ZitatOriginal von Helvetiana Morrigan
Morrigan nickte. Sie selbst hatte zwar noch keine Geburt mitgemacht – würde es wohl auch nicht – aber sie kannte genug Frauen die so was schon hinter sich hatte. „Nun das ist verständlich. Eine Geburt ist ja auch kein Spaziergang. Und das sie keine Amme wollte...“ Morrigan lachte. „...nun das kann ich mir vorstellen. Ich habe nichts anderes von ihr erwartet.“ Morrigan trank einen kleinen Schluck und lauschte weiter wie Avianus bildhaft von seinem Kleinen berichtete. Ja sie musste gestehen ein ganz klein wenig neidisch war sie auf Sibel schon. Schließlich lebte diese den Traum aller Sklavinnen. Morrigan schob diesen für sie trüben Gedanken jedoch schnell beiseite und freute sich einfach nur für die Beiden – ähm Drei.
Sie konnte sich vorstellen, wie der Kleine das Leben von Sibel und Avianus auf den Kopf stellte und wie stolz sie auf ihn waren – das waren sie ohne Zweifel, denn in jedem Wort von Avianus schwang genau dies mit.
Dann kam seine Entschuldigung, aber Morrigan winkte ab. „Du musst dich wahrlich nicht entschuldigen. Ich konnte dich damals verstehen. Ihr habt viel gemeinsam durchgemacht. Und da ist es schwer Vertrauen zu haben. Ich freue mich, dass du es inzwischen anders siehst und ich bin froh, dass ich in Sibel eine Freundin habe.“ Ja es war ja auch nicht selbstverständlich, dass eine Lupa eine Freundin hatte und dann auch noch eine, die nun gesellschaftlich aufgestiegen war. Um so mehr freute es Morrigan, das Avianus scheinbar nicht vorhatte den Kontakt abzubrechen oder gar zu unterbinden. Natürlich würde Morrigan in der Öffentlichkeit nie auf Sibel oder ihn zugehen – nein sie würde es tunlichst vermeiden – aber sie würde sich immer freuen, wenn sie ab und an etwas von ihnen hören oder man sich so wie heute hier zum reden treffen konnte. „Wie ich höre bist du inzwischen Tribun. Hierzu möchte ich dir meine Glückwünsche aussprechen. Es scheint wirklich so, als seinen eure schweren Zeiten nun endlich vorbei. Ich freue mich von Herzen für euch.“
Es war ja nicht so, als hätte Avianus etwas anderes von Sibel erwartet, doch gehofft hatte er es. Denn es war exakt das eingetreten, was er nicht gewollt hatte. Seine Frau war noch nie besonders kräftig gewesen, viele würden wohl die Worte dürr oder mager für passend halten, doch jetzt war sie dazu erschöpft und ausgezehrt, was vollkommen zu verhindern gewesen wäre. Natürlich würde sie wieder auf die Beine kommen, daran zweifelte er nicht, aber damit es soweit kam, musste er sie dazu bringen, ein ganzes Stück kürzer zu treten.
Seine Entschuldigung hielt Morrigan, wie er es eigentlich erwartet hatte, für überflüssig, so wie sie früher auch nichts im Gegenzug für ihre Hilfe hatte annehmen wollen. Das war im Grunde nur verständlich, wo sie es doch für eine gute Freundin getan hatte. Und jetzt wo er seine Entschuldigung losgeworden war, wollte er sich auch nur zu gerne wieder erfreulicheren Themen widmen.
"Vielen Dank. Ja richtig. Die Beförderung kam gerade zum rechten Zeitpunkt. Ich will mir gar nicht vorstellen, wie viel ich verpasst hätte, wäre ich immer noch Centurio und Tag und Nacht an die Castra gebunden. Ich konnte mein Glück kaum fassen … erst schaffe ich es, Sibel dem Helvetius abzukaufen, dann sagt sie mir sie wäre schwanger, …" – Wobei das nicht zwingend nur Glück gewesen war, sondern im allerersten Moment vor allem ein Schock. Der war aber längst vergessen. – "… dann sagt mir mein Praefectus: 'Du kriegst ein Landgut in Süditalia geschenkt, bist von nun an Eques und außerdem Tribunus.' Und dann, wenig später habe ich noch dazu einen Sohn", erklärte er und steckte sich grinsend einen der Happen in den Mund. "Es hat eine Weile gedauert sich daran zu gewöhnen, dass endlich mal alles … leicht ist." Er wusste nicht, wie er es anders beschreiben sollte. Wo es früher immer nur Hürden und Rückschläge gegeben hatte existierte, seit er Sibel gekauft hatte, eine gepflasterte, ebene Straße, einfacher und klarer als je zuvor. Und selbst wenn er auf Probleme stieß, ergab sich kinderleicht eine Lösung: "Ich hatte auch daran gedacht, Sibel für eine Weile auf das Landgut zu schicken, wo wir es schon haben. Damit sie sich dort erholen kann. Ich habe das Gefühl, hier in der Domus glaubt sie ständig, sich um irgendetwas kümmern zu müssen. Ein wenig Abstand würde ihr vielleicht guttun. Nur kann ich sie leider nicht begleiten." Als Teil des Militärs waren ein paar Monate Urlaub eben schlicht und ergreifend eine Unmöglichkeit.
"Aber erzähl … was ist mit dir? Was machen die Geschäfte? Alles beim alten? Besonders oft bin ich ja nicht mehr hier." Eigentlich war er ja gar nicht mehr hier … oder generell in irgendwelchen Lupanaren. Und dann war da noch eine andere Frage, von der er nicht sicher war, ob er sie eigentlich stellen wollte: "Möchtest du das hier eigentlich ewig machen? Ich weiß von Sibel gut genug, dass es bei weitem nicht jeder gefällt, sich zu verkaufen, selbst wenn sie das die Männer, mit denen sie schlafen, glauben lassen."