Der Iunier war völlig entspannt als die Beiden dort einfach so langen. Als sie ihn fragte womit sie ihn verdient hatte, lächelte Seneca, seine Augen waren geschlossen, und er atmete wieder ein wenig langsamer als er es vor wenigen Augenblicken noch getan hatte...
"Ich denke diese Frage kann ich auch andersherum stellen.", antwortete er ihr, und öffnete kurz die Augen um sie anzusehen. Dann fiel ihm wieder ein was vorhin geschehen war, beziehungsweise, warum sie sich so seltsam verhalten hatte, und ob es denn an ihm lag, er beschloss vorsichtig nachzufragen, "Sag mal... Vorhin, da.. Hab ich was falsch gemacht?", fragte er etwas zurückhaltend, denn er konnte sich nicht wirklich einen Reim auf ihre Reaktion machen, und da war es wohl besser nachzufragen anstatt es einfach zu übergehen, es schien sie ja zumindest beschäftigt zu haben..

Ein kleines Gasthaus vor den Toren Roms.
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Seiana war da anderer Ansicht, aber sie sagte nichts darauf. Bestenfalls würde darauf er dann nichts mehr sagen, schlimmstenfalls würde es in eine Unterhaltung darüber enden, welche Fehler sie hatte... und sie musste nicht vor ihm ausbreiten, was an ihr alles mangelhaft war. Was nicht genug war. So küsste sie nur noch einmal seine Schulter, und rückte vorsichtig noch ein kleines Stückchen näher an ihn heran. Sie wollte das nicht so offensiv tun, wusste nicht, ob er vielleicht etwas dagegen hatte, aber sie sehnte sich nach seiner Nähe. Am liebsten hätte sie sich ganz an ihn geschmiegt, aber so, wie es war, ging es auch schon – ihr Arm auf seinem Brust, ihr Kopf mittlerweile an seiner Schulter, ihr Körper nah genug an seinem, dass sie die Wärme spüren konnte, die er ausstrahlte.
Und dann fragte er noch einmal nach dem, was vorhin gewesen war. Völlig aus dem Blauen heraus, so kam es Seiana vor, und es erwischte sie kalt in ihrer wohligen Stimmung. Ihr Körper verspannte sich, ihre Finger hörten auf, über seine Brust zu streicheln, und unwillkürlich rückte ihr Kopf wieder ein ab von ihm. „Nein“, antwortete sie, und ihre Stimme klang beinahe schroff... und als ihr das bewusst wurde, biss sie sich auf die Unterlippe. „Nein, du hast nichts falsch gemacht“, fügte sie an, und diesmal war ihr Tonfall sanfter. „Es ist nichts... nichts was...“ Ja, was? Nichts wichtiges. Gelogen. Nichts was ihn etwas anging. Auch gelogen. Und sie wollte ihn nicht anlügen. Nicht ihn. Aber der Satz hing immer noch unvollendet in der Luft, und das Schweigen zog sich in die Länge. Seiana holte Luft. „Mach dir keine Gedanken.“ -
'Mach dir keine Gedanken', Sätze wie dieser sorgten immer dafür dass man sich nur noch mehr Gedanken machte. Seneca wusste nicht was da im Busch war, aber so langsam wurde er ein wenig stutzig, auch aufgrund ihres anfangs recht harschen Neins, auch wenn sie es relativierte, schien es doch recht unverhältnismäßig. "Verzeihung, ich dachte nur, du hättest irgendwas...", sagte Seneca etwas zurückhaltend, und blickte sie kurz an, dann wieder weg, "Wenn du mit mir nicht darüber sprechen willst, ist es auch in Ordnung.", fügte er noch hinzu, er konnte sie ja nicht zwingen, hätte er auch nur etwas von den Ausmaßen geahnt, so hätte er wohl etwas ausdrücklicher nachgehakt, aber so konnte es alles sein, oder eben auch nichts, und wenn sie nicht rausrücken wollte mit der Sprache, dann war es eben so, auch wenn Seneca ein Fünkchen Enttäuschung über die fehlende Offenheit Seianas anzumerken war, obwohl er sich Mühe gab dies zu überspielen..
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Seiana schloss die Augen. Die wohlige Entspanntheit vor fort... weniger aus ihrem Körper als vielmehr aus ihrem Geist. Da waren sie wieder, all die Gedanken, und drehten sich vornehmlich um die Probleme, die die Schwangerschaft mit sich bringen könnte, wenn es schlecht lief. Und seine Reaktion trug nichts dazu bei, es besser zu machen. Sie spürte, dass er unzufrieden war mit ihrer Antwort. Sein letzter Satz hatte etwas von einem trotzigen Kind, und selbst wenn sie das falsch verstand – er war unzufrieden.
Seiana blieb noch einen Augenblick liegen, schweigend, dann noch einen, und noch einen weiteren, aber dann hielt sie nicht mehr aus, was ihr gerade eben noch so gut getan hatte, die Wärme, die körperliche Nähe zu ihm. Sie ertrug es plötzlich nicht mehr, berührt zu werden, und so zog sie sich zurück, innerlich wie äußerlich. Sich einfach nur umzudrehen kam dabei nicht in Frage, das... hatte viel zu viel von einer Ablehnung, und sie wollte ihn ja nicht ablehnen, sie wollte ihn eigentlich nicht weg stoßen, sie wollte nur... sie brauchte etwas Raum, etwas Abstand. Also stand sie auf und ging hinüber zu dem Tisch, auf dem Seneca zuvor den Krug mit Wein abgestellt hatte, den der Wirt ihm gegeben hatte. Sie wollte eigentlich nichts, aber es war ein Grund aufzustehen, wenn auch ein vorgeschobener Grund, und sie machte weiter damit, schenkte sich ein und nippte an dem Becher. Nur um gleich darauf das Gesicht ein wenig zu verziehen, gehörte der Wein doch ganz eindeutig nicht zur besten Sorte. Trotzdem nippte sie noch einmal daran, während sie es sorgfältig vermied, ihn anzusehen. -
Und plötzlich war die Stimmung mies. Seneca verstand nicht so recht warum sie nun so abweisend war und sich von ihm entfernte, er blickte hinüber zum Tisch, und seufzte. Er hatte ja nicht wirklich was falsches gesagt, nur eben dass es schon in Ordnung sei, lag es an seinem Tonfall? Er dachte dass er nicht so patzig geklungen hatte, aber vielleicht irrte er sich ja auch? Schweigend erhob er sich vom Bett, vielleicht war es auch mal ganz gut, die Laken waren ein wenig verschwitzt, und wenn man so aus seinem Liebesrausch gerissen wird, und beginnt über solche Details nachzudenken, sollten sie ruhig ein wenig trocknen.
Flüchtig strich er sich sein Leinenstöffchen über und setzte sich ihr gegenüber an den Tisch, schenkte sich was ein, und trank einen Schluck. Dann setzte er den Becher wieder auf den Tisch ab, und blickte Seiana einfach nur an..
"Und jetzt?", fragte er leise, "Seiana, ich wollte dich nicht drängen.", fügte er hinzu, und sprach direkt weiter, "Aber ich merke doch dass etwas los ist, das wollte ich nicht einfach ignorieren.." -
Noch ein Nippen. Seiana fühlte sich hilflos. Sie hatte keine Ahnung, wie sie diese Situation lösen sollte. Wie sie es schaffen konnte, dass sie sich wieder näher kamen, dass da keine Missstimmung mehr war. Auf ihren Bruder wäre sie wohl zugegangen, aber ihren Bruder kannte sie ihr ganzes Leben lang, sie waren sich immer nahe gestanden. So nahe sie sich Seneca auch fühlte, ihn kannte sie bei weitem nicht so gut, es fehlte dieses blinde, über Jahre gewachsene Vertrauen und das Wissen um die Reaktionen des anderen. Es hatte seinen Grund, dass sie keine Freunde hatte, dass sie einsam war, dass Faustus ihr einziger Vertrauter war. Seiana war im zwischenmenschlichen Umgang mit anderen nicht sonderlich gut. Es war nicht so, dass sie unsensibel oder taktlos wäre... sie hatte durchaus ein Gespür für Stimmungen und Atmosphäre. Aber sie war nur selten imstande, angemessen zu reagieren, darauf einzugehen, wenn es emotional wurde. Sie wollte es gar nicht. Es hätte geheißen, sich selbst zu öffnen... verletzlich zu sein.
Jetzt allerdings war sie enttäuscht, von sich selbst, weil sie sich nicht genug unter Kontrolle gehabt und die Stimmung verdorben hatte, und auch wenn sie es nicht zugeben wollte, sie litt unter dem unangenehmen Schweigen, das sich ausbreitete. Und ohne es zu wollen, kam ihr der Gedanke das zu tun, was sie bei allen anderen außer Faustus sonst wohl getan hätte in einer vergleichbaren Situation: Flucht. Flucht nach vorne kam nicht in Frage, nicht einem Thema wie diesem, aber eine gewöhnliche Flucht... sie konnte gehen. Wenn das Schweigen andauerte, wenn es ihr zu viel wurde, konnte sie einfach gehen. Das Problem war nur: sie wollte gar nicht gehen. Sie wollte bleiben, bei ihm, wollte die Zeit genießen, die sie hatten, es war ohnehin viel zu wenig, viel zu kurz. Sie wusste nur nicht wie sie das anstellen sollte.In Gedanken versunken starrte sie in den Becher, den sie in der Hand hielt, und wurde erst abgelenkt, als sie aus dem Augenwinkel eine Bewegung wahrnahm. Flüchtig sah sie zu ihm, sah, wie Seneca nun auch aufstand, sich ein Tuch umschlang, zum Tisch kam und sich setzte. Und das Schweigen brach. Er tat nicht so, als wenn nichts gewesen wäre, was sie vermutlich an seiner Stelle getan hätte... aber er machte ihr auch keine Vorhaltungen. Keine Vorwürfe. Er sprach nur an, dass etwas schief lief gerade, und das auf eine Art, die fast etwas von einer Entschuldigung hatte. Als ob er es gewesen wäre, der etwas falsch gemacht hätte. Noch etwas, was ihn so liebenswert machte, so besonders... noch ein Grund, warum sie ihn nicht verdiente. Umso mehr, da sie zunächst einfach nur weiter stehen blieb, seinem Blick auswich... und fast schon verzweifelt überlegte, was sie tun sollte. Sie hatte noch niemandem gesagt, dass sie schwanger war. Es zu sagen machte es real. Und sie wollte nach wie vor nicht, dass es real war. Aber die Fakten ließen sich nicht leugnen, nicht mehr lange jedenfalls, und es störte sie selbst, dass sie in dieser Hinsicht so... so irrational war. Trotzdem tat sie sich unglaublich schwer damit, sich auch nur mit dem Gedanken zu beschäftigen, dass sie schwanger war – geschweige denn es jemandem zu sagen.
Sie sah flüchtig zu Seneca, und in ihren Augen spiegelten sich die widerstreitenden Gefühle. Seneca war ein Faktor, den sie bislang einfach völlig ausgeklammert hatte, aber hier, jetzt, ihm gegenüber, konnte sie das nicht mehr. Er hatte ein Recht darauf, es zu erfahren. Mehr noch, er hatte es verdient, durch seine Liebe zu ihr, und durch seine Art, so vorsichtig und behutsam wie er sich selbst in diesem Moment verhielt, wo sie so abweisend war. Und er hatte es verdient, dass er es von ihr erfuhr und nicht von jemand anderem, oder es irgendwann einfach sah. Oder auf dem Schlachtfeld starb, bevor er es erfahren konnte... Letztlich war es wohl dieser Gedanke, der den Ausschlag gab, der sie dazu brachte, sich den letzten Ruck zu geben, um endlich auszusprechen, was sie seit Monaten mit sich allein herumtrug. „Ich bin schwanger.“ -
Schwanger... Das Wort hallte in seinem Kopf nach, schwanger. Schwanger, sie war schwanger, zunächst dauerte es ein wenig, bis auch dem Iunier bewusst wurde was das bedeutete, und er sich eine Frage stellte, die sich ihm aufdrängte.. Wer war der Vater? Wuchs da ein Iunier in ihr heran? Er wusste nicht was er tun sollte, seine ganze Welt brach gerade vor seinem inneren Auge zusammen, das alles, das alles bedeutete nichts gutes, und doch realisierte er irgendwann dass es nicht gerade motivierend wäre, wenn er einfach nur apathisch in seinen Becher starrte..
"Schwanger.", konstatierte Seneca knapp, und blickte weiterhin in seinen Becher, "Wer ist.. Ich meine..", der Iunier wusste nicht so recht wie er das ausdrücken sollte. Natürlich gab er sich nicht der Illusion hin, dass sie das Bett nicht mit ihrem Ehemann teilte, und dennoch könnte es ja sein dass sie eine Ahnung hatte wer der Vater war, "Ist es von mir?", fragte Seneca relativ ruhig, und hob seinen Blick nun doch auf Seiana..
Er nahm einen kräftigen Schluck, er konnte nicht anders, auch wenn es bei ihr wohl ganz und gar nicht gut ankäme, so musste er jetzt seine Nerven beruhigen. Kurz danach hatte er sich wieder ein wenig gefasst..
"Ich liebe dich Seiana, und das ändert nicht daran, wenn ich kann werde ich dir helfen, irgendwie..", versicherte er ihr, was hätte er auch anderes tun sollen? Wirklich helfen würde er ihr wohl nicht können wenn es hart auf hart käme, aber vielleicht dachte er auch einfach schon zu weit, und das Kind war gar nicht von ihm, aber was wenn doch? -
Das Schweigen, das ihren Worten folgte, dröhnte in ihren Ohren, und kaum hatten die Worte ihren Mund verlassen, wünschte Seiana sich schon, sie könnte sie zurücknehmen. Was brachte es denn schon, wenn Seneca Bescheid wusste? Außer dass sie ihn mit hineinzog in ihre Probleme, zu deren Lösung er nichts beitragen konnte. Sie hätte nichts sagen sollen. Unwissenheit war manchmal ein Segen.
Trotzdem war sie froh, dass sie es ihm gesagt hatte, dass er es wusste, auch wenn seine Reaktion, sein fassungsloses Schweigen ihr schlechtes Gewissen nun erst recht aufblühen ließ. Es war egoistisch von ihr – aber sie war froh, dass sie damit nicht mehr allein war.Und dann kam die Frage, die sie befürchtet hatte. Seiana schloss die Augen. Es wäre so einfach, ja zu sagen... oder nein. Gewissheit vorzuspielen und ihn so auf eine Position festzulegen. Einfacher für ihn. Einfacher für sie, jedenfalls was den Umgang mit ihm betraf. Sagte sie ja, dann, da war sie sich mittlerweile sicher, würde sie auf seine Unterstützung zählen können, egal was passierte. Seneca würde sein Kind nicht im Stich lassen, und sie auch nicht. Sagte sie nein, würde er sie wohl trotzdem unterstützen, wenn sie ihn brauchte... aber sie würde ihn abwimmeln können, wann immer ihr seine Einmischung zu viel wurde, und es wäre vor allem für ihn deutlich leichter, die Situation zu ertragen, weil er letztlich nicht betroffen war.
Ihr Verstand sagte ihr, dass sie sich für eine der beiden Varianten entscheiden sollte, auch wenn sie noch unschlüssig war, welche wirklich die bessere wäre. Aber sie brachte es nicht fertig. Sie hörte wie er ihr erneut sagte, dass er sie liebte, wie er ihr, noch bevor er eine Antwort bekommen hatte, schon zusicherte, dass er für sie da sein würde. Nein. Sie brachte es nicht fertig, ihm ins Gesicht zu lügen. „Ich habe noch nicht mit einer Hebamme gesprochen, aber das... die Zeugung fällt irgendwann in den Zeitraum, in dem ich in den Albaner Bergen war. Oder kurz danach“, antwortete sie schließlich, in nüchternen Worten, als handele es sich um etwas anderes, einen Vorfall in ihren Betrieben vielleicht, etwas worum sie sich kümmern musste, was sie aber nicht wirklich betraf, was ihr Leben nicht so dermaßen beeinflussen, verändern würde wie ein Kind, das in ihr heranwuchs. Im Gegensatz dazu stand allerdings ihre Haltung, ihre Gestik, ihr Tonfall. Sie war immer noch leise, und sie sah ihn immer noch nicht wirklich an. Eine Hand hielt den Becher, die andere ruhte auf der Tischplatte, und beide wirkten, als wolle sie sich daran festhalten. „Ich... Als ich nach Rom zurück gekommen bin... es hat gedauert, bis mein Mann wieder sein Recht gefordert hat, er war noch Praefectus, er war selten zu Hause und hatte noch seltener Zeit. Und ich wollte... auch nicht... Trotzdem...“ Jetzt sah sie ihn doch an, und in ihren Augen stand ein gequälter Ausdruck, als sie die ohnehin brüchige nüchterne Fassade aufgab. „Ich kann es nicht mit Sicherheit sagen, Seneca“, wisperte sie. „Es ist unwahrscheinlich, dass er der Vater ist, aber...“ Aber die Möglichkeit war da. Seiana wollte nicht von Fruchtbarkeitszyklen anfangen, so lange er nicht danach fragte, davon, warum alles darauf hindeutete, dass sie das Kind von Seneca empfangen hatte. Wichtig war doch nur, dass sie keine letzte Gewissheit hatte. Sie sah wieder weg, hinunter auf den Becher, den sie in der Hand hielt. „Es tut mir leid.“ -
Natürlich sah die Lage nicht so rosig aus, aber der Iunier war ein Optimist durch und durch, und so versuchte er es so leicht wie nur möglich zu sehen, was allerdings immer noch sehr sehr schwer auf ihm lastete. Und doch, er ließ sich den Mut nicht nehmen, die Hoffnung ebenfalls nicht. Und so schob er seinen Becher ein klein wenig zur Seite, und legte seine Hand auf ihre, blickte sie an, und rang sich eine Art Lächeln ab.
"Nichts muss dir leid tun Seiana.", sagte er und strich mit seinem Daumen über ihre Handoberfläche, "Es ist jetzt passiert, und auch wenn ich befürchte dass ein Iunier zu einem Terentier werden wird, so bin ich auf deiner Seite, auch wenn es hart auf hart kommt.", was hätte er auch anderes tun sollen? Er liebte sie, und da konnte er sie nicht einfach hängen lassen..
Seneca erhob sich, und streckte seine Hand nach ihr aus, "Komm, wir legen uns ein wenig hin, vom depressiven am Tisch sitzen wird die Situation auch nicht besser.", versuchte er sich in Galgenhumor und ging ein paar Schritte rückwärts in Richtung Bett. -
Seiana zuckte zusammen, als Seneca seine Hand auf ihre legte, zog sie aber nicht fort. „Da wär ich mir nicht so sicher“, wisperte sie zurück. Wenn ihr Mann sein Misstrauen weiter hegte, würde er das Kind nicht annehmen. Und obwohl sie sich noch nicht einmal ansatzweise Gedanken darüber gemacht hatte, was sie in diesem Fall tun sollte, gab es dann wohl nur eine Möglichkeit: sie ließ es zu ihrer Familie schaffen, zu Großtante Drusilla vielleicht... und wenn sie Glück hatte, wenn sie es schaffte ihrer Familie das irgendwie unterzujubeln, würde das Kind als Decimus eines weiter entfernten Zweigs aufwachsen. Ohne nähere Verwandtschaft, ohne Einfluss, ohne große Möglichkeiten, aber immerhin als Römer.
Verblüfft war sie dann allerdings doch ein wenig wegen seiner Reaktion. Er war so... so ruhig. Fast abgeklärt. Er haderte nicht damit, jedenfalls nicht laut. Er stellte keine Bedingungen, keine Forderungen, keine Ansprüche, nichts... und er betonte auch nicht, dass er nichts mit dem Kind zu tun haben wollte, er ging gar nicht darauf ein, dass da die Möglichkeit bestand, dass es doch nicht seins war. „Ist das... alles?“ Seiana starrte ihn an, ihn, seine ausgestreckte Hand, wieder ihn. „Seneca...“ Sie griff sich an die Stirn, presste ihren Handballen auf die Haut. Das alles hier wurde ihr zu viel, die Schwangerschaft, dass sie es sich das erste Mal wirklich eingestanden hatte, und jetzt auch noch Senecas Reaktion... In gewisser Hinsicht wäre es besser gewesen, wenn er anders, weniger gefasst, weniger verständnisvoll reagiert hätte – dann hätte sie wenigstens einen Grund gehabt, sich zusammenzureißen. So viel es ihr bedeutend schwerer, und so sehr sie sich bemühte, sie spürte, wie ihr die Kontrolle zu entgleiten begann. Sie schluckte mühsam und setzte sich dann in Bewegung, kam auf ihn zu. So tun, als wäre nichts. Das konnte sie. Sie musste sich nur zusammenreißen. „Du hast Recht. Hinlegen ist eine gute Idee.“ -
Seneca versuchte ruhig zu bleiben, natürlich schien die Situation unlösbar, natürlich wuchsen die Probleme immer weiter, aber was hätte er noch ändern können? Oder tun sollen? Er konnte nur versuchen die Zeit mit ihr zu genießen, und der Dinge harren welche da in Zukunft noch kommen würden. Vorsichtig legte er sich mit ihr wieder hin, draußen war es stockdunkel, bevor es dämmerte würden sie sowieso keinen Fuß mehr vor die Tür setzen. Er versuchte keine stille aufkommen zu lassen, ihr nicht das Gefühl zu geben dass es ihn doch keine Ruhe gab und sein Optimismus nur dem Mangel an Alternativen geschuldet war, denn es gab de facto keinen großen Ausweg außer dem Weg durch die Mitte und zu hoffen, dass das Kind irgendwie seinen Weg finden würde, welchen auch immer..
"Versuch nicht immer alles zu verheimlichen, das musst du nicht vor mir.", sagte der Iunier ganz leise während er in die dunkle Leere starrte, es war eine Eigenart von Seiana sich mit ihren Probleme alleine zu beschäftigen, auch er tat dies recht oft, aber bei ihr sollte das anders ein.. -
Sie legten sich wieder hin, aber trotzdem änderte das nichts an der Situation. An der Stimmung. Seiana lag auf dem Rücken, neben Seneca, ohne ihn zu berühren, eine Hand neben sich, die andere flach auf ihrem Bauch. Und starrte ins Nichts. Sie hatten noch keine Öllampe entzündet, und das wenige Licht, das vorhin noch herein gedrungen war während sie sich Wein eingeschenkt hatte, war mittlerweile auch verschwunden... aber Seiana wusste nicht, ob sie noch mal aufstehen sollte, um eine Lampe zu entzünden. Sie wollte noch nicht schlafen, nicht nur weil sie noch nicht müde war, sondern weil sie ihr Gespräch nicht einfach so beenden wollte, mit dieser schlechten Stimmung, ohne noch mal zu sprechen, ohne wenigstens den Versuch zu starten wieder etwas zu... nun ja, zu verbessern. Aber sie wusste nicht, welche Unterhaltung sie nun führen sollten, und schon gar nicht, wie sie eine solche beginnen sollte.
Und so lag sie einfach nur da, mit weit geöffneten Augen, die ins Dunkle blickten... und wieder war es Seneca, der ihr eine Brücke baute. Der sie rettete aus ihrem Unvermögen. Seiana presste die Lippen aufeinander, und aus einem ihrer Augen rann eine vereinzelte Träne ihre Wange hinab. Er war unglaublich. So... verständnisvoll. So lieb. Und sie hatte nicht die geringste Ahnung, wie sie ihm das vergelten konnte. Sie wusste ja nach wie vor noch nicht einmal, was sie jetzt überhaupt sagen sollte, obwohl er den Anfang gemacht hatte. „Ich...“ Sie holte tief Atem, und als die zweite Träne sich ihren Weg suchen wollte, wischte sie sie weg. „Es ist nur...“ Wieder eine Pause. Seiana schluckte, mühsam, und wütend auf sich selbst, weil da plötzlich dieser Kloß in ihrem Hals steckte, der ihr das Sprechen so schwer machte. „Ich dachte du würdest anders reagieren. Ich dachte du... du würdest... ich weiß nicht... wenigstens Bedingungen stellen. Du hättest jedes Recht dazu. Stattdessen sagst du mir nur, dass du zu mir hältst.“ Und wieder eine Pause, erneut um gegen den Kloß anzukämpfen und das Zittern in ihrer Stimme, das die Tränen verriet, die sich in ihren Augen sammeln wollten. Sie konnte es nicht fassen, jetzt, wo sie es laut aussprach, noch viel weniger als davor. Sie kannte das nur von ihrem Bruder, und ihn hatte sie zu lange nicht gesehen. Über all ihre Erwachsenenjahre hinweg kannte sie es kaum anders, als dass sie auf sich allein gestellt war und irgendwie selbst klar kommen musste. Und jetzt Seneca. Der einfach zu ihr hielt. Ganz egal, was war, wie es schien. Und sie? Reagierte viel zu emotional. Seiana presste eine Hand auf ihre Stirn. „Götter, ich hasse es schwanger zu sein.“ -
Seneca merkte dass sie mit sich rang, er bemerkte ihren inneren Kampf, doch er tat nichts, er konnte nichts tun, er kannte sie, und wusste dass ihm die Hände gebunden waren. Zunächst wieder ein Moment der Stille, was hätte er auch für Bedingungen stellen sollen? Er war gar nicht in der Lage Bedingungen zu stellen, er hatte keine Macht, keinen Einfluss, nichts was er wirklich in die Waagschale hätte werfen können, sicherlich, für den Plebs war er als Centurio der Prätorianer schon Teil der feineren Gesellschaft, auch noch als Iunier, aber für die großen Tiere des Reiches, zu welchen sowohl Seiana als auch ihr Mann gehörten, war er nur ein kleines Licht, auch wenn er sich wünschte dass es anders wäre..
"Was soll ich denn für Bedingungen stellen?", fragte Seneca leise, und strich kurz über ihre Hand, "Wenn ein Iunier in dir gedeiht, so zerreißt es mir das Herz dass er nicht im Schoße seiner Familie aufwachsen wird.", erklärte er etwas resignierend, "Aber was soll ich daran ändern? Ich stehe zu dir, ich könnte nicht anders.", sagte er und legte seinen Kopf zur Seite wo er ihre Umrisse gerade so erahnen konnte, als sie sich über ihre Schwangerschaft beschwerte, wusste er auch nicht so recht wie er reagieren solle...
"Nun ja, es hätte besser laufen können, aber Iuno hatte es wohl anders vorgesehen.", sagte Seneca und seufzte kurz, wie sollten sie da wieder rauskommen? -
Seiana schloss die Augen. „Dass du nichts mit mit dem Kind zu tun haben willst. Dass du etwas mit ihm zu tun haben willst. Dass...“ Sie schluckte erneut und verstummte dann, als sie seine Berührung an ihrer Hand spürte. Ohne sich zu rühren, hörte sie zu was er weiter sagte, und das schlechte Gewissen begann erneut zu brennen. Wenn es sein Kind war, wollte sie es ihm doch gar nicht vorenthalten – und auch wenn sie sich nicht absolut sicher sein konnte über die Vaterschaft, glaubte sie doch, dass er der Vater war. Aber was sollte sie schon tun? Sie wusste ja noch nicht einmal, wie sie sich selbst da irgendwie glimpflich würde hinaus manövrieren können, wenn ihr Mann weiterhin misstrauisch blieb, geschweige denn was mit dem Kind geschehen würde. Und doch hatte sie das Gefühl, dass es an ihr war, etwas zu tun, irgendetwas, eine Lösung zu finden für ihre Probleme, eine, die für Seneca zufriedenstellend war, für ihre Familie, und idealerweise auch für ihren Mann, wenigstens halbwegs. Sie sah es in ihrer Verantwortung, eine Lösung zu finden. Aber so sehr sie auch all ihre Probleme auf einen Schlag hätte verschwinden lassen wollen, sie konnte es nicht.
Als er auf ihren Kommentar über die Schwangerschaft einging, konnte sie allerdings für einen Moment nicht anders, als trocken und mit einer Prise Hysterie aufzulachen. „Ja, das auch, aber ich meinte eher...“ Noch bevor sie ihren Satz beenden konnte, verschwand die merkwürdige Anwandlung schon wieder, und Seiana verstummte. Einen Moment schwieg sie, rührte sich nicht, dann drehte sie ihren Kopf in seine Richtung. „Ich bin so schlecht in solchen Dingen“, wisperte sie. „Es ist leichter sich zu beherrschen, wenn man weiß, dass man kein Verständnis erwarten darf. Ich kann mich dann leichter beherrschen.“ Ihre Hand drehte sich unter seiner nach oben, so dass sie ihre Finger mit seinen verschränken konnte, und einen Augenblick später wandte sie sich auch mit ihrem Körper ein wenig mehr zu ihm. „Du hast was Besseres verdient als das hier.“ -
"Natürlich will ich was mit dem Kind zutun haben, wie könnte ich einem Iunius die Herkunft verwehren?", entgegnete ihr Seneca leise, und fuhr fort, "Aber wenn es nicht geht, dann will ich dich deswegen auch nicht gefährden und mich reindrängen Seiana.", es war aussichtslos, irgendwann würde auch er heiraten müssen, eine Familie gründen müssen, er könnte nicht auf ewig so weitermachen, sich mit ihr in irgendwelchen bescheidenden Behausungen treffen um Zeit mit ihr zu verbringen, und doch klammerte er sich an jeden Halm den er finden konnte, denn die Hoffnung starb ja immer noch zuletzt..
"Was besseres verdient als was? Dieses Zimmer hier? Ja, mit meinem neuen Sold sollte ich mich wirklich an was besseres gewöhnen.", scherzte Seneca ein wenig unbeholfen, was hätte er auch anderes sagen sollen? Heirate mich? Wir begehen kurzerhand gesellschaftlichen Selbstmord und brennen in die Provinz durch? Es gab kaum Möglichkeiten für sie und die Luft wurde zusehends dünner..
Seneca verschränkte die Hände hinter dem Kopf, und seufzte erneut leise, "Verzeih meine blöden Scherze, auch ich bin nicht gerade gut in solchen Dingen, aber ich habe nichts besseres verdient, die Umstände sind widrig aber es bist immer noch du." -
Seiana schloss für Momente die Augen, als Seneca antwortete und mit jedem Wort doch nur das wiederholte, was er schon gesagt hatte: er richtete sich nach ihr. Er tat, was das Beste für sie war. Er war für sie da.
„Was besseres als mich“, wisperte sie mit immer noch geschlossenen Lidern, und erneut trat eine Träne hervor. Den Bruchteil eines Augenblicks später bereute sie schon, was sie gesagt hatte, und hoffte, dass Seneca sie nicht gehört hatte. Sie lachte gezwungen bei seinem Scherz, aber so leise, dass ihm das hoffentlich auch nicht wirklich auffiel, und rollte sich dann ganz auf die Seite und zog ihre Hände, ihre Arme eng an ihren Körper, als Seneca seine Hand von ihrer fortzog und seine Arme hinter dem Kopf verschränkte. Immer noch du. In ihren Ohren klang das so anders, als er es aussprach und meinte. Es klang wie Hohn. Ja, es war immer noch sie, und das war nicht genug, nie genug.
Und trotzdem war er hier. Mit ihr. Wegen ihr. Sie war überzeugt, dass sie ihn gar nicht verdient hatte, und dennoch... war er hier. Er hatte sich für sie entschieden, trotz aller Schwierigkeiten und Hindernisse. Er liebte sie. Und Seiana klammerte sich daran. Sie konnte gar nicht anders. Zögernd streckte sie eine Hand aus und tastete nach ihm. Es kostete sie unglaubliche Überwindung, auszusprechen was ihr auf den Lippen lag... ihre Schwäche auch noch laut einzugestehen. Aber er liebte sie. Und sie vertraute ihm. Bei wem könnte sie zeigen, wie schwach sie manchmal war, wenn nicht bei ihm? „Halt mich. Bitte.“ -
Der Iunier hörte ihre Geflüster, aber er wusste nicht wie er antworten sollte. Natürlich musste er irgendwann weiterziehen, irgendwann würde es nicht mehr gehen, er würde eine Familie gründen müssen, und sich der Gesellschaft unterordnen, und er war sich mit annähernd hunderprozentig sicher, dass sie es nicht sein würde, mit der er sesshaft werden würde, es gab einfach zu viele Hindernisse, zuviel was ihnen im Weg stand. Aber dennoch wollte er bei ihr sein, so lange es eben ging...
Er legte seinen Arm um ihn, strich ihr über die Wange spürte ihre Träne, aber auch hier konnte er nicht allzu fiel tun, sanft gab er ihr einen Kuss auf die Stirn.
Ihrer Bitte folgte er gerne und schloss seinen Arm noch ein wenig enger um sie herum, es galt jeden Moment zu genießen, auch wenn die Stimmung momentan eher traurig war, und wer wusste schon was morgen war? Vielleicht würde er abmarschieren müssen, hinein ins Ungewisse, und wann würde er sie dann wiedersehen? Würde er sie überhaupt wiedersehen? Fragen über Fragen, und doch sprach er keine Frage laut aus, sie blieben eng zusammen liegen, in der Stille, und in der Dunkelheit.. -
Die Tränen ließen sich noch schwerer zurückhalten, als er ihrer Bitte nachkam und sie an sich zog. Seiana gab sich trotzdem Mühe... während sie sich an ihn schmiegte, so nah wie nur möglich, ebenfalls einen Arm um ihn legte und ihren Kopf an seine Brust legte. Es war nicht fair. Nichts an dem, was das hier trübte, war fair – dass sie so wenig Zeit hatten, dass sie nicht zusammen sein konnten, dass sie wohl nicht einmal dann hätten zusammen sein können, wenn sie sich früher getroffen hätten. Es war auch nicht fair, dass ihr Mann betrogen wurde. Und es war erst recht nicht fair, dass dieses Kind kaum eine Chance haben würde, so aufzuwachsen, wie es das verdient hatte. Wenn es Pech hatte, würde es nicht einmal ein Bürger sein, wenn sie es nicht irgendwie schaffte ihm diesen Status zu verschaffen... Seiana würde es eher als Kind von peregrinen Bediensteten aufwachsen lassen denn zuzugeben, dass sie ein Kind geboren hatte, das von ihrem Mann nicht angenommen worden war.
Aber so weit war es noch nicht, und paranoid wie sie manchmal sein konnte, machte sie sich vielleicht auch unnötig Sorgen... vielleicht vergaß ihr Mann sein Misstrauen auch, wenn er nichts herausfand. Sie hatte ihm nie einen Grund zur Beschwerde gegeben, und sie hatte sich immer vorbildlich verhalten... zumindest nach außen hin. Sie hatte einen tadellosen Ruf, darauf hatte sie immer geachtet. Es sprach so viel mehr für als gegen sie. Sie sollte abwarten, einfach abwarten und sehen, was kam, mehr konnte sie ohnehin nicht tun. Seiana atmete tief ein, sog Senecas Geruch ein und begann zart mit ihren Fingern über seinen Rücken zu streichen. „Erzähl mir was von dir“, murmelte sie an seiner Brust, nachdem sie eine Zeitlang schweigend da gelegen hatten, und küsste seine Haut, einmal, zweimal, liebkoste ihn mit ihren Lippen. Sie erinnerte sich an die langen Unterhaltungen, die sie auf dem Landgut in den Albaner Bergen hatten... und sie wollte mehr von ihm wissen. Sie wollte wissen, was er mochte und was nicht, was ihn begeistern konnte und was er abstoßend fand, und wo er hergekommen war... auch wenn sie keine Ahnung hatte, wo ihn sein Weg hinführen würde. „Von früher, von deiner Kindheit. Was hast du gern gemacht?“ -
Er sollte was von sich erzählen, Seneca überlebte kurz, natürlich hatte er eine Kindheit gehabt, keine schlechte sogar, die Iunier, auch der plebejische Teil, musste nicht unbedingt von der Hand in den Mund leben, und auch genoss Seneca keine schlechte Ausbildung, dennoch gab es auch düstere Stunden, doch der Iunier beschloss ihr eine schöne Geschichte zu erzählen, eine von den vielen, an die auch er sich immer wieder zurückerinnerte.. Ein kleines auflachen ging durch seinen Körper, kaum zu spüren, bevor er anfing zu erzählen..
"Naja, also das eine Mal, ich war noch ein kleiner Junge, und lebte mit meiner Familie auf unserem Landsitz vor den Toren Tarracos. Nebenan lebte eine andere Soldatenfamilie, und deren Sohn, Titus, war mein bester Freund. Wir verbrachten jeden Tag zusammen, spielten Legionäre, oder ärgerten jeden der uns über den Weg kam., Seneca lächelte kurz, und strich Seiana dabei durch die Haare, "Jedenfalls, eines schönen Tages, kam ein großer Tross von Händlern an unserer Straße vorbei, sie machten Rast, und erzählten uns von fernen Ländern. Sie beschrieben uns Tiere und Pflanzen von denen wir noch nie gehört hatten, wir kannten ja nur Tarraco, jedenfalls beschloss Titus und ich zu reisen.", erneut machte Seneca eine kleine Pause, "Eines Abends borgten wir uns einen der Ochsen von Titus Vater aus, saßen auf, und wenn man es so nennen will, ritten wir los.", Seneca konnte das Lächeln nicht mehr aus seinem Gesicht bekommen, "Wir hatten Proviant eingepackt, ein wenig Brot, ein paar Oliven, was wir eben so unbemerkt abzweigen konnten.", er strich ihr nun über den Rücken, "Nun ja, unsere Reise dauerte nicht einmal einen halben Tag, wir hatten den Ochsen nur dürftig unter Kontrolle und waren froh wenn er ruhig blieb, wir wurden von der Stadtwache aufgegabelt, und unsere Mütter zogen uns an den Ohren ins Haus.", Seneca lachte nun kurz, doch, seine jungen Jahre waren schön gewesen, "Jedenfalls mein Vater er.. Er saß im Atrium, und nachdem meine Mutter mit mir fertig war, dachte ich, dass mein Vater nun auch noch einmal loslegen würde, doch er blickte mich an, schüttelte den Kopf und lachte.", Seneca zuckte mit den Schultern, als ob er seine Reaktion noch immer nicht fassen konnte, "Das Ende war, dass ich am nächsten Tag zum ersten Mal auf einem Pferd saß, meine Mutter hat sich furchtbar geärgert, aber auf Reisen war ich dann erst später.", Seneca drehte seine Kopf zu ihr, "Wenn du mich damals getroffen hättest, deine Eltern hätten mich sicherlich für einen schlechten Einfluss gehalten.", scherzte Seneca, immerhin hätten sie sich theoretisch treffen können, sie kamen ja aus der gleichen Gegend. -
Etwas in Seiana löste sich, als er anfing zu erzählen. Sie liebte seine Stimme. Die Ruhe, die darin lag und in jedem seiner Worte mitklang, genau jene Ruhe, die sie vorhin noch so fassungslos gemacht hatte, weil er sich nicht aufgeregt hatte über ihre Schwangerschaft. Sie liebte es, an ihn gekuschelt dazuliegen und ihm zu lauschen, wie er erzählte, und sie zugleich das Vibrieren seines Brustkorbs spürte, auf dem ihr Kopf lag, während er erzählte, Geschichten wie die, von der er gerade sprach, Kleinigkeiten, an die er sich noch erinnern konnte, die ihn zu dem gemacht hatten was er heute war. Und sie liebte es, einfach nur bei ihm zu sein, wenn die Schatten sich zurückzogen für wenige kostbare Momente, sich geborgen zu fühlen bei ihm, und seine Nähe zu genießen.
Seiana lächelte, während sie zuhörte, mit geschlossenen Augen, und sich versuchte bildlich vorzustellen, was er erzählte... und lachte dann leise, als Seneca schließlich endete. „Wer weiß. Vielleicht hätte meine Mutter dich auch meinen Brüdern als Vorbild hingestellt.“ Seiana schmunzelte leicht, als sie das sagte. Faustus hatte ihrer Mutter ohnehin zu viele Flausen im Kopf gehabt, Flausen der Art, die sie zu weich fand, zu träumerisch, eines Mannes, eines Decimers nicht würdig... und auch Caius war ihr zu weich gewesen. „Aber deine Eltern hätten ganz sicher mich für schlecht erzogen gehalten. Meine Mutter hatte alle Hände voll zu tun früher mit mir und meinen Brüdern...“ Sie hob den Kopf und küsste ihn leicht auf die Lippen, bevor sie eine seiner Hände nahm, ihre Finger über seine legte und sie dann über ihren Körper führte, hin zu einer Stelle unterhalb ihrer Rippen, wo er eine Narbe ertasten konnte. „Die hab ich mir eingehandelt, als ich mich geprügelt hab.“ Wieder lachte sie auf. „Es gab ein paar Fischerjungs bei uns in der Gegend, die meinen Bruder immer geärgert haben... uns alle“, fügte sie noch an. Sie hatte drei Brüder, aber nur einen jüngeren, und der war jetzt Senecas Vorgesetzter. Sie traute Seneca, aber trotzdem fühlte es sich nicht richtig an, ihm zu viel über Faustus zu verraten. „An dem Tag war es heiß, mitten im Sommer, und wir haben draußen gespielt... einer von uns ist mit einem Sklaven dann weg in den nächsten Ort, zum Einkaufen, und als er wiederkam, war sein Holzpferd weg, das er dabei hatte.“ Dass es Faustus gewesen war, erwähnte sie nicht. Es spielte auch keine allzu große Rolle, fand sie... das hätte jedem von ihnen passieren können, in dem Moment, in dem man allein feindlichem Terrain unterwegs war, und das damals war übles feindliches Terrain gewesen. „Es war ganz einfach, nur eine Stange mit einem geschnitzten Kopf, aber das... hat Krieg bedeutet. Wir haben das Pferd zum Adler erklärt und einen Feldzug geführt. Und es zurück erobert.“ Genauer gesagt waren maßgeblich sie und ihr ältester Bruder Appius die treibende Kraft gewesen. Ihre beiden anderen Brüder hatten sie mitgeschleift... und ein paar andere Kinder von benachbarten Höfen waren auch rekrutiert worden. „Und irgendwann in den nächsten Tagen eine Racheaktion gestartet... Wir haben uns häufig miteinander angelegt.“
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