[Auftrag] Eskorte nach Augusta Vindelicum - Raetia | Teil II

  • Nein. So simpel. Noch nicht mal ein kurzes Abwägen oder so. Hadamar verdrehte die Augen, aber wohlweislich erst dann, als der Decurio ihm den Rücken zuwandte. Sie würden doch doppelt so lang brauchen mit dem Karren! Und wo er bei dem alten Sack noch wenigstens hatte nachvollziehen können, dass der keine Ahnung vom Militär hatte und vielleicht kein Vertrauen, verstand er das beim Vibius überhaupt nicht. Hallo? Mal abgesehen von ihm hatte der Mann die Männer, die ihn begleiteten, höchstpersönlich ausgesucht! Das waren von ihm handverlesene Equites aus seiner eigenen Turma, und er vertraute ihnen nicht genug, um die Kohle in Beutel umzuladen, damit sie schneller sein würden? Und dabei hatten sie genug Männer dabei, dass er Hadamar nichts hätte anvertrauen müssen – obwohl das ein ziemlich extremer Beweis seiner Ablehnung gewesen wäre. Der Decurio mochte ihn nicht, das wusste Hadamar nur zu deutlich, aber er war hier auf Befehl des Primus Pilus, weil er dessen Vertrauen besaß – und der Primus Pilus besaß das Vertrauen des Legaten. Was dann doch genug Wert sein sollte für einen popligen Decurio – poplig im Vergleich zum Legaten, wohlgemerkt –, fand Hadamar, um ihm auch Vertrauen entgegen bringen zu können.


    Er tauschte einen kurzen Blick mit einem der Equites, der gerade an ihm vorbei ritt, den er aber nicht wirklich zu deuten imstande war, und presste dann nur die Kiefer aufeinander. Schön. Brauchten sie halt ewig, anstatt nur halb ewig. Würde spaßig werden, das, mit ihm und dem Decurio, umso spaßiger, je länger sie brauchten – juhu. Vermutlich durfte er sich auch auf Mittelwache jede Nacht freuen.
    Hadamar wartete, bis die Equites mitsamt dem Karren an ihm vorbei waren, und übernahm dann die Nachhut. Der Decurio hatte ihm konkret nichts anderes gesagt... und so lange er ihm nicht befahl, zu ihm aufzuschließen, würde Hadamar auf dem Platz in ihrer kleinen Truppe bleiben, der den größtmöglichen Abstand zum Vibius bot.

  • Es vergingen ein paar Stunden, in denen es auch nichts auffälliges passierte, wieso denn auch? Sie folgten der offenen Straße Richtung Raetia, noch mussten sie durch keinen Wald, also waren ihnen auch noch keine Strauchdiebe oder Germanen begegnet, welche zudem auch ziemlich dumm gewesen wären in einer kleineren Gruppe anzugreifen. Erst, wenn der Weg sie durch ein Stück Wald führen würde, könnte es kritisch werden, denn Hinterhalte lauerten überall.
    Die Männer plapperten so vor sich hin, wogegen der Decurio dieses mal nichts einzuwenden hatte, es würde eine lange Reise werden, solange sie auf offener Straße waren, sollten seine Männer sich ruhig die Zeit mit Weiber-, Sauf- und anderen Lagergeschichten vertreiben. Vespa selbst blieb allerdings stoisch ruhig, wie gewohnt.


    Die Nachhut bildeten Duccius Ferox und Lucius Helanius, letzter ergriff das Wort "Was hast du denn ausgefressen, dass du mit uns kommen darfst?" Auch wenn der Decurio etwas weiter wegritt und bestimmt eine normale Gesprächslautstärke nicht hören würde, da die Wagenräder zu sehr knarrten, redete er mit etwas bedeckterer Stimme.

  • Hadamar hatte sich ziemlich zurückgezogen. Er war sich eigentlich sicher gewesen, dass sein Vorschlag gut gewesen war, und hatte sich ernsthafte Hoffnungen gemacht, das hier ein bisschen schneller erledigen zu können. Aber naaaeeein... Es verdarb ihm nun nicht wirklich die Laune, aber es bewirkte, dass er einfach auf Abstand zum Decurio ging, und zumindest für die ersten paar Stunden ihres Ritts auch auf Abstand zum Rest der Truppe. Die Equites kannte er ohnehin nicht so gut, Hadamar trieb sich eher bei den Fußsoldaten rum, wenn er durchs Lager streunerte und sich irgendwo mal dazu setzte, um neue Bekanntschaften zu schließen. Und auch das hatte deutlich abgenommen, seit er befördert worden war... obwohl er sich immer noch bemühte.


    So oder so: er hielt sich zurück, auch weil er befürchtete, die Aufmerksamkeit des Decurios auf sich zu ziehen, und erst, als ihn irgendwann der Eques, der sich mit ihm die Nachhut teilte, ansprach, wandte er ihm tatsächlich aufmerksamer den Kopf zu. „Ausgefressen?“ Er hatte nix ausgefressen. Er war Optio! Hadamar grinste flüchtig und deutete ein Kopfschütteln an. „Nix. Der Primus Pilus wollt mich einfach dabei haben.“

  • "Der Primus Pilus also, soso.." entgegnete der Eques. Dann schien der Junge ja ein gewisses Maß an Vertrauen zu genießen.
    "Ich könnte mir schöneres vorstellen, als eine Kiste Tagelang nach Raetia zu bringen, aber scheint wohl wichtig zu sein, weißt du mehr darüber?" beklagte er sich mit einem Unterton an Neugier. Wenn er schon diese scheiss Kiste transportieren musste, wollte er auch wissen wieso er dies tuen sollte.


    "Helanius, Ferox!" rief der Decurio den beiden Nachhütlern zu und schickte zwei Equites aus der Mitte zur Ablöse. Für Helanius und Ferox hatte er eine Aufgabe, denn sie näherten sich dem Wald. Andere kamen für diese Aufgabe nicht in Frage, Helanius war eines seiner schwächsten Glieder aus der Turma und Ferox.. da war schon alles gesagt.. Germane und Raufbold ohne Disziplin.

  • Hadamar warf dem Eques einen flüchtigen Blick zu. Er meinte, in dessen Worten so etwas wie... Unglauben herauszuhören. Was er allerdings nicht ganz verstand. Als Optio hatte man in der Regel das Vertrauen seines Centurio, sonst wäre man nie Optio gewürden – oder wäre es zumindest die längste Zeit gewesen. Eine rechte Hand und Stellvertreter, dem man nicht vertrauen konnte, war immerhin ziemlich nutzlos.
    Oder hatte der Kerl gar keine Ahnung, dass er Optio war? Er war in jedem Fall vorhin nicht bei der Regia mit dabei gewesen, denen hatte er sich ja vorgestellt, als sie losgeritten waren... konnte es sein, dass der Decurio seinen Leuten gar nicht gesagt hatte, wer sie da noch begleiten würde? Die nächsten Worte des Eques schienen das noch zu unterstreichen – so unterhielten sich Legionäre untereinander, aber selten mit jemandem, der im Rang eigentlich über ihnen stand... aber Hadamar beschloss, dass ihm das eigentlich ganz gut gefiel, dass der Kerl nicht von irgendeiner falschen Scheu befallen war, aus welchen Gründen auch immer. Und er beschloss darüber hinaus, aus dieser Reise das Beste zu machen. Was hatte Witjon gesagt? Wenigstens mal rauskommen aus dem Castellum, irgendwas in der Art war es gewesen, und er hatte Recht gehabt. Er kam ein bisschen raus – und weg von dem Riesenberg an Arbeit, den er Tag für Tag vor sich hatte, seit er Optio geworden war.


    „Ich-“ setzte Hadamar an, wurde allerdings in genau dem Moment vom Vibius unterbrochen – und sah sich bestätigt in der leisen Vermutung, dass der niemandem gesagt hatte, wer er war. Er hielt es ja noch nicht mal jetzt für nötig, ihn mit seinem Rang anzusprechen. Oder wenigstens seinem römischen Familiennamen. Hadamar war für gewöhnlich ziemlich wurscht, ob andere sich an Formalitäten hielten, er legte da wenig Wert drauf, aber zum einen hatte er schon als Tiro sehr rasch gelernt, dass in der Legio Wert auf so was gelegt wurde – und zum anderen hatte er den Verdacht, dass der Decurio ihn nicht deshalb Ferox nannte, weil ihm Formalitäten genauso egal waren... sondern weil er damit seine Verachtung ausdrücken wollte. Und das nervte Hadamar. Was hatte er dem Kerl denn schon getan, dass der so rumzickte?
    Allerdings: das war keine Frage, die er ihm stellen würde. Oder sonst jemandem. Augen zu und durch, im übertragenen Sinn, das war das Leitmotiv für die nächsten Tage. Hadamar veränderte seinen Sitz und ließ seinen Gaul kurzzeitig etwas schneller gehen, bis er vorne beim Vibius angelangt war. „Decurio“, meldete er sich bei ihm.

  • Als die beiden an der Spitze des Zuges angekommen waren und nun auf gleicher Höhe mit dem Decurio ritten, erklärte er seine Anweisungen.


    "Der Wald ist nicht mehr fern." stellte er zunächst klar und zeigte mit seiner ausgestreckten Hand Richtung Wald. "Der Weg führt mitten hindurch, sichert das Gebiet westlich und östlich des Weges. Wir haben keine Zeit für Auseinandersetzungen." Der Karren würde bestimmt durch seine Laute Aufmerksamkeit auf sich ziehen, er knarrte ziemlich laut. Mit einer kleinen Gruppe von Strauchdieben, würden sie locker fertig werden, allerdings waren sie im Wald auf dem engen Weg deutlich benachteiligt, wenn die Gegner schon in gleicher Zahl auf sie lauern würden.

  • Und weiter ging es. Warum um alles in der Welt schickte der Kerl einen Optio zum Sichern ins Gelände? Einen Unteroffizier, noch dazu einen, der gar nicht ihm direkt unterstand, der kein Reiter war, sondern von den Fußeinheiten als zusätzlicher Mann dazu gekommen war? Nicht dass Hadamar ein Problem damit hatte, die Flanke zu sichern, aber es war einfach nicht richtig. Dafür hatten sie die normalen Equites dabei. Und er bemerkte auch, dass der ein oder andere der Equites, die bei der Regia schon dabei gewesen waren und seinen Rang kannten, ihm einen verwunderten Blick zuwarfen.


    Einen Moment lang zögerte Hadamar, überlegte, ob er das ansprechen sollte – ob er das klären sollte. Er mochte sich noch nicht so ganz in seine Rolle als Optio hinein gefunden haben, aber welchen Anspruch er damit hatte, das wusste er schon. Und er hatte keine Lust, sich während der ganzen Reise fast schon wie ein Tiro behandeln zu lassen. Nur: wenn er was gesagt hätte, dann wäre das hier auf eine Auseinandersetzung hinaus gelaufen, und angesichts der Tatsache, dass sie noch Tage unterwegs sein würden, war das wohl nicht so klug.


    Bei einer anderen Sache allerdings konnte er gar nicht still sein. Der Decurio wollte sie in die falsche Richtung schicken... und Hadamar fragte sich, warum. Hatte er sich gar nicht die Mühe gemacht, sich wirklich auf einer Karte zu orientieren? „Eine Frage, Decurio... Augusta Vindelicum liegt in dieser Richtung.“ Er wies die Straße hinunter, die sich nach Süden weiter wand. „Gibt es einen Grund, warum du zurück nach Mogontiacum willst?“ So wie sich der Kerl ihm gegenüber aufführte, konnte er ihn ruhig auch mal auflaufen lassen, wenn der Blödsinn quatschte.

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