• Eine wirklich interessante Frage, dachte sich Lepidus, der so richtig nichts über Palmas Familie wusste. "Hmm... Erben von Palma? Ich weiß lediglich, dass er nicht mehr allzu jung ist, da könnte man eigentlich davon ausgehen, dass er in seinem Leben schon das ein oder andere Kind in die Welt gesetzt hat. Aber sicher weiß ich das nicht. Zur not müsste er wohl jemanden adoptieren und zum Erben ernennen." Da sprach der Tiberier schon, als wäre Palma schon längst in Rom und würde herrschen, doch inzwischen hatten sich ohnehin die letzten Zweifel aufgelöst, so dass sich Lepidus relativ sicher sein konnte, hier keinen verkappten Anhänger des Vescularius vor sich zu haben.


    So umfangreich wollte er eigentlich nicht wissen, was seine Militärverwandten denn nun noch so alles im Leben vor sich hatten. Aber es war ganz nett mit anzuhören. "Wohl wahr, als Aquarius sicherst du ja ohnehin nur die Versorgung der Bevölkerung und die kann doch am allerwenigsten für das derzeitige Machtgezänke. Von daher bleibt wohl nicht viel zu beanstanden. Ich selbst habe keine engeren Verwandten, die meine Anwesenheit in Rom beklagen könnten. Ein Cousin und eine Cousine, die nicht mehr aufzufinden sind, einen toten ehrbaren Mann und einen Tiberier, der sabernd und Krank in meiner Villa ruht. Keine sehr schönen Aussichten, aber um zum Kern deiner Frage zu kommen: Ich wollte einfach nicht alles, was sich meine Familie in vielen Jahren hier in Rom aufgebaut hatte, zurücklassen und letztlich der Zerstörung preisgeben. Unser Besitz und unser Anwesen brauchte jemanden, der die Aasgeier fernhielt. Es war ein Risiko und ich hätte genauso gut in Sippenhaft genommen werden können, doch das war zum Glück nicht der Fall, auch wenn ich es in meiner Zeit hier in Rom wahrlich nicht einfach hatte." Man konnte sich ja sicher denken, welche sozialen Konsequenzen es hatte, den Ruf zu haben aus einer Familie von Verrätern zu stammen. Das hatte Lepidus auch wahrlich das ein oder andere Mal sehr gequält.


    Der Tiberier sprach etwas leiser: "Ich glaube, du bist ein Mann, der weiß, wo seine Loyalität liegt oder sagen wir zumindest: wo diese nicht liegt. Es steht überall an den Wänden geschrieben und ich bin geneigt es zu glauben: Mit der Herrschaft Salinators wird es bald vorbei sein und für diesen Tag müssen wir uns vorbereiten. Wir sollten uns vielleicht Gedanken machen, wie wir die Neuankömmlinge am besten empfangen können, bzw. wie wir uns ihre Gunst erwerben können. Du bist sicher Realist genug das einzusehen, nicht wahr?" Eine Kooperation für den Anbruch der neuen Zeit hätte sicher seine Vorteile, ging es dem Tiberier wiedereinmal verschlagen durch den Kopf.

  • "In der Tat, die gute alte Giftmischerei ist doch auch nur die Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln." Der Tiberier lachte herzhaft. "Vielen Dank für deine Besserungswünsche, ich werde sie ausrichten... zumindest, wenn er wieder bei einigem klaren Verstand sein sollte. Im Moment glaube ich nicht, dass er viel hören kann." Ja, armer Dolabella. Zu diesem Zeitpunkt wusste Lepidus auch noch nicht, dass sein Verwandter schon bald wieder einigermaßen in Ordnung sein würde. Über das prinzipielle Interesse des Helvetiers freut er sich. Gut, dass der Mann nicht auf den Kopf gefallen war. Aber den Umweg über den Patron musste er wohl gehen... irgendwie. "Ja, selbstverständlich. Mit dem Purgitier bin ich fast verwandtschaftlich verbunden, wie ich erwähnte." Wir hatten zwar zu Beginn des Gesprächs bereits einmal darüber gesprochen, doch auch der Tiberier konnte sich manchmal an die ein oder anderen Details am Ende eines Gespräches nicht mehr so gut erinnern. "Du solltest dich so schnell wie möglich mit ihm in Verbindung setzten. Der Purgitier ist meiner Ansicht nach ein Pragmatiker, er wird die Situation ebenso einschätzen wie wir... wobei er aber auch manchmal zu neutral ist. Es wird wohl deine Aufgabe als guter Klient sein, ihm den richtigen Weg zu zeigen, denn wenn dieser Krieg vorbei ist, müssen wir deutlich gemacht haben, wo wir stehen, ansonsten werden wir kaum eine angemessene Zukunft haben." Der Tiberier heckte gedanklich schon wieder die lustigsten Pläne aus. Wenn alles glatt ging und er noch ein paar Unterstützer fand, würde sich sicher alles zu ihren Gunsten regeln lassen.

  • Lepidus schmunzelte. Das klang ja fast wie Ehrenhaftigkeit, vielleicht wie Gewissen? Zu amüsant, dachte sich der Tiberier nur. "Ha, du scheinst ja ein edler Geist zu sein. Nein, Helvetius, du brauchst dir nun wirklich keine Gedanken machen. Wer zieht denn hier einen Nutzen? Wir gleichen doch nur das aus, was uns durch den Bürgerkrieg an Umständen entstanden ist, nicht wahr? Außerdem geht es doch auch nicht darum nur irgendeinen Vorteil zu erzielen, sondern uns vor allem vom Vescularier zu distanzieren und somit nichts weiter als die Wahrheit zu sprechen. Da solltest du dir im Übrigen mehr Gedanken machen als ich", Lepidus machte eine kleine Pause, um die Aussage etwas geheimnisvoller zu machen. "Ganz recht, denn ich bin allein schon von Standeswegen gar nicht im Verdacht dem Vescularier unterwürfig geworden zu sein. Du selbst solltest das vielleicht aber noch einmal unterstreichen." Der Tiberier dachte einen Augenblick nach. "Vielleicht sollte ich dich ja zu den Salutationes begleiten? Vielleicht könnte ich der ganzen Angelegenheit dadurch noch mehr Nachdruck verleihen." Lepidus hasste zwar das frühe Aufstehen, aber wenn es dem Zweck diente, würde er sich auch dazu herablassen.

  • Da haderte es wohl doch ein wenig mit dem Realismus. Wo der Tiberier längst vom Untergang des Vesculariers überzeugt war, schien der Helvetier tatsächlich noch Zweifel zu haben. "Helvetius, du musst der Wahrheit ins Auge sehen. Wenn der Vescularier nicht für den Tod von Valerianus verantwortlich ist, dann unterstellst du damit indirekt, dass mein edler Cousin, Senator Tiberius Durus, etwas damit zu tun hatte, denn genau das ist die Variante, die Salinator in der Acta verbreiten ließ und das ist nicht hinnehmbar. Die Vorwürfe sind damit ganz offensichtlich absurd. Nie würde ein so edles Geschlecht, wie das meinige, an einer solchen Tat beteiligt sein. Das ist einleuchtend. Gerade gegenüber den Ulpiern, die uns in den Patrizierstand erhoben. Niemals könnte ein Tiberier die Hand gegenüber so großartigen Römern erheben." Ganz abgesehen davon, dass sowieso derjenige bestimmte, wer wen ermordet hatte, der gerade in Rom weilt. Schon bald würde sich also die Geschichte umkehren. "Aber du musst dies jetzt nicht kommentieren. Ich appelliere nur an deinen Verstand. Nun dann, wir treffen uns morgen in der Früh vor dem Hause des Purgitiers. Ich bin gespannt, wie er mit der aktuellen Situation umgehen wird." Der Tiberier wirkte leicht aufgeregt in Anbetracht all dieses politischen Geredes und der angespannten Situation. "Helvetius, ich werde nun nach Hause gehen. Ich habe mich schon wieder viel zu sehr in Rage geredet, aber es war mir eine Freude dich kennenzulernen. Auf das wir schon bald auf gegenseitige Unterstützung bauen können. Bis morgen!"

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