Im ersten grauen Morgenlicht verließen drei Reiter in gemächlichem Tempo das östliche Tor des Castellum Mattiacorum. Begleitet wurden sie von zwei bepackten Maultieren, an deren Geschwindigkeit sie ihr Vorankommen anglichen. Im Castellum wurden sie nur kurz aufgehalten, weil ihre Passage den Wachen vorab angekündigt worden war.
Bei dieser Reisegeschwindigkeit würde man bis zum Abend unterwegs sein. Dies bei recht angenehmem Wetter, eigentlich etwas zu kühl für den Frühsommer, dazu noch recht windig. Linker Hand zeichnete sich die Silhouette des Mons Taunus ab, klar und wie mit einem feinen Pinsel gezeichnet. Zwischen niedrigen Haufenwolken, die der Wind zur Seite bog, war blauer Himmel zu sehen und bald würde die aufgehende Sonne die Reiter blenden.
Wer Tacitus gelesen hatte, wurde, wenigstens zunächst, stark enttäuscht. Nicht dichte Wälder und Sümpfe erschreckten die Reisenden, sondern es bot sich ein recht offenes Land mit zerstreuten Gehöften abseits der kiesbedeckten Straße, auf der auch eine römische Legion in Eilmärschen verlegt werden könnte. Später rückten gleichwohl Wälder an die Straße heran, hielten aber doch einen gewissen Abstand, auf den die römischen Militärstrategen sicherlich großen Wert zu legen schienen. Ich wusste, dass dies auf den alten Pfaden tiefer in der Germania anders war, sodass man Tacitus vielleicht doch Recht geben müßte. Aber nur vielleicht. Die Germanen legen nämlich großen Wert darauf, zu ihren Nachbarn weiten Abstand zu halten. Eine Sitte, die viel Zank und Ärger vermeiden hilft. Und so trifft man auf den Grenzen zwischen den Dörfern recht oft Wald an und eben entlang dieser Grenzen verlaufen meist die Wege, auf denen man durch Germanien reisen kann, ohne ein Dorf durchqueren zu müssen. Es ist nicht ausgeschlossen, dass man ganz Germanien durchqueren kann, ohne aus dem Wald herauszukommen. Ob Tacitus das wusste?
Nach einigen Stunden schien uns die Sonne auf den Rücken und brachte uns leicht ins Schwitzen, wenigstens solange sie nicht von Wolken bedeckt war. Wir waren unserem Ziel schon näher gekommen.