[PANNONIA SUPERIOR] Carnuntum

  • Vescularianus ging am frühen Abend von Bord der Flussgaleere, die ihn von Aquincum aus hierher gebracht hatte. Mit dem Vorzeigen des Befehls war es kein Problem gewesen, die Jungs von der Classis zu überzeugen, dass dies hier eine Mission von höchster Wichtigkeit war. Tatsächlich hatte man ihm die beste Rudermannschaft gegeben!


    Vor ihm erhob sich das mächtige Legionslager der XXV Sarmata, gebaut wie eine trutzige Festung gegen die Barbaren auf der anderen Danuvius-Seite. Rundherum drängten sich geradezu ängstlich die Canabae, die das eigentliche Carnuntum ausmachten. Hier und da spitzte sogar das Dach eines Tempels, eines öffentlichen Gebäudes oder eines herrschaftlicheren Anwesens hervor. Vescularianus wusste allerdings, dass er Maturus hier gar nicht erst suchen musste. Auch Salinator hatte damals, als er Statthalter von Illyricum gewesen, stets im Praetorium des Lagers residiert! Und da sein Nachfolger auf diesem Posten sicherlich ähnliche Annehmlichkeits-Standards hatte, war es klar, wo er langmusste: auf zur Via Principalis!

  • | Manius Laberius Maturus


    Maturus war völlig perplex, als man ihm berichtete, Vescularianus wäre hier, um ihm einen Brief zu überreichen. Der Freigelassene war schon ziemlich lange nicht mehr hier gewesen und wenn er persönlich ein Schreiben mitbrachte, musste es sehr dringend sein!


    Kurz darauf trat ein verschwitzter Vescularianus vor ihn und überreichte ihm schweigend den Brief. Der Laberier brach das Siegel und rollte das Papyrus auf:

    Ad
    Manius Laberius Maturus
    Legatus Augusti pro Praetore Pannoniae Superioris


    Maturus!


    Ich überbringe dir schreckliche Neuigkeiten: Eine Verschwörung wurde in Rom aufgedeckt, der es gelungen ist, Valerianus in Misenum zu ermorden. Offensichtlich war Manius Tiberius Durus darin verwickelt, denn als wir ihn verhören wollten, leisteten seine Diener Widerstand und er tötete sich selbst, andere Verdächtige sind geflohen. Dafür konnten wir Marcus Vinicius Lucianus und Vinicius Hungaricus, sowie Lucius Flavius Furianus inhaftieren. Sie werden zur Zeit verhört, da sie bereits als Gegner des Kaisers aufgefallen sind. Ich bin aber überzeugt, dass wir durch sie und die Sklaven der Tiberii weitere Hintermänner gewinnen können! Damit wird Rom hoffentlich vorerst fest in meiner Hand bleiben.


    Aber wir müssen an die Zukunft denken! Ulpius Maioranus ist ebenfalls tot, sodass kein Nachfolger feststeht! Einige der Verschwörer sind entkommen und sammeln ihre Verbündeten! Es gibt nur eine Möglichkeit, wie wir das Chaos verhindern können: Wir müssen handeln!
    Ich bitte dich deshalb, mit deinen Truppen zu verhandeln! Ich weiß, sie stehen treu zu Valerianus und zu mir! Ich wollte die Würde eines Kaisers niemals, du weißt, im Grunde bin ich ein einfacher Mann wie du! Aber die Gefahren, die dem Imperium drohen, nehmen uns in die Pflicht!


    Wirke also darauf hin, dass unsere Truppen mich zum Imperator ausrufen, sodass ich den Senat überzeugen kann, mich offiziell zum Kaiser zu machen! Damit werden wir die übrigen Statthalter überzeugen und dann schnell gegen die Aufständischen vorgehen können!


    Ich zähle auf dich!
    [Blockierte Grafik: http://i662.photobucket.com/albums/uu347/Kaysepunkt/SiegelCuPUPVS.png]


    Wie vom Schlag getroffen ließ der Legat den Brief fallen. Eine Verschwörung! Mord am Kaiser! Der Thron seines Freundes wackelte! Er musste sofort handeln!


    "Danke! Geh' und lass dich bewirten! Ich habe Dinge zu erledigen!" wandte er sich an den Boten, dann verließ er schnellen Schrittes den Audienzraum. Er musste Himmel und Hölle in Bewegung setzen!




  • | Manius Laberius Maturus


    Maturus stand in einem schwarzen Pelzumhang auf dem Tribunal des Campus Legionis, vor dem die gesamte Legion angetreten war. Etwas weiter entfernt standen einige Zivilisten, die durch den Aufmarsch aufgeschreckt worden waren. Wahrscheinlich hatte sich auch die Nachricht vom Tod des Kaisers schon verbreitet!


    Der Statthalter hatte trotzdem in aller Ruhe alles vorbereitet. Links und rechts von ihm brannten Fackeln, hinter ihm hatte er leicht erhöht die Büste des Valerianus und eine von Salinator aufstellen lassen. Alle Stabsoffiziere hatten sich hinter ihm aufgestellt, während die Centuriones bei ihren Einheiten standen. Mit manchen von ihnen hatte er schon ein vertrauliches Gespräch geführt!


    Dann endlich meldete der Primus Pilus, dass alle bereit waren. Der Laberier erhob die Hände und trat an die Brüstung.


    "Soldaten, Söhne der Roma!


    Manch einer mag aus Gerüchten schon davon gehört haben! Unser geliebter Imperator Caesar Augustus, Gaius Ulpius Aelianus Valerianus wurde das Opfer eines schäbigen Mordes! Machtgierige Patrizier und ihre Speichellecker haben ihn heimtückisch getötet! Nein, nicht mit einem Schwert, wie es eines Römers würdig ist! Ein leises Gift flößten sie ihm mit Hilfe eines Koches ein! Er, der kräftigender Nahrung bedurfte, wurde schäbig durch diese vernichtet für ein paar Denare!"


    Er wischte sich über die Augen, als müsse er Tränen daraus entfernen. Zwar war da nichts, denn diese Sache hatte er am vorigen Abend noch einstudiert, doch die Geste würde jeder verstehen!


    "Diese verräterischen Senatoren haben einen Eid auf den Imperator Caesar Augustus geschworen, wie auch ihr es getan habt! Und doch haben sie ihn gebrochen! Haben ihn, anstatt seinen Befehlen zu gehorchen und sein Leben zu schützen, dasselbe beendet!


    Potitus Vescularius Salinator, euer alter Statthalter, dem auch Valerianus vertraute wie einem Sohn, erfuhr zu spät von dem Komplott! Er kam zu spät! Vielmehr noch: Die Verräter wollten ihn ebenfalls hinterrücks ermorden, um seiner Rache zu entgehen! Doch dank seiner Klugheit und dem Schutz der Götter selbst konnte er ihrem Angriff entgehen! Es gelang ihm, die Ordnung in Rom wiederherzustellen!


    Doch die Verschwörer besaßen auch jetzt keinen mannhaften Stolz! Als sie sahen, dass das Blatt sich wendet, sind sie feige geflohen, um ihre Haut zu retten! Salinator, mein und euer Freund, hat mir geschrieben, um uns davon zu berichten! Er fürchtet, dass diese Frevler noch immer nicht genug von ihren schändlichen Taten haben! Sie sammeln finsteres Gesocks, Söldner, gedungene Mörder und aufstandslustige Barbaren, um unser Reich ins Chaos zu stürzen!


    Und das jetzt, wo das Imperium führerlos ist! Wem sollen wir folgen, wo selbst der unschuldige Sohn von Valerianus hinterrücks erdolcht wurde? Sicherlich werden manche machthungrige Senatoren und Patrizier nun glauben, dass sie euch, die ihr das Imperium jeden Tag mit eurem Leben verteidigt, übergehen können! Wahrscheinlich werden in diesem Moment bereits Pläne geschmiedet, wie die Beute geteilt wird unter diesen fetten, satten alten Männern, die schon so viel haben, dass sie nicht wissen, wohin mit ihrem Reichtum!


    Ich aber sage euch eines: Sie haben die Rechnung ohne uns gemacht! Wir verteidigen dieses Reich, wir entscheiden auch, wer es regiert! Das kann uns niemand nehmen! Kein Senator, kein Patrizier und schon gar kein Verschwörer! Und ich weiß, dass es nur einen Mann gibt, der jetzt dafür geeignet ist! Es gibt nur einen Mann, dem Valerianus stets getraut hat! Ein Mann, der auch zu euch stets gut war! Sicher erinnert ihr euch noch an die zahlreichen Extra-Rationen, die er immer wieder an euch auszahlen ließ! Und er allein hat das Reich in der Krankheit des Kaisers regiert!


    Wer anders als Potitus Vescularius Salinator sollte also nun der Imperator Caesar Augustus sein?"


    Einen kurzen Moment herrschte Schweigen auf dem Campus, dann aber ertönten vereinzeltes Rufen, das immer mehr anschwoll:


    "Vivat Imperator! Vivat Salinator! Vivat Imperator Salinator! Vivat Imperator Salinator! Vivat Imperator Salinator! Vivat Imperator Salinator! Vivat Imperator Salinator! Vivat Imperator Salinator! Vivat Imperator Salinator! Vivat Imperator Salinator! Vivat Imperator Salinator! Vivat Imperator Salinator!"


    Nun atmete der Laberier auf und wischte sich den Schweiß, der trotz der winterlichen Temperaturen auf seiner Stirn stand, fort. Er hatte es geschafft! Salinator würde stolz auf ihn sein!




  • Ein abgehetzter Eques singularis auf einem schweißbedeckten Pferd preschte zum Lager der Legio Sarmata. Dort überreichte er dem Legaten Laberius Maturus die Befehle des Kaisers:



    Imperator Caesar Augustus Legato suo Maturo s. d.


    Wie du wahrscheinlich schon gehört hast, gibt es inzwischen nicht nur eine Rebellion im Osten, sondern auch eine in den beiden Germania. Diese Verräter Annaeus Modestus und Flaminius Cilo haben sich gegen uns gestellt und unterstützen den Usurpator Cornelius! Zusammen mit der Abschottung von Aegyptus stellt dies eine große Bedrohung dar!


    Deshalb ernenne ich dich mit diesem Brief zum Oberbefehlshaber des Exercitus Romanus beider Pannoniae, Noricum, Dalmatia und Moesia Superior. Deine Befehle sind folgende:
    I. Stelle ein Heer zusammen und schiffe dich in Richtung Raetia ein! Die Truppen der germanischen Verräter müssen geschlagen werden, bevor sie die Alpen überqueren!
    II. Sorge trotzdem für die Sicherung der Grenze! Stütze dich dabei vor allem auf die Auxiliarverbände.
    III. Erstatte mir laufend Bericht über deine Fortschritte!


    Bei all dem hat die Niederwerfung der Rebellen in Germania absoluten Vorrang! Wenn sie Italia betreten und ins Chaos stürzen, steht die Herrschaft des legitimen Imperator Caesar Augustus vor dem Abgrund!


    Vale!

  • | Manius Laberius Maturus


    Endlich gab es neue Befehle aus Rom! Maturus hatte nicht gezögert, sondern sofort Maßnahmen ergriffen. Er wusste so genau wie Salinator, dass die Situation ernst war, aber im Gegensatz zum Kaiser saß er nicht in einem Schlangennest, sondern unter den treuesten Gefolgsleuten des Vesculariers. Boten waren den Danuvius hinauf und hinabgeritten, Truppen waren in Alarmbereitschaft versetzt und Pläne geschmiedet worden. Inzwischen stand es fest: der Großteil der Legionen würde sich mit Maturus an der Spitze Danuvius-abwärts einschiffen, während die Auxiliareinheiten sich vor allem um die Grenze kümmern würden.


    Das alles bedeutete vor allem für die Classis Pannonica eine Menge Arbeit: Die schnellen Flußgaleeren waren nach Moesia hinaufgefahren und hatten dafür gesorgt, dass Vipstanus Sermo, der Statthalter von Moesia Superior, mit einem Großteil der VII. und der XIV. Legion nach Carnutum herab gekommen war. Zugleich waren alle Kähne und Flußboote requiriert worden, die man auftreiben hatte können, um die sich sammelnde Armee in den Norden zu bringen.


    Und so konnte der Laberier nun gemeinsam mit Sermo und Vescularianus, den Salinator ihm als permanenten Berater und Aufpasser aufs Auge gedrückt hatte, die Verladung der Truppen inspizieren. Neben seinen eigenen Männern von der XXV. Legion nahm er auch eine Abteilung Reiter der Ala I Ulpia mit. Flussabwärts würde außerdem der alte Haudegen Marius Pullo mit der XXXIII. zu ihnen stoßen, sodass schlussendlich eine ordentliche Streitmacht in Raetia einfallen würde.


    Maturus sah mit einem grimmigen Lächeln zu Ostorius Remmianus, der zur Zeit sein Tribunat bei seiner Legion ableistete.


    "Die Rebellen im Norden werden sich noch wundern, Ostorius! Bevor die den alten Vescularier absägen, müssen sie erstmal an uns vorbei!"


    Der junge Tribun schluckte und blickte zur Seite. Der Statthalter schüttelte den Kopf. Was hatte er da nur für Personal, um diesen Krieg zu gewinnen!




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