• Der Weg nach Arretium war nicht sonderlich beschwerlich. Etwas arg warm war es, aber so war es eben in Italia, damit mußten sie alle leben. Dafür gab es ordentliche Straßen und reichlich gute Versorgung, das war auch nicht zu verachten. Außerdem hatten sie es nicht übermäßig eilig, so daß Valerian vor allem am ersten Tag reichlich Pausen einlegte. Die neuen Tirones waren noch nicht so trainiert und wenn er nicht wollte, daß die Männer spätestens nach zwei Tagen fix und alle waren, mußte er es langsam angehen lassen. Sie hatten schließlich einen weiten Weg vor sich und würden einige Wochen unterwegs sein.

  • Der Aufruf zur Rekrutierungsreise war recht plötzlich gekommen, weshalb sich Avianus immer noch nicht sicher war, ob er sich darüber freuen sollte oder nicht. Bestimmt würde es interessant werden und für etwas Abwechslung sorgen, aber den langen Weg hatte er ebenfalls ständig vor Augen. Mit dem Versuch sich der Hitze abzulenken, die sich unter seiner Rüstung staute, ließ er seinen Blick über die umliegende Landschaft schweifen. Einen kurzen Augenblick später gab der Iunier wieder auf.
    Verdammt.
    "Hat irgendjemand von euch ein anständiges Gesprächsthema?", fragte er die anderen Soldaten um sich deutlich hörbar, in der Hoffnung, dass jemand antwortete.

  • Tacitus war sehr überrascht gewesen, eine Rekrutierungsreise? Warum brauchte der Tribun so viele Männer dass, er eine Rekrutierungsreise veranstaltete und warum sollte nach Unruhen ausschau gehalten werden? Tacitus verdrängte diese Fragen. So ist das nunmal, beim ersten Einsatz ist jeder nervös. Sagte er sich selbst. Das würde doch bestimmt Aufregen werden, er würde mal etwas von Italien sehen. Um seine Laune zu heben begann Tacitus fröhlich zu pfeifen und bald waren die Unangenehmen Gedanken verschwunden. Er freute sich schon auf die Ankunft in Arretium.


    Er wurde von Avianus unterbrochen der neben ihm marschierte. Ihm machte die Hitze unter der Rüstung wohl etwas zu schaffen, auch Tacitus war am schwitzen. Öh...eigentlich nicht. Tacitus schnaufte, der Marsch war doch ganz schön anstrengend. Hm...was machen wir als erstes in Arretium? fragte er in die Runde.

  • Avianus zuckte mit den Schultern. "Frag doch unseren Centurio.", gab er mit einem leichten Grinsen zurück. Insgesamt fragte sich Avianus, was diese ganze Reise im Grunde bedeutete. Das es im Reich zurzeit nicht unbedingt rosig aussah, hatte er auch schon in Misenum mitbekommen, aber begann man jetzt schon damit, die Cohortes Urbanae aufzurüsten?
    "Vielleicht bekommen wir dann ja mal ein bisschen frei!", rief eine fröhliche Stimme von weiter hinten. Wenigstens einer schien gute Laune zu haben.
    "Damit du dich in irgendeine Taverne setzen kannst oder was?", fragte eine zweite etwas leiser.

  • Endlich etwas Abwechslung.
    Was ist denn dabei? Wein und Weiber, so wie es sich gehört. Erwiederte die Stimme von hinten lachend.
    Und am nächstem Morgen kriechst du dann ins Lager. Sagte Tacitus.
    So wie immer. meinte einer von vorne.


    Meint ihr es gibt Krieg? Platzte es aus Tacitus heraus. Ich meine...wir wissen ja alle...momentan ist die Situation im Imperium nicht so doll.

  • Die gute Laune in der Truppe um ihn und Tacitus schien sich bei dem Stichwort "Krieg" wieder etwas zu legen. Nachdenkliche Gesichter folgten, denn irgendwie wusste es wohl niemand so genau. Es schien ein Thema zu sein, über das jeder nachdachte, aber kaum jemand sprach.
    "Ich weiß es nicht.", antwortete Avianus wahrheitsgemäß. Nachdenklich kratzte er sich im Nacken. Würde es einen Krieg geben? Wenn ja, auf welcher Seite stand er eigentlich? Ein scheußliches Thema. Es zog viel zu viele andere Fragen nach sich. Nicht weiter verwunderlich, dass er es bisher vorgezogen hatte, sich nicht weiter Gedanken darüber zu machen.
    "Ich sage, der ist doch schon längst im Gange.", bemerkte einer der anderen seufzend. Avianus warf ihm ärgerliche Blicke zu.
    "Was meinst du?", fragte er und wandte sich damit wieder an Tacitus.

  • Tacitus atmete tief durch, die Stimmung sackte wieder merklich ab.
    Ich glaube ja. Wir rücken aus, suchen neue Rekruten und sollen nach Unruhen ausschau halten. Wenn das mal nicht nach Bürgerkrieg riecht... Tacitus schnaufte wieder, der Marsch machte ihm zu schaffen. Ich weis aber nicht ob ich gegen meine Brüder kämpfen möchte. Ich weis nichtmal ob ich, wenn es hart auf hart kommt, durchhalte oder schreiend wegrenne. Tacitus atmete nochmal Tief durch. Ich meine ja nur...das sind doch auch Römer... Tacitus schüttelte dachdenklich den Kopf. Und könnten wir überhaupt Gewinnen? Er machte sich ernsthaft Sorgen.


    Quatsch nicht so nen Dreck! Schallte es von hinten. Du bist mir vielleicht ein Feigling.

  • "Sei du bloß still, sonst komme ich nach hinten!", rief Avianus zurück und verbarg dabei ein Grinsen, das jedoch ohnehin einen Augenblick später wieder erlosch. Als ob er einen anderen Soldaten verprügeln würde. So weit kommt's noch.
    "Gewinnen? Ich weiß ja nicht einmal wie stark die andere Seite ist. Aber zumindest haben wir die Prätorianer.", erwiderte Avianus und blickte dabei starr geradeaus. Er sagte bewusst "andere Seite" und nicht "Feinde" oder "Verräter". Und in einem Bürgerkrieg gibt es doch sowieso nur Verlierer. Seit wann war er eigentlich derart pessimistisch? Das musste wohl am Marsch liegen.

  • Tacitus brummelte einen unverständlichen Fluch. Er war nicht feige, wollte aber nicht gegen seine Landsleute ziehen. Schweigen marschierten die Legionäre weiter, keiner wollte mehr über Krieg sprechend. Tacitus Gedanken kreisten um blutige Schlachtfelder, Tote, Verletzte und alle waren nur Römer. Um sich abzulenken begann Tacitus wieder zu Pfeifen. Nach einer Weile begann er leise zu singen und nachdem er das Lied zuende gesungen hatte begann er es erneut aber diesmal lauthals.


    Und als ich zu den Adlern kam-
    es geht mir um und um-
    küsst ich, ich bevor ich Abschied nahm,
    ein Mädchen ein Clusium.


    Ein weiter Weg, ein weiter Weg,
    und zwanzig Jahr sind um,
    da stand es in dem Scheunentor,
    mein Kind in Clusium.


    Die spanischen Mädchen sind honigsüß
    und die in Gallien wie Gold
    ihr sanften Vögel Thrakiens
    von Herzen war ich euch hold.
    Jedoch mein Kind in Clusium,
    das ich küsst und verließ in Clusium
    ich nie vergessen sollt.


    Ein weiter Weg, ein weiter Weg,
    und zwanzig Jahr sind um,
    doch immer steht nach dir mein Sinn,
    mein Kind in Clusium."

  • Auch Avianus würde es bestimmt nicht leicht fallen, als Römer gegen Römer zu kämpfen. Sollte der Spinner hinter ihnen doch denken was er wollte. Jedenfalls schien das Thema Krieg zum Glück vorerst abgehakt zu sein.
    Während Tacitus zwischen das Lied sang, sagte niemand ein Wort, einige sangen oder summten leise mit, auch der Iunier.
    Danach herrschte wieder für einige Sekunden Stille, bis plötzlich jemand hinter ihm überraschend fröhlich ein neues Lied anstimmte.


    Auf die ganze Welt, Rom Legionen stellt,
    Blitze in der Hand, so führen wir manch Land.
    Die Götter sind uns hold und ach des Kaisers Sold.
    Oh mein Rom, oh mein Rom, wann sehen wir uns wieder?
    Oh mein Rom, oh mein Rom, wann bist du wieder mein?
    ...

  • Classicus musste schmunzeln. Die Tirones marschierten munter Liedchen trällernd durch die Gegend.


    Er hörte sich die Singerei eine ganze Weile an ,dann sagte er streng ein überaut lautes, das Singen übertönendes
    TIRONES ! Nachdem die Singerei dann abrupt verstummt war


    wollt ihr allen möglichen Menschen schon kilometerweit informieren, dass hier eine fröhliche Abordnung der Cohortes Urbanae kommt ?

  • Gerade war die Stimmung wieder "gut" geworden da machte der Optio wieder alles zu nichte. Tacitus antwortete auf die wohl eher rhetorisch gemeinte Frage: Optio Aemilius, die Kameraden und ich singen damit wir nicht nachdenken. Frag ihn mal. Flüsterte einer von hinten, Tacitus verstand was gemeint war. Äh...wir fragen uns ob das hier wirklich nur eine Rekrutierungsreise ist...ich meine...ob wir nicht gerade gegen irgendwelche Rebellen marschieren und...
    Einige der Legionäre unterbrachen Tacitus:
    Ich hab gehört es kommt eine Armee aus dem Norden, Optio!
    Nein, die kommen aus dem Westen!
    Rede nicht so nen Mist, da kommt garnichts!
    Doch aber von Süden!
    Quatsch nicht!
    Da kommen Tausende!
    Da kommt niemand.

  • Valerian störte es nicht, daß die Männer sangen. Im Gegenteil, es half ihnen, den Gleichschritt beizubehalten und nicht zu sehr über die brisante Lage nachzudenken. Aber er widersprach auch nicht seinem Optio, als der irgendwann den Gesang unterband. Er würde später, wenn die Männer es nicht mitbekamen, mit ihm darüber sprechen. Jetzt würde es nur die Autorität seines Unteroffiziers untergraben und das war wirklich das allerletzte, was Valerian erreichen wollte.


    Bis Arretium waren es einige Tagesmärsche. Wo es ging, nächtigten sie auf Landgütern, wo sie sich auch mit frischen Nahrungsmitteln versorgen konnten. Jedoch wurde es immer schwieriger, je näher sie ihrem vorläufigen Ziel kamen. Die Menschen waren mißtrauisch und vorsichtig. Viele Türen waren fest verschlossen, als wäre niemand Zuhause. War es nur Angst? Oder war es bereits Widerstand?


    Noch außerhalb der Sichtweite der Stadt ließ Valerian seine Männer halten. "Ich brauche zwei Freiwillige, die in zivil nach Arretium gehen und nachhören, wie es aussieht. Einfach dort hineinmarschieren erscheint mir angesichts der leicht übertriebenen Vorsicht der Bewohner dieser Gegend ausgesprochen unklug." Nun war es vielleicht doch gut, daß der Tribun ihn mit der ganzen Centuria auf den Weg geschickt hatte. "Also, wer meldet sich?"

  • Die letzten Tage waren zwar nicht weniger anstrengend gewesen, aber Avianus hatte zumindest das Gefühl, sich inzwischen an die Märsche gewöhnt zu haben. Ihm kam es bereits jetzt so vor als würde eine viel zu lange Reise hinter ihm liegen, dennoch behielt das gute Gefühl, das erste Ziel bald zu erreichen, Überhand.


    Als der Centurio seine Männer anhielt und nach Freiwilligen fragte, sah sich Avianus kurz um und hob schließlich die Hand.
    "Ich melde mich, Centurio Quintilius.", sagte er selbstsicher und trat einen Schritt vor. Seine Blicke wanderten durch die Reihen anderen Soldaten, es waren schließlich zwei gefragt.

  • Nachdem man sich zivil gekleidet hatte, machten sich Classicus und der Tiro auf den Weg. Das Tor zur Stadt passierte man als normaler Bürger in einem Augenblick großen Andrangs.


    Als man in der Stadt angekommen war, überlegte Classicus wie man weiter vorgehen sollte. So Avianus , wir treffen uns in einer Stunde wieder hier. Lass uns schauen, wie hier so angesichts der momentanen Lage die Leute hier sind. Ob sie zu Rom stehen oder zu den Rebellen.

  • Avianus nickte dem Aemilius zu. "Verstanden, Optio Aemilius." In militärischem Ton zu antworten und zu salutieren, bevor er wegging, sparte er sich sicherheitshalber. Sein Optio würde es ihm in dieser Situation bestimmt nicht übel nehmen.


    Alles fühlte sich so seltsam an. Seltsam abenteuerlich. War es nun schon tatsächlich soweit, dass die Soldaten, die unter dem Imperator dienten, nicht mehr einfach in die Städte gehen konnten? Avianus sah sich um. Zumindest schienen er und sein Optio nicht aufzufallen.

  • Wie alle etruskischen Städte war auch Arretium – oder Aritim, wie die Stadt bei ihren Einwohnern eigentlich hieß – seit einiger Zeit sehr beschäftigt. Nachdem Tarquinia nach langem hin und her den Beschluss gefasst hatte, den Kaiser Vescularius Salinator nicht als rechtmäßig anzusehen und Rom die Steuern und geforderten Getreideabgaben zu verweigern, hatten auch die anderen Städte Etrurias erwartungsgemäß mitgezogen. Wenngleich der Zwölfstädtebund schon in der Zeit der Urururururgroßväter lag, so war die Verbundenheit untereinander, getragen von Kultur und Glaube, doch stark, und alter Bündnisse erinnerte man sich im Nachhinein immer gern und voller Stolz als Errungenschaft der Ahnen. Lediglich die Rom am nächsten liegenden Städte – Caere und Veji – hielten sich gänzlich bedeckt und tauschten keine Nachrichten mit ihren Schwesterstädten weiter im Norden.
    Noch hielt man sich bedeckt, aber die Stimmung in der Stadt war zum greifen nahe. Hier und dort standen Männer und riefen etwas auf etruskisch. Auch wenn das Lateinische seit etwa fünfzig Jahren langsam aber sicher zur Amts- und Verkehrssprache geworden war, sprachen die alten Familien natürlich noch immer die Sprache ihrer Großväter und gaben sie von Generation zu Generation auch weiter. Und im Moment machten sie sie sich zu Nutze, damit die Händler, die einfach nur die im ganzen Imperium berühmte korallenrote Keramik hier erstehen und nach Rom oder sonstwohin bringen wollten, nicht unbedingt alles mitbekamen. Viele Wachen liefen Streife, verlangten Platz, als sie sich durch die Menge schoben, teilten den Besucherstrom. Auch die verkleideten Cohortler wurden mit einem “Platz da!“ grob beiseite geschoben, ehe ein Dutzend Wachen an ihnen vorbeistapften in Richtung Stadtzentrum.

  • Einen der letzten Wachen, es schien eher ein junger unerfahrener zu sein, fragte Classicus während er höflich zur Seite wich.


    Soldat, darf man erfahren warum in Arretium soviel Militär unterwegs ist? Ich bin Bauer aus dem Umland. Müssen wir Bauern uns sorgen machen?

  • Die Wache schaute den Fragenden mehr als irritiert an und sagte etwas – natürlich auch auf etruskisch und nicht in dem Latein, in dem sie angeredet wurde. Die anderen Wachen stoppten auch, immerhin ging man auch hier in Zweierreihen und sobald einer anhielt, merkte das der Rest sehr schnell. Ebenso wie sie die Frage alle mitbekommen hatten.
    “Und woher genau kommst du?“ fragte eine der Wachen, jetzt in Latein. Die anderen fächerten so ein klein wenig um Classicus aus, während die vorbeikommenden Menschen instinktiv einen Bogen um die Szene machten. Bewaffneten Männern ging man eben besser aus dem Weg.

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