Die letzten Tage in Roma

  • Pacatus hatte heute vormittag schon ein gewaltiges Pensum hinter sich gebracht. Zuerst ließ er sich seinen Entschluss von gestern noch einmal durch den Kopf gehen. Er war sich heute morgen nicht mehr so sicher, ob seine Idee, die ihm gestern am Ufer des Tiber gekommen war, wirklich das Richtige war. Deshalb war er dann zu Virginius Toxotius gegangen, um mit ihm darüber zu sprechen. Toxotius, das war der Herr der windigen Geschäfte, eigentlich kein Mann, dem man blindlings vertrauen konnte. Pacatus war dennoch mit diesem fetten, immer schwitzenden Winkeladvokaten in einer lange währenden und vertrauensvollen Geschäftsbeziehung gestanden. Eine Verbindung, die immerhin dazu geführt hatte, dass er nicht nur auf die kläglichen Erträge seine Gewürzladens angewiesen war, sondern mittlerweile sogar einen Hauch von Reichtum sein Eigen nennen konnte.


    Der Besuch bei Toxotius erbrachte zwei Dinge. Erstens konnte Toxotius ihn an einen anderen Gewürzhändler vermitteln, der ihm die Lagerbestände seines Gewürzladens zu einem halbwegs anständigen Preis abkaufte. Zweitens erzählte ihm Toxotius, dass zwei andere Geschäftspartner, Quintius Bambalio und Siculus Severus vor einigen Tagen verhaftet und bisher nicht wieder aufgetaucht seien. Das war eine ernst zu nehmende Nachricht. Es war Zeit, Roma zu verlassen.


    Zurück in seinem Laden, hatten sie, Pacatus, sein Sklave Struthas und der andere Gewürzhändler den Laden ausgeräumt. Struthas wusste noch nichts von dem, was dahinter stand. Er musste jetzt eingeweiht werden. Pacatus bot ihm die Freilassung an, aber Struthas blieb stur. Er wollte mit.

  • Die Sturheit von Struthas war ja irgendwie rührend, aber schuf eine neue Komplikation. Komplikationen waren aber genau das, was Pacatus jetzt am wenigsten brauchen konnte. Eigentlich hatte Pacatus geplant, dass Struthas das Haus während seiner Abwesenheit beaufsichtigen sollte. Daraus wurde nun nichts, aber andererseits konnte er sich jetzt auch die ganze blöde Freilassungszeremonie sparen. Dann überlegte Pacatus, ob er sein Haus, eine zweistöckige Bude mit einem winzigen Atrium, vielleicht seiner Sippe überschreiben sollte.


    Seine Sippe. Er hatte sich nie um die Sippe gekümmert. Den alten Matinius Agrippa hatte er vor Jahren einmal bei einer öffentlichen Zeremonie von weitem gesehen, das war alles. Irgendwo in Roma wohnte ein Sohn von Agrippa, aber Pacatus hatte keine Ahnung, wo das war. Im Augenblick war auch keine Zeit, da lange nachzuforschen und er wollte vermeiden, denen auch noch Ärger ins Haus zu bringen. Da musste der dicke Toxotius eben ein zweites Mal herhalten.


    Toxotius war nicht überrascht, als Pacatus wegen des Hauses nochmal bei ihm aufkreutzte. 'Du hast eine geradezu germanische Ordnungsliebe. Das habe ich an dir immer geschätzt', meinte er spöttisch. Er war bereit, das Haus zu beaufsichtigen, vor allem deswegen, weil Pacatus etwas Knete da ließ und weil er Toxotius einräumte, den Laden und zwei Kammern im Haus zu vermieten. So hatte Pacatus wenigstens einen Unterschlupf bei einer eventuellen Rückkehr in trockenen Tüchern.


    Toxotius hatte noch an etwas anderes gedacht: 'Wenn du unauffällig aus Roma rauskommen willst, geh zu Artayntes, dem Perückenhändler an der Ecke, der bringt euch für einen Batzen Kohle geräuschlos aus der Stadt'.

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