[CAMERA] Ausbildung - Messalina

  • Ups, die Helferchen waren gemeint.


    "Ich werde das am Besten an einem Beispiel demonstrieren. Nehmen wir also an, Lusticus möchte ein Opfer für Venus darbringen. Da er jedoch kein Opfertier zur Verfügung hat, erkundigt er sich bei einem aedituus, dieser teilt ihm mit, dass er doch ein Lämmchen vor Ort kaufen könnte, da morgens eine frische Ladung eingetroffen ist oder aber sich zum forum boarium begeben soll, um ein dortiges Tier zu kaufen. Zusätzlich vereinbaren die beiden ein Termin, wann das Opfer durchgeführt werden soll. Daher ist der aedituus oder Priester grundsätzlich der erste Helfer, da er den weiteren Opferverlauf in seiner Gesamtheit hauptsächlich organisiert.


    Nun ist es so weit, kein Lämmchen aber immerhin eine weiße Kuh. Da Lusticus als Hauptakteur eingebunden sein wird, wachen Sklaven als Handlanger bis zum Tötungsakt über das Tier. Kühe geben gerne laute Geräusche von sich, so dass auch deswegen weitere Helfer die tibicines und/oder fidicines mit ihren Pfeifen spielen. Denn niemand möchte ein schlechtes Omen herbeirufen, nur weil die Kuh ständig muh macht. Die Musikanten sollen jeden unnötigen Lärm überspielen.


    Nach dem Trankopfer fragt ein Helfer genaugenommen ein popa, ob er zuschlagen soll, er schwingt seinen malleus und schlägt auf den Schädel der Kuh, damit sie betäubt ist, ein weiterer Helfer der cultrarius durchschneidet anschließend mit seinem culter die Kehle der Kuh."


    Ob Occia das grobe Beispiel genügen würde?


    "Zusätzlich gibt es ministri, also Personen meist Kinder oder Jugendliche, wie auch niedrige Beamte oder Staatssklaven nehmen zum Teil die verschiedenen Helferrollen ein. Aber auch beiläufige Dinge wie das Tragen von Weihrauch, oft durch Kinder oder aber das Bewirten bei der anschließende Speisung des Opferfleisches.


    Wie gesagt, die Helfer besteht aus einem vielfältigen Personenkreis. Dinge müssen beachtet werden, ein Junge von 12 Jahren wird kaum eine Kuh betäuben können und und und."

  • Messalina beschrieb die ganze Szenerie recht anschaulich - allerdings war Occia sich nicht ganz sicher, ob das für einen x-beliebigen Bürger die normale Behandlung war, denn wenn ein kleiner Plebejer Mercurius sein Lämmchen für eine gute Reise darbrachte, wurde normalerweise nicht gleich ein Heer von Staatssklaven aufgefahren. Dann hatte er normalerweise seinen eigenen Sklaven oder seinen Sohn dabei, der alles auf einmal machen musste.


    "Wenn Lusticus der Consul oder ein Pontifex ist, dann ist das alles richtig, genau - aber ich habe ja nach einem Staatsopfer gesagt, glaube ich..."


    schärfte sie deshalb nochmals ein und überlegte dann, was als nächstes auf dem Programm stand.


    "Dann gehen wir einmal ins Detail. Ein zentraler Punkt jedes Opfers ist das Opfergebet, denn sonst weiß die Gottheit ja nicht, warum sie das Lämmlein bekommt. Dieses wird traditionell stets laut ausgesprochen, denn wer flüstert oder stumm betet, gerät leicht in Verdacht, jemanden zu verfluchen. Außerdem sollte man sich nach Abschluss des Gebets niemals nach links wenden - das bringt Unglück.


    Weißt du, aus welchen Teilen so ein Gebet besteht?"

  • Och ja... Nicht immer brachte Messalina ihr Wissen auf dem Punkt. Manchmal schwirrten so sehr Dinge in ihrem Kopf, sodass sie einfach herausplapperte ohne jedoch die Worte durchdacht zu haben.


    "Ja, und die Handflächen zeigen stets nach oben. Die Mimik und die Gestik ist genauso wichtig wie das Sprachliche selbst.


    Das Gebet besteht aus drei Teilen. Teil eins ist die invocatio, also man erweckt die Aufmerksam der Gottheit. Zu beachten ist eben, dass es sich um die jeweilige richtige Gottheit handelt.


    Dann folgt der zweite Teil, pars epica, eine Art Rechtfertigung warum, weshalb... und formuliert seinen Anspruch auf Erhöhung. Der zweite Teil lässt sich in zwei Teile zerstückeln, zum einen die Berufung auf die Macht der Gottheit und zum anderen die eigene Frömmigkeit und die eigenen früheren dargebrachten Opfer.


    Gefolgt wird das Ganze durch den dritten Teil, preces, ebenso in zwei Teilen zerstückelt, zum einen die Bitte selbst und zum anderen das Versprechen künftiger Leistungen.


    In großer Not, besser sagt, um die Bitte verstärkt auszudrücken können Teil zwei,pars epica, und Teil drei, preces, vertauscht werden."

  • Wieder blieb Occia nichts anderes, als einfach zu nicken - besser hätte sie selbst es auch nicht ausdrücken können.


    "Gut, nach dem Opfergebet folgt die Darbringung der Opfergaben - aber dazu hast du uns ja vorerst genug berichtet. Gehen wir also direkt zum Ende. Am Ende kommt dann noch ein Helfer zum Einsatz, den du meines Wissens nach noch nicht erwähnt hast: der Haruspex. Was weißt du über die Disciplina Etrusca?"


    fuhr sie dann wieder wie gewohnt fort.

  • "Ein Haruspex, ein Zeichendeuter, ist ein Angehöriger des etruskischen Priesterkollegiums mit 60 Mitgliedern, genannt ordo LX haruspicum, der mit der Disciplina Etrusca vertraut ist. Die disciplina etrusca ist die Lehre von der Interpretation göttlicher Signale, also eine Technik der Divination, besser gesagt der divination artificiosa. Der Haruspex bedient sich wie auch zum Beispiel die Augurender signa et nota causarum (Zeichen und Merkmale der Ursachen) indem er sich hauptsächlich der exta (Innereien) widmet. Er nimmt Einsicht in bestimmten Organen, meist der Leber, aber auch der Galle, Herz und Lunge. Untersucht die Größe, Form, Farbe, Zeichnung und so weiter.


    Der Haruspex führt dies durch Anordnung des Senates durch. Ach so, wie auch bei den Vestalinnen werden die Mitglieder durch das Kollegium selbst geschult.


    Vor dem Ritus muss der Haruspex sich mental vorbereiten. Er muss zum anderen nüchtern sein. Er muss gebadet sein und eine saubere festliche Kleidung tragen. Vorab für mindestens 12 Stunden fasten, wobei drei Tage am Besten sind. Während dieser Zeit kann er über die Frage, die Gegenstand der Divination ist meditieren."



    Kurz und knapp sprach Messalina. Wobei sie dieses Kollegium äußerst Interessant fand, vor allem weil sie die Zukunft deuteten. Messalina wüsste allzu gern, ob ihr Onki Serapio heil nach Rom komme, aber auch, ob sie eventuell mal die Maxima werde. Natürlich nur aus Neugier versteht sich.

  • "Sehr richtig, sehr richtig."


    erwiderte Occia - ihre Schülerin wusste tatsächlich schon eine ganze Menge und würde sicherlich einmal eine sehr gute Sacerdos Vestalis werden. Aber sie stammte ja auch aus einer angesehenen Familie, die sie auf ihre Aufgabe vorbereitet hatte...


    "Allerdings ist anzumerken, dass die Haruspices auch zum Stab der Magistrate gehören. Diese können für bestimmte Entscheidungen durch ihre Hilfe die Götter befragen - auch in den Landstädten Italias ist derartiges üblich. Zu achten wäre schließlich auf die zahlreichen Scharlatane, die unter den Namen Haruspex der einfachen Bevölkerung das Geld aus der Tasche ziehen, indem sie abergläubische Wahrsagereien vollziehen."


    Wieder einmal machte die Papiria eine Pause. Dann fuhr sie fort:


    "Wo wir bei der Wahrsagerei sind - welche Formen der Divination kennst Du denn außer der Disciplina Etrusca? Und wer wendet sie wie an?"

  • "Grundsätzlich ist erst einmal zu unterscheiden auf welcher Grundlage die Divination beruht, entweder auf die divinatio artificiosa, also die Kunstlehre, darunter fällt auch der Haruspex oder eben auf die diviatio naturalis, von der Natur her.


    Zur divinatio artificiosa gehören neben dem Haruspex die augures wie auch die astrologi an. Diese drei Gruppen sind Deuter, Interpreten ihres Faches. Den Haruspex habe ich ja bereits beschreiben. Ein Augur bedient sich der Vogelschau. Der astrologi der Himmelszeichen und Gestirne. Die diviatio naturalis spiegelt sich in Träume, der Ekstase oder dem Orakel wieder, die jedoch vom Deuter Haruspex, Augur und so weiter wiederum interpretiert werden. Also die beiden unterscheiden sich also nur, wer Träger der Information ist, ob die Seele oder eben Blitze, Innereien.... zusätzlich ist bei der diviatio naturalis ein Überbringer notwendig, wie ein Ekstatiker, Träumende oder so..."


    Puhh... so allmählich kam sie ins Schwitzen, denn ihr Wissen war nicht unbegrenzt und es gab natürlich das eine oder andere noch zu lernen. Vor allem entwickelte sie wieder jeder andere auch unterschiedliche Leidenschaften, filterte für sich unwichtige Dinge heraus. Die vielleicht für jemand anderes wie Occia wichtig erschienen.

  • "Auch das ist richtig."


    antwortete Occia und nickte zufrieden. Dann fuhr sie fort, behandelte noch dieses und jenes Thema, ehe sie für den Tag genug gelehrt hatte - immerhin musste sie ja auch noch ihren kultischen Pflichten nachkommen.

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