Ihr Aufbruch war überstürzt und auch nicht wirklich gut geplant. In aller Eile wurde ein klappriger Karren mit einem genügsamen kräftigen Ochsen eingespannt. Man belud das Gefährt mit Körben voller Kohl und Rüben. Unter einer geölten Plane, die ihnen wohl auch als Schutz gegen Wind und Wetter dienen sollte, wurden Decken, ein paar Felle, ihre Vorräte an Brot, Trockenfleisch und Dörrobst verborgen. Irgendeiner der völlig verstörten Sklaven dachte sogar so weit und schob einen kleinen rußigen Kupfertopf unter die Plane. Die Sklaven des Landsitzes verstanden ihre Welt nicht mehr, ohne jede Erklärung brach die Dame des Hauses mit dem Stiefsohn auf. Sie wurden nicht aufgeklärt, zu ihrem eigenem Schutz und dem der Flüchtlinge.
Nur wenige Anweisungen erhielten, sie sollten einfach das Leben so weiter führen, als hätte Flora niemals den Landsitz verlassen.
Als Flora sah, auf welche Weise sie ihre Reise unternehmen würden, wurde ihr flau im Magen. Auch wenn es wohl kaum noch möglich war, sie wurde sogar noch ein bisschen blasser um die Nase. Was auch daran lag, dass ein kurzer Krampf im Unterleib sie erschauern ließ.
Das Ding sah aus, als würde es bei dem ersten Stein auf der Straße auseinander brechen. Täuschte sie sich, oder waren die Reifen nicht mehr rund, sondern hatten mehr Ähnlichkeit mit einem Ei? Und ganz so, als zürnten ihnen die Götter, begann es dann auch noch zu regnen.
Flora zog sich ihren Umhang fester um die Schulter und zog sich die Kapuze ihres schäbig wirkenden Umhanges tief ins Gesicht. Dann kletterte sie zu Ahala auf den Kutschbock. Veleda wurde nach hinten auf den Karren verbannt, zu dem Gemüse. Um die Empfindlichkeit einer Sklavin scherte sich ohnehin niemand. Nun galt es nur schnell fort zu kommen. So viel Abstand wie möglich zwischen sich und der Landvilla zu bringen. Mit der vagen Hoffnung der drohenden Gefahr zu entkommen und Soldaten, die sie aufspüren sollten zuvor zu kommen.
Ruckelnd setzte sich der Ochse in Bewegung, das Holz des Karrens knarrte und ächzte, hielt aber. In einem sehr gemächlichen Tempo begannen sie ihre Flucht. Dies trug nicht gerade dazu bei, die Anspannung die sich in ihrem Körper aufgebaut hatte, zu vertreiben. Im Gegenteil, sie verstärkte sich. Nur schnell fort! Unruhig rutschte sie auf dem unbequemen Sitz hin und her und warf ständig besorgte Blicke zurück. Nur ganz langsam wurde der tiberische Landsitz kleiner. Ebenso langsam bogen sie dann auf die Straße gen Norden ein, diese führte sie zunächst durch Misenum und dann endlich durch die Tore der Hafenstadt.
Gerade hatten sie die Stadtmauern hinter sich gelassen, Flora hatte den Soldaten einen bangen Blick zugeworfen, da purzelte Flora eine Frage über die Lippen, die sie bisher nicht gewagt hatte zu stellen. Ganz leise, nicht mehr wie ein tonloses Wispern klang ihre Stimme, als sie fragte: „Was ist mit Durus?“ Sorge und Angst konnte sie kaum aus ihrem Blick verbannen. Kurz warf sie wieder einen Blick zurück, befürchtete, dass man sie doch noch aufhalten würde, doch die Soldaten hatten ihren Platz nicht verlassen. Auch jetzt nicht, konnte sie aufatmen, noch waren sie nicht in Sicherheit. Sie hatten noch sehr vielen Meilen vor sich. Und immer noch wusste sie nicht, wohin sie eigentlich fliehen wollten. Es ging zwar nach Norden, aber Ahala würde wohl kaum nach Rom wollen. Doch bevor sie sich dieser Frage widmen konnte, wollte sie erst einmal wissen, wie es ihrem Gatten ging. Zu ihrer eigenen Überraschung fürchtete sie um ihn, nicht nur weil er nicht mehr der Jüngste war und der Kopf einer Verschwörung, sondern weil er ihr, in der kurzen Zeit doch ans Herz gewachsen war. Obwohl sie nicht sonderlich viel mit einander verband. Dennoch die Sorge war da und sie wollte die Gewissheit das es ihm gut ging.