• Von sanftem Wind getrieben gelangten die Schiffe der Classis Syriaca mit Cornelius Palma und einem Teil seiner Truppen an Bord Tag für Tag stetig und fast gespenstisch geräuschlos nach Westen, ihrem Ziel entgegen. Weniger geräuschlos, aber dafür nicht minder stetig schob sich an Land eine Marschkolonne die Straßen entlang und kam damit ebenfalls ihrem Ziel immer näher, auch wenn es nicht ganz so schnell ging. Aber dafür waren sie auch etwas früher losgelaufen und außerdem wollte Cornelius Palma gar nicht, dass alle zeitgleich am Ziel eintrafen, denn das machte die Organisation unnötig kompliziert.


    Das Ziel, das war letztlich natürlich Rom, aber erst einmal Halicarnassus, die Hafenstadt im Süden der Provinz Asia. Bis hierhin rechnete Cornelius Palma mit keinerlei Störung, einfach aufgrund der geographischen Lage. Selbst wenn die Classis Ravennas zeitgleich mit seiner eigenen Flotte ausgelaufen wäre, um ihm entgegen zu fahren - womit er nicht rechnete, denn Nachrichten über seine Aktivitäten brauchten ja einige Zeit bis nach Rom - wäre es ihr aufgrund der Entfernung schlicht unmöglich, zeitlich mit ihm im Mare Aegaeum einzutreffen. Dasselbe galt für den Landweg, auf dem seinen Truppen die Einheiten der Donauarmee entgegen kommen könnten, aber eben auch nicht so schnell, dass Halicarnassus nicht ein sicherer Hafen für alle gewesen wäre.


    Ärgerlich war für Cornelius Palma, dass er auf die Classis Alexandrina verzichten musste, zumindest für's erste. Dabei hätte er sie gerade jetzt gut gebrauchen können. Andererseits war es auch nicht das schlechteste, wenn sie woanders war und damit möglicherweise größere gegnerische Verbände auf sich zog, so dass sich Cornelius Palma nicht mit ihnen herumschlagen musste. Von daher konnte er sich mit der Lage durchaus arrangieren, ohne Bauchschmerzen dabei zu bekommen. Sein Vorhaben war ohnehin in jedem Fall wagemutig, egal mit wie vielen Schiffen, aber die Sache war es allemal wert.

  • Planmäßig erreichten die Schiffe der Classis Syriaca den Hafen von Halicarnassus und legten dort an oder gingen an geschützten Stränden in der unmittelbaren Umgebung vor Anker. Cornelius Palma begab sich rasch von Bord in die Stadt, um möglichst zügig jene Dinge zu erledigen, die von Land aus erledigt werden mussten. Jetzt zahlte es sich aus, dass er die Provinz von früher kannte und auf dem Hinweg nach Osten bereits durch die Stadt gekommen war, denn so fand er weitgehend alles vorbereitet vor, wie er es sich vorgestellt hatte.


    Während die Schiffe im Hafen mit frischem Proviant ausgerüstet wurden und die ersten schon wieder ablegten, um den anderen Platz zu machen, konnte Cornelius Palma sich dann den Dingen widmen, die nicht vorbereitet werden konnten. Akribisch ging er mit seinen Getreuen die Berichte durch, die sie aus verschiedenen Teilen des Reiches erhalten hatten und sortierten sie nach Alter, Wichtigkeit und Glaubwürdigkeit. Die Donauarmee war auf Salinator vereidigt und hatte Marschbefehle erhalten, während die Truppen in Germania auf ihn vereidigt waren und sich sammelten. Wenn dies stimmte, so konnte Cornelius Palma zufrieden sein. Weniger zufrieden war er mit der Nachrichtenlage aus Africa, denn von dort wusste er kaum etwas. Gerade aus Aegyptus hätte er sich verlässlichere Nachrichten gewünscht, aber mehr als hoffen konnte er nicht. Sein Bruder in Britannia hielt sich ebenfalls bedeckt, aber bei ihm hatte er keinerlei Bedenken, dass dies ein schlechtes Zeichen sein könnte. Am wichtigsten waren aber die Meldungen aus Italia selber und dort vor allem jene über die Aktivitäten der beiden Hauptflotten. Jeder ihrer Schritte konnte entscheidend sein und für jeden Tag, an dem ihre Schiffe an einem Ort gesehen wurden, wurde genau gerechnet. Jeder Tag, den Cornelius Palma zu spät war, konnte sein Vorhaben zum Scheitern bringen. Aber noch sah es gut aus. Noch war er sich sicher, den erhofften Vorsprung zu haben.


    Bevor es dunkel wurde, versammelte er sich mit seinen führenden Offizieren und anderen wichtigen Personen auf einem großen Platz im Hafen. Man hatte ein Podest aufgebaut und einen Altar. Großzügig dankte Cornelius Palma dem Neptun für die bisherige geglückte Überfahrt und bat gleichzeitig um Schutz und Hilfe in Form günstiger Winde und ausbleibender Wellen für den zweiten Teil des Manövers. Nachdem er die Gefahr durch seine Gegner schon ausgeschlossen hatte, wollte er nun auch die Gefahr durch die Götter ausschließen. Alle Zeichen, die gedeutet wurden, fielen schließlich positiv aus, so dass alle beruhigt wieder an Bord gingen. Die ersten Schiffe machten sich im Mondlicht vor dem Morgengrauen auf den Weg.

  • Immer nach Westen, mit starken Ruderschlägen und am besten mit günstigem Wind. Am ersten Tag Delus und Naxus erreichen, am zweiten Ceus und Cythnus, am dritten dann die Küste Achaias. Das war der Plan und er musste klappen, ohne auf die Classis Ravennas zu treffen. Cornelius Palma betrachtete diesen Teil seines Plans als den gefährlichsten, da er mit dem Krieg zur See wenig Erfahrung hatte. Er kannte nur die vielen Inseln und hoffte auf die Möglichkeiten, sich mit seinen Schiffen dort gegebenenfalls einem massiven Angriff entziehen zu können. Aber noch besser wäre es, wenn seine Schiffe schon auf dem Rückweg wären. Dann käme es auf etwas Verwirrung und kleine, verlustreiche Ablenkungsmanöver nicht an, wenn dafür der große Plan Bestand hatte.


    Und es lief gut, fast sogar schneller als erwartet. Noch vor dem Ende des dritten Tages kam die Küste Achaias in Sicht und die Schiffe konnten ungehindert in den Golf von Korinthus einlaufen. Aber noch einmal kam es darauf an, hier schnell zu sein und etwas Glück zu haben, denn wenn die Classi Ravennas sie nun hier festsetzte, würden die nachfolgenden Truppen ein Problem haben. Aber das überließ Cornelius Palma schon wieder seinen Flottenoffizieren. Selber setzte er sich an die Spitze seiner Truppen und führte sie ins Landesinnere, um die Colonia Laus Iulia Corinthiensis herum. Die Nachrichten, die ihm nach seiner Landung übermittelt wurden, klangen gut. Zwar würde er seine Truppen teilen müssen, um die von Norden anrückenden Truppen der unteren Donauarmee aufzuhalten und gleichzeitig selber Achaia zu durchqueren, während von Osten her seine übrigen Truppen gegen die Classis Ravennas kämpfen mussten, aber noch hatte sein Plan Bestand und Aussicht auf Erfolg.

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