Abmarsch im Morgengrauen

  • Endlich war er da - der Tag, auf den alle solange gewartet hatten.
    Die Unruhe im Lager war von Zeit zu Zeit bis heute immer schlimmer geworden. Die einen waren kampfeslustig und konnten es kaum erwarten gegen Vescularius zu ziehen, die anderen waren ängstlich. Man musste einach überlegen, welch Ausmaß dieser Feldzug hatte! Es war kein Feldzug in Aegyptus, um irgendwelche Grenzen zu sichern. Es war ein Feldzug in der Provincia Italia! Es war ein Feldzug gegen die eigenen Landsleute! Es war ein Feldzug gegen Rom! Und die Männer wussten, dass ihre Gegner genauso gut ausgebildet worden sind, wie sie selbst. Keine einfachen Schlachten auf offenem Feld gegen barbarische Truppen erwarteten sie, sondern Schlachten, in denen sie gleichauf mit den Feinden waren und somit auf die Fertigkeiten ihres Feldherrn Annaeus Modestus angewiesen waren.
    Vespa gehörte zu den ersteren, allerdings bleib er gelassen und ruhig und putschte sich nicht jeden Abend gegenseitig mit seinen Männern hoch. Er behielt kühlen Kopf, er würde in diesem Feldzug die Chance haben, sich als Decurio zu beweisen. Die Mehrheit seiner Turma vertraute ihm mittlerweile und hatte ihn als Decurio abkzeptiert, einem halben Dutzend war er jedoch noch skeptisch gegenüber. Wenn es hart auf hart kommt, würde er sich auf sie verlassen müssen.


    In voller Montur fand er sich bei den anderen Truppen der Legion mit seinen Männern ein und ließ sich einen Platz zuweisen. Natürlich dauerte es eine Weile, bis die meisten Cohorten und Turmae sowie der Tross ihre entgültige Position hatten. Nun herrschte Stille, das Ritual begann. Ob Vespa an die Götter glaubte? Eher nicht. Er war ein rationaler Mensch, der an die Kraft des Mannes selbst glaubte. Der Mann selbst führte die Klinge, nicht irgendein Kriegsgott. Dennoch kümmerte er sich mit um die Ruhe seiner Männer und bewahrte Haltung. Er musste ein Vorbild für seine Männer sein, Ares würde es ihm nicht verübeln. Der aurelische Tribun vollzog das Ritual und verkündete, dass die Legion unter dem Segen der Götter ziehen würde. Wohlan denn.

  • Corvinus stand inmitten der Männer seiner Centurie, etwas an das er sich noch gewöhnen musste war er doch als Optio immer hinten gewesen in der letzten Reihe. Ebenso das es "seine" Centurie war.


    Die lange Zeit die es dauerte bis Befehle kamen nachdem die Gedärme gelesen waren gefiel ihm nicht. Zum einen machte das die Männer unruhig und zum anderen gab es bestimmt nicht nur ihm mit den Gedanken abzuschweifen.


    Er selber fühlte in seinen Körper hinein und bereitete sich auf einen sehr harten Tag vor. Er hatte die Nacht so gut wie gar nicht geschlafen. Ebenso pochte sein Oberschenkel jetzt schon vor Schmerzen ebenso wie seine Rippen ihm bei jedem Atemzug sagten er sollte flacher atmen. Celer dieser Drecksack hatte genau gewußt wie er ihm zusetzen konnte an seinem ersten Tag als Centurio.


    Corvinus schloss kurz die Augen und rief sich Alwina ins Gedächtnis so wie sie heute Morgen ausgesehen hatte als er sie verlassen hatte und wie er sie dann, hoffentlich nur ein paar Monate älter, bald wieder sehen konnte. Er spürte kurz den Focale den sie ihm gemacht hatte und tastete nach dem "langen Messer" welches sie ihm geschenkt hatte und er nun anstatt eines Pugios trug.


    Es ging immer noch nicht weiter und er ließ seinen Blick schweifen. Es waren inzwischen auch einige Zivilisten gekommen und beobachteten das Schausspiel. Vielleicht würde er sie nochmal sehen.

  • Der Mantel wärmte in der morgendlichen Frische. Sie wickelte ihn fester um sich. Nicht allein die Frische ließ sie zittern. Er war einer von den vielen behelmten auf dem Platz. Centurio Lucius Helvetius Corvinus, was hatte er gesagt. An dem Helmbusch würde sie ihn erkennen. Hier trugen viele einen Helmbusch. Das wesentliche hatte sie beinahe vergessen. Der Helmbusch saß quer auf dem Helm. Das waren ein paar weniger, aber immer noch viele. Welcher von ihnen war denn nun ihr Berengar. Sie reckte sich, drängte sich nach vorn. In ihrer Handfläche verborgen, hielt sie eine bronzene Fibel mit einem stilisierten Bären. Die war für ihn.

  • Centurie um Centurie trafen ein, reihten sich in exaktem Gleichschritt in das Bild auf dem Campus ein, um sich zu Cohorten zusammenzufügen. Mit der letzten bracht das rhythmische Klappern der unzähligen Nägel an den Soldatenschuhen ab - Stille trat ein. Auch der Tross kam in den hintersten Reihen zum stehen. Die Legionäre suchten mit den Augen Orientierung, ohne ihre stramme Haltung und ihren Blick geradeaus aufzugeben, die Offiziere erstattenden ihren jeweiligen Vorgesetzten Meldung, bis das Antreten der für den Marsch aufgestellten Legion dem Legaten mitgeteilt wurde. Menecrates nickte dankend, für eine Ansprache lagen noch nicht die Voraussetzungen vor. Zunächst musste der Rat der Götter eingeholt werden, und sollte der negativ ausfallen, nichts würde den Claudier davon abhalten, seine Männer zurück ins Castellum zu führen.
    Sein Blick schweifte über die Stabsoffiziere und Centurionen sowie Decurionen, die ihrer jeweiligen Einheit vorstanden, bevor er auf dem Aurelier liegenblieb. Er kannte den Haruspex persönlich, hatte selbst schon seine Dienste in Anspruch genommen - damals als Magistrat. Des Aureliers Urteil würde heute über die Zukunft vieler Männer entscheiden. Mochte er fehlerfrei die Zeichen der Götter deuten!


    Die Prozedur begann. Mit starrer Miene, die Anspannung verriet, verfolgte Menecrates jede Bewegung des Aureliers. Er las in der Mimik und wünschte sich, selbst einen Blick auf die Innereien werfen zu können. Als Opferherr besaß Menecrates Erfahrung, sicher nicht in dem Maße wie ein Haruspex, aber den eigenen Annahmen zu vertrauen, fiel bedeutend leichter als denen des anderen. Der Ablauf der Opferung durch den Haruspex in der Villa Claudia mochte den Legaten zu dieser Einstellung gebracht haben.


    Endlich verkündete der Mann die Botschaft. Menecrates atmete hörbar aus, als er sie vernahm. Die Weichen standen auf Feldzug und er würde glücken. Nunmehr war es an der Zeit, die Männer auf den Krieg einzustimmen, ihren Willen zu stärken, ihre Moral auf den höchst möglichen Stand zu heben. Menecrates blickte zum Feldherrn - dem Annaeer und erwartete von ihm eine Ansprache.

  • Corvinus blickte kurz zum Legaten und so wie er meinte auch an dessen Körperhaltung erkennen zu können das er ebenso auf den LAPP wartete.


    Doch gleich schwenkte sein Blick wieder über die Zivilisten rüber. Plötzlich sah er eine Gestalt und war sich nicht ganz sicher. War sie es?


    Er wollte gerade winken und hatte den Arm schon gehoben bis ihm auffiel was für eine "gute" Idee das war. Er konnte gerade noch zum Helm umlenken und tat so als ob die Verschnürung sich gelöst hätte und er ein wenig am Helm rumachen musste damit dieser wieder richtig saß. Seine Helmbusch wackelte dabei einige mal hin und her.

  • Die Götter gewährten also ihren Segen. Welch hervorragende Neuigkeit. Regulus erfüllte dies mit tiefer Zuversicht, denn anders als so manch einer seiner Kameraden hatte er höchstes Vertrauen in das Urteil der Götter und die Riten, die zur Findung des selbigen veranstaltet wurden. Die Gewissheit auf der richtigen Seite zu stehen, freute ihn sehr und damit auch die Legitimation den Vescularier zu bekämpfen und letztlich wohl auch zu töten. Dass woanders gerade womöglich ähnliche Riten abgehalten wurden, die den Vescularier wiederum begünstigten, kam einem kleinen Legionär nicht in den Sinn. Er sah nur das, was ihm vor Augen geführt wurde.


    Das ganze Warten hatte aber auch den Artorier etwas müde gemacht. Egal wie sehr Legionäre auch im Stehen bei Appellen etc. geübt waren, so richtig gemocht hatte diese Beschäftigung wohl niemand. Umso schwerer fiel es auch den Blick geradeaus zu halten. "Wann geht es denn endlich los?", ging es wohl so manchem Soldaten durch den Kopf. Kein Wunder, dass Regulus auch auffiel, wie der Helmbusch seines Centurios sich zu bewegen schien. "Komisch", dachte er sich nur. Wahrscheinlich war dieser seiner neuen Ausrüstung noch nicht ganz Herr.

  • Die Fibel lag fest verborgen in ihrer Faust, die sie an ihre Brust presste. Wo unter diesen vielen Legionären war Berengar. Dreimal hatte sie die Reihen und Blöcke mit ihren Augen abgesucht. Sie gab es beinahe auf nach ihm zu suchen. Ein Helmbusch wackelte, Alwina sah weiter. Sah wieder hin. War das ihr centurio? Er musste es sein. Sie winkte ihm. Er war es, felsenfest davon überzeugt, behielt sie ihn ihm Auge.

  • Es vergingen noch einige Momente, bevor Modestus nach dem Ritual seinem Pferd nach vorn lenkte. Er wollte sicher gehen, dass jedwede Unruhe, die das Ritual erzeugt haben mochte, wieder verfolgen war, wenn er mit seiner Rede begann. Aus den Reihen seiner berittenen Leibwache folgten ihm nur zwei Reiter. Der eine war der Imaginifer und trug das Abbild des Kaisers Valerianus auf einer Fahnenstange. Der andere war der Vexillarius und trug die persönliche Standarte des Annaeus Modestus. Seine Standarte entsprach dem annaeischen Wappen – ein weißer Hengst auf grünem Grund – enthielt aber auch einige andere Symbole, die seine persönliche Errungenschaften und Tugenden darstellten.
    Modestus lenkte sein Pferd vor die aufgestellten Einheiten, sodass sie ihn hören und sehen konnten. Zumindest die ersten Reihen. Und die würden sowieso alles Gesagte an ihre Kameraden weiterflüstern, wie immer bei solchen Ansprachen.


    "Soldaten Roms!
    für manche unter euch mag heute ein schwarzer Tag sein. Ein Tag an dem ihr gegen römische Soldaten und nicht gegen Barbaren ins Feld ziehen müsst, um das Reich zu schützen."


    begann Modestus und sprach damit zu Beginn gleich die Befürchtungen an, die sicherlich viele Soldaten hegten. Er hätte sie weglassen können, aber es machte keinen Sinn eine Tatsache zu verschweigen, die allen bekannt war.


    “Doch auch wenn ich diese Besorgnis mit euch teile, so dürfen wir uns davon nicht von unserer Pflicht ablenken lassen. Denn dies ist auch der Tag an dem wir uns gegen die Tyrannei eines Usurpators auflehnen. Und zwar nicht nur für uns oder irgendwelche Patrizier in Rom, sondern für jeden Mann und jede Frau in diesem Reich, die es verdient haben einen aufrechten und gerechten Princeps zu haben, der bei seinen Entscheidungen auch an sie denkt! Ein Tag dem wir beginnen den feigen Mord an unserem geliebten Princeps zu rächen und seine Mörder ihrer gerechten Strafe zuführen werden! Und die Götter wissen um die Gerechtigkeit unserer Sache!“


    “ Wir werden dafür sorgen, dass der Usurpator Potitius Vescularius Salinator sich nicht lange an den Früchten seiner niederträchtigen Tat bereichen kann. Das Reich braucht einen Princeps, der sich um auch um die Belange der einfachen, ehrlichen Männer kümmert, anstatt sich in seinem Palast mit seinen Huren zu vergnügen! Es ist Zeit, dass der Usurpator Potitius Vescularius Salinator dahin kommt wo er hingehört! Auf den Tarpejischen Felsen mit einem Tritt in den Arsch!“


    beendete Modestus seine Rede mit einem Satz, der deutlich reißerischer war als für ihn üblich, und einer energisch in die Luft erhobenen Faust. Er ging aber davon aus, dass alle der anwesenden wussten, was der Tarpejische Felsen war. Und vorallem, dass man in Rom Verräter hinrichtete, in dem man sie von dem Felsen stürzte. Da gut die Hälfte der Truppen auch Peregrini waren, konnte er sich da nicht zu sicher sein, aber das spielte auch keine Rolle.

  • Aufmerksam lauschten die Soldaten den Worten des Annaeus Modestus. Regulus konnte seine elegante und große Gestalt von seiner Position aus gut beobachten. Es war eine recht kurze Ansprach, kein überflüssiger Wortschwall, so wie es Legionär auch recht gern hatte. Dennoch fand Regulus, dass er zu wenig auf die Problematik eingegangen ist, dass sie gegen echte Römer, wie sie es auch waren, kämpfen mussten. Regulus erschauerte immer noch bei dem Gedanken im Grunde einem Kameraden das Schwert durch die Brust zu jagen. Die Worte des Modestus konnten ihm diese Sorgen nicht nehmen.


    Immerhin war das Ziel klar benannt. Der Vescularier musste weichen, ihn galt es die Kaiserwürde wieder zu entziehen, die er sich angeeignet hatte. Doch warum hatte er überhaupt so viele Anhänger? Warum standen andere Legionen auf seiner Seite? Waren Sie etwa nicht so sehr von dem Unrecht überzeugt, welches wir hier so offen erkannten, welches aber von den Soldaten des Vesculariers ignoriert wurde? Regulus konnte dies alles nicht überblicken. Er hatte nicht viel Ahnung und das einzige, was er wohl tun konnte, war zu kämpfen und auf seine Befehlshaber zu vertrauen. Was blieb ihm anderes übrig?

  • Corvinus war doppelt abgelenkt. Zum einen durch das Ausschau halten zum anderen durch das lange Warten. Seine Gedanken waren abgeschweift und ihm wurde klar das er sich nun zum allerersten Male wirklich selber gründliche Gedanken machte über das was sie gesagt bekommen hatten.
    Den alten Kaiser hatte er gemocht... nein eher verehrt für die Taten die er vollbracht hatte und von dem ihm berichtet worden war. Ansonsten war der Kaiser in Rom für ihn eher ein abstraktes Gebilde.


    Was für ihn schwer wog waren das scheinbare Wohlwollen der Götter... aber wie konnten soviele seiner Kameraden, gerüchteweise waren alle Legionen am Danuvius auf der Seite von Salinator so sehr irren. Er grübelte und die lange Zeit des Wartens führte zu nichts gutem soviel stand fest.

  • Erst einmal passierte eine ganze Weile lang gar ncihts, und Sextus musste sich beherrschen, mit ausgebreiteten, blutverschmierten Armen stehen zu bleiben und nicht ungeduldig mit dem Fuß aufzutippen, bis der Annaeus seinen Gaul in Bewegung setzte, um zur Truppe zu sprechen. Überhaupt verstand er nicht, warum der Mann sich dort hinten positioniert hatte und nicht direkt vor dem Podest, um die Zeichen mit eigenen Augen sehen zu können, sich gegebenenfalls auch rückzuversichern und sich die Male erklären zu lassen. Sehr viele Männer, die auch nur ein bisschen was auf Religion gaben, hielten längere Zwiegespräche, wollten verstehen, was man da in den Eingeweiden sah und zeigten sich zumindest interessiert. Allerdings hatte Sextus ja schon zuvor den Eindruck gewonnen, dass diese Provinz fernab von jeglicher Zivilisation war und nur den Anschein des römischen Reiches zu wecken versuchte. Er hatte hier noch keinen wirklich götterfürchtigen Mann gesehen, der die Opfer vernünftig einhielt. Wenngleich er auch nicht danach gesucht hatte, die Begegnungen bislang hatten ihm da als Stichprobe gereicht. Und nach allem, was man hörte, war die Leiche des Terentiers, der damals bei der Besprechung beleidigt aufgebrochen war, auch ohne die üblichen Riten wieder in die Stadt gebracht. Was aber wohl weniger ein Verschulden der Provinz als ein solches der Claudier darstellte.


    So oder so, Sextus verzichtete auf maßregelnde Worte, sowohl an den Annaeus, der sich zu einer pathetischen Rede hinreißen ließ - jetzt dann doch vor dem Podest und nicht von seinem ursprünglichen Platz aus – als auch an die Claudier. Im Moment war er leider in der wenig beneidenswerten Position, auf beide noch angewiesen zu sein, also arrangierte er sich mit der Situation.
    Während der Annaeus also redete, ließ Sextus die Leber in das Opferfeuer legen, sah sich noch den Rauch an. Er qualmte gut und hell, und zog leicht nach Süden vom Feuer weg, obwohl es relativ windstill war. Ein gutes Zeichen. Überhaupt war der Süden der Sitz der wohlwollenden Geister; wenn der Rauch schon diesen Weg wies und Sextus auch nach Süden wollte, war er gern bereit, das Zeichen auch als Zeichen gelten zu lassen.
    Während der vom Annaeus erwartete Jubel groteskerweise ausblieb (noch nicht einmal gestampft wurde, und es knallten auch keine Waffen hörbar auf Schilde. Offenbar waren die Legionen etwas skeptischer, was kaiserliche Arschtritte anging), wusch sich Sextus bereits die Arme. Das Blut trocknete schon an den Ellbogen, und so ließ er sich Zeit mit der gereichten Waschschüssel und machte auch ausgiebigen Gebrauch von dem angereichten Tuch. Seine Aufgabe hier war fertig. Es fehlte eigentlich nur der verdammte Marschbefehl, der aber auch wieder auf sich warten ließ. Sextus schüttelte stumm den Kopf. Da fasste er sich extra mit seinen Ausführungen kurz, damit es schnell ging, und dann kam das 'Jo, marschieren wir' trotzdem nicht. Die Götter hatten wirklich einen ausgesprochen feinen Sinn für Humor.


    Während also das Schaf beseitigt wurde, seine Innereien verbrannt und das Fleisch vom Schlachthelfer langsam zerlegt wurde, um für das heutige Abendessen bei den Bessergestellten ihres Zuges zu sorgen, stieg Sextus schon von dem Podest herab und nahm seine Kopfbedeckung ab. Die lederne Robe folgte direkt danach, und auch die blutbeschmierte Tunika, die er durch eine wollene Untertunika, die ihm angereicht wurde, schnell austauschte. Seine Rüstungsteile folgten, feiner Brustpanzer, Beinschienen, Armschienen, schließlich auch Cingulum, Schwert und Umhang. Auf den Helm verzichtete Sextus vorerst, den ließ er an dem Sattel des Pferdes befestigen, auf das er aufzusteigen gedachte. Ein Legionär diente ihm dafür ganz selbstverständlich mit seinem Rücken als Trittleiter – immerhin war er Offizier – und so saß Sextus dann hinter dem Podest auf einem zottigen Etwas, das er jetzt schon zu hassen begann, jetzt nicht mehr Haruspex, sondern Tribun, und wartete wie alle anderen auf den endgültigen Marschbefehl.

  • Menecrates sah durchaus erwartungsvoll der Ansprache entgegen. Sie sollte die Soldaten einschwören, und sie verriet - gewollt oder nicht - mögliche Haltungspunkte des Statthalters. Der Einführung konnte sich der Claudier ohne Abstriche anschließen: Er verabscheute die Aussicht, seine Männer gegen Landsleute in die Schlacht führen zu müssen. Unglücklicher konnte die gegnerische Konstellation nicht ausfallen, zumal er aus dem Alter heraus war, wo man sich Hals über Kopf in jede Fehde stürzte, weil das Blut schnell hochkochte.
    Dem weiteren Wortlaut folgte er, bis Modestus von ‚irgendwelchen Patriziern‘ sprach. Menecrates, dessen Blick auf der ersten Reihe seiner ersten Centurie lag, wandte den Kopf Richtung Statthalter. Die Bewegung verriet Verwunderung, aber auch den Anstoß, den er an der - wie er fand - abfälligen Bemerkung nahm. Die Standesfrage gehörte für ihn nicht im Ansatz hierher, besonders weil sowohl der verstorbene Kaiser als auch der neu von ihnen unterstützte Imperator parizischen Geschlechts war.
    Der Claudier straffte sich noch ein bisschen mehr - seines höheren Standes sehr wohl bewusst, bevor er sich wieder auf die Rede konzentrierte. Ja, den Mord an Valerianus wollte auch er aufklären. Jemand musste die Gerichtsbarkeit ankurbeln, die Ermittlungen antreiben, Verdächtige benennen und vor Gericht deren Schuld oder Unschuld beweisen. Was später mit dem oder den Schuldigen geschehen würde, darüber hatte Menecrates noch keinen Gedanken verschwendet. Urteil und Vollstreckung lagen in den Händen des Gerichts, der Felsen wäre eine Möglichkeit. Die Überlegungen hielten ihn davon ab, länger über den bildlichen Tritt in den Arsch nachzudenken. Keine wirklich feine Ausdrucksweise, und zumindest bei ihm nicht geeignet, ihn in besonderer Weise auf den Feldzug einzuschwören. Aber vielleicht folgten ja noch weitere Aussagen, und vielleicht wirkte bei ihm auch noch die abfällige Bemerkung über die Patrizier nach. Menecrates‘ Blickschweifte über die Gesichter seiner Männer, um Reaktionen zu erkunden.

  • Corvinus wusste eigentlich müsste er nun, wo es nicht von alleine geschah, anfangen mit jubeln oder ähnlichen Bekundungen das sie dem LAPP zustimmten. Aber er war der jüngste und eigentlich vor der Zeit beförderte Centurio. Er würde nicht den Anfang machen. Es gab mindestens 59 Männer die dies vor ihm machen sollten.


    Er stand still, nachdem er einen Moment an seinem neuen Helm rumgemacht hatte und dadurch sein Helmbusch gewackelt hatte.


    Wann würde es endlich losgehen...

  • Sie warteten... Und die Götter gaben ihren Segen. Sie warteten wieder... und weiter... und noch länger... und Hadamar konnte sich nicht so recht auf das konzentrieren, was um ihn herum war. Er wurde langsam ungeduldig. Gut, stramm stehen beim Appell, und da auch mal warten zu müssen, und eine halbe Ewigkeit rumstehen... war jetzt nichts ungewöhnliches. So was passierte im Castellum schon ab und zu mal, namentlich dann, wenn irgendwer frech zum Centurio gewesen war. Aber hier...
    Bevor er den Gedanken weiter verfolgen konnte, kam die Rede des Legatus Augusti, und auch die ließ Hadamar an sich vorbei rauschen. Mehr oder weniger. Wie schon bei den Ansprachen von ihrem Legionslegaten fehlte ihm auch hier einfach... das weitergehende Verständnis. Der Kaiser war für ihn einfach ein weit entfernter Mann, der im weit entfernten Rom saß und da irgendwas entschied... oder, im Moment, ein weit entfernter Mann im weit entfernten... wo war der Corni noch mal genau? Hadamar war sich nicht ganz sicher, aber im Grunde war es auch egal. Und auch mit dem Reich und all den Menschen darin konnte Hadamar nicht allzu viel anfangen... es war zu abstrakt, zu weit weg von seinem Lebensalltag. Was wirklich zählte waren doch die Männer, die hier waren, und die ganz konkret die Entscheidungen hier trafen, die sie etwas angingen. Der Mann, der gerade sprach. Und vor allem ihr Legionslegat. Und was auch zählte waren die Menschen hier, die ihm etwas bedeuteten. Seine Familie, seine Freunde, seine Kameraden.
    Und dann war die Rede vorbei... war sie. Oder war sie nicht? Irgendwie schienen manche zu glauben, dass noch etwas kommen würde, jedenfalls blieb es... irgendwie... ruhig. Aber es war ja auch keine Aufforderung vom Legatus Augusti gekommen, irgendwas zu brüllen. Für Palma. Oder so. Hadamar hätte sich am liebsten am Kopf gekratzt, aber das ging schon allein wegen dem Helm nicht, und auch sonst wäre es nicht gut gekommen, wenn er, exponiert wie er vor seiner Centurie da stand, nun irgendwie herum hampelte... also blieb er stramm stehen, lugte nur aus den Augenwinkeln zum Primus Pilus hinüber, um dessen Reaktion einzuschätzen.

  • Kurz nachdem er mit seiner Rede fertig war, senkte Modestus dann die erhobene Faust wieder und nun erschallten die Hörner von Cornices. Wie ihnen im Voraus befohlen worden war, bliesen sie auf den Wink eines Offiziers hin nun das Signal zum Abmarsch. Dass war das Zeichen, dass die Versammlung nun beendet war und nun der Weg nach Süden nun beginnen würde.


    Modestus lenkte während sein Pferd wieder in Richtung vorbei am Altar und in Richtung seiner Leibwache. Die beiden Standartenträger folgten ihm dabei. Als er wieder bei seiner Leibwache angekommen war, schickte er sogleich wieder seine Stabsoffiziere mit der Aufgabe los den Abmarsch zu organisieren. Schließlich war dies ein römisches Heer und eine ordentliche Marschordnung war entscheidend für ein schnelles Vorankommen.


    Modestus sah dem Spektakel, dassauf die Auflösung der Versammlung und dem Signal zum Abmarsch folgte, noch eine Weile zu. Von erfahreneren Männern hatte er sich sagen lassen, dass Krieg zum größten Teil aus Warten und Marschieren und zum kleinsten Teil aus dem tatsächlichen Kampf bestand. Es sei immer so gewesen.. Bei manchem Feldzug seien sogar mehr Männer an der Ruhr und den Naturgewalten gestorben als im Kampf. Leichte Zweifel kamen in ihm auf, ob er sich bei dieser Sache nicht übernommen hatte, denn es war ihm bewusst, dass er selbst wenig praktische Erfahrung im Kriegshandwerk hatte. Doch Modestus schob die Gedanken zur Seite. Dies war nicht der Platz für Selbstzweifel. Jetzt hatten andere Dinge Priorität. Während eine Turma zurückblieb, um den aurelischen Kommandanten des Numerus Singularium zu begleiten, folgte die restliche Leibwache Modestus, als er die ihm zugedachte Position in der Marschkolonne einnahm.

  • Menecrates beobachtete den Abgang des Statthalters. Er selbst hätte die Soldaten bereits beim Abmarsch eingeschworen, der Feldherr tat es nicht, oder nicht so, wie der Claudier es erwartet hatte. Vielleicht gab es zu einem späteren Zeitpunkt, vielleicht dann, wenn sie vor der ersten Schlacht standen, noch eine mitreißende Rede.
    Einer der ausgesandten Stabsoffiziere traf bei Menecrates ein und überbrachte den Abmarschbefehl. Der Legat überlegte einen Moment, dann entschied er sich gegen eine stillschweigende Ausführung. Er hob den Arm und erteilte den Befehl, den Legionsadler und das Signum mit den Legions-Phalerae zu heben. Mochten es die anwesenden Kommandeure der anderen Einheiten nachahmen oder nicht.
    Der Aquilifer am Kopf der ersten Cohorte kam dem nach, bevor Menecrates rief:


    "LEGIO II, FIDELIS CONSTANS, schon immer dientest du als das Schild Roms. Auch heute, wo wir gegen Rom ziehen! Im Namen unseres Kaisers Valerianus, denn wir ziehen für Gerechtigkeit und Redlichkeit in die Schlacht: Uns die Ehre, Tod dem Gegner!"
    Seine Faust stieß einmal in die Luft, bevor viele kehlige Stimmen den Wortlaut der Losung wiederholten.


    "Männer, Semper fidelis constans - semper parata!" Ein Chor warf den Schlachtruf der Secunda in beeindruckender Lautstärke zurück.
    Menecrates bließ in die Bucina, und beginnend mit der ersten Cohorte wandelte sich die Appellformation in eine zum Abmarsch fertige Kolonne.

  • Dies war Victors erster Herrzug, es war sogar sein erster Auftritt als Soldat. Von daher waren die Eindrücke für ihn fast schon überwältigend und der produzierte Lärm von metallischem Klirren Fußstapfen und Hochgebrüll eher stimulierend als störend.
    Wenn er es auch nur mit den wenigsten in dieser Legion an Kampfgeschick oder exeerzierter Ausbildung aufnehmen konnte, so fühlte er sich doch als ein Teil von ihnen.
    Von überall her ertönten Rufe der Anfeuerung und des Selbstverständnisses einer kampferprobten Legion. Victors Pferd tänzelte ein wenig als sein Onkel in die Bucina blies.
    Und wie alles an diesem Tage löste auch dieser Ton etwas aus,...die Legion formierte sich zum Marsch.
    Ein Marsch dessen Glanz und Gloria spätestens dann enden würde, wann man auf den Gegner traf. Ein Gegner ganz anders als diejenigen die man bisher niedergerungen hatte, ...ein Gegner der genauso stark war, ein Gegner gegen den die meisten hier gar nicht kämpfen wollten. Ein Gegner der aus ihren Brüdern, Cousains alten Freunden oder Nachbarn bestand. Victors Miene verfinsterte sich bei diesem Gedanken und er redete sich ein, daß er wohl nicht in die Verlegenheit kommen würde in ein Gefecht verwickwelt zu werden. Seine Aufgabe lag in der Sicherstellung der Verpflegung,...das würde sicher keine Auszeichnungen und Orden bringen, jedoch umgab ihn der Gedanke wie eine halbseidene, moralische Rechtfertigung.

  • "Semper fidelis constans - semper parata!"


    Die Worte des Legaten hatten Corvinus aus seinem brüten aufgeschreckt und ins Jetzt zurückgebracht.
    Mit Inbrunst wiederholte er die Worte und damit den Schlachtruf der Secunda.


    Danach trat er von seiner Position in der Antreteformation heraus und ging an die Stelle in der Marschformation wo er als Centurio hinführte.
    Er brüllte die Befehle und gliederte seine Centuria an die entsprechenden Stelle der II Cohorte ein. Dabei beobachtete er genau die Mitglieder seiner Einheit ob vielleicht jetzt schon einer Fehler machte oder so etwas. Besonders natürlich die neuen und Madarus den er irgendwie auf der Liste hatte.
    Als sie dann losmarschierten schwenkte sein Blick nochmal über die anwesenden Zivilisten... ob Alwina wohl irgendwo war?

  • An der Straße ganz vorn stand Alwina. Die Fibel in der Hand und musterte die vorbei ziehenden Legionäre. Ihr Bär musste hier dazwischen sein. Die mit dem Helmbusch quer sah sie sehr genau an. " Corvinus !! " rief sie laut und lief zwischen die Legionäre zu ihm hin. Sie gab ihm im Laufen einen Kuss und hielt ihm die Bärenfibel hin. " Nimm sie bitte. Ich werde auf dich warten. Donar wird dich beschützen."


    Um keinen Ärger zu bekommen, lief sie an den Straßenrand zurück und begleitete den Zug ein Stück auf seiner Höhe. An den letzten Häusern blieb Alwina stehen und winkte ihm, bis sein Helmbusch unter den vielen Helmen nicht mehr auszumachen war.

  • Welch Auftritt. Gerade dachte man noch, dass es das gewesen wäre und die Einheiten sich jetzt einfach in Marsch setzen würden, da trat doch noch einmal der Legat hervor und rief ein paar Worte an die große Anzahl der Legionäre. Es war kurz und knapp, aber es war gezielt und durchdringend. "Uns die Ehre, Tod dem Gegner!" - Ein Ruf dem man großartig mit einstimmen konnte und das tat auch Regulus. Er rief es mit seinen Kameraden so laut er konnte, schallte es dem Legaten einfach entgegen.


    Ein schöner Moment für den Artorier. In seinen Adern welches Feuer, in seinem Herzen welche Glut. Nun reihte sich seine Centuria ein und der Marsch konnte seinen Anfang nehmen. Für den Moment dachte Regulus noch nicht an schmerzende Füße, aber dies würde sich wohl noch früh genug einstellen. Mögen die Götter nun ein waches Auge auf ihm haben. Auf ihren Beistand war er als Neuling zweifellos angewiesen, wenn er diesen Krieg mit viel Glück überleben wollte.

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