Und so nahm der merkwürdige Verus Platz. "Gerne," kommentierte er dies und rutschte mit dem Schemel mitsamt eines kuriosen Geräusches näher an Lepidus heran. "Ich bin dienstlich im Umland von Rom oder besser im italischen Norden unterwegs ," erklärte der frischgebackene Soldat Roms. "Ich möchte aber nicht näher darauf eingehen," flüchtete er schnell, da es ihm unangenehm war, es zu zugeben, dass er sich eigentlich ohne dienstliche Notwendigkeit hier aufhielt und eigentlich längst in Ostia sein sollte. "Aber lass' uns nicht von mir reden, das ist unhöflich. Du bist der Gastgeber und ich sollte dich fragen." Verus lächelte breit und versuchte auf dem unbequemen Schemel eine gute Sitzposition zu finden. "Wie steht es mit deiner Karriere?" Dann wagte der Tiberius einen Blick zurück zur Tür, die noch offen stand. "Ist die wunderschöne Lucia im Hause?"
Cubiculum | Lucius Tiberius Lepidus
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"Wohl in geheimer Mission unterwegs?", kommentierte Lepidus die Verschwiegenheit seines Gegenübers. "Mit meiner Karriere läuft alles bestens. Nach meiner erfolgreichen Wahl zum Quaestor Principis habe ich nun das Vergnügen dem Kaiser persönlich zu dienen. Des Weiteren freue ich mich bereits darauf nach Ablauf meiner Magistratur zum Senator ernannt zu werden. Der Ruf unserer Familie nach dem tragischen Tod von Durus ist damit fast wieder vollständig hergestellt", bemerkte er dabei noch recht zufrieden, während die Nennung seiner Schwester ihm deutliches Unbehagen bereitete. "Mich interessiert es ehrlich gesagt nicht, ob Lucia zuhause ist. Sie tut auch besser daran sich nicht blicken zu lassen. Aber lassen wir uns von ihr nicht die Laune verderben."
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"So geheim ist sie nicht," antwortete Verus mit einem kecken Unterton. Sieh an! Der gute Lepidus wurde tatsächlich das, was der junge Tiberius am meisten fürchtete: Politiker. Er war auf dem besten Wege Macht, mehr Reichtum und Lebenslügen anzuhäufen, als Verus je bereit war, zu tragen. Gut, es war auch nicht die Lebensweise des Tiberius Verus, sollte Lepidus doch, wenn er damit sein Glück fand. Nur bezweifelte der angehende Offizier dies, da ihm selbst solche Werte suspekt waren. Vielleicht war er nicht patrizisich genug oder römisch genug, um nach Macht oder Reichtum zu streben. Für Verus reichte eine seelische Beruhigung, eben ein gesundes Auskommen und eine Lebenssicherheit aus. Mehr wollte er nicht. Wie Blutslinien doch manchmal seltsam verlaufen konnten? Verus, der seltsame Alltagsphilosoph in der Legion und der gerissene, eloquente Senatorenaspirant. Fortuna war eine Komödiantin. "Du dienst dem Augustus direkt?" Nun war der Bursche in Militärkluft doch erstaunt. Gut, es war klar. Karriere. Was erwartete er von Lepidus? Nicht unbedingt Fürsorge für die Bürgern, sondern allein um sich und die Tiberii. "Meinen Glückwunsch!" Immerhin musste Verus dies kommentieren, um an Lepidus nicht zu kleine Eitelkeit zu appellieren. Diese war selbst dem sonst so weltfremden Verus bekannt. Lepidus mochte es, hofiert zu werden. Es machte die Gespräche einfacher und freundlicher. "Du bist dir ziemlich sicher, dass du bald Senator bist?"- war nun die indirekte Frage. Verus war neugierig, warum er sich so sicher. Ja, sie waren Patrizier. Ja, sie waren Tiberiii. Und - ja, bei allen Göttern - sie hatten das Vermögen. (Ausgenommen Verus, der arm, wie eine Tempelmaus war.) Der angebrachte Zweifel mochte den patrizischen Soldatensohn im Nachgedanken nicht wirklich überzeugen. "Immerhin sanierst du unseren Ruf, zu dem ich nun wirklich nicht viel Positives beitragen kann," sagte Verus dann ein wenig desillusioniert. "Ich bin nur Soldat und du angehender Senator."
Der Blick fiel zu Boden, bevor er sich wieder erhob, um eine merkwürdige Aussage von Lepidus zu bestaunen. Verus war überrascht. Hatten sie sich zerstritten? Lucia war doch eine herzensgute Frau, ähnlich Verus. Gut, da mochte der Fehler liegen. So etwas passte nicht in das schemenhafte Konzept eines Berufspolitikers. Lucia war unbequem. "Ist etwas mit Lucia vorgefallen?" - war die nachvollziehbare Nachfrage.
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Hmm... wenn sie nicht so geheim ist, weshalb verriet Verus nicht einfach, was die Aufgabe war? Naja, Lepidus wollte nicht weiter bohren und beließ es dabei. Schließlich hatte sein Verwandter noch ein paar andere Fragen. "Nach der Quaestur sollte es üblich sein, den Weg in den Senat zu finden. Ich wüsste im Moment nicht, was gegen meine Erhebung sprechen würde.", gab er zu Protokoll, wobei er über den Ablauf noch nicht viel wusste. "Tja, und Lucia... sie hat sich irgendwie in den Kopf gesetzt unbedingt einen Germanen heiraten zu wollen - Senator Titus Duccius Vala, falls dir der Name etwas sagt. Sie macht mich damit völlig fertig! Für sie war eine nützliche, eine politische Hochzeit vorgesehen! Eine, die unserer Familie auch etwas bringt! Aber nein! Sie wirft sich dem erstbesten an den Hals, der ihr schöne Augen macht!" Lepidus schüttelte mit dem Kopf. Nein, das ging alles immer noch weit über seine Vorstellungskraft, wie ihn seine eigene Schwester so hintergehen konnte.
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Alles Gesagte trat zurück, als Lepidus den Germanen ansprach. Verus weitete seine Augen und konnte es kaum glauben. Nicht, dass er per se gegen Vala eingestellt war, er kannte ihn ja noch nicht mal aber ein Germane sollte eine Tiberia ehelichen? Zudem hatte er grausame Geschichten von Germanen gehört und die militärische Präsenz an der Grenze zum freien Germanien sprach für sich. Verus, als angehender Berufsoffizier, sah eine gewisse Angst in sich aufkommen, die sogar den Fakt verdrängte, das Vala Senator war. "Wir müssen es verhindern," war alles was Verus dazu sagte. Vorurteile zum Thema Germanen waren oft stärker als rationale Überlegungen. Vielleicht war der gute Tiberius ein verkappter Germanen-Hasser, obwohl er nie dort war. Man wusste nur von den Überfällen, von Varus und vielen weitere historischen Geschichten, die einen Römer ängstigen konnten. Da fiel Verus auf, dass Lepidus "Senator" gesagt hatte. "Er ist sogar Senator?" Skeptisch beugte sich der junge Tiberius zu seinem Verwandten vor, als ob sie eine Verschwörung planen würden.
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"Ja, eben ein einfacher Homo Novus - durchaus angenehm beim Geschäfte machen, aber sicher kein Format für eine Tiberia", kommentierte der Tiberier wieder deutlich kühler und sachlicher. "Keine Sorge", beruhigte er gleich den Tatendrang von Verus. "Ich bin der festen Ansicht, dass sich das von ganz allein regeln wird. Lucia wird zur Vernunft kommen. Manchmal sind das doch nur weibliche Flausen, die vergehen wieder. Bis dahin begegne ihr mit möglichst viel Kälte, damit ihr Verhalten sanktioniert wird" Solange Lucia spürte, dass sie in dieser Art und Weise nicht mit ihrer Familie umgehen konnte, würde sie schon einlenken, so die feste Überzeugung von Lepidus.
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"Ich fürchte mich vor dem Charakter der Germanen, Lepidus. Sie denken anders als wir Römer," erklärte Verus seine Vorurteile, die sich eventuell eines Tages als falsch herausstellen würden. "Wenn du glaubst, dass es sich von selbst regelt...," schloss er sich Lepidus Ansicht an. "Sei nicht zu hart zu ihr." Der römische Legionär nickte. Nun war Verus doch deutlich beruhigter und sah seine Ängste als unbegründet an. Wahrscheinlich würde es zu keiner Ehe kommen. Verus machte eine verbale Pause, um Lepidus die Gelegenheit zu geben, ihm ein paar Fragen zu stellen. Immerhin war der junge Tiberius nicht der Typ Mensch, der sich gerne in den Vordergrund stellte.
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"Härte ist manchmal der einzige Weg, die Tugendhaftigkeit bei anderen einzufordern" Eine Meinung, die er wahrscheinlich durchaus exklusiv hatte. Aber Lepidus gefiel sich durchaus in der Rolle des Mister Gnadenlos und dies umso mehr, je mehr er es sich auch durch seinen gesellschaftliche Rang leisten konnte. Eigentlich wusste Lepidus nicht so recht, was er genau anscheinden sollte. In letzter Zeit war er es durch Klienten und andere Bittsteller eher gewohnt, dass er mit Fragen und Gesuchen überschüttet wurde. Etwas ähnliches hatte Lepidus auch für den Besuch des Verus angenommen. Aber er mochte es genauso wenig, wenn Schweigen ausbrach. "Nun, du hast mir ja da einen interessanten Brief geschrieben, Verus. Ein Brief, der durchaus einige Erläuterugen bedarf bezüglich deiner Absichten für die Zukunft. Du sprachst von Politik und dass du sie eines Tages bestreiten müsstest. Was genau meintest du damit?"
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"Härte darf aber nicht mit Herzlosigkeit verwechselt werden," meinte Verus dann offen. Immerhin war er selbst kein allzu harter Hund, auch wenn er durch den Militärdienst etwas an jugendlichem Leichtsinn verloren hatte. Schließlich ging man nicht weiter auf das Thema "Lucia" ein und Lepidus sprach seinen Brief an. In der Tat hatte der junge Verus einen Brief geschrieben und musste jetzt ein wenig in seinen Gedanken wühlen, um sich an die Worte darin zu erinnern. Dann nickte er eifrig, lächelte vorsichtig und räusperte sich. Es war schwer dies auszusprechen, da seine Karriere gerade erst begonnen hatte aber man sollte doch immer einen Lebensplan parat haben? Nicht, dass Verus ein großer Planer war aber ein wenig sollte man schon den gewünschten Weg vorbereiten, da war sich der militärische Patrizier sicher. Mit wenig Mut sprach er nun: "Ich möchte eine Legion befehligen." Es klang, wie ein kindlicher Wunsch aus seinem Mund. Man führte nicht einfach mal eine Legion. Es war harte Arbeit und eine harte Pflicht. "Ohne Politik wird es mir nicht möglich sein, eine würdevolle Militär-Karriere für unser Haus zu bestreiten," folgte dann eine Versachlichung des Wunsches.
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"Für Gefühle ist manchmal kein Platz in der realen Welt", sprach Lepidus lapidar mit seinem Politiker-Lächeln. Dann stand er ganz überraschend auf, ließ sich die folgenden Worte des Verus gut durch Kopf gehen, nickte ein paar mal und versuchte dann einzuordnen, was er gerade gehört hatte. "Verus, ich bin wahrlich ein wenig überraschte, dies von dir zu hören." Und jetzt sprach er mit einer gewissen belehrenden Stimme. "Es wirkt auf mich, als würdest du immer noch nicht genau wissen, wo du hinmöchtest. So frage ich mich gerade, wenn du irgendwann einmal eine Legion befehligen möchtest - ob das nun ein utopischer Wunsch ist oder nicht, das sei erstmal dahingestellt - warum hast du mir das dann nicht schon früher gesagt? Dein Weg hätte ein ganz anderer sein können. Wir hätten um deine Erhebung in den Ordo Senatorius streiten können. Das wäre der normale Weg gewesen. Erinnere dich bitte daran, dass ich dir auch einst vorschlug eine Karriere im städtischen Cursus Honorum zu machen oder ein religöses Amt zu bekleiden. Aber das wolltest du nicht!", hielt er ihm gleich mal vor. "Dagegen muss ich dir nun sagen, dass du dir diesen Wunsch nun doch durch deinen gewählten Weg wahrlich zu einer Utopie gemacht hast, denn so muss ich dir leider sagen: Man dient sich heutzutage nicht einfach vom Optio zum Legaten und macht nebenbei ein bisschen Politik. Diese Zeiten sind längst vorüber und auch weiter in der Vergangenheit war dies niemals Praxis. Ich muss dir diese Realitäten leider vor Augen halten: Es scheint mir, als hingst du derzeit falschen Träumen nach." Da war der belehrende Zeigefinger der Realität, den ihm Lepidus, sich in seinem Vortrag gern wieder selbst hörend, vor das Gesicht hielt.
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Für Gefühle war kein Platz in der Welt. Auch nicht für Wünsche. Das hatte er gelernt. Calena war fort und er war gefangen in seiner Position als Optio. Zwar in einer guten Einheit, mit wertvollen Kameraden aber irgendwie war das Leben am versiegen. Lepidus hatte Recht. Seine Ausführungen zeigten ihm dies und so seufzte der junge Mann, der erkannt hatte, was er selbst angerichtet hatte. Vielleicht belastete ihn am meisten, dass er seine Liebe durch seine Entscheidung verloren hatte. Sein Leben wurde zu einer Ballastungsprobe. "Früher gesagt...," wiederholte der Patrizier, blickte zu Boden und nicht mehr auf den aufgestandenen Lepidus. Es war Scham. "Ja," blieb ihm nur als Antwort. Der naive Glaube zerfiel und was blieb war ein kleiner Rest Würde, als Verus aufblickte. Er war nicht mehr als das. Keine Karriere, keine Aussicht auf mehr als das, was er jetzt hatte. Festgefahren war er. Leider. Gut, es hätte schlimmer kommen können. Verus sah ein, was er hatte, war alles, was er bekommen konnte. Alles, was er war, war das hier. Ein wenig traurig wirkten seine Augen, während er nach einer weiteren Antwort suchte, fand aber keine und so sagte er nur: "Du hast in allen Belangen Recht." Der Zeigefinger war zum Dolch für Verus Träume geworden.
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Lepidus hätte sich nun am liebsten selbst auf die Schulter geklopft. Natürlich hatte er Recht! Wie war es seinem brillanten Geist auch möglich zu Fehlen? "Aber nun Kopf hoch, Verus. Du tust ja geradezu als könntest du nichts mehr erreichen. Denke daran, dass nicht viele die Möglichkeit haben, die höchsten Nicht-Politischen Posten in der Legion zu bekleiden. Dir steht dagegen durchaus offen eines Tages beispielsweise ein... wie hieß das doch gleich, Praefectus Castorum, glaube ich, zu werden. Tja, und dann wirst du vielleicht eines Tages auch in die Praetorianergarde versetzt. Das wäre wahrlich eine große Ehre. Also nicht verzagen. Es gibt noch vieles, was man erreichen kann und wo du dich beweisen kannst."
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Am liebsten hätte sich Verus in diesem Moment in den Tiber gestürzt, wie viele junge Männer, die nicht mehr weiter wussten. War nicht die berühmte Tiberbrücke in der Nähe, die man dazu nutzen konnte? Nein, noch war es nicht soweit. Trotz aller Niederlage und Traumata war er noch hier, lebte weiter und hoffte. Irgendwo und irgendwie würde es ein gutes Leben für ihn geben. Man musste nur glauben. "Kopf hoch?" Der Tiberius wirkte skeptisch, fast, wie ein scheues Reh. Lepidus sagte es ja selbst, nicht viele erreichten diese Positionen. Und die Prätorianer waren ohnehin in weiter Ferne. Also, was sollte er jetzt antworten? Verus selbst war kein herausragend guter Soldat, vielleicht reichte es zum Centurio aber nicht zum Präfekten oder zum Prätorianer. Dafür war er einfach nicht gut genug, das wusste er ja selbst. Es gab hier nichts mehr, wo man sich beweisen musste. Verus konnte froh sein, wenn er Centurio war und seine Dienstzeit halbwegs überlebte. Mehr gab es nicht mehr. "Ich bin kein Karrieremensch," war die - vielleicht seltsam kindisch wirkende - Antwort. "... und auch nicht gut genug."
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"Verus, Verus...", sprach Lepidus, während er sich wieder setzte. "Wie haben sich nun diese Worte in deinem Mund formen können? In deinem Brief hast du doch noch genau das Gegenteil ausgedrückt. Von Politik, einem Tribunat und einem Legats-Posten war die Rede und jetzt erzählst du mir, dass du wahrlich kein Karriere-Mensch bist?" Lepidus musste unweigerlich schmunzeln. Er hatte seinem Gegenüber durch seine Worte doch nicht sämtlichen Mut hinfort genommen, so dass dieser offensichtliche Widerspruch zustande kam. "Natürlich bist du ein Karrieremensch und auch gut genug. Du bist immerhin ein Patrizier - also fang nicht an einem Tag an über den Himmel hinaus zu schwärmen und verkauf dich am nächsten Tag nicht gleich wieder unter Wert."
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Immer noch wirkte Verus zerschlagen. Man nahm einen Mann nicht seine Träume und konnte dann eine gewisse Standhaftigkeit erwarten. Gut, Verus war ohnehin nicht sehr standhaft, was seine Persönlichkeit anging. Er wirkte zwar groß, trainiert aber hinter dieser soldatischen Maske ruhte ein leicht zu verängstigender Charakter. "Hmmm... - Ja," machte der Römer, während er versuchte Lepidus mit seinen Augen zu fokussieren. Ein wenig konnte Lepidus den jungen Patrizier wieder auffangen. Viel antworten mochte Verus nicht mehr, da ihm das jugendliche Feuer fehlte, neue Ideen zu formulieren. Dennoch formte sich ein Gedanke in seinem Kopf, der vielleicht auf den zerstörten Träumen beruhte. Es zeigte sich, dass Verus sich festgefahren hatte. Das erkannte er selbst. Ferner erkannte der junge Tiberius, dass er zu weit von seiner Familie, insbesondere dem anführenden Lepidus, entfernt war. Es fehlte an Halt, auch wenn das Militär mit seinen strengen Regeln und Befehlen sicherlich ein wenig Schutz bot. Verus kam zu dem Schluss, dass er sich eigentlich wünschte, nach Rom zurück zu kehren, in den Schoß des Hauses. Vielleicht konnte er so auch Calena zurückgewinnen, obwohl diese vor ihm davon lief. Das Militär hatte sich als Fiasko herausgestellt, auch wenn Verus inzwischen recht gut darin war, zu dienen. Er war zwar kein herausragender Soldat aber guter Durchschnitt, was nicht unbedingt für mehr reichte aber es reichte um im Apparat zu überleben. Centurio konnte er noch werden. Eine besondere Ehre. Zumindest, wenn man bedachte, woher Verus kam und es sehr unüblich war, dass sich ein Patrizier entschied, direkt am Gladius auf dem blutigen Feld zu dienen. Verus war einfach seltsam und deswegen wohl besonders. Es gibt nur wenige seines Schlages,- und das war auch gut so, zum Wohle Roms.
"Es ist wohl besser, wenn ich bei Zeiten zu euch zurückkehre und mich hier einlebe. Ich glaube, nach unseren Worten, dass es garnicht so schlecht wäre, wenn ich nach Rom zurückkehre. Könntest du dich nach Möglichkeiten umhören?" - war nun die Aussage, die den Gedankengang des Tiberius abschloss. "Ich denke natürlich nicht daran, dass dies sofort geschehen muss. Immerhin könnte ich bald Centurio sein," folgte dann eine Erklärung, die mehr dazu diente, sich selbst ein wenig zu bestätigen und aufzumuntern. -
Jetzt hatte Lepidus irgendwie völlig den Faden verloren. Wollte Verus die Armee etwa schon wieder aufgeben? Gerade wo er doch so viel Mühe darauf verwendet hatte, ihn auf einem höheren Posten unterzubringen. All die Gespräche, die er führte und die gute Freundschaft, die er zu Dives pflegte, die er dafür verwendet hatte. Lepidus ließ sich von einem Sklaven einen Becher Wein bringen - demonstrativ bot er Verus nichts davon an, denn dieser sollte erst einmal einen halbewegs klaren Kopf behalten, damit Lepidus in irgendeiner Weise schlau aus seinen Worten wurde. "Wie genau meinst du das? 'Bei zeiten zurückkehren'? Du bist doch gerade erst in der Legio richtig angekommen. Gefühlt hast du auch in dieser Zeit mehr Zeit hier in Rom als in Mantua verbracht" Zumindest ging der Tiberier nicht davon aus, dass Soldaten so oft nach Rom reisen dürften und seien sie auch bereits Optio. "Und ich habe viel Aufwand investiert, dir einen höheren Posten in deiner Wunschlegion zu verschaffen... Selbst wenn es nicht sofort ist - ich dachte immer, als Soldat verpflichtet man sich für 20 oder 25 Jahre? Kann man da denn so einfach wieder hinaus?" Eine durchaus sinnvolle Frage, wie der Tiberier fand. Nicht, dass sein Verwandter noch 'ausversehen' desertierte. "Und dann glaube ich auch, dass du die Ehre eines Centurionats ein wenig unterschätzt. Du kannst doch nicht nur in der Legio bleiben bis du Centurio bist und dann mit einem Mal wieder verschwinden? Oder wie genau meinst du das jetzt?" Lepidus war hier eindeutig noch sehr vieles unklar - so schlürfte er denn seinen Wein, in der Hoffnung, ihm käme ein wenig Erleuchtung.
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Ja, auch Verus hatte irgendwie in sich den Faden verloren. Immerhin war sein Geist recht sprunghaft und verzettelte sich in sich. Verus war ein Träumer, ein Idealist voller Erwartungen, die oft enttäuscht wurden. Dies machte ihn sehr mürbe. Natürlich konnte Lepidus nicht ganz folgen, da selbst Verus eher rückständig formuliert hatte. Es fehlte an weiteren Erklärungen, die er jetzt liefern musste. "Ja, man verpflichtet sich für 25 Jahre oder 20 Jahre bei Kriegsgebrechen," war die Einleitung in seine Erklärung, die mehr schlecht als recht glückte. "Ich bin dir auch sehr dankbar dafür, dass du dich derartig für mich verwendest und einsetzt." Das meinte der junge Tiberius ernst. Nicht jeder hatte so einen wohlwollenden Gönner. Gut, es war Familie und Lepidus konnte sich keinen tagelöhnenden Verwandten leisten. Das wäre schlecht für seinen Ruf gewesen. Verus war gebildet, eloquent aber in gewisserweise weltfremd, was ihn eigentlich als Schreiber oder Lehrer qualifizierte. Man mochte sich fragen, warum Verus nicht einfach Privatschreiber von Lepidus oder eines Senators geworden ist. Manchmal waren Dingen kurios, wie die Menschen selbst. "Ich möchte nicht verschwinden oder meinen Dienst abbrechen. Das könnte ich vor den Männer nicht verantworten," war die weitere Ausführung, die etwas sehr markant daher kam. Verus fühlte sich in seiner römischen Ehre angegriffen und erhob dezent seine Stimme. "Ich bin Legionär und ein Soldat Roms aber es gäbe Möglichkeiten den Dienst für mich konformtabler zu gestalten oder zumindest so, dass meine Talente gefördert werden würden." Dem jungen Tiberius fiel nicht auf Anhieb ein, was er aussagen wollte. Dennoch wusste er, dass es besondere Posten gab, zu denen man als Soldat abkommandiert werden konnte, ohne den Soldatenstand oder seine Legion wirklich zu verlassen. Man rückte einfach nur dauerhaft aus. Eine Versetzung sozusagen. Diese Posten, meist in der Provinzverwaltung waren meist in der Hauptstadt der Region angesiedelt. Gut, Italia war keine Provinz in dem Sinne, dass eine große zentralisierte Verwaltung gab. Es gab die Städte und die Urbs. Verus grübelte gefühlt eine Ewigkeit und schwieg dabei. Dann kam ihm in den Sinn, welcher Posten angebracht sein konnte. Er war vor Kurzem auf der Suche nach dem Legaten über eine Patroullie des Praefectus Viatorum gestolpert, die er befragt hatte. Es war eine Art Cohortes Urbanae der Straße und Dörfer der Region Italia. Nicht jeder kannte sie, da sie eher in kleiner Zahl existierten aber sie erfüllten eine Aufgabe, die Verus reizte. Sehr reizte. Strafverfolgung und öffentliche Sicherheit mit Amtsermittlungen und grundsätzlichen Streitfragen der öffentlichen Ordnung. Ferner lag die Amtstube des Präfekten in Rom selbst, was ihn als Soldaten nach Rom brachte, ohne das Exercitus zu verlassen. Leider gab es noch einen Präfekten, der aber schon recht alt war, wie er sich erinnerte an das Gespräch. Vielleicht gab es hier eine Möglichkeit, sobald seine Sporen als Centurio verdient hatte? Das war die Idee, um dem eintönigen Dienst in Mantua zu entkommen, obwohl Straßenwacht ähnlich eintönig war. Der Tiberius war sich aber sicher, dass die Verwaltung eine Straßenstreife ihm mehr lag als der Dienst als knallharter Centurio. Fehler konnten immer korrigiert werden, wenn es schon mit der Offizierskarriere strauchelte. Es war naiv, wenn nicht sogar wohlwollend formuliert, töricht aber machbar. So schritt Verus zur Tat und sprach:
"Soldaten können vom Kaiser oder Legaten zu besonderen Diensten für die res publica abkommandiert werden. Entweder zur Durchsetzung von Gesetzen oder Strafverfolgung in den Provinzen. In Italia gibt es dies in dieser Form selten aber dennoch gibt es eine Position, die erreichbar wäre. Der Praefectus Viatorum, der die Straßen außerhalb Roms und der freien Städte, patroullieren lässt und die Strafverfolgung in den Dörfern sicherstellt. Soldaten können in diesen Dienst befördert werden und als Abgeordnete oder Versetzte dort Dienst tun. Ich weiß nicht, ob der Imperator darüber entscheidet aber zumindest wohl die imperiale Administration, wer diesen Posten besetzt. Ich habe Gespräche geführt mit Legionären, die in den Dienst des Praepositus Stationariorum abgeordnet waren und dem Praefectus unterstanden. Dessen Amtssitz ist Rom."
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"Praefectus Viatorum?", sprach der Tiberier etwas verhalten, hatte er von den verschiedenen Rängen, die auch nur irgendetwas mit Militär zu tun hatten, keinen Schimmer. "Also hast du bereits eine Ambition auf ein solches Amt?" Für Lepidus schien es nun, als hätte sein gegenüber nun doch schon irgendwie konkretere Vorstellungen, wobei dieser wohl zuvor eher um den heißen Brei herumgeredet hatte. Offensichtlich wollte Verus weg aus der Legion... irgendwie bedauerlich, dachte sich Lepidus. Man sollte nicht einfach sie Segel streichen, nur weil man mal ein bisschen Gegenwind im Leben bekam. Man musste sich auch einmal für etwas entscheiden und dazu stehen. "Also meinst du, dass dies einen 'Talenten' eher entsprechen würde als sagen wir mal der von mir erwähnte Praefectus Castorum?" Lepidus wusste zwar nicht in weit sich das alles unterscheiden sollten, es interessierte ihn aber auch nicht wirklich. "Fakt bleibt, dass du gerade erst in der Legio angekommen bist und wie gesagt, wenn du tatsächlich Centurio wirst, werden deine Vorgesetzten nicht davon begeistert sein, dass du dich gleich versetzen lassen möchtest. Soweit ich weiß warten manche ihr Leben lang auf den Rang eines Centurios, während er ihnen doch auf ewig versagt bleibt. Du jedoch hast diese privilegierte Möglichkeit als Mann aus gutem Hause.", gab er erneut zu bedenken. "Falls es dir weiterhilft, werde ich mich mal informieren, wie so ein Amt des Praefectus Viatorum vergeben wird...", stellte er vage in Aussicht. Er würde wohl irgendwann mal im Palast nachfragen, wenn er eh schon dort ist. "Allerdings weiß ich nicht, ob ich prädestiniert bin, dir diese Chance irgendwann einmal zu ermöglichen. Vielleicht wäre es für dich sehr ratsam, nicht nur auf die Stütze durch die Familie zu setzen, sondern dir zusätzliche Verbündete mit ins Boot zu holen, die dir helfen können. Hast du schon einmal über einen Patron nachgedacht?"
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Ambitionen? Es war ein Notnagel! Eine schnelle Idee aus der Not geboren, um ihn zu retten. Auch wenn er eigentlich keine Rettung brauchte und sicherlich gut aufgehoben war. Ein durchschnittlicher Soldat war eben auch für sich ein Soldat, der nur ein Handwerk beherrschte; jenes Krieges, welcher das Imperium groß gemacht hatte. "Ja, Praefectus Viatorum," bestätigte Verus die Amtsbezeichnung, die so verhallten von Lepidus wiederholt wurde. Auf die Ambition ging er nicht weiter ein, da er sie ja indirekt bereits geäußert hatte. "Ich verstehe deine Bedenken und auch mir liegt nichts daran, einfach das Weite zu suchen, nachdem ich das Centurionat erhalten habe. Dennoch plane ich bereits, dank deiner Aussagen, ein wenig um," erklärte der Tiberius und bezog Lepidus mit ein, damit dieser mit in der Verantwortung stand. Ein geschickter Schachzug der Redekunst, um seine Verwandten mit hinein zu ziehen. Immerhin hatte dieser ja gerade seine Träume vom Oberbefehl einer Legion zerstört. Wohl gemerkt: zu recht. Es war naiv zu glauben, dass Verus dies könnte. Der unwillige Optio wusste garnicht, wie lange er schon diente. Bald müssten es zwei Jahre sein. Er war sich ziemlich unsicher, da die Zeit mit Lagerdienst recht schnell verging. Man lebte einfach weitab von der Welt hinter Steinmauern und Holzbarracken. "Ich wäre dir sehr dankbar, wenn du dich umhörst und mich informerst. Du bist einfach näher an der Quelle," stellte Verus fest, lächelte wenig mutig und kratze sich am Kinn. Immer noch war er unsicher, obwohl er als Soldat und Vorgesetzter sicherlich schon persönliche Sicherheiten erworben hatte, fehlte Verus immer noch ein sozial-starker Habitus. Manchmal mochte der ihn sah, trotz der atheltischen Figur und starken Armen denken, ein Jüngling stehe vor ihm. Gerade erst habe Verus die Jugendbulla abgegeben, so erschien es. Verus rotierte an seinem Gürtel herum und zog ein kleines Lederbeutelchen hervor, welches er auf Lepidus Schreibtisch stellte. Denn ihm war gerade eingefallen, warum er eigentlich hier war: Schulden bezahlen. Das kuriose Gespräch hatte ihn abgelenkt und bei dem Gedanken an die Dankbarkeit kam es ihm in den Sinn. Wortlos geschah dieser Vorgang, während der junge Tiberius den patriarchischen Lepidus anblickte und ein Wort wiederholte, was gerade gefallen war: "Patron?" Fragend hatte er die Stimme erhoben, da es ihm nicht ganz klar war, wofür er einen Patron brauchte. A) Er war Soldat, weit weg von Rom. B) Er hatte Lepidus. Alles war somit in guten Händen. "Nachgedacht," murmelte Verus und zog die Schultern kindlich hoch. Keine Ahnung - wäre die verbalisierte Antwort gewesen.
Sim-Off: WiSim.
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"Richtig, ein Patron", wiederholte der Tiberier eindringlich. "Deine Zukunft liegt offenbar beim Militär und wie du weißt, verstehe ich nicht allzu viel davon, noch habe ich engere Freunde, die beim Militär zuhause sind" Ob sein enger Gefährte Iulius Dives nach seinem Tribunat bei den Stadtwachen wohl um so vieles kenntnisreicher werden würde, blieb für den Tiberier erst einmal offen. Jedenfalls hatte Lepidus im Grunde kaum eine Ahnung und von daher war er sicher nicht der allerbeste Ansprechpartner. "Es wäre für dich also durchaus ratsam einen Patron in dieser Richtung zu haben, der dir wahrscheinlich noch deutlich besser helfen kann als ich. Soweit ich weiß, ist es durchaus üblich, dass gerade höhere Ränge, wie der eines Optios oder Centurios innerhalb des Militärs Klientelverhältnisse eingehen. Ein hoher Offizier aus deiner Legion wäre naheliegend, aber sicher gäbe es auch andere Möglichkeiten. Was das angeht, kann ich dir nur den Ratschlag geben, dich einmal umzuhören."
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