...nos et mutamur in illis ...
Nicht weit (und doch fernab des Trubels der Hauptstadt) weilte Aurelia Prisca im südlich von Rom gelegenen Antium, wo sie langsam über den Tod ihres Mannes hinweg kam und schließlich die Trauer um ihn, zusammen mit ihren Glauben an die Liebe, endgültig zu Grabe trug. Von dem Tod des Kaisers und den folgenden Ereignissen in Rom bekam sie deshalb zunächst gar nichts mit. Erst nachdem ihre Sklaven Tilla, Mara und Hektor nicht aus der Hauptstadt zurück kamen (die hatte sie dorthin geschickt, um ein paar persönliche Dinge aus der villa Flavia zu holen) wurde Prisca stutzig und schließlich überbrachte ein flavischer Bote - zwei Wochen später - die bis dato neuesten Nachrichten aus Rom. Was??? Der Kaiser ist tot und in Rom herrscht Ausgangsperre?! Das war ein schwerer Schock und sofort musste Prisca an die Angehörigen beider Familien denken. Der Gedanke an ein Verbrechen drängte sich ihr spontan auf, auch wenn allgemein bekannt war, dass der Kaiser gesundheitlich angeschlagen war und man eigentlich ständig mit seinem Ableben rechnen musste. Allerdings wäre es nicht das erste Mal, dass man sich eines schwächlichen Herrschers irgendwann entledigte, sofern er nicht "freiwillig" sterben wollte. Hatte man also am Ende ein wenig nachgeholfen, weil der kranke Kaiser für das Reich untragbar geworden war? Durchaus denkbar und wenn dem tatsächlich so wäre, könnte womöglich eine von langer Hand geplante Verschwörung dahinter stecken. Der Präfekt? Oder vielleicht der Senat? Zumindest hätten beide Seiten genügend Gründe und die Macht dazu gehabt, aber auch wenn das alles nur Hirngespinste wären so bestünde zumindest die Gefahr, dass durch Gerüchte um den Tod des Kaisers und eines potentiellen Nachfolgers das gesamte Reich in Aufruhr geriete. Insbesondere bei der breiten Masse der niederen Bevölkerung musste man aufpassen, da diese in solchen Situationen gerne dazu geneigte sich plötzlich in einen wütenden Mob zu verwandeln (man denke nur an die Geschehnisse im Hain der Diana zurück und den Folgen daraus - insbesondere für den römischen Adel).
Für Patrizier galt es in solchen Situationen stets besonders auf der Hut zu sein und deshalb rieten die anwesenden Gelehrten der Aurelia auch aufs eindringlichste davon ab, zurück nach Rom zu kehren. Jedoch ohne Erfolg, denn: "Mein Entschluss steht fest. Ich reise zurück nach Rom. Oder soll ich etwa hier in Antium bleiben, Däumchen drehen und darauf hoffen, dass man mich in diesem Kaff in Ruhe lässt? Unsinn! Hier habe ich weder die Gewissheit noch die Möglichkeiten mich im Ernstfall , gegen wen auch immer, zu wehren. Nein, ich muss unbedingt wissen ob es meinen Familien gut geht und wohin sie eventuell geflohen sind." Manuta wäre eine Option, dort war zuletzt ihr Cousin stationiert, aber auf den Weg dorthin müssten sie eh an Rom vorbei und wo im Reich wäre man letztendlich sicher? Hier in Antium bestimmt nicht. Nein, hier wäre man im Prinzip genauso schutzlos wie anderswo auch und abgesehen davon: Eine Aurelia läuft nicht davon und sie versteckt sich auch nicht! Das würde das Unausweichliche bestenfalls hinauszögern, aber niemals verhindern. Und sollte es wirklich zum Äußersten kommen, so würde der winzige Dolch (hoffentlich) seine Dienste tun, dessen Klinge mit einem todbringenden Gift bestrichen worden war und den Prisca stets, gut verborgen, unter ihren Gewändern trug. Ihn wirklich benutzen zu müssen hoffte Prisca natürlich nicht, aber sie sah dunkle Wolken am Horizont aufziehen. Zeiten ändern sich und nun lag wohl eine schwere Zeit vor ihnen, wobei die Aurelia sich damit trösten konnte, dass der Tod ihr schon lange keine Angst mehr machte ...