auch wenn es vielleicht unnötig war.


    "Dominus Aurelius Ursus nennt einige solche Werke sein Eigen, Herr. Ich bin mir sicher er würde diese ebensogerne mit dir teilen, wie deine Gedanken dazu zu hören, Dominus Iulius Licinus."


    Schließlich war Ursus doch Licinus' Patron und Cimon dachte es würde seinem Herren entgegenkommen eine solche Idee auf zu bringen. Sein Herr tauschte gerne das Wissen und die Gedanken mit anderen aus. Darüberhinaus musste Cimon so nicht aussprechen, was er von der Ware des Händlers hielt.

  • Das Lob schien bei dem Nubier angekommen zu sein. Gut, je weniger Worte, desto ehrlicher das Lob, war Licinus Einstellung, die sich sicherlich nicht mit der so manchen Politikers deckte. Was tat das etwas zur Sache? Eigentlich nicht.


    Tatsächlich konnte auch er in den Auslagen des Händlers nichts entdecken, was für ihn interessant gewesen wäre. Ein alter, recht abgegriffener Tacitus war darunter, den er aber schon in besserem Zustand besaß. Und auch wenn Licinus sich nur ungern Dinge lieh, nicht des Stolzes wegen, sondern weil man sie dann ab einem bestimmten Zeitpunkt nicht mehr selbst zur Hand hatte, kam er zu dem Schluss, dass der Vorschlag des Sklaven wohl die beste Alternative war. Er nickte dem Händler kurz zu, der beflissen lächelnd zurücknickte, auch wenn er innerlich sicher nicht so gut auf sie beide zu sprechen war. Aber das interessierte Licinus weniger, der sich nun von dem Stand abwandte und Cimon antwortete:
    “Ja, ich glaube, dass das in der Tat die beste Idee ist. Weißt du zufällig ein Buch, dass der legatus besonders schätzt und vielleicht nicht so leicht zugänglich ist, wie der Tacitus?“
    Die Frage sollte nicht etwa implizieren, dass eine solche Cimon nicht zugetraut hätte, erwusste schlicht nicht, dass sein patronus sich mit dem Sklaven darüber austauschte und hatte angenommen, dass seine Einschätzung des Angebots des Händlers auf eine Bestandsliste oder ähnliches von Ursus Bibliothek zurückzuführen sei.

  • Cimons Blick sah noch einmal über die Auslage des Händlers, was ihn in seinem Handeln nur noch bestätigte. Das es Licinus um den Besitz der Schrift gehen könnte war dem Nubier nicht bewusst. Denn er selber besaß nichts und durfte alles von seinem Herren lesen, solange er das Eigentum von Ursus gut behandelte. So war ihm dieser Gedanke also etwas ferner, wobei dieser Fehler für ihn unverzeihlich war... sich selber mit einem Herren vergleichen... das war undenkbar, doch in diesem Augenblick erkannte Cimon es nicht.


    Ergeben wandte er sich Licinus zu, als dieser sprach. Doch was er hörte ließ seine Gedanken umgehend rasend nach einer korrekten Antwort suchen. Dabei dachte er darüber nach, was erst kürzlich Teil einer Diskussion über den dritten punischen Krieg war und dann war da noch die Möglichkeit der Verschlüsselung von Texten... da gab es doch nur eine Antwort, die zur Zeit passend wäre.


    "Ich hoffe sehr, dir eine ausreichende Antwort geben zu können, Herr. Polybios schrieb etwas über den dritten punischen Krieg und auch was er zur Übermittlung von militärischen Nachrichten zu sagen wusste ist sehr informatiev. Er war verfechter der pragmatike historia. Ich denke das Dominus Ursus gerne über seine Schriften und Thesen diskutieren würde, Herr."


    Der dunkle Sklave senkte den Kopf in Ergebenheit und wünschte sich, ein guter Sklave gewesen zu sein, indem er die Frage von Licinus gut beantwortet haben mochte. Denn Fehler verzieh er sich selber weniger als sein Herr es tat.
    Trotz allem wirkte er weitaus weniger unterwürfig als es noch vor Jahren der Fall gewesen war. Denn Ursus war es wichtig, das Cimon auch Stolz sein durfte und es zeigte. Inzwischen konnte der Nubier dies vollführen, ohne es zu übertreiben... denn eines musste er bei allem was er tat zeigen... Er war Sklave und andere waren Herren. Dies galt nur dann nicht, wenn das Leben seines Herren, dessen Frau oder Sohn, in Gefahr war. In einem solchen Fall sah er in dem anderen keinen Herren, gleich wer es sein mochte.

  • „Punischer Krieg?“ wiederholte Licinus fragend. „Das wäre in der Tat mal etwas Abwechslung.“ Die Werke, die er besaß behandelten größtenteils dann doch die klassischen Themen, wie Kelten und Germanen. Oder natürlich Militärtheorie.
    Auch Verschlüsselungstechniken waren ihm ein nahezu unbekanntes Feld. Das Caesarische Verfahren des Buchstabentausches war ihm zwar bekannt, aber darin erschöpften sich seine Kenntnisse auch schon. Was vor allem daran lag, dass er schon lange Zeit in Garnison lag und im Felde nie in die Verlegenheit gekommen war, eine vexillatio zu führen. Dann hätte man die Befehlsübermittlung sichern müssen, aber dafür hatte er den nötigen Rang noch nicht gehabt. Dennoch konnte es für die Zukunft keinesfalls schaden. Er hatte sich entschieden:
    „Dann richte deinem Herren doch meine Bitte aus, dass ich mir dieses Buch gerne ausleihen würde.“
    Was eine Diskussion anging, so wollte ihm keine Formulierung einfallen, die passend gewesen wäre und Licinus spekulierte darauf, dass Ursus ihn bei einem seiner nächsten Besuche einfach auf das Buch ansprechen würde, wenn er seine Meinung hören wollte.

  • Bei der Nachfrage nickte Cimon ergeben und freute sich darüber, das es eine Abwechslung bedeuten würde, also hatte er eine gute Wahl getroffen. Dabei ging er davon aus, dass auch die Verschlüsselung durchaus von Interesse für Licinus war. Erneut musste der Nubier ergeben nicken, als der Römer die Anweisung gab, was der Sklave ausrichten sollte.


    "Gerne werde ich es dominus Ursus ausrichten, Herr. Er wird sich sicher freuen, einmal mit dir darüber sprechen zu können, ehrenwerter Iulius Licinus."


    Natürlich würde der Sklave sich anbieten das Buch zu überreichen, doch er wollte es nicht aussprechen, da es auch gut würde sein können, das Ursus es ihm persönlich bei einem Besuch überreichen wollte. Obwohl sein Herr auch dazu neigte ab und zu interessante Geschenke zu machen und vielleicht würde er dies zum Anlass nehmen. Die grauen Augen des Nubiers sahen Licinus nur kurz direkt an, bevor er wieder niedersah.


    Bei allem sah er sich immer mal wieder unauffällig um, damit keine mögliche Gefahr sie beide überraschen mochte. Dies war bereits derartig in sein Verhalten verankert, dass Cimon kaum irgendwo stehen konnte, ohne sich aufmerksam umzusehen. Als seine Augen das Mädchen streiften, lächelte er zumindest kurz, damit sie nicht durch seinen Blick oder seine Augen doch wieder verschreckt wurde. Sie gehörte zu Licinus, Licinus war ein Herr, somit war sie definitiev eine Herrin. Und einer Herrin durfte er keine Angst einjagen.

  • Das war sicherlich einfacher gesagt, als es getan war, denn obwohl Esquilina wusste, dass sie vor dem Hühnen keine Angst zu haben brauchte, so war es doch nicht ganz so einfach und sie schaute unsicher, als Cimon sie anlächelte. Nur mit Mühe gelang ihr, den Impuls sich wieder hinter Licinus zu verstecken, zu wiederstehen.
    Licinus bemerkte dies zwar, aber außer dem beruhigenden Streichen über ihre Schulter konnte er im Moment nichts tun. Stattdessen antwortete er dem Cimon, als dieser ihm das erste Mal in die Augen blickte:
    “Nun, Cimon, ich danke dir für die Hilfe.“, sagte er und schob direkt hinterher
    “Und natürlich vor allem deinem Herren schon im Voraus!“

  • Der Sklave glaubte zu bemerken, das das Mädchen noch immer recht eingeschüchtert war, aber er konnte es wohl kaum verhindern. Cimon war einfach zu groß und zu kräftig. Das machte manchem Gegner Angst aber eben auch jenen, bei denen er es gar nicht wollte. Vielleicht wäre es besser wenn er gar nicht mehr auf sie achten würde, anstatt sie anzulächeln. Dann würde sie vielleicht glauben das er gar nicht mehr auf sie achtet und könnte so ihre Befürchtungen besiegen. Ja, ... also sah er nur noch Iulius Licinus an und nickte ergeben als dieser weitersprach. Allerdings achtete er darauf ihm nicht direkt in die Augen zu sehen. Das wäre nicht angemessen gewesen. Viel zu oft viel er eben aus dieser Rolle und sah anderen in die Augen, da er es inzwischen bei Ursus gewohnt war, wenn sie alleine waren. Doch das machte es nicht weniger falsch.


    "Ich helfe gerne, Herr. Dominus Aurelius Ursus wird sicherlich mit Freuden davon hören das du dich dafür interessierst, Herr."


    So versuchte der Nubier Licinus zuzustimmen, das vor allem Ursus Dank gebührt, da er ja derjenige war, der diese Schriften besaß und Wissen auch gerne Teilte, noch lieber aber sich austauschte. Cimon bewunderte seinen Herren dafür und zeigte es unauffällig in seiner Mimik. Was sicher nur jemand erkennen mochte, der ihn gut kannte.


    Mit einem weiteren sichernden Blick stellte der Sklave fest das es hier sicher schien und meinte die Gefahrenpunkte gut ausgemacht zu haben. Also entschied er sich dafür, dies Ursus auch mitzuteilen. Wobei ein kleiner, kurzer Rundgang auch nichts schaden konnte. Cimon wollte weiter gehen, machte aber zunächst eine verneigende Geste.


    "Ich möchte mich noch ein wenig umsehen, Herr. Wenn du erlaubst ehrenwerter Iulius Licinus."


    Ihn zu fragen, ob der Römer, auf den Cimon aufsah, ihn begleiten wollte, wagte der Sklave nicht. Das wäre doch sehr unangebracht gewesen. Er konnte froh sein, wenn sein Fehlferhalten, das er immer sah, auch wenn andere es nicht taten, nicht bestraft wurde. Und einfach so einen Herren um Begleitung zu bitten wäre ein Fehler, den er früher einmal mit Peitschenhiebe beantwortet bekommen hätte.

  • Licinus wollte nicht, dass der Sklave wegen ihrer Unterhaltung mit irgendetwas in Verzug geriet, daher antwortete er:
    „Natürlich, ich wäre wohl der letzte, der dich davon abhielte, deine Pflicht zu tun“, meinte er, zumal da seine baldige Adoptivtochter wohl ganz froh drum wäre, wieder seine ungeteilte Aufmerksamkeit genießen zu können. Und ehrlich gesagt, er wollte auch noch ein paar freie Augenblicke mit ihr genießen, bevor ihn wieder die Pflicht rief.
    „Also dann, Cimon, vale und seien die Götter mit dir.“ verabschiedete er sich von dem Hünen.

  • Ergeben neigte Cimon seinen Kopf, als Licinus sagte, das er ihn nicht von seiner Pflicht abhalten wollte. Sein Lächeln zeigte nicht, wie schade er es fand, nicht noch ein wenig neben dem ehrenwerten Dominus Iulius Licinus gehen zu dürfen. Der Nubier sah auf ihn auf und bewunderte ihn ebenso wie jeden Römer, der bei der Legio diente. Die besondere Position von Licinus sorgte dabei dafür, das Cimon den Kopf ein wenig mehr neigte, als es notwendig gewesen wäre.


    "Ich danke dir, Herr."


    Sagte er schlicht, und dachte kurz darüber nach, welche Götter Licinus wohl meinte... sicher die römischen. Der dunkle Sklave lächelte dankbar ob dieser Verabschiedungsworte. Auch wenn es ihm schwer fiel zu gehen musste er es tun.. die Pflicht wartete und er war nur ein Sklave, es gehörte sich nicht, einen Herren mit Fragen zu löchern. Bei diesem Gedanken musste er an Marei denken. Sie war immer so herrlich offen und fragte einfach drauf los. Das hatte er nur einmal in seinem Leben gewagt... die Lehre war schmerzhaft gewesen, aber er hatte gelernt.


    "Vale, Dominus Iulius Licinus. Danke seien die Götter auch mit dir, Herr."


    Er wusste nicht ob er die richtigen Wörter gefunden hatte, hoffte es aber. Dann erst erkannte er seinen Fehler und sah ein wenig herunter. Wie dumm von ihm, sie nicht mit einzubeziehen. Mit ergeben gesenktem Kopf ging er in die Knie.


    "Verzeih bitte, Herrin. ... Vale, Domina Esquilina. Auch mit dir seien die Götter."


    Wieder lächelte er sie an und konnte nur hoffen die richtigen Worte für sie gefunden zu haben. Langsam richtete er sich wieder auf und nickte Licinus noch einmal zum Abschied zu. Wäre er doch nur kein Sklave, könnte er doch nur offen sprechen und mit jemandem über den Markt schlendern... doch wäre er kein Sklave, dann wäre er nicht hier... vielleicht wäre er dann auch schon längst in der nubischen Wüste verhungert und verdurstet ... Es war wie es war, und so war es gut für ihn. Zumindest momentan. Mit einem letzten Lächeln und einem nur kurzen direkten Blick wandte er sich um. Der Nubier fühlte sich gut und sicher. Weshalb er den Fehler, einen Herren direkt angesehen zu haben, zunächst nicht erkannte.

  • Hätte man Licinus gefragt, welche Götter gemeint waren, so hätte er wohl selbst verwundert innegehalten. Er hatte schlicht eine Grußformel gebraucht, ohne sich große Gedanken darüber zu machen. Sicher glaubte er an die Götter und opferte ihnen regelmäßig, aber als tief religiösen Menschen konnte man ihn sicher nicht bezeichnen.
    Als der nurbische Hühne vor ihr in die Knie ging verzog Esquilina das Gesicht zu einem unsicheren Grinsen und piepste leise „Vale und danke“. Licinus nickte ein letztes Mal und ließ sich anschließend von dem kleinen Mädchen in Richtung des Standes mit Schnitzerein ziehen. Er war in Gedanken noch ein wenig bei der Begegnung gerade, als Esquilina ihm ein Amulett zeigte, dass vom Dach des Standes herabhing. „Guck mal, dass ist Victoria, gell?“ Tatsächlich war sie es jedoch nicht, denn das Amulett zeigte das Abbild eines Palladions.
    „Nein“, korrigierte Licinus, „Siehst du den Baum dort und den kleinen Vogel? Das ist eine Eule. Also ist die Göttin wer?“
    Das Mädchen konnte gerade noch die Antwort „Minerva?!“ geben, als sich der Händler einstellte und die „hervorragende Arbeit zu bestem Preis“ pries.

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